Psoriasis

Auch Kinder profitieren von Etanercept


Dr. Birgit Schindler, Freiburg

Etanercept (Enbrel®) ist bei Kindern und Jugendlichen mit mittelschwerer bis schwerer Psoriasis vulgaris vom Plaque-Typ, die auf eine Standardtherapie nur unzureichend angesprochen haben, gut wirksam, so das Ergebnis einer randomisierten, doppelblinden, klinischen Studie. Die Verträglichkeit kann noch nicht abschließend beurteilt werden, scheint aber zu Beginn der Anwendung (bis 12 Wochen) gut zu sein.

Psoriasis ist eine häufige und fast immer chronisch verlaufende dermatologische Erkrankung. Sie ist gekennzeichnet durch schuppige, erythematöse Plaque-Bildung. Ursache der Hauterscheinungen ist eine äußerst komplexe kutane Immunreaktion mit einer ausgeprägten entzündlichen Komponente und epidermaler Hyperproliferation. Schwere Ausprägungen der Erkrankung können zu psychosozialer Stigmatisierung führen, was insbesondere für Kinder und Jugendliche sehr belastend sein kann.

Etanercept ist ein Fusionsprotein aus dem ligandenbindenden Teil des humanen Tumornekrosefaktor-alfa-Rezeptors p75 und humanem IgG1. Es bindet Tumornekrosefaktor alpha (TNF-a) und verhindert so die Bindung des Zytokins an seine Zelloberflächen-Rezeptoren und TNF-a-vermittelte Zellreaktionen. Etanercept ist zugelassen zur Behandlung erwachsener Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis, die auf andere systemische Therapien nicht angesprochen haben oder diese nicht vertragen. Für Kinder und Jugendliche ist Etanercept derzeit für diese Indikation nicht zugelassen.

Studiendesign

In einer randomisierten, doppelblinden Studie wurde die Wirksamkeit von Etanercept bei Kindern und Jugendlichen mit mittelschwerer bis schwerer Psoriasis vulgaris vom Plaque-Typ untersucht. Die Studie wurde an 42 Zentren in den USA und Kanada durchgeführt. Eingeschlossen wurden 211 Kinder und Jugendliche im Alter von 4 bis 17 Jahren, die folgende Einschlusskriterien erfüllten:

  • Stabile, mittelschwere bis schwere Plaque-Psoriasis, mit einem PASI von mindestens 12. Der Psoriasis Area and Severity Index (PASI) ist ein etablierter Score mit Punkten von 0 bis 72, der die Ausprägung der Symptome Erythem, Infiltration und Schuppung sowie das Ausmaß der von diesen Symptomen betroffenen Körperoberfläche berücksichtigt.
  • Standardisierte globale Einschätzung des Arztes zur Schwere der Erkrankung von mindestens 3 (Static physician’s global assessment [PGA]; 0 = keine Psoriasis, 5 = schwere Psoriasis)
  • Hautveränderungen betreffen mindestens 10 % der Körperoberfläche
  • Erkrankung an Psoriasis seit mindestens sechs Monaten
  • Vorbehandlung oder Behandlung mit Phototherapie oder systemischer Therapie mit beispielsweise Methotrexat oder nicht zufriedenstellendes Ansprechen auf eine topische Behandlung

Die Patienten durften während der Studie topische Glucocorticoide auf der Kopfhaut, in den Achseln und der Leistengegend anwenden.

Die Studie bestand aus drei aufeinander folgenden Behandlungsphasen:

  • 12-wöchige, doppelblinde Phase (Tag 1 bis Woche 12), während der die Patienten randomisiert entweder Plazebo (n = 105) oder Etanercept s. c. (n = 106) einmal wöchentlich (0,8 mg/kg Körpergewicht, maximal 50 mg) erhielten
  • 24-wöchige, offene Behandlung aller Studienteilnehmer mit Etanercept (Woche 13 bis 36)
  • 12-wöchige, neu randomisierte, doppelblinde Phase, während der die verbliebenen Patienten entweder Plazebo oder Etanercept erhielten (Woche 37 bis 48)

Während der ersten Phase konnten die Patienten unter vordefinierten Bedingungen (deutliche Verschlechterung des PASI im Vergleich zum Ausgangswert) in eine so genannte „Escape-Gruppe“ ausweichen und bis Woche 12 offen mit Etanercept behandelt werden. Nachdem Patienten in die Escape-Gruppe gewechselt waren, wurden sie mit ihren Ausgangswerten in die Analyse einbezogen.

Primärer Endpunkt war eine 75%ige Verbesserung des PASI (PASI 75) nach 12 Wochen. Sekundäre Endpunkte umfassten unter anderem eine 50%ige und 90%ige Besserung des PASI nach 12 Wochen (PASI 50 bzw. 90), eine standardisierte Einschätzung des Arztes nach 12 Wochen (PGA-Score 0 oder 1)
zur Besserung und einen Index zur Erfassung der Lebensqualität nach 12 Wochen.

Für die Analyse der Verträglichkeit wurden die unerwünschten Wirkungen auf die Expositionsdauer adjustiert. Unerwünschte Wirkungen, die während der dritten Phase der Studie in der Plazebo-Gruppe auftraten, wurden der Etanercept-Gruppe zugerechnet.

Ergebnisse

12-wöchige doppelblinde Phase

Nach 12 Wochen erreichte ein signifikant größerer Anteil der mit Etanercept behandelten Kinder und Jugendlichen den primären Endpunkt verglichen mit der Plazebo-Gruppe (p < 0,001): Ein PASI-75-Ansprechen zeigten 57 % der Kinder (60/106), die Etanercept erhielten, gegenüber 11 % in der Plazebo-Gruppe (12/105).

Der Unterschied zwischen den Behandlungsgruppen war bereits nach vier Wochen signifikant.

Der Anteil der Kinder und Jugend-lichen, die nach 12 Wochen eine 50%ige Besserung bzw. eine 90%ige Besserung im PASI erreichten, war in der Etanercept-Gruppe ebenfalls signifikant größer (PASI 50: 75 % vs. 23 %; PASI 90: 27 % vs. 7 %; jeweils p < 0,001).

In der Plazebo-Gruppe waren 27 von 105 Patienten der Escape-Gruppe zugeteilt worden, in der Etanercept-Gruppe 5 von 105 (ein Patient war schon vor der ersten Dosis aus der Studie ausgeschieden).

Offene Behandlungsphase

Während der offenen Behandlungsphase erreichten nach 24 Wochen 62 % der Patienten der ursprünglichen Plazebo-Gruppe ein PASI-75-Ansprechen gegenüber 69 % der Patienten der ursprünglichen Etanercept-Gruppe. Dieser Effekt blieb bis Woche 36 erhalten.

12-wöchige neu randomisierte, doppelblinde Phase

Nach 36 Wochen wurden 138 Patienten erneut randomisiert: 69 Kinder und Jugendliche erhielten weiterhin Etanercept und 69 Plazebo. Zu diesem Zeitpunkt hatten 94 % der Patienten in beiden Behandlungsgruppen eine 75%ige Besserung erreicht. Am Studienende zeigten 49 % der Patienten, die für die dritte Phase der Plazebo-Gruppe zugeteilt worden waren, ein PASI-75-Ansprechen. Bei den Patienten, die während der dritten Phase der Studie Etanercept erhalten hatten (einschließlich der Patienten, die in der Plazebo-Gruppe einen Rückfall erlitten hatten und deshalb offen Etanercept erhalten hatten), betrug der Anteil 80 %.

Verträglichkeit

Die Gesamtzahl berichteter unerwünschter Wirkungen war nach Adjustierung der Expositionsdauer in der Plazebo-Gruppe größer als in der Etanercept-Gruppe.

Allerdings gab es in der Etanercept-Gruppe unerwünschte Wirkungen, die in der Plazebo-Gruppe nicht auftraten (Tab. 1).

Da sich die Expositionsdauer zwischen der Plazebo- und der Etanercept-Gruppe erheblich unterscheidet – 18,8 Jahre unter Plazebo- vs. 164,8 unter Etanercept-Behandlung – ist trotz Adjustierung der Vergleich zwischen den Gruppen schwierig. Bei Ereignissen, die in der Plazebo-Gruppe nicht auftraten, wie schweren Infektionen (in der Etanercept-Gruppe n = 4), bleibt unklar, ob dieser Unterschied aufgrund der kurzen Expositionsdauer in der Plazebo-Gruppe zustande kommt oder ob es sich dabei tatsächlich um einen Unterschied zwischen den Behandlungsgruppen handelt.

Während der offenen Behandlungsphase mit Etanercept traten bei drei Patienten schwere unerwünschte Wirkungen auf: eine ovarielle Zyste und Infektionen (Gastroenteritis und Pneumonie). Die Langzeitverträglichkeit kann bei einer Studiendauer von 48 Wochen nicht ausreichend untersucht werden, da insbesondere mögliche schwerwiegende Risiken wie Lymphome auch erst nach einer längeren Latenzzeit auftreten können.

Zusammenfassung und Fazit

Etanercept ist nach den Ergebnissen dieser Studie für Kinder und Jugendliche mit mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis eine gut wirksame Therapieoption, insbesondere wenn mit anderen Therapien keine ausreichenden Erfolge erzielt werden konnten.

Die Ergebnisse der dritten Phase geben Hinweise darauf, dass die Behandlungsfrequenz nach Erreichen einer Remission unter Beibehaltung der Symptomkontrolle möglicherweise reduziert werden kann. Dies sollte nach Ansicht der Autoren in weiteren Studien untersucht werden.

Quellen

AWMF-Leitlinie der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft: Therapie der Psoriasis vulgaris, Leitlinien-Register Nr. 013/001, Entwicklungsstufe 3, letzte Überarbeitung 01/2007.

Paller AS, et al. Etanercept treatment for children and adolescents with plaque psoriasis. N Engl J Med 2008;358:241–51.


Tab. 1. Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW), die nur in der Etanercept-Gruppe auftraten [nach Paller AS, et al. 2008]

Etanercept (n = 210)

Plazebo (n = 105)

UAW

Expositionsdauer-adjustierte UAW-Rate pro 100 Patientenjahre

UAW

Expositionsdauer-adjustierte
UAW-Rate pro 100 Patientenjahre

Gesamt

914

554,5

144

765,4

Papillom

16

9,7

0

0

UAW, die zum Studienabbruch führte (ausgeschlossen Infektionen)

4

2,4

0

0

Infektion, die zum Studienabbruch führte

2

1,2

0

0

Schwerwiegende Infektion

4

2,4

0

0

n = Patienten, die nach der Randomisierung mindestens eine Dosis der Studienmedikation erhalten hatten.
Jahre unter Plazebo-Behandlung: 18,8
Jahre unter Etanercept-Behandlung: 164,8

Arzneimitteltherapie 2008; 26(05)