EditorialDr. med. Peter Stiefelhagen

Leben um jeden Preis?

Neue Arzneimittel in der DiskussionRoland Büttner, Regensburg, und Annemarie Musch, Stuttgart

Exenatid

Inkretin-Mimetikum zur Therapie von Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2

Mit Exenatid (Byetta®) steht Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2, die keine zufriedenstellende Blutzucker-Einstellung mit Metformin oder Sulfonylharnstoffen erreichen, eine neue Therapieoption zur Verfügung; es ist in ausgewählten Fällen eine Alternative zur Gabe von Insulin.Die Zulassung für das erste Inkretin-Mimetikum, das in Kombination mit Metformin und/oder Sulfonylharnstoffen anzuwenden ist, wurde von der europäischen Arzneimittelbehörde im November 2006 erteilt, Exenatid ist in Deutschland seit dem 18. April 2007 verfügbar.
Arzneimitteltherapie 2007;25:284–9.

FlaggeEnglish abstract

Therapy with the incretin mimetic exenatide (Byetta®)

Exenatide (Byetta®) is the first incretin mimetic to be approved by the American (April 2005) and European (November 2006) regulatory agencies for the therapy of type 2 diabetes. It acts as a functional analog of the human glucagon-like peptide 1, an intestinal peptide which stimulates pancreatic insulin secretion, inhibits pancreatic glucagon output and decreases appetite. Clinical studies have shown that Exenatide given on top of metformin and/or sulfonylurea therapy can reduce the HbA1c in type 2 diabetic patients by up to 0.8–1.0 % together with a slight weight reduction. When compared directly to long acting insulin analogues or mixed insulin compounds it seems to be equally efficient with respect to glycemic control.

Exenatide has to be injected subcutaneously twice daily. Major side effects include nausea and other gastrointestinal complaints as vomiting or diarrhea, dizziness and headache. Hypoglycemia rates are comparable to those observed with sulfonylurea and insulin therapy.

Taking the lacking long term data and the relatively high price into account, the clinical acceptance of exenatide must be awaited. For the time being, it can be assumed that it will be used primarily for patients who refuse insulin therapy or when compliance problems are anticipated.

Keywords: Exenatide, type 2 diabetes, glycemic control

Neue Arzneimittel in der DiskussionThomas H. Ittel, Stralsund

Phosphatbinder bei dialysepflichtiger Niereninsuffizienz

Eine Hyperphosphatämie, hervorgerufen durch ein Missverhältnis zwischen Phosphatresorption und renaler Phosphatausscheidung, ist ein häufiges Problem bei chronischer Niereninsuffizienz in den Stadien 4 und 5 der chronischen Nierenerkrankung. Erhöhte Phosphatkonzentrationen im Serum spielen bei sekundärem Hyperparathyreoidismus, renaler Osteopathie und bei Gefäß- und Weichteilverkalkungen eine Rolle. Deshalb muss heute bei der Wahl des Phosphatbinders auch der komplexe Zusammenhang zwischen eingeschränkter Nierenfunktion, den metabolischen Folgen und von vaskulären Erkrankungen berücksichtigt werden. Zur Verfügung stehen insbesondere calciumhaltige Phosphatbinder wie Calciumcarbonat und Calciumacetat, Sevelamer (Renagel®) und Lanthancarbonat (Fosrenol®).
Arzneimitteltherapie 2007;25:292–7.

FlaggeEnglish abstract

Update on phosphate binders in hemodialysis patients

Hyperphosphatemia is a prevalent condition in the dialysis population and is associated with excess mortality. Recent practice guidelines suggest to restrict the amount of calcium supplied with diet and calcium-containing phosphate binders. Noncalcium-containing phosphate binders such as sevelamer or lanthanum carbonate may provide reasonable, albeight costly alternative. Lanthanum carbonate offers excellent control of serum phosphate and so far there is no evidence of long-term toxicity. Sevelamer lowers phosphate and LDL-cholesterol and thus may reduce cardiovascular calcification and morbidity by a dual mechanism. However, so far beneficial effects on cardiovascular endpoints have only been suggested by nonblinded trials and the largest study has failed to show a superior survival by the use of sevelamer.

Keywords: Hyperphosphatemia, phosphate binder, sevelamer, lanthanum carbonate

ÜbersichtSven Jungblut, Hagen Frickmann und Hans Joachim Gilfrich, Frankfurt

Rekurrierende neurokardiogene Synkopen

Therapeutische Optionen

Unter den nichtpharmakologischen Therapieformen der rekurrierenden neurokardiogenen Synkopen sind besonders Orthostase-Training, Relaxations-Therapie und Flüssigkeitssubstitution Methoden der Wahl. Die Schrittmachertherapie bleibt schweren, therapierefraktären Fällen vorbehalten.
Zu den pharmakologischen Optionen gehört die Behandlung mit ACE-Hemmern, adrenergen Agonisten, Anticholinergika, Betablockern, Fludrocortison und selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI). Therapeutische Ansätze gibt es ferner mit Clonazepam, Methylphenidat, Theophyllin und Disopyramid.
Fazit: Bei neurokardiogenen Synkopen ist eine maßvolle Therapie unter besonderer Betonung nichtpharmakologischer, nichtinvasiver Optionen angezeigt.
Arzneimitteltherapie 2007;25:298–303.

FlaggeEnglish abstract

Therapeutic options in cases of recurrent neurocardiogenic syncopes

This paper describes non-pharmacological and pharmacological therapeutic options concerning the treatment of neurocardiogenic syncopes. Therapies of choice for the non-pharmacological treatment are especially orthostatic training, relaxation therapy and substitution of volume. Cardiac pacing remains restricted for patients suffering from severe forms being refractory to therapy.

Applications of ACE inhibitors, adrenergic drugs, anticholinergic drugs, beta blockers, fludrocortisone and selective serotonin reuptake inhibitors are differentiated among the pharmacological options. Therapeutic trials using clonazepame, methylphenidate, theophylline and disopyramide are mentioned.

In summary, a mild therapy stressing non-pharmacological, non-invasive options is preferably indicated for the therapy of neurocardiogenic syncopes.

Keywords: Neurocardiogenic syncope, therapy

PharmakovigilanzMarcus Rall, Jörg Zieger, Eric Stricker, Silke Reddersen, Patricia Hirsch und Peter Dieckmann, Tübingen

Fehlkonnektion eines Perfusors an einen ZVK statt an einen Periduralanästhesie-Katheter

Fragen aus der PraxisGerd Luippold, Tübingen

Hyponatriämie durch Antidepressiva?

Eine 69-jährige Patientin wird mit zunehmender Vigilanzminderung und Verschlechterung des Allgemeinzustands in die internistische Notfallaufnahme eines Krankenhauses gebracht. Bekannt ist eine schwere Depression, die seit zwei Wochen mit dem selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer Citalopram (20 mg 1–0–0) behandelt wird. Laborchemisch wird eine schwere Hyponatriämie von 110 mmol/l festgestellt. Die Plasmaosmolalität ist erniedrigt, während die Urinosmolalität mit 410 mosmol/kg im oberen Normbereich liegt. Die Patientin weist keine Zeichen einer Überwässerung auf.
Welches therapeutische Vorgehen zum Ausgleich der Hyponatriämie ist sinnvoll?
Mit welchen unerwünschten Arzneimittelwirkungen ist bei selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) zu rechnen? 
Welche Medikamente können eine Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH) verursachen?

Klinische StudieBettina Martini, Memmingen

Analgetika

Sicherheit von COX-2-Hemmern und NSAR

In einer Studie zum kardiovaskulären Risiko und einer zum Risiko von Nierenschädigungen mit COX-2-Hemmern zeigten sich erhöhte Risiken für Rofecoxib (ehemals Vioxx®), nicht aber für Celecoxib (Celebrex®) oder andere selektive COX-2-Hemmer. Auch für das nichtsteroidale Antiphlogistikum Diclofenac wurden teilweise erhöhte Risiken nachgewiesen.

Klinische StudieDr. Barbara Ecker-Schlipf, Holzgerlingen

Pankreaskarzinom

Adjuvante Chemotherapie mit Gemcitabin

Nach der operativen Entfernung eines Pankreaskarzinoms konnte eine Behandlung mit Gemcitabin verglichen mit der alleinigen Beobachtung der Patienten das krankheitsfreie Überleben signifikant verlängern. Die Therapie mit Gemcitabin, die gut verträglich war und die Lebensqualität nicht verschlechterte, scheint derzeit eine Möglichkeit zu sein, das krankheitsfreie Überleben von Patienten mit Pankreaskarzinom zu verlängern.

Referiert & kommentiertsh

Antihypertonika

Direkter Renin-Hemmer Aliskiren

Der direkte Renin-Hemmer Aliskiren wurde im März 2007 als Tekturna® in den USA zur Behandlung des Bluthochdrucks zugelassen. Aliskiren hemmt das Enzym Renin und greift damit in das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System ein. Aliskiren kann in Mono- und in Kombinationstherapie eingesetzt werden. Aktuelle Daten wurden bei einem von Novartis veranstalteten Satellitensymposium im Rahmen des 113. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin in Wiesbaden im April 2007 vorgestellt.

Referiert & kommentiertDr. Birgit Schindler, Freiburg

Hyponatriämie

Behandlungsfortschritt durch Vasopressin-V2-Rezeptorantagonisten?

Der oral verfügbare, nichtpeptidische Vasopressin-V2-Rezeptorantagonist Tolvaptan hat sich in zwei randomisierten Plazebo-kontrollierten Doppelblindstudien zur Korrektur einer Hyponatriämie als gut geeignet erwiesen.

Referiert & kommentiertDr. med. Peter Stiefelhagen, Hachenburg

Kardiogener Schock

Sofortige Reperfusion hat oberste Priorität

Der kardiogene Schock ist eine der gefürchtetsten Komplikationen des Myokardinfarkts. Therapieziele sind die symptomatische Kreislaufstabilisierung und die möglichst rasche Reperfusion, die nach Möglichkeit immer interventionell durchgeführt werden sollte.

Referiert & kommentiertDr. med. Peter Stiefelhagen, Hachenburg

Akutbehandlung des ischämischen Schlaganfalls

Lyse außerhalb des 3-Stunden-Zeitfensters erfordert MRT

Innerhalb eines 3-Stunden-Zeitfensters gilt die Lyse mit rekombinantem Plasminogen-Aktivator (rt-PA) heute als Standard. Außerhalb dieses Zeitfensters sollte eine solche Behandlung allerdings nur unter Zuhilfenahme eines Schlaganfall-MRT diskutiert werden.

Referiert & kommentiertDr. med. Peter Stiefelhagen, Hachenburg

Kontrastmittel-induzierte Nephropathie

Die beste Behandlung ist die Prophylaxe

Die Kontrastmittel-induzierte Nephropathie ist eine häufige Ursache des akuten Nierenversagens während eines Krankenhausaufenthalts. Da eine kausale Therapie nicht zur Verfügung steht, kommt der Prophylaxe eine entscheidende Bedeutung zu. Dazu gilt es, Risikopatienten zu identifizieren.

Referiert & kommentiertDr. med. Peter Stiefelhagen, Hachenburg

Multiresistente Erreger

Antibiotische Therapieoptionen

Das Spektrum multiresistenter bakterieller Infektionserreger in der Intensivmedizin ist in den letzten Jahren deutlich größer geworden. Deshalb sind Maßnahmen zur Prävention der Entstehung und der Transmission erforderlich.

Referiert & kommentiertDr. Annemarie Musch, Stuttgart, Prof. Dr. med. Volker Heinemann, München

Pankreaskarzinom

First-Line-Therapie mit Erlotinib plus Gemcitabin zugelassen

Der Tyrosinkinase-Hemmer Erlotinib (Tarceva®) wurde in Kombination mit dem Zytostatikum Gemcitabin (Gemzar®) zur Therapie des metastasierten Pankreaskarzinoms zugelassen. Mit der Kombination beider Wirkstoffe konnte eine signifikante Verlängerung des Gesamtüberlebens gegenüber der standardmäßig durchgeführten Monotherapie mit Gemcitabin gezeigt werden. Die aktuelle Datenlage zur Therapie des metastasierten Pankreaskarzinom wurde bei der von der Firma Roche veranstalteten Einführungskonferenz in München Anfang Februar 2007 zusammengefasst.