Lichen ruber mucosae

Neue Aspekte bei der Therapie


Veröffentlicht am: 28.11.2019

Dr. Birgit Schindler, Freiburg

Zur Behandlung des oralen Lichen ruber planus (Lichen ruber mucosae) stehen zwar eine ganze Reihe medikamentöser Therapieoptionen zur Verfügung, deren Wirksamkeit in dieser Indikation wurde allerdings noch nicht in großen, randomisierten und kontrollierten Studien nachgewiesen. Eine Fallserie und eine kleine randomisierte Studie sollen nun dazu beitragen, den Nutzen der verschiedenen medikamentösen Therapien bei oralem Lichen ruber mucosae besser einschätzen zu können.

Ein in der Mundhöhle lokalisierter Lichen ruber mucosae (orale Knötchenflechte) kommt relativ häufig vor: Etwa 0,5 bis 2 % der Bevölkerung sind davon betroffen. Damit sind orale Manifestationen von Lichen ruber planus so verbreitet wie die Schuppenflechte (Psoriasis). Beim Lichen ruber mucosae handelt es sich vermutlich um eine Autoimmunerkrankung, die durch eine Infiltration von Lymphozyten in die subephitelialen Hautschichten und eine entsprechende Verdickung der Epidermis gekennzeichnet ist. Typischerweise tritt die Erkrankung als herdförmig flächige oder netzartig weißliche Zeichnung an Wangenschleimhaut, Zunge und/oder Gingivasaum auf (Abb. 1). Es handelt sich in der Regel um kleinere Läsionen, die allerdings sehr schmerzhaft und hartnäckig sein können. Häufig haben die Betroffenen Schmerzen beim Essen und Trinken, was eine Mangelernährung zur Folge haben kann. Darüber hinaus kann sich aus einem erosiven oralen Lichen ruber mucosae ein Mundhöhlenkarzinom entwickeln. Zur medikamentösen Linderung der Symptome können Glucocorticoide (lokal, intraläsional oder systemisch), topische Immunmodulatoren (Tacrolimus, Pimecrolimus) oder Retinoide (topisch oder systemisch) eingesetzt werden, wobei Glucocorticoide als Mittel der ersten Wahl gelten. Wie wirksam die einzelnen Therapieoptionen bei oralem Lichen ruber mucosae tatsächlich sind, ist bisher weitgehend unklar.

Therapie anhand einer „therapeutischen Leiter"

In einer Fallserie mit 50 Patienten, die an einem durch Biopsie bestätigten oralen Lichen ruber mucosae litten, wurden die Behandlungserfolge mit unterschiedlichen medikamentösen Therapien über einen Zeitraum von durchschnittlich zwei Jahren dokumentiert. Das Untersuchungsdesign (breites Krankheitsspektrum der Patienten, unterschiedliche Vorbehandlung, unterschiedliche Therapieregime) lässt zwar keine allgemeingültige Folgerungen zur Überlegenheit einer bestimmten Therapie zu, dennoch konnten einige wichtige Erkenntnisse gewonnen werden:

Die in Schüben verlaufende Erkrankung konnte bei den meisten Patienten gut kontrolliert, aber nicht geheilt werden.

Auch bei Patienten, bei denen bereits verschiedene Therapien versagt hatten, war noch ein Behandlungserfolg möglich, ohne dass schwere unerwünschte Wirkungen in Kauf genommen werden mussten. Die Autoren beschreiben eine stufenweise Behandlung der Patienten entlang einer „therapeutischen Leiter“ (Tab. 1).

Niedrig dosiertes Methotrexat, dessen Einsatz bei oralem Lichen planus bisher wenig beschrieben worden ist, war besonders wirksam. Patienten mit therapierefraktärem oralem Lichen ruber mucosae könnten von einer Therapie mit Methotrexat profitieren, da mit diesem Wirkstoff auch ein aggressiver oraler Lichen ruber mucosae gut kontrolliert werden konnte.

Therapie mit oral applizierbarer Pimecrolimus-Creme

In einer doppelblinden, randomisierten, kontrollierten Studie, an der 12 Patienten mit einem durch Biopsie bestätigten oralen Lichen ruber mucosae teilnahmen, wurde die Wirksamkeit einer 1 % Pimecrolimus-Creme, die vier Wochen lang zweimal täglich auf die betroffenen Stellen aufgetragen wurde, mit Plazebo verglichen. Während der Studie wurden die Plasmakonzentrationen von Pimecrolimus bestimmt. Bei den Patienten, die mit dem Calcineurin-Inhibitor Pimecrolimus behandelt wurden, zeigte sich nach 28 Tagen eine deutliche Besserung der Symptome, die anhand einer 12-Punkte-Skala (siehe Kasten) bestimmt wurden (durchschnittlich 6,83 Punkte auf einer Symptomskala zu Beginn vs. 3,33 Punkte an Tag 28; p = 0,04). Die Besserung in der Plazebo-Gruppe war hingegen deutlich geringer (durchschnittlich 4,67 Punkte zu Beginn vs. 3,33 Punkte an Tag 28; p = 0,22). Nach Absetzen der Therapie kam es allerdings bei allen Patienten, deren Symptome sich während der Behandlung mit Pimecrolimus gebessert hatten, zu einem Rückfall. Die Messung der Pimecrolimus-Plasmakonzentrationen ergab Werte, die dreimal höher waren als bei einer kutanen Anwendung von Pimecrolimus. Durch die nicht unerhebliche Resorption über die Mundschleimhaut können sich insbesondere bei Langzeitanwendung kumulative Effekte ergeben, so dass ein Einfluss auf die systemische Immunantwort nicht ausgeschlossen werden kann. Zudem weist eine Warnung der FDA auf ein möglicherweise erhöhtes Risiko für Lymphome bei topischer Anwendung von Immunmodulatoren hin. Dennoch kann nach den Ergebnissen dieser Studie bei Patienten mit schweren Formen von oralem Lichen ruber mucosae die kurzfristige, palliative Anwendung topischer Immunmodulatoren eine Therapieoption darstellen.

Quellen

Bruce A, Rogers RS. New and old therapeutics for oral ulcerations. Arch Dermatol, 2007;143:519–23.

Passeron T, et al. Treatment of oral erosive Lichen planus with 1% Pimecrolimus Cream. A double-blind, randomized, prospective trial with measurement of pimecrolimus cream. Arch Dermatol 2007;143:472–6.

Torti DC, et al. Oral Lichen planus. A case series with emphasis on therapy. Arch Dermatol 2007;143:511–5.

Abb. 1. Lichen ruber mucosae
[Quelle: Niedner R. und Adler Y. Hautkrankheiten im Blick, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, 2004]

Tab. 1. Stufenweise Behandlung
(„therapeutische Leiter“) bei Lichen ruber mucosae [nach Torti DC, et al. 2007]

Wirkstoff(-gruppe)

Topisch applizierbare Glucocorticoide1

Topisch applizierbare Retinoide1

Stark wirksame lokale Glucocorticoide1

Topisch applizierbare Immunmodulatoren1
(z. B. Tacrolimus)

Intraläsional applizierbare Glucocorticoide1

Metronidazol, oral2

Antimalariamittel1

Systemische Retinoide3

Niedrig-dosiertes Methotrexat1
(einmal wöchentlich)

Systemische Glucocorticoide2

Ciclosporin2

Biologicals (z. B. Etanercept)2

1 Klinische Fallserien, 2 Einzelfallberichte, 3 Doppelblinde Studie

Arzneimitteltherapie 2008; 26(05)