Annemarie Musch, Stuttgart

Seit dem 1. Oktober 2007 sind in Deutschland die ersten Epoetin-alfa-Biosimilars im Handel. Biosimilars sind Nachfolgeprodukte von Biopharmazeutika. Bereits vor der Zulassung von Epoetin-alfa-Biosimilars waren Nachfolgeprodukte von rekombinantem Wachstumshormon (Somatropin) im Handel verfügbar. Weitere Biosimilars werden folgen, da auch der Patentschutz anderer Biopharmazeutika in Kürze abläuft oder bereits abgelaufen ist.

Mit der Entwicklung der Biosimilars sind hohe Erwartungen verbunden. Insbesondere erhofft man sich eine wirtschaftlichere Therapie mit dieser teuren Arzneimittelgruppe. Beispielsweise betragen die reinen Arzneimittelkosten für die Standardbehandlung von Anämien bei Patienten mit chronischen Nierenerkrankungen mit rekombinantem humanem Erythropoetin (Epoetin) derzeit 10 000 bis 20 000 Euro pro Patient pro Jahr. Auch aus der Behandlung anderer Patientengruppen, insbesondere der mit Tumorerkrankungen, ist der Einsatz von Biopharmazeutika nicht mehr wegzudenken. Eine breite Anwendung erfolgt jedoch bislang noch nicht, was sicherlich auch auf die hohen Therapiekosten zurückzuführen ist.

Neben den hohen Erwartungen gibt es aber auch große Bedenken beim Einsatz von Biosimilars. Diese Bedenken resultieren aus produktspezifischen Besonderheiten der Biopharmazeutika, wie der Herstellung in lebenden Zellen und den komplexen Strukturcharakteristika, die für die Wirkung essenziell sind. Dazu gehören beispielweise das Glykosylierungsmuster oder andere posttranslationale Veränderungen der Peptide oder Proteine. Zu berücksichtigen ist, dass der Herstellungsprozess und die Moleküleigenschaften sowohl die Wirksamkeit als auch die Verträglichkeit der Therapie entscheidend beeinflussen können.

Diesen Bedenken wurde Rechnung getragen, indem die EMEA (European Medicines Agency) speziell für Biosimilars ein besonderes Zulassungsverfahren vorschreibt: Da die Biosimilars aufgrund der beschriebenen produktspezifischen Besonderheiten nicht den Generika kleiner Moleküle gleichgesetzt werden können, müssen Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit eines Biosimilars hinreichende Ähnlichkeit mit dem Referenzbiopharmazeutikum haben. Der Nachweis der Bioäquivalenz allein reicht hier im Unterschied zu den Zulassungsvoraussetzungen vieler Generika allein nicht aus. Weiterhin werden von der EMEA umfassende Pharmakovigilanzpläne für die Anwendung des Biosimilars nach der Zulassung gefordert.

Vor dem Hintergrund der Komplexität der gesetzlich vorgeschriebenen Zulassungsanforderungen eines Biosimilars ist eine Reduktion der reinen Arzneimittelkosten durch Biosimilars verglichen mit dem Referenzprodukt um bis zu 28 % durchaus respektabel.

Der Einsatz von Biosimilars ist für Ärzte und Apotheker derzeit aber eine große Herausforderung. Es ist zu bedenken, dass es sich bei der Substitution von Biopharmazeutika eher um eine Aut-simile- als um eine Aut-idem-Substitution handelt, das heißt nicht um den Austausch wirkstoffgleicher Fertigarzneimittel, sondern um den Austausch eines Fertigarzneimittels durch ein anderes Fertigarzneimittel mit einem ähnlichen Arzneistoff aus der gleichen Arzneistoffgruppe. Daher sollten vor der Anwendung von Biosimilars Nutzen und Risiko sorgfältig überdacht werden. Als Unterstützung hierfür kann eine kürzlich veröffentlichte „Checkliste zur Bewertung von Biopharmazeutika“ dienen [Krankenhauspharmazie 2007;28:427–35].

Bei allen Bedenken scheint aber auch ein echter Zugewinn durch die Zulassung von Biosimilars möglich: Werden beispielsweise Moleküleigenschaften der Referenzprodukte verbessert, profitieren letztendlich die Patienten von dieser Entwicklung.

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