Rektumkarzinom

Chemotherapie kann Überlebenszeit nicht verlängern


Dr. Birgit Schindler, Freiburg

Operation, Bestrahlung, Chemotherapie, wie lassen sich die besten Behandlungsergebnisse erzielen? Erwiesen ist, dass durch eine Bestrahlung vor der chirurgischen Entfernung eines Rektumkarzinoms lokale Rezidive reduziert werden können. In einer großen Studie wurde nun gezeigt, dass eine zusätzliche Chemotherapie zwar lokale Rezidive noch effektiver verringern kann, das Gesamtüberleben der Patienten durch diese Behandlung aber nicht verlängert wird.

Hintergrund

Nach der operativen Entfernung eines rektalen Karzinoms besteht die Gefahr eines erneuten Auftretens des Tumors. Wird vor der chirurgischen Entfernung des Tumors eine Bestrahlung des dorsalen Hüftbereichs durchgeführt, sinkt die Lokalrezidivrate um 50 bis 60 %.

Kann durch eine Kombination aus Bestrahlung und Chemotherapie die Lokalrezidivrate noch effektiver gesenkt und die Überlebenszeit der Patienten verlängert werden? Mit dieser Frage befasste sich eine Studie der EORTC (European organization for research and treatment of cancer).

Studiendesign

An der Studie nahmen 1 011 Patienten mit fortgeschrittenem, operablem Rektumkarzinom teil. Die Patienten erhielten randomisiert eine der folgenden vier Therapien:

  • präoperative Radiotherapie
  • präoperative Chemo-Radiotherapie
  • präoperative Radiotherapie und postoperative Chemotherapie
  • präoperative Chemo-Radiotherapie postoperative Chemotherapie

Die Radiotherapie bestand aus einer Gesamtdosis von 45 Gy, die über einen Zeitraum von fünf Wochen 25-mal in Einzeldosen von 1,8 Gy appliziert wurde. Die präoperative Chemotherapie wurde in zwei 5-Tages-Zyklen während der ersten und fünften Wochen der Radiotherapie verabreicht und bestand aus Fluorouracil (350 mg/m2 pro Tag) und Calciumfolinat (20 mg/m2 pro Tag). Drei bis zehn Wochen nach dieser Behandlung wurde der Tumor chirurgisch entfernt. Die postoperative Chemotherapie wurde drei bis zehn Wochen nach der Operation begonnen und in vier Zyklen alle drei Wochen in derselben Dosierung wie präoperativ verabreicht.

Primärer Studienendpunkt war das Gesamtüberleben. Der mediane Beobachtungszeitraum betrug 5,4 Jahre.

Ergebnisse

Die 5-Jahres-Gesamtüberlebensrate unterschied sich in den vier Gruppen nicht signifikant, die kombinierte 5-Jahres-Gesamtüberlebensrate betrug für die Patienten aller vier Gruppen 65,2 %. Die kumulative 5-Jahresinzidenzrate für ein lokales Rezidiv war dagegen in der Gruppe, die keine Chemotherapie erhalten hatte, mit 17,1 % signifikant höher als in den anderen drei Gruppen (p = 0,002): In der Gruppe mit präoperativer Chemotherapie betrug die Lokalrezidivrate 8,7 %, in der Gruppe mit postoperativer Chemotherapie 9,6 % und in der Gruppe mit prä- und postoperativer Chemotherapie 7,6 %. Die präoperative Chemotherapie wurde bei 82,0 % der dafür vorgesehenen Patienten durchgeführt, während die postoperative Chemotherapie aufgrund verschiedener Komplikationen nur bei 42,9 % der dafür vorgesehenen Patienten angewendet werden konnte, weshalb der potenzielle Nutzen einer postoperativen Chemotherapie nicht eindeutig definiert werden kann.

Fazit

Obwohl mit der präoperativen Chemo-Radiotherapie eine gute Lokalrezidivkontrolle erreicht wurde, konnte die Überlebenszeit der Patienten durch diese Behandlung nicht verlängert werden. Für das Gesamtüberleben scheinen Fernmetastasen, die dreimal häufiger als lokale Rezidive auftraten, entscheidend zu sein. Zukünftig sollte daher nicht eine noch bessere Kontrolle lokaler Rezidive angestrebt werden, sondern die Bekämpfung von Mikrometastasen verstärkt werden. Auch die Lebensqualität, die beispielsweise das Problem der fäkalen Inkontinenz umfasst, könnte ein wichtiger Endpunkt zukünftiger Studien sein.

Quelle

Bosset JF, et al. Chemotherapy with preoperative radiotherapy in rectal cancer. N Engl J Med 2006;355:1114–23.

Arzneimitteltherapie 2007; 25(04)