Medikamentöse Therapie funktioneller Darmbeschwerden


Thomas Frieling, Krefeld

Funktionelle Verdauungsstörungen gehören zu den Erkrankungen, mit denen der Arzt in Klinik und Praxis am häufigsten konfrontiert wird. Unter funktionellen Darmerkrankungen verstehen wir Erkrankungen, für die sich mit den gängigen Routineverfahren keine ausreichenden strukturellen oder biochemischen Veränderungen finden lassen. Sie werden nach dem Rom-III-Konsens beim Erwachsenen in sechs voneinander abgrenzbare Syndrome untergliedert: funktionelle Ösophagusstörungen, funktionelle gastroduodenale Störungen (Non-ulcer-Dyspepsie, NUD), funktionelle Darmstörungen (funktionelle Verstopfung/Diarrhö, [irritables Darmsyndrom, IBS]), funktionelle abdominale Schmerzen, funktionelle Gallenblasen- und Sphinkter-Oddi-Störungen und funktionelle anorektale Störungen. Die Behandlung muss auch heute noch, nach Ausschluss organischer Ursachen, symptomenorientiert erfolgen und sollte zeitlich begrenzt durchgeführt werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass viele Symptome gemeinsam auftreten können (Schmerzen, „Discomfort“, Dyspepsie, Völlegefühl, Übelkeit, Erbrechen, Meteorismus, Obstipation, Stuhlentleerungsstörungen, Diarrhö), die häufig mit einer viszeralen Hypersensitivität assoziiert sind. Häufig ist eine kombinierte medikamentöse Therapie erforderlich, wobei Funktionsstörungen und Symptomatik nicht miteinander korrelieren müssen. Viele Medikamente sind für spezielle funktionelle Verdauungserkrankungen nicht zugelassen.
Arzneimitteltherapie 2008;26:204–10.

Hintergrund

Funktionelle Verdauungsstörungen gehören zu den Erkrankungen, mit denen der Arzt in Klinik und Praxis am häufigsten konfrontiert wird. So klagten nach einer Umfrage der Apothekenumschau innerhalb eines Jahres über 18 % der befragten Bundesbürger über Sodbrennen, Völlegefühl, Übelkeit oder Durchfall [1]. Diese Zahlen werden durch neuere epidemiologische Untersuchungen gestützt, nach denen eine Prävalenz funktioneller Darmerkrankungen in Deutschland von 12,5 % für den Reizdarm und von über 22 % für Unterbauchschmerzen angegeben wird [2].

Unter funktionellen Darmerkrankungen verstehen wir Erkrankungen, für die sich mit den gängigen Routineverfahren keine ausreichenden strukturellen oder biochemischen Veränderungen finden lassen. Per Definition werden die funktionellen Erkrankungen hierbei durch ihre typische Symptomkonstellation charakterisiert und als Krankheitsentität postuliert. Dies konnte bisher allerdings nur für einige Patienten mit Reizdarmsyndrom durch den Nachweis von charakteristischen Symptomclustern (Bauchschmerzen, Beschwerden in Verbindung mit Stuhlveränderungen/Defäkation) nachgewiesen werden. Diese symptomorientierten und epidemiologisch basierten Definitionen funktioneller Darmerkrankungen werden in regelmäßigen Konsensuskonferenzen (Rom III, [3]) gepflegt und weiterentwickelt. So werden die funktionellen gastrointestinalen Erkrankungen nach dem revidierten Rom-III-Konsens [3] beim Erwachsenen in sechs voneinander abgrenzbare Syndrome untergliedert und zusätzlich funktionelle Störungen bei Säuglingen und Kleinkindern bzw. Jugendlichen differenziert (Tab. 1).

Neuere Untersuchungen lassen vermuten, dass diese symptomorientierte Klassifikation der funktionellen Darmerkrankungen nicht immer zielführend ist, da sich häufig für eine postulierte Krankheitsentität kein einheitliches pathophysiologisches Korrelat erheben lässt und die Symptome nur schlecht mit Funktionsstörungen (z. B. Magenentleerungsstörung) korrelieren (Tab. 2).

So findet sich bei der nicht ulzerösen Dyspepsie (Reizmagen, NUD) eine gestörte Fundusrelaxation als Ursache typischer Beschwerden (frühe Sättigung) nur bei einem geringen Teil der Patienten mit dem Symptom der frühen Sättigung [4] und nur wenige Patienten sprechen auf eine Helicobacter-pylori-Eradikation an. Die Subgruppenbildung in Ulkus-, Dyspepsie- und Dysmotilitätstyp ist artifiziell und ohne pathophysiologische Korrelate [5]. Auch das Reizdarmsyndrom (IBS) repräsentiert eine heterogene Patientengruppe, die aus zahlreichen Subgruppen mit unterschiedlichen pathophysiologischen Korrelaten besteht (Tab. 3).

Hierbei wird beim Reizdarm besonders aktuell die Möglichkeit einer unterschwelligen Entzündung nach initialer Infektion (postinfektiöses Reizdarmsyndrom) diskutiert. Hinzu kommt, dass bei vielen Patienten die Symptome des Reizmagens und des Reizdarmsyndroms überlappend auftreten oder im Laufe der Zeit ineinander übergehen können [6, 7] und die gastrointestinalen Funktionen durch Störungen der viszeralen Sensibilität, der Psychosomatik bzw. des zentralen/enterischen Nervensystems beeinflusst werden.

Allgemeine Therapiemaßnahmen funktioneller Darmbeschwerden

Die Behandlung funktioneller Darmerkrankungen muss auch heute noch symptomorientiert erfolgen und sollte zeitlich begrenzt durchgeführt werden (Tab. 4). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass viele Symptome gemeinsam auftreten können (z. B. Obstipation, Völlegefühl, Meteorismus), die eine kombinierte medikamentöse Therapie erfordern.

So ist in der Regel ein multimodaler Therapieansatz zu wählen, da funktionelle Darmerkrankungen wie das Reizdarmsyndrom häufig psychische Auffälligkeiten, ungeklärte Symptome und funktionelle Beschwerden in anderen Organsystemen aufweisen (u. a. Fibromyalgie, nicht kardiale Thoraxschmerzen, Postmenstruationsbeschwerden, Ängstlichkeit, Depression) [8]. Aus diesem Grund stützt sich die Therapie funktioneller Darmerkrankungen auf die drei Säulen Allgemeinmaßnahmen/Diätetik, psychotherapeutische Behandlung/Entspannungsübungen und die medikamentöse Therapie (Abb. 1). Entscheidend ist hierbei ein intaktes und vertrauensvolles Arzt-Patienten-Verhältnis, da die Behandlung der unterschiedlichen Symptome in der Regel individuell abgestimmt werden muss. Ein entscheidender Therapiefaktor ist die ausführliche Erklärung der Ursachen der Erkrankung mit Darlegung der pathophysiologischen Konzepte. Die Beschreibung funktioneller Darmerkrankungen als prinzipiell organische Erkrankungen ist für viele Patienten nützlich und hilft, die Angst, als „eingebildeter Kranker“ abgestempelt zu werden, zu nehmen. Therapieziel ist häufig nicht die Beschwerdefreiheit, sondern zu erlernen, mit den Beschwerden umzugehen.

Medikamentöse Therapie funktioneller Darmbeschwerden

Bei der medikamentösen Behandlung funktioneller Darmbeschwerden ist zu beachten, dass in Deutschland und Europa zurzeit kein Medikament für die Therapie spezieller funktioneller Darmerkrankungen wie etwa des Reizdarmsyndroms und seiner Subtypen (diarrhö-obstipations-dominant) zugelassen ist. Charakteristisch für funktionelle Darmbeschwerden ist ihre Symptomen-Überlappung und die hohe Plazebo-Rate von über 60 % [9], die sich allerdings auch bei der Therapie organischer Erkrankungen findet und klinisch genutzt werden sollte.

Schmerzen („Discomfort“), viszerale Hypersensitivität

Bauchschmerzen („Discomfort“) können durch die zugrunde liegenden unterschiedlichen gastrointestinalen Funktionsstörungen bedingt und daher prinzipiell durch die entsprechenden Medikamente (z. B. Prokinetika, Spasmolytika, Säurehemmer) behandelt werden. Zahlreiche Untersuchungen weisen aber darauf hin, dass bei funktionellen Darmerkrankungen wie dem nicht kardialen Thoraxschmerz, der nicht ulzerösen Dyspepsie und dem Reizdarmsyndrom eine peripher und/oder zentral bedingte Störung der Reizwahrnehmung mit dem Vorliegen einer primären viszeralen Hypersensitivität vorliegt. Dies hat auch zu dem Begriff des „irritablen Magendarmtrakts“ („irritable gut syndrome“) geführt. Charakteristisch ist eine erniedrigte Empfindungs- bzw. Schmerzschwelle mit den Phänomenen der Hyperalgesie (verstärkte Empfindung schmerzhafter Stimuli), der Allodynie (schmerzhafte Empfindung nicht schmerzhafter Stimuli) und der Sensibilisierung, wodurch gastrointestinale Funktionen über die regulatorischen Reflexwege des enterischen Nervensystems („Bauchhirn“) verändert werden. Es ist heute davon auszugehen, dass nach der Literatur etwa 20 bis 80 % der Reizdarm- und 37 bis 60 % der Reizmagenpatienten eine viszerale Hypersensitivität aufweisen [10].

Es sind zurzeit fünf Medikamentengruppen mit potenzieller Beeinflussung der viszeralen Hypersensitivität verfügbar (Tab. 5):

  • Opioide
  • Serotoninerge Medikamente
  • Antidepressiva
  • Somatostatinanaloga
  • Alpha2-adrenerge Agonisten

Opioide

Opioide reduzieren die viszerale Sensitivität im Magendarmtrakt. Sie spielen in der Klinik bei der Behandlung funktioneller Darmerkrankungen aber praktisch keine Rolle, da sie zum einen nicht für diese Indikation zugelassen sind, häufig zentralnervöse Nebenwirkungen induzieren und ein Suchtpotenzial aufweisen. Zusätzlich liegen überwiegend experimentelle Daten vor. Der Effekt des peripher wirkenden Opioids Fedotozin beim Reizmagen und Reizdarmsyndrom ist enttäuschend. Demgegenüber ist Loperamid (z. B. Imodium®) gut tolerabel, entwickelt seine günstigen Effekte beim Reizdarmsyndrom aber wahrscheinlich über eine Verlangsamung der Darmpassage und eine Relaxation der Darmwand und weniger über einen direkten Effekt auf die viszerale Sensitivität.

Serotoninerge Medikamente

Serotoninerge Medikamente können potenziell über sieben unterschiedliche 5-Hydroxytryptamin(5-HT)-Rezeptoren wirken, von denen die 5-HT1-, 5-HT3- und die 5-HT4-Rezeptoren beim Menschen eine besondere Bedeutung haben. 5-Hydroxytryptamin ist ein entscheidender Botenstoff, der bei der Signaltransduktion von enterochromaffinen Zellen der Darmschleimhaut freigesetzt wird und über 5-HT1B/P-,
5-HT3/4-Rezeptoren die primär intrinsischen afferenten Neurone und über 5-HT3-Rezeptoren die extrinsischen Afferenzen und die Hinterwurzelneurone aktiviert. Hierbei können sowohl 5-HT-Rezeptoragonisten als auch -antagonisten potenziell die viszerale Sensibilität modulieren (Tab. 5). Alle 5-HT3-Rezeptorantagonisten und 5-HT4-Rezeptoragonisten haben beim Menschen keine gesicherte direkte Wirkung auf die viszerale Sensibiliät und wirken wahrscheinlich über ihre regulatorischen Effekte auf Motilität, enterische Reflexe, Sekretion und Absorption. Positive Effekte für Diarrhö-dominante weibliche Reizdarmpatienten konnten für Alosetron nachgewiesen werden. Dieses Präparat steht zurzeit unter restriktiven Vorgaben in den USA zur Verfügung. Nachdem das Medikament vom Markt genommen worden war, wurde es mit einer um 50 % verringerten Anfangsdosierung, einer restriktiveren Indikation und bestimmten Verkaufseinschränkungen wieder eingeführt. Cilansetron mit ähnlicher Wirkung bei männlichen und weiblichen Reizdarmpatienten befindet sich zurzeit in Phase-III-Studien. Tegaserod hat positive Effekte bei weiblichen Obstipations-dominanten Reizdarmpatienten, wird aber zurzeit in den USA von der Firma nicht mehr vermarktet und verkauft.

Trizyklische Antidepressiva und Serotonin-Wiederaufnahmehemmer

Trizyklische Antidepressiva und Serotonin-Wiederaufnahmehemmer haben einen gesicherten analgetischen Effekt bei Reizmagen- und Reizdarmpatienten, der wahrscheinlich durch ihre komplexe Wirkung auf serotoninerge, opioide und adrenerge Nerven bedingt ist. So gibt es keinen gesicherten Hinweis auf eine direkte Reduktion der viszeralen Sensitivität. Die verminderte Empfindung von Symptomen beruht wahrscheinlich auf einer Modulation der zentralen Reizverarbeitung und scheint unabhängig von einem psychotropen Effekt.

Serotoninanalogon Octreotid

Das Serotoninanalogon Octreotid (Sandostatin®) kann die viszerale Sensitivität beim Menschen reduzieren. Octreotid besitzt eine hohe Affinität zu drei (Somatostatin-Rezeptor 2, 3, 5) der fünf Somatostatin-Rezeptoren und wirkt wahrscheinlich über Teile des zentralen Nervensystems, die nicht der Bluthirnschranke unterliegen, bzw. über eine Aktivierung vagaler Afferenzen, Subgruppen von viszeralen Mechanorezeptoren und spinalen Afferenzen. Im Vergleich zu Gesunden mag Octreotid spezifisch den hypersensitiven Zustand bei funktionellen Darmerkrankungen mit Reduktion der Schmerz- und Missempfindungsschwellen reduzieren.

Alpha2-adrenerger Agonist Clonidin

Obwohl der Alpha2-adrenerge Agonist Clonidin (z. B. Catapresan®) beim Menschen die Schmerzperzeption während einer Magen- bzw. Kolondehnung, wahrscheinlich über eine Erhöhung der Wandcompliance, reduzieren kann, liegen zurzeit keine Untersuchungen über einen Einfluss auf die viszerale Sensitivität bei funktionellen Darmerkrankungen vor. Der Einsatz von Clonidin wird durch die Nebenwirkungen (Schwindel, Mundtrockenheit) limitiert.

Es fehlen, mit Ausnahme der trizyklischen Antidepessiva, klinisch einsetzbare spezifische Medikamente zur Beeinflussung der Schmerzschwelle. Es müssen daher bei Bauchschmerzen weiterhin orale Spasmolytika bzw. Anticholinergika (Butylscopolamin [z. B. Buscopan®], Drofenin [z. B. Spasmoplus®], Trospiumchlorid [z. B. Spasmex®], Mebeverin [Duspatal®], Pfefferminzöl [z. B. Medacalm®], Nitrate [z. B. Isoket®]) eingesetzt werden, die über eine Hemmung des gastrokolischen Reflexes und der Motilität und über eine Druckminderung im Sigma zu einer Linderung führen können. Auch trizyklische Antidepressiva können durch ihre anticholinerge Wirkung hilfreich sein.

Dyspepsie, Völlegefühl, Übelkeit, Erbrechen

Mit dem Begriff „Dyspepsie“ wird ein Spektrum von Beschwerden zusammengefasst, die der Patient im Oberbauch, das heißt zwischen Umbilicus und Processus xyphoideus und seitlich begrenzt durch die Medioclavicularlinie, lokalisiert. Diese Symptome sind Ausdruck der subjektiven Empfindung des Patienten. Sie beinhalten Schmerzen und Unbehagen („Discomfort“), für die der Arzt eine Ursache im Gastroduodenalbereich vermutet. Zu den dyspeptischen Beschwerden gehören epigastrische Schmerzen, manchmal von brennender Qualität, postprandiales Völlegefühl, frühe Sättigung, Blähungen im Oberbauch, epigastrisches Brennen, Übelkeit, Erbrechen und Luftaufstoßen. Grundsätzlich können dyspeptische Beschwerden akut, beispielsweise bei einer Gastroenteritis, oder chronisch auftreten, und sie können organische (z. B. Ulkus, Refluxerkrankung, Pankreaserkrankung, Herz-Muskelerkrankungen) oder funktionelle Ursachen haben. Von einer funktionellen Dyspepsie spricht man immer dann, wenn durch die üblichen diagnostischen Verfahren keine organische, systemische oder metabolische Ursache der Beschwerden gefunden werden kann [3]. Die Ursache der funktionellen Dyspepsie ist weiterhin unklar und wahrscheinlich sind mehrere Subgruppen mit unterschiedlicher Pathophysiologie vorhanden. Zurzeit werden folgende Ursachen vermutet [4, 5, 11]:

  • Veränderte Motorfunktionen
  • Veränderte viszerale Perzeption (Hyperalgesie)
  • Veränderte zentrale Reizverarbeitung
  • Helicobacter-pylori-Infektion
  • Verminderte Fundus-Akkommodation mit erhöhter Wandspannung
  • Antrale Hypomotilität mit verzögerter Magenentleerung
  • Postinfektiöse Ursache (ähnlich wie beim Reizdarmsyndrom)

Alle Patienten mit neu aufgetretener Dyspepsie, mit Alarmsymptomen (Gewichtsverlust, Blutung) und älter als 55 Jahre sollten gastroskopiert werden [12, 13]. Bei allen anderen Patienten ist zunächst eine probatorische Protonenpumpenhemmer-Therapie bzw. die nicht invasive Helicobacter-pylori-Testung mit Eradikation gerechtfertigt. Die frühe Endoskopie lohnt sich aber häufig, da sie die Patienten vor Tumorängsten befreien, die Patientenzufriedenheit steigern und die Arztbesuche und Kosten senken kann [14]. Diätetische Maßnahmen beinhalten mehrere kleinere Mahlzeiten und das Vermeiden von Fett und scharfen Gewürzen. Die medikamentöse Therapie sollte, auch in Kenntnis der oben genannten Einschränkungen, symptomorientiert sein. Hierbei muss die gesamte Palette der verfügbaren Wirkungsprinzipien ausgenutzt werden (Tab. 6).

Neuerdings werden vermehrt Phytopharmaka (z. B. Iberogast®) eingesetzt. Hier haben Untersuchungen am Tier und beim Menschen eine Stärkung der postprandialen Fundusrelaxation und eine Steigerung der antralen Motilität nachgewiesen [15, 16]. Auch Probiotika könnten vielleicht bei postinfektiöser funktioneller Dyspepsie ähnlich wie beim postinfektiösen Reizdarmsyndrom [17] positive Effekte aufweisen.

Meteorismus

Klinisch relevanter Meteorismus, das heißt das subjektive Gefühl der Bauchdistension, kann in Verbindung mit funktionellen Darmerkrankungen (Reizdarmsyndrom, Reizmagen) oder isoliert auftreten. Im letzteren Fall spricht man von funktionellem Meteorismus („functional bloating“). Blähungen sind häufig mit früher Sättigung und/oder Übelkeit assoziiert [18]. Tabelle 7 zeigt die möglichen Ursachen von Blähungen. Nach heutigen Vorstellungen sollte grundsätzlich zwischen Blähungen und vermehrter Flatulenz unterschieden werden. Blähungen treten in der Regel durch eine Passageverlangsamung und/oder Hypersensitivität des Verdauungstraktes auf, während eine vermehrte Flatulenz durch einen gesteigerten Gastransport bedingt zu sein scheint. Entgegen früherer Vorstellung werden Blähungen nicht durch eine vermehrte Gasbildung bedingt.

Bei der Therapie (Tab. 8) des Meteorismus sollten zunächst Allgemeinmaßnahmen mit Aufklärung über mögliche Mechanismen (Luftschlucken), Verhaltensänderungen (Vermeiden von hastigem Essen und voluminösen Mahlzeiten, autogenes Training), Diätetik (fettarme Mahlzeiten, mehrere kleinere Mahlzeiten, Vermeidung von natürlichen Ballaststoffen) versucht werden. Medikamentös können oberflächenaktive Substanzen, Phytotherapeutika, Prokinetika und Probiotika eingesetzt werden [19]. Im Einzelfall kann auch eine Stuhlnormalisierung durch Laxanzien und die Behandlung von Stuhlentleerungsstörungen („outlet obstruction“) hilfreich sein, da ein stuhlgefülltes Kolon über retrograde Nervenreflexe die Magenentleerung und den Dünndarmtransit verzögert.

Obstipation

Die chronische Obstipation ist eine der häufigsten Beschwerden in der Allgemeinbevölkerung. Bei großer Schwankungsbreite der normalen täglichen oder wöchentlichen Stuhlfrequenz empfinden Patienten häufig eine erschwerte Stuhlentleerung mit der Notwendigkeit des Pressens als Obstipation. Grundsätzlich ist zwischen einer Obstipation mit verlangsamter Dickdarmpassage („slow-transit constipation“) und einer Obstipation bei anorektaler Entleerungsstörung („outlet obstruction“) zu differenzieren. Häufig treten beide Formen der Obstipation auch kombiniert auf. Mit der chronischen Obstipation sind häufig weitere Symptome wie unter anderem die Stuhlinkontinenz verbunden, nach der gezielt gefragt werden muss.

Entgegen früheren Vorstellungen gibt es in der Literatur keine Belege für eine „Autointoxikation“ durch Stuhl, eine Laxanzien-Gewöhnung mit vermehrter Darmträgheit oder einer „Rebound-Obstipation“ nach Absetzen von Laxanzien. Ebenfalls sind ein elongiertes Kolon („Dolichokolon“) oder eine verminderte Ballaststoffeinnahme in der Regel keine Ursache für eine Obstipation [20]. Sexualhormone und eine Hypothyreose haben nur einen begrenzten/seltenen Einfluss auf die Stuhlpassage. Obwohl der therapeutische Effekt einer gesteigerten Flüssigkeits- und Ballaststoffzufuhr, vermehrter körperlicher Aktivität oder Gewichtsreduktion auf die Obstipation gering ist, werden sie zunächst im Rahmen der Allgemeinmaßnahmen empfohlen (Tab. 9). Hierzu gehört ebenfalls der Hinweis an den Patienten, dass ein über mehrere Tage ausbleibender Stuhlgang ohne Krankheitsrelevanz ist. Es sollte gezielt nach obstipationsauslösenden Medikamenten gefahndet werden [21]. Bei der Auswahl von Ballaststoffen sollten nicht blähende Präparate (z. B. lösliche Ballaststoffe) bevorzugt werden. Beim Einsatz von Laxanzien eignen sich zunächst osmotische Laxanzien in Form von nicht resorbierbaren Mono- und Disacchariden (z. B. Lactulose [z. B. Bifiteral®]), salinischen Laxanzien und besonders wasserbindenden Polyethylenglycolen (PEG; Macrogol, z. B. Movicol®]). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Macrogole erst nach mehreren Tagen der Einnahme ihre stuhlfördernde Wirkung erzielen. Schließlich können die stimulierenden Laxanzien (Diphenylmethan-Derivate, konjugierte Anthrachinon-Derivate) eingesetzt werden. Sie vermindern die Flüssigkeitsresorption, stimulieren die Motilität und die Prostaglandinfreisetzung. Bei regelhaftem Gebrauch sind diese aktiven Laxanzien gute Therapieoptionen für schwere Formen der Obstipation. Eine Laxanzien-Abhängigkeit des Darms oder Schädigungen der Darmnerven müssen entgegen früheren Auffassungen nicht befürchtet werden. Die Melanosis coli ist harmlos, prinzipiell reversibel und Folge einer längeren Einnahme von Anthrachinonen. Die Wirkung von Prokinetika (Prostaglandin-E1-Agonisten [Misoprostol], Makrolid-Antibiotika, Bethanechol) auf den Dickdarm sind begrenzt und Kolokinetika zurzeit nicht zugelassen. Die Rolle der Probiotika bei der Therapie der Obstipation ist zurzeit noch unklar.

Stuhlentleerungsstörungen („outlet obstruction“, Inkontinenz)

Anorektale Funktionsstörungen führen zu den Leitsymptomen der Obstipation („outlet obstruction“) und der Stuhlinkontinenz. Häufig geben die Patienten auf Nachfrage das Gefühl der unvollständigen Stuhlentleerung und die Entleerung kleinerer Stuhlportionen, die die Patienten als Durchfall interpretieren, an. Die Therapie richtet sich nach der jeweiligen Symptomatik und sollte multidisziplinär in Zusammenarbeit mit Gastroenterologen, Chirurgen, Gynäkologen, Urologen, Physiotherapeuten und Psychologen erfolgen (Tab. 10).

Bei Stuhlentleerungsstörungen sollte immer eine Ernährungsberatung mit eventueller Substitution von löslichen Ballaststoffen erfolgen und eine Lactoseintoleranz ausgeschlossen werden. Ziel ist die Konsistenzvermehrung des Stuhls, wodurch die Entleerung erleichtert und Inkontinenzepisoden vermindert werden. Bestehen Hinweise auf eine unvollständige Entleerung, Prolaps oder Überlaufinkontinenz, kann eine so genannte Verhaltenstherapie und/oder ein Toilettentraining eingesetzt werden. Hierbei versucht der Patient, das Pressen während der Defäkation zu vermeiden und zu definierten Zeiten über die Applikation von Klysmen oder Kohlendioxid-bildenden Zäpfchen [z. B. Lecicarbon®] den Enddarm vollständig zu entleeren. Sinnvoll ist auch im Einzelfall die Stuhlimpaktierung durch einen Hebe-Senkeinlauf zu beseitigen. Ergänzend kann ein Beckenbodentraining und ein Biofeedback-Training (spastischer Beckenboden) eingesetzt werden. Osmotische Laxanzien können im Einzelfall ebenfalls hilfreich sein.

Diarrhö

Bei der funktionellen Diarrhö liegen in der Regel nicht die klassischen Durchfallkriterien wie vermehrte Stuhlfrequenz (> 3 Stuhlgänge/Tag), vermehrtes Stuhlgewicht (> 200 g/Tag) oder vermehrtes Stuhlfett (> 7 g/Tag) vor. Die Patienten klagen vielmehr über häufigere kleinere Stuhlportionen verminderter Konsistenz, die mit dem Gefühl der unvollständigen Stuhlentleerung einhergehen können und eine Stuhlentleerungsstörung vermuten lassen. Häufiges Begleitsymptom sind ebenfalls Meteorismus und vermehrte Darmgeräusche. Nach einer genauen Anamnese mit Erfassung der Stuhlfrequenz, der Stuhlkonsistenz, der Begleitsymptomatik, der Begleiterkrankungen (z. B. Diabetes mellitus), Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Auslandsaufenthalten und Medikamenteneinnahme sollten zunächst organische Ursachen (u. a. Infektionen, Sprue, kollagene oder lymphozytäre Kolitis) durch Stuhldiagnostik, obere und untere gastrointestinale Endoskopie mit Stufenbiopsien bzw. Wasserstoffatemtest (Milchzuckerunverträglichkeit, bakterielle Dünndarmfehlbesiedlung) ausgeschlossen werden. Die Therapie sollte stufenweise erfolgen und beinhaltet zunächst diätetische Empfehlungen mit Optimierung der Ballaststoffzufuhr (Flohsamen, lösliche Ballaststoffe) zur Verbesserung der Stuhlkonsistenz (Tab. 11).

Durch Adaptation der Lebensweise soll bei Vorliegen von Stuhlentleerungsstörungen die kontrollierte Stuhlentleerung (z. B. Toilettentraining) erreicht werden. Im Einzelfall kann die Bindung von Gallensäuren (Colestyramin) hilfreich sein. Bei Schmerzen und imperativem Stuhldrang eignen sich häufig trizyklische Antidepressiva, die durch ihren anticholinergen Effekt die Symptomatik verbessern können. Das peripher wirkende Opioid Loperamid kann durch Verlangsamung des Kolontransits mit vermehrter Flüssigkeitsresorption und Relaxation der Darmwand zur Verminderung der Stuhlfrequenz und Erhöhung der Stuhlkonsistenz führen. Codeinsulfat und Tinktura opii sollten bei der funktionellen Diarrhö und Ausschluss von organischen Ursachen keine Rolle spielen. Einen Sonderfall stellt die so genannte diabetische Diarrhö mit häufig nächtlichen, voluminösen und braunen Stühlen dar. Sie ist wahrscheinlich durch eine verminderte Flüssigkeitsresorption infolge einer adrenergen Fehlregulation bedingt und spricht häufig auf niedrig dosiertes Clonidin an.

Fazit

Funktionelle Verdauungsbeschwerden finden sich häufig in der Allgemeinbevölkerung und können definierten Krankheitsbildern (z. B. Reizdarm, Reizmagen) zugeordnet werden. Nach Ausschluss organischer Ursachen ist die Therapie symptomorientiert. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass eine große Überlappung der Beschwerden vorliegen kann, dass Funktionsstörungen und Symptomatik nicht miteinander korrelieren müssen, und dass viele Medikamente für spezielle funktionelle Verdauungserkrankungen nicht zugelassen sind.


Literatur

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Tab. 1. Einteilung der funktionellen Darmerkrankungen nach der Rom III Konsensuskonferenz [3]

A. Funktionelle Ösophagusstörungen

B. Funktionelle gastroduodenale Störungen (NUD)

C. Funktionelle Darmstörungen (funktionelle Verstopfung/Diarrhö, IBS)

D. Funktionelle abdominelle Schmerzen

E. Funktionelle Gallenblasen- und Sphinkter-Oddi-Störungen

F. Funktionelle anorektale Störungen

G. Funktionelle Störungen: Säuglinge und Kleinkinder

H. Funktionelle Störungen: Kinder und Jugendliche

Prof. Dr. Thomas Frieling, Medizinische Klinik II, Helios Klinikum Krefeld, Lutherplatz 40, 47805 Krefeld, E-Mail: Frieling@Klinikum-Krefeld.de

Tab. 2. Nachteile einer symptomenbasierten Einteilung funktioneller Darmerkrankungen

Heterogene Patientengruppen

Unterschiedliche Symptome

Überlappung/Übergang der Symptome

Geringe Korrelation Symptome/Funktionsstörungen

Krankheitsdefinierende Symptomencluster nur für das Reizdarmsyndrom nachgewiesen

Keine einheitlichen pathophysiologischen Korrelate

Tab. 3. Erkrankungen mit Symptomen des Reizdarmsyndroms und ihre potenzielle Häufigkeit in Abhängigkeit von der untersuchten Patientengruppe

Häufigkeit

Zuckermalabsorption

25 %

Bakterielle Dünndarmfehlbesiedlung

80 %

Gallensalzmalabsorption

50 %

Organische Kolonveränderungen

8 %

Schilddrüsenveränderungen

8 %

Sprue

5 %

Intestinale Ischämie

5 %

Unterschwellige Entzündungen
(postinfektiöses Reizdarmsyndrom, PI-IBS)

10 %

Tab. 4. Symptomenspektrum funktioneller Darmerkrankungen

Schmerzen („Discomfort“), viszerale Hypersensitivität

Dyspepsie, Völlegefühl, Übelkeit, Erbrechen

Meteorismus

Obstipation

Stuhlentleerungsstörungen

Diarrhö

Abb. 1. Therapiestrategien bei funktionellen Darmerkrankungen

Tab. 5. Medikamente* mit potenzieller direkter Beeinflussung der viszeralen Sensibilität beim Reizdarmsyndrom [10]

Substanzgruppe

Medikament

Effekte

Anmerkung

µ-Opioidagonist

Fentanyl

Erhöhung der Schwellen für Missempfindung und Schmerzen

Nicht zugelassen für IBS, zentralnervöse Nebenwirkungen,
Suchtpotenzial

k-Opioidagonist

Fedotozin

Erhöhung der Schwellen für Missempfindung und Schmerzen

Nicht zugelassen für IBS, periphere Wirkung,
nur geringe Wirkung bei IBS und NUD

µ-, k-, s-Opioidagonist

Trimebutin

Keine gesicherte direkte Wirkung auf viszerale Sensitivität

Nicht zugelassen für IBS,
unklarer Wirkungsmechanismus

Opioidagonist

Loperamid

Verbesserung der Diarrhö
Verminderung Schmerzintensität

Nicht zugelassen für IBS,
keine Studien bei IBS zu viszeraler Sensitivität

5-HT3-Rezeptorantagonist

Alosetron
Ondansetron
Granisetron
Tropisetron
Cilansetron

Keine gesicherte direkte Wirkung auf viszerale Sensitivität, mögliche indirekte Wirkung über zentrale Effekte

Alosetron: gesicherte Wirkung bei Diarrhö-dominantem IBS, in den USA wegen Nebenwirkungen vom Markt genommen und wieder zugelassen unter restriktiven Bedingungen für weibliche Diarrhö-dominante IBS-Patienten, alle anderen Medikamente nicht zugelassen für IBS

5-HT4-Rezeptoragonist

Prucalopid
Tegaserod

Keine gesicherte direkte Wirkung auf viszerale Sensitivität, Stimulation von Peristaltik und Chloridsekretion

Tegaserod: gesicherte Wirkung bei Obstipations-dominantem IBS, wird in den USA von der Firma nicht mehr vermarktet und verkauft
Prucaloprid: nicht zugelassen für IBS, keine weiteren Untersuchungen

5-HT1-Rezeptoragonist

Sumatriptan
Buspiron

Keine gesicherte direkte Wirkung auf viszerale Sensitivität

Nicht zugelassen für IBS,
unklarer Wirkungsmechanismus

Antidepressiva

Imipramin
Desipramin
Amitriptylin
Paroxetin
Fluoxetin

Wirkung von trizyklischen Antidepressiva auf viszerale Sensitivität während mentalem Stress

Nicht zugelassen für IBS,
gesicherte Wirkung bei IBS,
Wirkung wahrscheinlich unabhängig von psychotropen Effekten

Somatostatinanaloga

Octreotid

Reduziert Reaktion mechanosensitiver spinaler Afferenzen, Wirkung bei hypersensitiven Patienten

Nicht zugelassen für IBS,
anekdotische Berichte über günstige Effekte auf IBS-Symptome

Alpha2-adrenerge Agonisten

Clonidin

Keine gesicherte direkte Wirkung auf viszerale Sensitivität

Nicht zugelassen für IBS,
keine Studie verfügbar

*Die Zulassungen sollten beachtet werden; IBS: Reizdarmsyndrom; NUD: funktionelle gastroduodenale Störungen

Tab. 6. Medikamentöse Therapiestrategien* bei der funktionellen Dyspepsie

Schmerzen, Brennen, Unbehagen

Antazida, Sucralfat

H2-Blocker

Protonenpumpenhemmer

Eradikation Helicobacter pylori

Völlegefühl

Domperidon

Metoclopramid

Tegaserod

Erythromycin

Meteorismus (Tab. 8)

Psyche (Schmerzschwellenanhebung, Stimmungsaufhellung)

Amitriptylin

Imipramin

Trimipramin

Doxepin

Johanniskraut

Kava Kava

Bauchschmerzen

Butylscopolamin

Drofenin

Trospiumchlorid

Trihexyphenidyl

Mebeverin

Pfefferminzöl

Nitrate

Trizyklische Antidepressiva (anticholinerger Effekt)

* Die Zulassungen sollten beachtet werden

Tab. 7. Potenzielle Ursachen von Blähungen

Magenfunktionsstörung
(verminderte Magenakkomodation, verzögerte Magenentleerung,
antroduodenale Dysmotilität, Fehlverteilung von Nahrung)

Viszerale Hypersensitivität (Reizmagen, Reizdarm)

Intestinale Pseudoobstruktion

„gas-bloat“-Syndrom (Fundoplicatio)

Kaskadenmagen

Magenausgangsstenose/intestinale Obstruktion

Obstipation, Stuhlentleerungsstörungen

Vermehrtes Luftschlucken („Luftschlucker“)

Ballaststoffe (Weizenkleie, Leinsamen)

Milchzuckerunverträglichkeit

Bakterielle Dünndarmfehlbesiedlung

Intestinale Infektionen

Veränderte Darmflora

Medikamente (Lactulose, weibliche Sexualhormone)

Aszites, Schwangerschaft, Tumore

Tab. 8. Therapie* von Blähungen

Allgemeinmaßnahmen

Diätetik

Stuhlnormalisierung

Oberflächenaktive Substanzen (Dimethylpolysiloxan)

Phytotherapeutika (Iberis amara/Kamille/Kümmel/Fenchel/Anis/Minze/Melisse/Angelika/Asa foetida)

Prokinetika (Tab. 6)

Probiotika

* Die Zulassungen sollten beachtet werden

Tab. 9. Therapie* der Obstipation („Slow-Transit Constipation“)

Allgemeinmaßnahmen: Gewichtsreduktion, körperliche Aktivität, Suche nach obstipationsauslösenden Medikamenten

Diätetik: Flüssigkeitszufuhr, Ballaststoffe (cave: blähende Ballaststoffe)

Osmotische Laxanzien: nicht resorbierbare Mono- und Disaccharide, salinische Laxanzien, Polyethylenglycole

Aktive Laxanzien: Diphenylmethan- und konjugierte Anthrachinon-Derivate

* Die Zulassungen sollten beachtet werden

Tab. 10. Therapie* anorektaler Funktionsstörungen („outlet obstruction“, Inkontinenz)

Allgemeinmaßnahmen/Diätetik (Tab. 9)

Verhaltenstherapie

Beckenbodentraining/Biofeedback/Elektrostimulation

Toilettentraining (Mikroklysmen/Kohlendioxid-bildende Zäpfchen)

Lösliche Ballaststoffe/Osmotische Laxanzien (Tab. 9)

* Die Zulassungen sollten beachtet werden

Tab. 11. Therapie* der funktionellen Diarrhö

Diätetik (Milchzuckerunverträglichkeit, Ballaststoffe)

Adaptation der Lebensweise, Toilettentraining

Medikamentöse Therapie

Flohsamen, lösliche Ballaststoffe (Benefiber)

Mikroklysmen, Lecicarbon supp.

Gallensäurebinder (z. B. Colestyramin)

Loperamid

Trizyklische Antidepressiva (Schmerz & imperativer Stuhldrang)

Clonidin (diabetische Diarrhö)

* Die Zulassungen sollten beachtet werden

Pharmacotherapy of functional gastrointestinal disorders

Functional gastrointestinal disorders are among the most frequent disorders seen in hospital and clinical practice. They comprise different disorders without structural or biochemical abnormalities as detected by routine evaluation. In adults, functional gastrointestinal disorders are classified into six different subclasses (A. Functional esophageal disorders, B. Functional gastroduodenal disorders, C. Functional Bowel Disorders, D. Functional abdominal pain syndrome, E. Functional gallbladder and sphincter of oddi disorders, F. Functional anorectal disorders) according to the Rom-III-consensus. The therapy of functional gastrointestinal disorders is symptome-based and should be only temporary after exclusion of organic diseases. There might be a great overlap of symptoms (pain, “discomfort“, dyspepsia, nausea, vomiting, meteorism, constipation, straining, diarrhea) very often associated with visceral hypersensitivity. In addition, symptoms and altered function may show only poor correlation. Despite the frequent demand of pharmacotherapy most drugs are not approved for the treatment of functional gastrointestinal disorders.

Keywords: Functional gastrointestinal disorders, visceral hypersensitivity, dyspepsia, meteorism, constipation, straining, diarrhea, pharmacotherapy

Arzneimitteltherapie 2008; 26(06)