Christoph F. Schorn und Hans Christoph Diener, Essen
Wesentlich für die Entstehung einer Migräneattacke ist unter anderem die Freisetzung von Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP) aus trigeminalen Ganglien. CGRP ist ein potenter Vasodilatator und führt zu einer Erweiterung von Gefäßen im Bereich der Dura und der Hirnbasis. Eine entscheidende Wirkung von Topiramat bei der Migräne-prophylaktischen Wirkung liegt dementsprechend wahrscheinlich in der Hemmung der Expression von Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP) [1].
Grundsätzlich wirkt Topiramat dosisabhängig – wie andere Antikonvulsiva auch – über eine multifaktorielle Verminderung kortikaler neuronaler Exzitabilität [2]. Elektrophysiologisches Korrelat dieser erhöhten Erregbarkeit ist die „cortical spreading depression“ (CSD), die sich als langsam ausbreitende Welle neuronaler und glialer Depolarisation bei einer Migräne mit Aura nachweisen lässt. Hierbei kommt es zu einem massiven Anstieg von Kalium und einiger weiterer Neurotransmitter im Extrazellulärraum sowie zu einem intrazellulären Einstrom von Natrium und Calcium. Insbesondere konnte für Topiramat eine Erhöhung der Schwelle sowie eine verminderte Geschwindigkeit der Propagation für die CSD belegt werden [3].
Topiramat wurde 1987 in den Laboratorien von Ortho-McNeil Pharmaceutical synthetisiert. Die antikonvulsive Wirkung wurde erstmals 1987 beschrieben [4]. Die Zulassung zur antiepileptischen Therapie erfolgte in Deutschland 1998 [5]. Als Mittel zur Migräneprophylaxe ist es als Topamax® Migräne seit Juli 2005 zugelassen [6].
Wirkungsmechanismus
Die Wirkung beruht auf mehreren Eigenschaften des Präparats. Topiramat blockiert wahrscheinlich spannungsabhängige Natriumkanäle. Es kommt zu einem geringen Antagonismus von Glutamat an Kainat- und AMPA-Subtypen des Glutamat-Rezeptors (AMPA = α-Amino-3-hydroxy-5-methyl-isoxazol-propionsäure) sowie einer vermehrten Aktivität an GABAA-Rezeptoren. Eine modulierende Wirkung auf „high-voltage“-aktivierte Calciumkanäle ist ebenfalls beschrieben. Außerdem bewirkt es eine unvollständige Hemmung einiger Isoenzyme der Carboanhydrase [6]. Dies erklärt auch, dass es im Rahmen der Nebenwirkungen zu Kribbelparästhesien kommen kann.
Zusammengefasst wird dadurch die Propagation von Aktionspotenzialen blockiert, neuronale Membranen werden stabilisiert, die Ausschüttung weiterer vor allem exzitatorischer Neurotransmitter und die Depolarisation der Membranen vermindert und die Hyperpolarisation der Membranen durch Kaliumkanäle und inhibitorische Effekte gesteigert [7].
Pharmakokinetik
Resorption
Die relative Bioverfügbarkeit liegt bei 80 %. Maximale Plasmaspiegel werden nach zwei Stunden, das Steady-State bei normaler Nierenfunktion nach etwa vier Tagen erreicht [6].
Verteilung
Seitens des Herstellers werden hierzu keine Angaben gemacht.
Metabolismus und Elimination
Topiramat wird zu etwa 70 % primär unverändert über den Urin ausgeschieden. Es wurden sechs Metaboliten identifiziert, von denen keiner mehr als 5 % der applizierten Dosis entspricht. Diese werden durch Hydroxylierung, Hydrolyse und Glucuronidierung gebildet. Darüber hinaus bestehen Hinweise für eine tubuläre Rückresorption. Die Plasmaclearance beträgt 20 bis 30 ml/min [6].
Eliminationshalbwertzeit
Die mittlere Plasmaeliminationshalbwertzeit nach einer oder mehrerer Dosen beträgt 21 Stunden [6].
Plasmaproteinbindung
Die Plasmaproteinbindung ist mit 13 bis 17 % eher niedrig [6].
Leber- und Niereninsuffizienz
Bei Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion kann die Topiramat-Clearance reduziert sein. Bei mäßiger sowie schwerer Niereninsuffizienz war die Topiramat-Clearance um 42 % bzw. 54 % reduziert. Im Allgemeinen wird daher bei diesen Patienten die Hälfte der üblichen Dosis empfohlen [6].
Alters- und Geschlechtabhängigkeit
Seitens des Herstellers werden hierzu keine Angaben gemacht.
Klinische Ergebnisse
Eine der ersten doppelblinden Phase-II-Studien wurde 2001 von Storey und Mitarbeitern mit 40 Probanden durchgeführt. Hier zeigte sich, dass 26 % der Patienten der Verumgruppe eine mindestens 50%ige Reduktion der Migränehäufigkeit unter der Therapie mit einer durchschnittlichen Dosierung von Topiramat von 125 mg/Tag erreichten [8]. 2002 konnte die Arbeitsgruppe um Young nicht nur die Wirksamkeit von Topiramat bei episodischer, sondern auch bei chronischer Migräne belegen. Unter chronischer Migräne versteht man das Auftreten von Migräneattacken an mehr als 15 Tagen im Monat. Bei 38 % der Probanden war eine mindestens 50%ige Reduktion der Häufigkeit sowie eine Abnahme der Intensität von 6,2 auf 4,8 auf der visuellen Analogskala (Maximalwert 10) zu verzeichnen [9].
Im Jahr 2004 erschienen drei große Phase-III-Studien, denen die Zulassung von Topiramat für die Migräneprophylaxe folgte. Alle Studien waren doppelblind, Plazebo-kontrolliert sowie randomisiert und multizentrisch.
MIGR-001
Diese Studie wurde an 49 Zentren in den USA durchgeführt. 478 Patienten mit drei bis zwölf Migränetagen pro Monat wurden in die Studie aufgenommen, davon konnten 469 ausgewertet werden. Nach einer 28-tägigen Baseline-Phase wurden die Probanden innerhalb von acht Wochen auf eine Tagesdosis von 50, 100 oder 200 mg eingestellt und anschließend 18 Wochen beobachtet. Die Titration erfolgte in Dosisschritten von 25 mg mit Steigerung einmal pro Woche.
In den Gruppen mit einer Tagesdosis von 100 und 200 mg kam es zu einer signifikanten Abnahme der Attacken von durchschnittlich 5,4 bzw. 5,6 auf 3,3. Unter einer Tagesdosis von 50 mg kam es zu einer Reduktion von durchschnittlich 5,4 auf 4,1, bei Gabe von Plazebo von 5,6 auf 4,6.
Ein Wirkungseintritt war bereits nach vier Wochen messbar.
Eine 50%ige Reduktion der Migränehäufigkeit wurde in der 50-mg-Gruppe von 35,9 % der Probanden, in den beiden anderen Dosisgruppen bei mehr als 50 % der Patienten erreicht [10].
MIGR-002
In dieser Studie konnte die Überlegenheit von Topiramat in Dosierungen 100 und 200 mg gegenüber Plazebo anhand eines nahezu identischen Studiendesigns mit 468 Patienten bestätigt werden [11].
MIGR-003
In dieser europäischen Studie wurde die Reduktion der Migränehäufigkeit untersucht. Dabei wurden 575 Probanden randomisiert entweder mit Plazebo, 100 bis 200 mg Topiramat oder 160 mg Propranolol täglich behandelt.
Es konnte ein signifikanter Rückgang lediglich unter Therapie mit 100 mg Topiramat belegt werden. Eine Dosierung mit 200 mg verfehlte aufgrund der hohen Studienabbrecherquote wegen Nebenwirkungen das Signifikanzniveau. In dieser Arbeit wurde ein mindestens 50%iger Rückgang der Migränefrequenz nachgewiesen bei:
- 22 % der Patienten unter Plazebo-Gabe
- 37 % unter einer Therapie mit 100 mg Topiramat
- 35 % unter der Anwendung von 200 mg Topiramat
- 43 % unter der Gabe von 160 mg Propranolol
Hieraus folgern die Autoren, dass 100 mg Topiramat eine geeignete Dosierung zur Migräneprophylaxe ist, die in ihrer Effektivität Propranolol vergleichbar ist [12].
Eine Übersicht über die Reduktion der Migränehäufigkeit bietet Abbildung 1.
Topiramat bei chronischer Migräne und anderen Kopfschmerzen
Die TOP-CHROME-Studie konnte eine Reduktion um 3,5 ± 6,3 monatliche Kopfschmerztage – ausgehend von 15,5 ± 4,6 Tagen – belegen. Besonders herauszustellen ist, dass der Großteil der Studienteilnehmer zusätzlich die Kriterien eines Medikamenten-induzierten Kopfschmerzes erfüllte. Diese doppelblinde, randomisierte Plazebo-kontrollierte Studie untermauert die Wirksamkeit von durchschnittlich 100 mg Topiramat bei dieser schwerwiegendsten Variante der Migräne [13]. Limmroth und Kollegen konnten nachweisen, dass Topiramat einer Chronifizierung sowie einem Medikamenten-induzierten Kopfschmerz bei aktuell episodischer Migräne vorbeugt [14].
Eine offene Studie zeigte bei 46 Probanden eine Reduktion des chronischen Spannungskopfschmerzes von durchschnittlich 23,5 monatlichen Kopfschmerztagen auf 12,6 nach 13 bis 24 Wochen. Die Kopfschmerzintensität verringerte sich ebenfalls von 6,13 auf 2,07 von maximal 10 auf der visuellen Analogskala [15].
Mehrere Studien belegen die Wirksamkeit von Topiramat zur Behandlung des Clusterkopfschmerzes, der sich durch einen zirkadian gehäuft, meist nächtlich auftretenden heftigsten periorbitalen Schmerz mit Lakrimation, Rhinorrhö oder anderen begleitenden trigemino-autonomen Symptomen präsentiert. Die Standardtherapie – ebenfalls Off-Label-Use – wäre die Gabe von Verapamil mit einer Tagesdosis von 240 mg. Hierzu finden sich einige Fallberichte oder offene, nicht randomisierte Studien. Eine gute Übersicht zur Wirksamkeit von Topiramat bei Clusterkopfschmerz oder anderen trigemino-autonomen Kopfschmerzen bieten die europäischen Leitlinien zur Behandlung dieser Kopfschmerzen [16].
Weitere Arbeiten legen eine Wirksamkeit von Topiramat bei selteneren Kopfschmerzen wie der Hemicrania continua nahe. Typischerweise sollten diese Patienten unter einer hoch dosierten Indometacin-Gabe von ihrem permanenten streng unilateralen Kopfschmerz befreit werden [17].
Ein 2006 erschienener Fallbericht beschreibt die Wirksamkeit von 100 mg Topiramat bei einer 67-jährigen Patientin mit hypnic headache, einem vor allem bei Älteren rezidivierend nächtlich auftretenden, meist holozephalen drückenden Kopfschmerz [18]. Topiramat ist jedoch nur zur Prophylaxe der Migräne zugelassen.
Nebenwirkungen
Die Mehrheit der Nebenwirkungen war leicht bis mäßig und trat dosisabhängig vor allem in der Titrationsphase auf. Diese waren leichter ausgeprägt, wenn die Intervalle zur Dosissteigerung länger waren oder die Dosissteigerung als solche geringer war. Insbesondere scheinen die zentralnervösen Nebenwirkungen häufiger im Rahmen der Epilepsiebehandlung aufzutreten [6].
Sehr häufig zeigten sich Schwindel, Müdigkeit, Parästhesien, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Geschmacksveränderungen und Durchfall. Insbesondere führt die Appetitlosigkeit bei einer Dosierung zwischen 50 und 200 mg zu einem durchschnittlichen Gewichtsverlust von 2,3 bis 3,8 % des Körpergewichts [6]. Bei allen anderen Substanzen zur Migräneprophylaxe (Betablocker, Flunarizin, trizyklische Antidepressiva) besteht dagegen eine Tendenz zur Gewichtszunahme.
Häufige Nebenwirkungen von Topiramat waren Sprachstörungen (Stottern), Benommenheit, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, Ängstlichkeit, Depression und Stimmungsschwankungen, Visusstörungen, Hypästhesien, Mundtrockenheit und Schlaflosigkeit [6]. Das erste Zeichen schwerwiegender kognitiver Störungen sind Wortfindungsstörungen. Wenn diese auftreten, sollte die Dosis nicht weiter erhöht werden.
In Tabelle 1 sind die wichtigsten Kontraindikationen zur Therapie mit Topiramat aufgelistet.
Wechselwirkungen
Bei einer antikonvulsiven Kombinationstherapie sind wechselseitige Beeinflussungen des Metabolismus von Carbamazepin und Phenytoin beschrieben. Fraglich scheint eine Reduktion des Digoxin-Spiegels unter der Gabe von Topiramat. In einer Tagesdosierung bis 200 mg wurden keine statistisch signifikanten Änderungen der Area under the Curve (AUC) als Maß für die Gesamtkonzentration des Arzneistoffs im Körper beobachtet [6].
Unter einer gleichzeitigen Therapie mit Lithiumsalzen bei bipolaren Störungen und beispielsweise bei Clusterkopfschmerzen (Off-Label-Use) kann es zu einer Reduktion des Serum-Lithiumspiegels kommen, so dass die Serumspiegel regelmäßig kontrolliert werden sollten. Unter einer Kombinationstherapie von Topiramat und Risperidon ergeben sich keine klinisch relevanten Veränderungen [6].
Der gleichzeitige Einsatz von Hydrochlorothiazid erhöht den Plasmaspiegel von Topiramat um 30 %, so dass eine entsprechende Dosisanpassung erforderlich ist [6].
Die klinische Bedeutung des Einflusses von Topiramat auf die oralen Antidiabetika Metformin und Pioglitazon ist noch nicht abschließend geklärt, so dass eine engmaschige Überwachung der üblichen für Diabetes mellitus relevanten Parameter zu empfehlen ist. Die gleichzeitige Gabe von Glibenclamid führt zu einer signifikanten Reduktion der AUC von Topiramat [6].
Grundsätzlich sollte eine Kombinationstherapie mit Präparaten (Acetazolamid, Triamteren, Zonisamid und Vitamin C), die zu einer Nephrolithiasis prädisponieren, vermieden werden [6].
Aus Kinetikstudien ergeben sich Hinweise darauf, dass Topiramat folgende Pharmaka und Metaboliten beeinflusst: Flunarizin und Propranolol (Migräneprophylaxe der 1. Wahl), Amitriptylin (Migräneprophylaxe der 2. Wahl), Haloperidol und Diltiazem [6].
Indikation, Dosierung und Anwendung
Topiramat ist zur Mono- und Kombinationstherapie bei fokalen, generalisierten und sekundär generalisierten Epilepsien bei Erwachsenen und Kindern ab dem zweiten Lebensjahr zugelassen.
Seit Juli 2005 besteht ebenfalls eine Zulassung zur Migräneprophylaxe bei Erwachsenen. Diese ist insbesondere bei drei oder mehr Attacken pro Monat indiziert. Zur differenzierten Indikationsstellung sei auf die Leitlinien der deutschen Gesellschaft für Neurologie verwiesen [19]. Eine solche Prophylaxe soll eine Reduktion der Anzahl, Dauer und Intensität der Migräneattacken bewirken. Weiterhin soll indirekt einem Medikamenten-induzierten Kopfschmerz bei Triptan- oder Analgetika-Abusus vorgebeugt werden. Eine Therapie mit Topiramat ist insbesondere indiziert bei Kontraindikationen oder Unverträglichkeit der Migräneprophylaktika der ersten Wahl entsprechend den Leitlinien der deutschen Gesellschaft für Neurologie (Flunarizin, Valproat, Metoprolol und Propranolol) [19]. (Eine Zulassung von Valproat zur Migräneprophylaxe besteht derzeit in Deutschland und Europa im Gegensatz zu den USA nicht.) Darüber hinaus empfiehlt sich Topiramat bei adipösen Patienten, da alle anderen geeigneten Präparate mit einer mehr oder weniger ausgeprägten Gewichtszunahme einhergehen. Ein nicht zu unterschätzender Anteil der Migränepatienten leidet zusätzlich an einem episodischen oder chronischen Spannungskopfschmerz, der wahrscheinlich auch einer Therapie mit Topiramat zugänglich ist. Bisher ist in diesem Fall lediglich eine Prophylaxe mit trizyklischen Antidepressiva wie Amitriptylin, die Medikamente der 2. Wahl bei einer Migräneprophylaxe sind, möglich [19].
Andere wesentlich seltenere Kopfschmerzen wie der Clusterkopfschmerz oder die Hemicrania continua scheinen ebenfalls auf eine (Off-Label-)Therapie mit Topiramat anzusprechen.
Die übliche Tagesdosis liegt bei 50 bis 100 mg [6], wobei manche Patienten von niedrigeren Dosen profitieren, andere jedoch bis zu 200 mg benötigen. Eine Dosissteigerung über 200 mg hinaus ist nicht zu empfehlen. Üblicherweise wird die Dosis wöchentlich um 25 mg gesteigert. Bei Unverträglichkeitsreaktionen können längere Intervalle oder niedrigere Dosissteigerungen von 12,5 mg Topiramat erwogen werden. Üblicherweise wird eine Fortführung der Prophylaxe – soweit effektiv – über sechs bis neun Monate empfohlen.
Kosten der Therapie
Wie Tabelle 2 zeigt, kostet die 2-mal tägliche Einnahme von Topiramat 3,39 Euro/Tag. Angesichts der ungefähr bis zu 10-mal höheren Tagestherapiekosten im Vergleich zu Valproinsäure oder Metoprolol ist eine sorgfältige Selektion der Patienten, die für diese Therapie in Frage kommen, erforderlich. Die vergleichsweise hohen Therapiekosten werden jedoch – volkswirtschaftlich betrachtet – relativiert, da ein Großteil der Patienten tendenziell weniger Fehlzeiten am Arbeitsplatz aufweist [20].
Bewertung und Fazit
Mit Topiramat steht eine weitere Möglichkeit zur Migräneprophylaxe der ersten Wahl zur Verfügung [19]. Die Number needed to treat (NNT), um eine 50%ige Reduktion der Migräneattacken mit 100 mg Topiramat zu erreichen, beträgt vier. Für eine über 75%ige Reduktion beträgt die NNT sechs bis acht [21]. Aufgrund der hohen Therapiekosten wird man dieses Präparat allerdings in der Regel nicht einem Patienten verschreiben, bei dem bisher noch nie eine Migräneprophylaxe durchgeführt wurde. Hervorzuheben ist die Wirksamkeit von Topiramat im Gegensatz zu allen anderen Prophylaktika der 1. Wahl bei Medikamenten-induziertem Kopfschmerz bei zugrunde liegender Migräne. Eine Off-Label-Behandlung anderer Kopfschmerzen außer Migräne mit Topiramat sollte aufgrund der differenzierten Indikationsstellung Spezialisten vorbehalten bleiben.
Literatur
1. Durham PL, Niemann C, Cady R. Repression of stimulated calcitonin gene-related peptide secretion by topiramate. Headache 2006;46:1291–5.
2. Ramadan NM. Current trends in migraine prophylaxis. Headache 2007;47(Suppl 1):52–7.
3. Ayata C, Jin H, Kudo C, Dalkara T, et al. Suppression of cortical spreading depression in migraine prophylaxis. Ann Neurol 2006;59:652–61.
4. Maryanoff BE, Nortey SO, Gardocki JF, Shank RP, et al. Anticonvulsant O-alkyl sulfamates. 2,3:4,5-Bis-O-(1-methylethylidene)-beta-D-fructopyranose sulfamate and related compounds. J Med Chem 1987;30:880–7.
5. Jansen-Cilag. Fachinformation Topamax. 2006.
6. Jansen-Cilag. Fachinformation Topamax Migräne. 2006.
7. White HS. Molecular pharmacology of topiramate: managing seizures and preventing migraine. Headache 2005;45(Suppl 1):48–56.
8. Storey JR, Calder CS, Hart DE, Potter DL. Topiramate in migraine prevention: a double-blind, placebo-controlled study. Headache 2001;41:968–75.
9. Young WB, Hopkins MM, Shechter AL, Silberstein SD. Topiramate: a case series study in migraine prophylaxis. Cephalalgia 2002;22:659–63.
10. Silberstein SD, Neto W, Schmitt J, Jacobs D. Topiramate in migraine prevention: results of a large controlled trial. Arch Neurol 2004;61:490–5.
11. Brandes JL, Saper JR, Diamond M, Couch JR, et al. Topiramate for migraine prevention: a randomized controlled trial. Jama 2004;291:965–73.
12. Diener HC, Tfelt-Hansen P, Dahlof C, Lainez MJ, et al. Topiramate in migraine prophylaxis – results from a placebo-controlled trial with propranolol as an active control. J Neurol 2004;251:943–50.
13. Diener HC, Bussone G, Van Oene JC, Lahaye M, et al. Topiramate reduces headache days in chronic migraine: a randomized, double-blind, placebo-controlled study. Cephalalgia 2007;27:814–23.
14. Limmroth V, Biondi D, Pfeil J, Schwalen S. Topiramate in patients with episodic migraine: reducing the risk for chronic forms of headache. Headache 2007;47:13–21.
15. Lampl C, Marecek S, May A, Bendtsen L. A prospective, open-label, long-term study of the efficacy and tolerability of topiramate in the prophylaxis of chronic tension-type headache. Cephalalgia 2006;26:1203–8.
16. May A, Leone M, Afra J, Linde M, et al. EFNS guidelines on the treatment of cluster headache and other trigeminal-autonomic cephalalgias. Eur J Neurol 2006;13:1066–77.
17. Brighina F, Palermo A, Cosentino G, Fierro B. Prophylaxis of hemicrania continua: two new cases effectively treated with topiramate. Headache 2007;47:441–3.
18. Guido M, Specchio LM. Successful treatment of hypnic headache with topiramate: a case report. Headache 2006;46:1205–6.
19. Diener HC, Limmroth V, Fritsche G, Brune K, et al. Therapie der Migräneattacke und Migräneprophylaxe. In: Diener HC, Putzki N, Berlit P (Hrsg.). Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. 3. Auflage. Stuttgart, New York: Thieme, 2005:494–507.
20. Lofland JH, Gagne JJ, Pizzi LT, Rupnow M, et al. Impact of topiramate migraine prophylaxis on workplace productivity: results from two US randomized, double-blind, placebo-controlled, multicenter trials. J Occup Environ Med 2007;49:252–7.
21. Loder E, Forde G, Papdopoulos G. Assessing the therapeutic value of using topiramate for migraine prevention: number-needed-to-treat analyses. Migraine Trust International Symposium, London, 2004.
Prof. Dr. med. Hans Christoph Diener, FAHA, FAAN, Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurologie und Westdeutsches Kopfschmerzzentrum, Universitätsklinikum Essen, Hufelandstr. 55, 45147 Essen, E-Mail: hans.diener@uni-duisburg-essen.de
Dr. med. Christoph F. Schorn, Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsklinikum Essen, Hufelandstr. 55, 45147 Essen, E-Mail: christoph.schorn@uni-duisburg-essen.de

Abb. 1. Reduktion der monatlichen Migränehäufigkeit (gepoolte Daten der drei Phase-III-Studien MIGR-001, -002 und -003) [15]
Tab. 1. Wann sollte Topiramat nicht oder mit besonderer Vorsicht eingesetzt werden?
Nephrolithiasis (aktuell und in der Vergangenheit) |
Frauen in Schwangerschaft und Stillzeit |
Niereninsuffizienz mit Creatinin-Clearance < 60 ml/min |
Leberinsuffizienz, da die Topiramat-Clearance vermindert werden kann |
Akute Myopie und sekundäres Engwinkelglaukom |
Metabolische Azidose |
Stimmungsschwankungen, Depression und bekannter Suizidversuch |
Essstörungen, Kachexie und unzureichende Flüssigkeitszufuhr |
Hereditäre Galactose-Intoleranz, Lactase-Mangel oder Glucose-Galactose-Malabsorption |
Tab. 2. Tagestherapiekosten von Topiramat und anderen Migräneprophylaktika
Arzneistoff (Präparat) |
Packungsgröße |
Kosten |
Topiramat (Topamax® Migräne) |
100 Tabletten zu 50 mg |
3,39 |
Metoprolol ret. (Generikum) |
100 Tabletten zu 50 mg |
0,35 |
Flunarizin (Generikum) |
100 Tabletten zu 5 mg |
0,64 |
Valproinsäure (Generikum) |
200 Tabletten zu 300 mg |
0,36 |
Topiramat
+ In vielen großen randomisierten Studien nachgewiesene Wirkung
+ Wirkung bei Medikamenten-induziertem Kopfschmerz
+ Keine Gewichtszunahme
– Selten kognitive Beeinträchtigung und Parästhesien als Nebenwirkung
– Hohe Tagestherapiekosten
Topiramate – An antiepileptic drug for headache prevention
Topiramate is a drug of first choice for migraine prophylaxis according to the guidelines of the German Neurological Society (DGN). The underlying multifunctional mechanism of action is not yet fully understood. The recommended daily doses are between 50 and 100 mg. The effectiveness of topiramate can be expected after approximately two months of treatment. The most frequent and usually transient side-effects are paraesthesia, cognitive impairment, mild amnestic aphasia, fatigue and dysthymia. The probability of side-effects is dose-dependent. Current or a history of nephrolithiasis is the most important contraindication. Efficacy, safety and reasonable tolerability of topiramate have been shown by a large number of randomised trials. Clinical experience showed that topiramate is also effective in the treatment of chronic migraine, medication overuse headache, cluster headache and chronic tension type headache and thus reducing headache days by at least 50 %.
Keywords: Topiramate, headache, migraine, pharmacology, prophylaxis
Arzneimitteltherapie 2008; 26(01)