Dr. Monika Neubeck, Kaiserslautern
Eine akute Herzinsuffizienz äußert sich in erster Linie durch Atemnot. Die Atemnot ist vermutlich auf eine Drucksteigerung in den Lungenvenen zurückzuführen, die häufig zusammen mit einem Abfall des Schlagvolumens und des Herzindex sowie einem Anstieg des Gefäßwiderstands im großen Kreislauf auftritt. Zur Behandlung einer akuten Herzinsuffizienz werden derzeit Diuretika und gefäßerweiternd und positiv inotrop wirkende Arzneistoffe eingesetzt.
Da bei Patienten mit Herzinsuffizienz erhöhte Plasmakonzentrationen des stark vasokonstriktorisch wirkenden Peptids Endothelin-1 mit schlechteren klinischen Ergebnissen der Patienten korreliert wurden, könnte der Einsatz von Endothelin-Rezeptorantagonisten ein neuer Therapieansatz sein. Der kurzwirksame Endothelin-Rezeptorantagonist Tezosentan wurde zur intravenösen Anwendung bei Herzinsuffizienz entwickelt. Tezosentan besitzt Affinität zu den Endothelin-Rezeptoren ETA und ETB.
In klinischen Studien wurde bereits die gefäßerweiternde Wirkung nachgewiesen. Es kam dosisabhängig zu einer Reduktion des systemischen Gefäßwiderstands und des Verschlussdrucks der Lungengefäße sowie zu einer Steigerung der Auswurfleistung des Herzens. Im Rahmen der VERITAS-Studien (value of endothelin receptor inhibition with tezosentan in acute heart failure studies) sollte untersucht werden, ob Tezosentan bei Patienten mit akuter Herzinsuffizienz günstige Auswirkungen auf das Hauptsymptom Dyspnoe oder die klinischen Ergebnisse der Patienten zeigt.
Studiendesign
Die Studien (VERITAS-1 und VERITAS-2) wurden von April 2003 bis Januar 2005 in zwei unabhängigen Zentren gleichzeitig, unter identischen Bedingungen, randomisiert, doppelblind und Plazebo-kontrolliert durchgeführt.
Insgesamt wurden 1 448 Patienten in die Studie aufgenommen. 60 % davon waren männlich, das mittlere Alter lag bei 70 Jahren, die mittlere linksventrikuläre Auswurfleistung betrug 29 %. Die Patienten mussten maximal 24 Stunden zuvor wegen akuter Herzinsuffizienz in die Klinik eingewiesen worden sein, unter anhaltender Dyspnoe leiden sowie eine Atemfrequenz von mindestens 24/min aufweisen.
Die Diagnose Herzinsuffizienz musste bestätigt sein durch beispielsweise erhöhte Plasmakonzentrationen an natriuretischem Peptid vom B-Typ (BNP) und linksventrikuläre Dysfunktion, definiert als eine linksventrikuläre Auswurffraktion von < 40 %.
Weiterhin mussten die Patienten 2 bis 24 Stunden vor der erstmaligen Applikation von Tezosentan oder Plazebo mindestens einmal intravenös ein Diuretikum erhalten haben. 730 Patienten wurde zunächst über 30 Minuten 5 mg/h Tezosentan infundiert, anschließend wurde je nach Zustand über einen Zeitraum von mindestens 24 bis 72 Stunden 1 mg/h Tezosentan gegeben. Die 718 Patienten der Plazebo-Gruppe erhielten über 24 Stunden eine Kochsalzlösung.
Primärer Endpunkt der beiden einzelnen VERITAS-Studien war die Veränderung der Dyspnoe gegenüber der Ausgangssituation während der ersten 24 Stunden der Behandlung, gemessen nach 3, 6 und 24 Stunden. Die Dyspnoe wurde von den Patienten mit einer visuellen Analogskala bewertet.
Primärer Endpunkt der zusammengefassten Studien war das Auftreten von Todesfällen oder eine Verschlechterung der Herzinsuffizienz innerhalb eines Zeitraums von 7 Tagen.
Ergebnis
Nur 82 % der ursprünglich vorgesehenen Patientenzahl (1 760) wurden behandelt, da die Studie vorzeitig gestoppt wurde.
Sowohl im primären Endpunkt für die beiden einzelnen Studien als auch in dem für die zusammengefassten Studien wurden keine signifikanten Unterschiede festgestellt (Tab. 1).
In beiden Behandlungsgruppen nahm die Dyspnoe nach Applikation der Medikation rasch ab, es zeigte sich innerhalb von 24 Stunden kein Unterschied zwischen der Tezosentan- und der Plazebo-Gruppe (p = 0,80 bzw. p = 0,60 für VERITAS-1 und -2).
Innerhalb von 7 Tagen betrug die Rate an Todesfällen oder einer Verschlechterung der Herzinsuffizienz in beiden Behandlungsgruppen 26 % (Odds-Ratio 0,99; 95%-Konfidenzintervall 0,82–1,21; p = 0,95).
Lediglich hämodynamische Parameter wie Blutdruck und Verschlussdruck der Lungengefäße innerhalb von 24 Stunden nach der Gabe von Tezosentan waren im Vergleich zu Plazebo deutlicher gebessert.
14,2 % der Patienten aus der Tezosentan-Gruppe und 9,6 % aus der Plazebo-Gruppe brachen die Studie wegen Nebenwirkungen ab. Am häufigsten führte Hypotonie zum Studienabbruch, bei 8,3 % der Patienten in der Tezosentan- und bei 4,7 % in der Plazebo-Gruppe.
Diskussion
Der Endothelin-Rezeptorantagonist Tezosentan konnte weder die Dyspnoe als Hauptsymptom der akuten Herzinsuffizienz noch die Prognose der Patienten günstiger beeinflussen als Plazebo. Ein positiver Einfluss auf die hämodynamischen Parameter wie die Reduktion des Blutdrucks und des Verschlussdrucks der Lungengefäße (nur Patienten mit Lungenarterienkatheter) bei der Therapie mit Tezosentan bestätigte jedoch die viel versprechenden Ergebnisse vorangegangener klinischer Studien. Möglicherweise wurde der positive Einfluss von Tezosentan auf den Verschlussdruck der Lungengefäße durch eine andere nachteilige Wirkung der Endothelin-Rezeptorblockade wieder aufgehoben.
Berücksichtigt werden muss, dass die Methode zur individuellen Einschätzung der Dyspnoe mit Hilfe einer visuellen Analogskala nicht vollständig ausgereift ist. Auch die starke Verbesserung der Dyspnoe in der Plazebo-Gruppe erschwert den Nachweis eines zusätzlichen Effekts in der Verum-Gruppe.
Wegen der relativ kurzzeitigen Anwendung von Tezosentan ist eine signifikante Verbesserung von Morbidität und Sterblichkeit nicht unbedingt zu erwarten.
Quelle
McMurray JJV, et al. Effects of tezosentan on symptoms and clinical outcomes in patients with acute heart failure. The VERITAS randomized controlled trials. JAMA 2007;298:2009–19.
Tab. 1. Primäre Endpunkte der VERITAS-Studien, in denen Patienten mit akuter Herzinsuffizienz mit Tezosentan oder Plazebo behandelt wurden
Tezosentan (n = 727) (VERITAS-1 und -2) |
Plazebo (n = 708) (VERITAS-1 und -2) |
|
Primärer Endpunkt einzelne Studien |
||
Abnahme Dyspnoe in 24 h*, |
–562 (–628 bis –497) (V1) –367 (–432 bis –302) (V2) |
–550 (–617 bis –483) (V1)§ –342 (–410 bis –274) (V2)+ |
Primärer Endpunkt zusammengefasste Studien |
||
Tod innerhalb von 7 Tagen [n] Verschlechterung der Herzinsuffizienz innerhalb von 7 Tagen [n] |
11 180 |
8 179 |
95%-KI: 95%-Konfidenzintervall
*Die Veränderung der Dyspnoe nach 24 h gegenüber der der Ausgangssituation wurde mit einer visuellen Analogskala ermittelt (0 = beschwerdefrei; 100 = maximale Beschwerden; 10-cm-Skala), wiedergegeben als Fläche unter der Kurve (Y-Achse: Veränderung der Dyspnoe [mm]; X-Achse: Zeit [h])
§p = 0,80; +p = 0,60
Arzneimitteltherapie 2008; 26(05)