Arzneimittel in klinischer Entwicklung

Erbliche Stoffwechselstörungen


am

Nachfolgend werden zwei viel versprechende neue Ansätze zur Therapie von genetisch bedingten Stoffwechselstörungen vorgestellt, die sich durch einen neuen Wirkungsmechanismus auszeichnen und sich bereits in Phase II bzw. III der klinischen Prüfung befinden.

Migalastat

Stoffgruppe

Migalastat (AT1001, geplanter Handelsname AmigalTM; Amicus Therapeutics) soll zur Behandlung des Fabry-Syndroms eingesetzt werden (Abb. 1) [1]. Beim Fabry-Syndrom handelt es sich um eine Sphingolipidose: Die Aktivität der lysosomalen Alpha-Galactosidase ist vermindert oder fehlt, es kommt zur Akkumulation von Stoffwechselzwischenprodukten, insbesondere des Sphingolipids Ceramidtrihexosid in den Lysosomen verschiedener Zelltypen und so zur Schädigung verschiedener Organe (insbesondere Nieren, Herz, Nervensystem).

Wirkungsmechanismus

Migalastat ist ein Chaperon: Es bindet selektiv an das fehlerhaft gefaltete Protein/Enzym Alpha-Galactosidase und sorgt für eine korrekte Faltung, Prozessierung und anschließend auch den Transport vom endoplasmatischen Retikulum zum Lysosom. Im Lysosom wird die Bindung zwischen Chaperon und Enzym gelöst, letzteres ist nun funktionsfähig.

Pharmakokinetik

Orale Gabe.

Studien

  • Phase II läuft

Besonderheiten, Kurzbewertung

Es handelt sich um einen neuen kausalen Therapieansatz. Bislang konnte in Phase-I-Studien ein signifikanter, dosisproportionaler Anstieg der Enzymaktivität gezeigt werden. Viel versprechend und für die Patienten besonders positiv zu bewerten ist die Möglichkeit zur oralen Applikation. Bis 2001 konnten Patienten mit Fabry-Syndrom lediglich symptomatisch behandelt werden, seit 2001 ist eine Enzym-Ersatztherapie möglich (Infusion des rekombinant hergestellten Enzyms). Migalastat hat in den USA und in Europa Orphan-Drug-Status.

Sapropterin

Stoffgruppe

Sapropterin (geplanter Handelsname PhenoptinTM; Merck Serono außerhalb der USA und Japan, sonst Biomarin Pharmaceuticals) soll zur Behandlung von Patienten mit Phenylketonurie eingesetzt werden (Abb. 2) [2, 3]. Die Erkrankung beruht auf einer mangelnden Phenylalanin-4-Monooxygenase-Aktivität. Die Hydroxylierung von Phenylalanin zu Tyrosin in der Leber ist stark vermindert bis fast blockiert: Phenylalanin akkumuliert. Nach Transaminierung, Reduktion und weiterem Abbau entstehen neurotoxische Metaboliten, die die Entwicklung des Gehirns beeinträchtigen.

Wirkungsmechanismus

Sapropterin ist die synthetische Form eines wichtigen Kofaktors der Phenylalanin-4-Monooxygenase, nämlich Tetrahydrobiopterin (BH4). Bei Patienten mit gestörtem Biopterin-Stoffwechsel scheint so die Phenylalanin-Verstoffwechselung durch die Gabe des Kofaktors gesteigert werden zu können.

Pharmakokinetik

Orale Gabe.

Studien

  • Phase III abgeschlossen (4–12-Jährige): alle Endpunkte erreicht

Nebenwirkungen

Insgesamt gut verträglich (leichte bis mittelmäßig ausgeprägte Nebenwirkungen). Am häufigsten wurden Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Müdigkeit und Diarrhö berichtet.

Besonderheiten, Kurzbewertung

Saproterin könnte für Patienten, die auf BH4 ansprechen (etwa 30–50 % der Patienten), unter anderem die Lebensqualität dadurch verbessern, dass sie einer weniger strengen Diät bedürfen. Die Studienergebnisse zeigten eine signifikant gesteigerte Phenylalanin-Toleranz und normalisierte Blutwerte. Die Substanz hat in den USA und Europa Orphan-Drug-Status. Die Zulassung soll 2007 beantragt werden.

Literatur

1. http://www.amicustherapeutics.com/pipeline/amigal.asp

2. http://www.merckserono.ch/content/company/pipeline.html?highLightLeft=pipeline

3. http://www.biomarinpharm.com/pipeline-clinical-phenoptin.shtml

Abb. 1. Migalastat

Abb. 2. Sapropterin

Arzneimitteltherapie 2007; 25(03)