Arzneimittel in klinischer Entwicklung

Thrombozytopenie


am

Nachfolgend werden zwei viel versprechende neue Ansätze zur Behandlung von Patienten mit Thrombozytopenie vorgestellt, die sich durch einen neuen Wirkungsmechanismus auszeichnen und sich bereits in Phase II bzw. III der klinischen Prüfung befinden.

AMG 531

Stoffgruppe

AMG 531 (Amgen) soll zur Behandlung von Patienten mit idiopathischer thrombozytopenischer Purpura (ITP) eingesetzt werden (Abb. 1) [1]. Weitere Indikationen sind Chemotherapie-induzierte Thrombozytopenie und Thrombozytopenie bei Patienten mit myelodysplastischen Syndromen.

Wirkungsmechanismus

Bei AMG 531 handelt es sich um ein rekombinant hergestelltes Fusionsprotein, bestehend aus dem Fc-Anteil von humanem IgG1 und vier Rezeptor-bindenden Regionen. AMG 531 führt nach Bindung an den humanen Thrombopoetin-Rezeptor in ähnlicher Weise wie Thrombopoetin zu einer beschleunigten Entwicklung von Megakaryozyten, den Vorläuferzellen von Thrombozyten [2]. Möglicherweise wird auch die Apoptose unreifer Megakaryozyten gehemmt.

Durch den Fc-Anteil wird die Halbwertszeit des Moleküls verlängert. Die Rezeptor-bindenden Regionen weisen keine Homologie mit endogenem Thrombopoetin auf; auf diese Weise soll die Entwicklung kreuzreaktiver Antikörper verhindert werden.

Pharmakokinetik

Subkutane Injektion (patientenindividuelle, körpergewichtsadaptierte Dosierung, die sich an der Wirkung auf die Thrombozytenzahl orientiert; einmal wöchentliche Gabe).

Studien

  • Phase III läuft (Patienten mit idiopathischer thrombozytopenischer Purpura)
  • Phase II läuft (Patienten mit Chemotherapie-induzierter Thrombozytopenie, Patienten mit myelodysplastischen Syndromen)

Nebenwirkungen

Insbesondere Kopfschmerzen und eine vorübergehende Abnahme der Thrombozytenzahl nach Therapieende in den Studien wurden mit der Gabe von AMG 531 in Verbindung gebracht [3].

Besonderheiten, Kurzbewertung

In den Phase-I- und -II-Studien mit Patienten mit idiopathischer thrombozytopenischer Purpura erreichte ein großer Teil der Patienten nach 6-wöchiger Behandlung eine Thrombozytenzahl im vordefinierten Zielbereich von mindestens 50 000/µl (entsprechend mindestens dem 2fachen der Ausgangszahl) [z. B. 3, 4]. Dieser Effekt scheint auch über einen längeren Zeitraum (gezeigt beispielsweise für einen Zeitraum von 48 Wochen [5]) aufrecht zu erhalten zu sein. Die Therapie mit AMG 531 stellt eine neue (möglicherweise nebenwirkungsärmere) Alternative zur immunsuppressiven Behandlung von Patienten mit idiopathischer thrombozytopenischer Purpura dar. Das Problem der Bildung von Antikörpern, das zu einem Abbruch der Entwicklung anderer Thrombopoetin-Rezeptor-stimulierender Substanzen geführt hatte, scheint umgangen zu sein. AMG 531 besitzt in den USA Fast-Track-Status.

Eltrombopag

Stoffgruppe

Eltrombopagq (SB-497115; GlaxoSmithKline) wird zur Behandlung von Patienten mit idiopathischer thrombozytopenischer Purpura entwickelt (Abb. 2) [6]. Weitere Indikationen sind beispielsweise Chemotherapie-induzierte Thrombozytopenie und Thrombozytopenie bei Patienten mit hämatologischen Erkrankungen.

Wirkungsmechanismus

Eltrombopag ist ein nichtpeptidischer Thrombopoetin-Rezeptoragonist, der die Proliferation und Differenzierung von Megakaryozyten stimuliert [6].

Ab einer Dosis von 30 mg Eltrombopag täglich oral wurde bei Gesunden ein dosisabhängiger Anstieg der Thrombozytenzahl festgestellt [7].

Pharmakokinetik

Orale Gabe.

Studien

  • Phase III läuft (Patienten mit idiopathischer thrombozytopenischer Purpura)

Nebenwirkungen

Als häufigste Nebenwirkung gelten bislang Kopfschmerzen.

Besonderheiten, Kurzbewertung

Die Ergebnisse aus der Phase II der klinischen Entwicklung von Eltrombopag zeigten einen Anstieg der Thrombozytenzahl auf mindestens 50 000/µl innerhalb von 6 Wochen Therapie bei einem Großteil der Patienten. Die Therapie mit Eltrombopag ist ein viel versprechender neuer Behandlungsansatz, der Patienten mit idiopathischer thrombozytopenischer Purpura alternativ zur immunsuppressiven Behandlung angeboten werden kann. Die Therapie ist möglicherweise nebenwirkungsärmer, von Vorteil ist die orale Gabe des Wirkstoffs. Es scheinen auch schwer zu behandelnde (z. B. insbesondere bereits splenektomierte) Patienten von der Therapie zu profitieren. Die Zulassung soll voraussichtlich Ende 2007 beantragt werden.

Es laufen auch Studien zur Therapie der Thrombozytopenie bei Patienten mit chronischer Hepatitis C. Die Ergebnisse einer Phase-II-Studie sind viel versprechend: Die Thrombozytenzahl stieg, was die antivirale Behandlung ermöglichte [8].

Literatur

 1. http://www.amgen.com/science/pipe_AMG531.html

2. Broudy VC, Lin NL. AMG531 stimulates megakaryopoiesis in vitro by binding to MpI. cytokine 2004;25:52–60.

3. Bussel JB, et al. AMG 531, a thrombopoiesis-stimulating protein, for chronic ITP. N Engl J Med 2006;355:1672–81.

4. Newland A, et al. An open-label, unit dose-finding study of AMG 531, a novel thrombopoiesis-stimulating peptidbody, in patients with immune thrombocytopenic purpura. Br J Haematol 2006;135:547–53.

5. Kuter D, et al. Lon-term dosing of AMG 531 in thrombocytopenic patients with immune thrombocytopenic purpura: 48-week update. Blood 2006;108: Abstract ‚476.

6. Luengo JI, et al. Discovery of SB-497115, a small molecule thrombopoetin (TPO) receptor agonist for the treatment of thrombocytopenia. Blood 2004;104: Abstract 2910.

7. Jenkins J, et al. An oral, non-peptide, small molecule thrombopoietin receptor agonist increases platelet counts in healthy subjects. Blood 2004;104: Abstract 2916.

8. Mc Hutchinson JG, et al. Efficacy and safety of eltrombopag an oral platelet growth factor in subjects with HCV-associated thrombocytopenia: final results from a phase II multicenter, randomized, placebo controlled, double-blind, dose-ranging study. AASLD 2006.

Abb. 1. Die Struktur des Fusionsproteins AMG 531 (schematisch)

Abb. 2. Eltrombopag (SB-497115)

Arzneimitteltherapie 2007; 25(04)