ST-Hebungsinfarkt

Kein Überlebensvorteil durch Gabe von Pexelizumab zusätzlich zu PCI


Dr. Birgit Schindler, Freiburg

Pexelizumab, ein humanisiertes, monoklonales Antikörperfragment, das die Aktivierung des körpereigenen Komplementsystems hemmt, weckte in ersten Studien Hoffnungen auf eine wirksame Ergänzung der Therapie bei Herzinfarkt. Diese Hoffnungen wurden nun in einer großen Studie enttäuscht. Allerdings war die Sterblichkeit in dieser Studie auch bei Gabe von Plazebo gering, wodurch die statistische Trennschärfe der Studie verringert wurde.

Vordringliches Therapieziel beim ST-Hebungsinfarkt (ST-elevation myocardial infarction, STEMI) ist die möglichst rasche Wiederherstellung der Durchblutung im Infarktgebiet mit Fibrinolyse-Therapie, perkutaner Koronarintervention (PCI) oder Bypass-Operation. Während dieser Reperfusiontherapien können allerdings, verursacht durch eine Entzündungsreaktion des ischämischen Gewebes, bleibende Schäden an Herzmuskelzellen entstehen. Da bei dieser Entzündungsreaktion die Aktivierung des Komplementsystems eine Schlüsselrolle spielt, bietet sich die Hemmung der Komplementaktivierung als neuer Therapieansatz an.

Pexelizumab, ein humanisiertes, monoklonales Antikörperfragment, bindet an Komplementfaktor 5 (C5) der Komplementaktivierungskaskade und verhindert dadurch die Bildung des terminalen Membranangriffs-Komplexes, durch den die angegriffenen Zellen zerstört werden. In ersten, kleineren Studien hatte Pexelizumab bei Patienten mit STEMI, bei denen eine PCI oder Bypass-Operation durchgeführt wurde, viel versprechende Ergebnisse gezeigt und somit die Durchführung von zwei großen Phase-III-Studien veranlasst. Die Ergebnisse einer dieser Studien, der APEXAMI-Studie (= Assessment of pexelizumab in acute myocardial infarction), wurden nun veröffentlicht.

Studiendesign

Für diese multizentrische, doppelblinde, Plazebo-kontrollierte Phase-III-Studie wurden 5 745 Patienten mit STEMI, die innerhalb der ersten sechs Stunden nach Symptombeginn mit PCI behandelt wurden, randomisiert einer der folgenden Behandlungen zugeteilt:

  • 2 860 Patienten erhielten Pexelizumab i. v. (Bolus von 2 mg/kg vor der PCI gefolgt von 0,05 mg/kg pro h über 24 h)
  • 2 885 Patienten erhielten entsprechend Plazebo

Eingeschlossen wurden nur Patienten mit zuvor festgelegten Hochrisiko-EKG-Befunden. Primärer Endpunkt war die Sterblichkeit aufgrund aller Ursachen nach 30 Tagen. Sekundäre Endpunkte waren die Sterblichkeit nach 90 Tagen sowie der kombinierte Endpunkt Tod, kardiogener Schock oder kongestive Herzinsuffizienz.

Die Studie war ursprünglich unter der Annahme einer Sterblichkeit von 6,5 % in der Plazebo-Gruppe geplant worden. Um im Einklang mit bisherigen Pexelizumab-Studien eine Abnahme der Sterblichkeit um 24 % nach 90 Tagen mit einer statistischen Trennschärfe von 80 % erfassen zu können, hätten 8 500 Patienten eingeschlossen werden sollen. Eine erste Zwischenanalyse ergab allerdings eine deutlich geringere Sterblichkeit von lediglich 4,1 %. Diese geringe Sterblichkeit ist höchstwahrscheinlich das Ergebnis der Bemühung, die Patienten frühzeitig mit einer an aktuellen Leitlinien orientierten Reperfusionstherapie zu versorgen. Der Studienplan wurde daraufhin geändert und die Studie bereits nach Erreichen der Hälfte der ursprünglich erwarteten Todesfälle gestoppt; die statistische Trennschärfe der Studie wurde dadurch allerdings auf 52 % erniedrigt.

Ergebnisse

Ungeachtet dessen zeigte Pexelizumab für keinen der untersuchten Endpunkte einen Vorteil gegenüber Plazebo (Tab. 1). Nach 30 Tagen und nach 90 Tagen waren sowohl die Sterblichkeit aufgrund aller Ursachen in den beiden Gruppen ähnlich als auch der kombinierte Endpunkt Tod, kardiogener Schock oder kongestive Herzinsuffizienz.

Zusammenfassung und Bewertung

Welche Auswirkungen hat dieses negative Studienergebnis? Abzuwarten bleibt noch die Veröffentlichung der zweiten großen Pexelizumab-Studie (PRIMO CABG-II = Pexelizumab for reduction in myocardial infarction and mortality in coronary artery bypass graft surgery) und eine geplante Metaanalyse aller durchgeführten Pexelizumab-Studien. Denn trotz dieses negativen Studienergebnisses bleibt die Hypothese, dass durch Modulation der Entzündungsreaktion eine Schädigung während der Reperfusionstherapie minimiert werden könnte, ein interessanter Forschungsansatz. Denkbar wäre auch, dass sich dabei andere Komponenten des Komplementsystems als geeignetere Ansatzpunkte potenzieller Therapien erweisen.

Quellen

The APEX AMI investigators. Pexelizumab for acute ST-elevation myocardial infarction in patients undergoing primary percutaneous coronary intervention. A randomized controlled trial. JAMA 2007;297:43–51.

Eikelboom JW, O`Donnell M. Pexelizumab does not "complement" percutaneous coronary intervention in patients with ST-elevation myocardial infarction. JAMA 2007;279:91–2.

Tab. 1. Ergebnisse der APEXAMI-Studie

Plazebo
(n = 2 885)

Pexelizumab
(n = 2 860)

Hazard-Ratio
(95%-KI)

p-Wert

Tod aufgrund aller Ursachen
30 Tage
90 Tage


113 (3,92 %)
130 (4,51 %)


116 (4,06 %)
141 (4,93 %)


1,04 (0,80–1,35)
1,10 (0,86–1,39)


0,78
0,45

Tod, kardiogener Schock, kongestive Herzinsuffizienz
30 Tage
90 Tage



265 (9,19 %)
293 (10,16 %)



257 (8,99 %)
293 (10,24 %)



0,98 (0,83–1,16)
1,01 (0,86–1,19)



0,81
0,91

KI = Konfidenzintervall

Arzneimitteltherapie 2007; 25(09)