Bettina Martini, Memmingen
Metaanalyse zum kardiovaskulären Risiko
Hintergrund
Rofecoxib wurde im September 2004 wegen des erhöhten kardiovaskulären Risikos vom Markt genommen (ehemaliger Handelsname Vioxx®). Seither wird diskutiert, ob auch andere Cyclooxygenase-2-(COX-2-)Hemmer
oder sogar alle nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) das kardiovaskuläre Risiko erhöhen.
Studiendesign
In einer Metaanalyse sollte das kardiovaskuläre Risiko von COX-2-Hemmern und anderen NSAR untersucht werden. Dazu wurden die kardiovaskulären Ereignisse von 17 Fall-Kontroll- und 6 Kohortenstudien, in denen die Patienten COX-2-Hemmer, NSAR oder beides erhalten hatten, ausgewertet.
Ergebnisse
Für Rofecoxib bestätigte sich das erhöhte kardiovaskuläre Risiko (Tab. 1). Dabei war das Risiko bereits in den ersten vier Wochen einer Therapie erhöht. Für Diclofenac wurde ebenfalls ein erhöhtes Risiko gefunden, nicht dagegen für Celecoxib, Naproxen, Ibuprofen und Piroxicam (Tab. 1).
Metaanalyse zum Risiko von Nierenschäden
Hintergrund
Das nierenschädigende Potenzial von COX-2-Hemmern wird immer wieder diskutiert. In dieser Analyse sollte untersucht werden, ob es Unterschiede zwischen den einzelnen Substanzen gibt.
Studiendesign
In einer Metaanalyse auf der Basis von 114 randomisierten, doppelblinden Studien mit 116 094 Teilnehmern wurden das nierenschädigende Potenzial und mögliche Herzrhythmusstörungen bei der Therapie mit verschiedenen COX-2-Hemmern verglichen.
Ergebnisse
Die Ergebnisse zeigen Unterschiede zwischen den einzelnen Substanzen und keinen so genannten Klasseneffekt. Für Rofecoxib wurde ein erhöhtes Risiko für eine Nierenschädigung gefunden (Relatives Risiko 1,53; 95%-Konfidenzintervall 1,33–1,76), das mit steigender Dosierung und Dauer der Therapie weiter zunahm. Außerdem ergab sich ein erhöhtes Risiko für Herzrhythmusstörungen (Tab. 2). Für die anderen COX-2-Hemmer ergaben sich keine erhöhten Risiken, teilweise sogar ein geringeres Risiko (Tab. 2).
Diskussion
Beide Studien zeigen vor allem erhöhte Risiken für Rofecoxib und für Diclofenac. Andere COX-2-Hemmer und NSAR sind demnach vergleichsweise sicher.
Dennoch wird in einem begleitenden Kommentar diese Aussage angezweifelt. Der mögliche Mechanismus des erhöhten kardiovaskulären Risikos wird hier beschrieben. Eine selektive Hemmung der Cyclooxygenase 2 reduziert möglicherweise die Synthese von endothelialem Prostacyclin, welches vasodilatierende und die Thrombozytenfunktion hemmende Eigenschaften hat. Die Thromboxan-A2-Synthese, die nur via Cyclooxygenase 1 läuft, wird dagegen nicht reduziert. Ein Ungleichgewicht zwischen Prostacyclin und Thromboxan A2 könnte eine Plättchenaggregation begünstigen und die Thromboseneigung erhöhen (Abb. 1). Dieser Mechanismus wäre allen COX-2-Hemmern gemein. Allerdings ist Celecoxib im Vergleich zu Rofecoxib weniger selektiv, was mögliche Unterschiede im kardiovaskulären Risikoprofil erklären könnte.
Der Kommentator kritisiert außerdem, dass das kardiovaskuläre Risiko für den neuen COX-2-Hemmer Etoricoxib (Arcoxia®) vor allem im Vergleich zu Diclofenac ermittelt wurde, für das, wie oben stehende Daten zeigen, ebenfalls ein erhöhtes Risiko vorliegt.
Die Kombination von Naproxen mit einem Protonenpumpenhemmer sei möglicherweise die sicherste und zudem kostengünstigste Alternative für Patienten mit chronischen Schmerzen und hohem gastrointestinalen Risiko.
Quellen
McGettigan P, et al. Cardiovascular risk and inhibition of cyclooxygenase. A systematic review of the observational studies of selective and nonselective inhibitors of cyclooxygenase 2. JAMA 2006;296:1633–44.
Zhang, J, et al. Adverse effects of cyclooxygenase 2 inhibitors on renal and arrhythmia events. Meta-analysis of randomized trials. JAMA;296:1619–32.
Graham DJ. COX-2 inhibitors, other NSAIDs, and cardiovascular risk. The seduction of common sense. JAMA 2006:296:1653–6.
Tab. 1. Relatives Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse mit COX-2-Hemmern und NSAR [McGettigan, et al.]
Substanz |
Relatives |
95%-Konfidenzintervall |
Rofecoxib |
1,33 |
1,00–1,79 |
Rofecoxib |
2,19 |
1,64–2,91 |
Celecoxib |
1,06 |
0,91–1,23 |
Diclofenac |
1,40 |
1,16–1,70 |
Naproxen |
0,97 |
0,87–1,07 |
Piroxicam |
1,06 |
0,70–1,59 |
Ibuprofen |
1,07 |
0,97–1,18 |
Tab. 2. Relatives Risiko (95%-Konfidenzintervall) für eine Nierenschädigung und für Herzrhythmusstörungen bei Therapie mit COX-2-Hemmern
Rofecoxib |
Celecoxib |
Valdecoxib/Parecoxib |
Etoricoxib |
Lumiracoxib |
|
Nierenschädigung insgesamt* |
1,53 (1,33–1,76) |
0,97 (0,84–1,12) |
1,24 (1,00–1,55) |
1,05 (0,77–1,44) |
1,07 (0,68–1,70) |
– Ödeme |
1,43 (1,23–1,66) |
1,09 (0,91–1,31) |
1,13 (0,88–1,46) |
0,95 (0,68–1,32) |
1,31 (0,75–2,31) |
– Bluthochdruck |
1,55 (1,29–1,85) |
0,83 (0,71–0,97) |
1,28 (0,88–1,84) |
1,07 (0,72–1,58) |
0,94 (0,42–2,12) |
– Einschränkung der Nierenfunktion |
2,31 (1,05–5,07) |
0,61 (0,04–0,94) |
1,68 (1,00–2,85) |
0,59 (0,10–3,32) |
0,75 (0,17–3,32) |
Herzrhythmusstörungen |
2,90 (1,07–7,88) |
0,84 (0,45–1,57) |
0,78 (0,62–1,01) |
1,16 (0,40–3,38) |
K. A. |
*definiert als Auftreten peripherer Ödeme, neu aufgetretener oder gestiegener Bluthochdruck oder eine Verschlechterung der Nierenfunktion

Abb. 1. Arachidonsäurekaskade [nach Mutschler, Arzneimittelwirkungen, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart 2001]
COX-1 = Cyclooxygenase 1; COX-2 = Cylooxygenase 2; PGI2 = Prostacyclin; TxA2 = Thromboxan A2
Arzneimitteltherapie 2007; 25(08)