Peter Härle und Martin Fleck, Regensburg
Im Rahmen chronisch-entzündlicher rheumatischer Erkrankungen werden immunsuppressive Medikamente eingesetzt, die in unterschiedlichem Maße das Immunsystem beeinflussen (DMARDs, disease modifying drugs). Der therapeutische Effekt reicht hierbei von einer leichten immunmodulatorischen Wirkung bis hin zu einer starken Immunsuppression, vermittelt durch unspezifische oder gezielte Beeinflussung verschiedener Immunmechanismen. Darüber hinaus ist von besonderer Bedeutung, ob eine immunsuppressive Monotherapie oder eine Kombination verschiedener Immunsuppressiva eingesetzt wird. Bei Inhibition mehrerer Immunmechanismen ist von einer intensiveren Immunsuppression auszugehen, die auch mit einer erhöhten Infektionsrate im Vergleich zur Monotherapie einhergehen kann. Bestimmte Kombinationen von Immunsuppressiva wie die gleichzeitige Hemmung der Interleukin-1(IL-1)- und Tumornekrosefaktor-alpha(TNF-a)-vermittelten Immunmechanismen bei Patienten mit rheumatoider Arthritis mit Anakinra (Kineret®) und Etanercept (Enbrel®) lösen eine nicht tolerierbar hohe Rate bakterieller Infektionen und Neutropenien aus [1]. Andere, T-Zell- kompromittierende oder -depletierende Therapien führen zu einer erhöhten Rate an viralen und mykotischen Infektionen [2]. Dies bedeutet, dass entsprechend der funktionell beeinträchtigten Immunmechanismen eine gesteigerte Disposition für bakterielle, virale oder mykotische Infektionen vorliegen kann, da verschiedene Krankheitserreger durch unterschiedliche Immunmechanismen abgewehrt werden. Schließlich ist das Ausmaß einer Immunsuppression auch von der applizierten Medikamentendosis abhängig [3].
Jedoch sind nicht nur diese aufgeführten Aspekte für das Risiko einer Infektion unter einer immunsuppressiven Therapie relevant. Es besteht bei Patienten mit entzündlichen Gelenkerkrankungen unabhängig von der immunsuppressiven Therapie ein deutlich erhöhtes sekundäres Infektionsrisiko der entzündlich veränderten Gelenke [4]. Dieses Risiko scheint auch von der Grunderkrankung abzuhängen [4] und wird in der Literatur mit einem bis zu 10fach erhöhten Infektionsrisiko angegeben [5].
Bei der Betrachtung einer immunsuppressiven Therapie im Zusammenhang mit Operationen muss auch die Wundheilung berücksichtigt werden. Verschiedene Medikamente wie die sehr häufig eingesetzten Glucocorticoide können über eine Hemmung der Zellproliferation zu einer verzögerten Wundheilung führen. Diese kann wiederum sekundär ein erhöhtes Infektionsrisiko bewirken.
Im Gegensatz zur erhöhten Infektionsrate oder möglichen Wundheilungsverzögerung unter einer immunsuppressiven Therapie steht das Risiko einer Exazerbation der chronisch-entzündlichen Erkrankung nach Reduktion oder Pausierung der Immunsuppression. Tritt eine Exazerbation der Grunderkrankung tatsächlich ein, steht der behandelnde Arzt vor der Entscheidung, wie die immunsuppressive Therapie in dieser Situation anzupassen ist. Wichtig sind hierbei auch differenzialdiagnostische Erwägungen, wobei steigende systemische Entzündungswerte oder entzündliche Lokalbefunde sowohl vor dem Hintergrund einer Aktivitätszunahme der chronisch-entzündlichen Grunderkrankung als auch als Folge einer Infektion gewertet werden müssen. Weiterhin muss bedacht werden, dass bei fortgeführter immunsuppressiver Therapie eine tatsächlich vorliegende Infektion verzögert diagnostiziert wird und dann zu einem protrahierten oder sogar septischen Verlauf führen kann.
An dieser Stelle soll auch auf die Schwierigkeiten hingewiesen werden, die bei der Beurteilung der publizierten Studiendaten im Hinblick auf das perioperative Management immunsuppressiver Therapien bestehen. Verschiedene operative Eingriffe unterscheiden sich im perioperativen Infektionsrisikos teilweise erheblich. Auch ist das Infektionsrisiko von der Eingriffsdauer, der Lokalisation sowie der Art der Intervention (z. B. Erstoperation oder Folgeoperation, Prothesenrevision) abhängig. Problematisch ist auch bereits die Definition einer perioperativen Infektion an sich, da in den vorliegenden Studien unterschiedliche Kriterien verwendet wurden. Bezüglich der Konsequenzen für den Patienten sowie des ökonomischen Aufwands erscheint hier eine Unterscheidung in oberflächliche Wundinfektionen und tiefe Gewebeinfektionen oder Protheseninfektionen sinnvoll. Als geschätzter Anhaltspunkt für die Häufigkeit perioperativer Infektionen innerhalb des ersten Jahres bei nicht-immunsuppressiv behandelten Patienten kann im Mittel eine Rate von 4 % angegeben werden [6]. Die Infektionsraten unter Immunsuppression sollten sich daher auf diese Zahl beziehen.
In dieser Übersichtsarbeit sollen die aktuelle Studienlage zur perioperativen Therapie mit Immunsuppressiva dargelegt und vor diesem Hintergrund dann praktisch relevante Aspekte erörtert werden.
Glucocorticoide
Glucocorticoide sind seit den 1950er Jahren aus der Therapie chronisch-entzündlicher Erkrankungen aufgrund ihrer guten Steuerbarkeit sowie der schnell einsetzenden, potenten antientzündlichen und antiproliferativen Wirkung nicht mehr wegzudenken. Darüber hinaus ist der Einsatz dieser Medikamentengruppe wirtschaftlich günstig. Der therapeutische Effekt der Glucocorticoide wird über die Modulation verschiedener Stoffwechselwege vermittelt, wobei durch Aktivierung eines zytosolischen Glucocorticoid-Rezeptors, eines Zellmembran-gebundenen Glucocorticoid-Rezeptors sowie durch eine unspezifische Interaktion der Glucocorticoide mit der Zellmembran genomische und nicht-genomische Effekte vermittelt werden [7]. In Abhängigkeit der eingesetzten Dosierung und Applikationsart sind der immunsuppressive Effekt der Glucocorticoide auf verschiedene Immunzellen und die Wirkungsdauer unterschiedlich stark ausgeprägt [7, 8]. Zusammenfassend vermitteln die Glucocorticoide eine von der Dosis und Applikationsart abhängige Inhibition der Funktion von T- und B-Zellen sowie Makrophagen, Fibroblasten und Endothelzellen. Sie wirken antiproliferativ und steigern vorübergehend die Granulozytenzahl in der Zirkulation.
Über die dargelegten Mechanismen erscheint es verständlich, dass eine Therapie mit Glucocorticoiden zu Störungen der Wundheilung und somit auch zu einer erhöhten Wundinfektionsrate führen kann [9]. Ab welcher Dosierung der Glucocorticoide ein klinisch relevanter Effekt auf die Wundheilung auftritt, wurde bisher in Studien nicht systematisch untersucht. Daher ist gegenwärtig aufgrund der fehlenden Datenlage keine Evidenz-basierte Empfehlung möglich. Aufgrund einer physiologischen Tagesproduktion von etwa 24 mg Hydrocortison erscheinen Dosierungen im Bereich von 7,5 mg Prednisolonäquivalent pro Tag jedoch eher unproblematisch. In diesem Zusammenhang muss allerdings auf eine perioperative Substitution von Hydrocortison bei Patienten mit längerfristiger Glucocorticoid-Substitution hingewiesen werden, da bei diesen Patienten ein erhöhter Glucocorticoid-Bedarf bestehen kann. Ob in dieser Situation eine relative Überdosierung bei nur grob abschätzbarem Substitutionsbedarf entsprechend der Größe des Eingriffs einen Einfluss auf die Wundheilung besitzt, ist unklar.
Vor diesem Hintergrund kann für kleinere operative Eingriffe, das heißt ambulante Interventionen oder bei absehbarer rascher Mobilisation, als Faust- oder so genannte 3 x 3-Regel das dreifache der regulären Glucocorticoid-Tagesdosis über drei Tage substituiert werden. Die Glucocorticoid-Tagesdosen können jedoch auch beträchtlich höher liegen und müssen gegebenenfalls über einen längeren Zeitraum und intravenös appliziert werden. Hier muss unbedingt eine Anpassung an die individuelle klinische Situation erfolgen.
Antimalaria-Medikamente
Der Wirkungsmechanismus dieser Substanzgruppe (Hydroxychloroquin – Quensyl®, Chloroquin – Resochin®, Weimer®quin) ist nicht genau bekannt. In In-vitro-Studien wurde jedoch gezeigt, dass eine Stabilisierung von lysosomalen Membranen sowie eine verminderte Produktion verschiedener Zytokine einschließlich IL-1 und TNF-a induziert werden [10].
Es liegen widersprüchliche Daten zum Einsatz von Hydroxychloroquin und Chloroquin in der perioperativen Phase vor. Grennan und Kollegen [11] fanden unter einer Therapie mit Hydroxychloroquin oder Chloroquin eine erhöhte Infektrate. Allerdings wurden im Rahmen dieser Studie Patienten mit verschiedenen orthopädischen Interventionen retrospektiv ausgewertet, so dass bei niedriger Patientenzahl die Relevanz dieser Studie als limitiert beurteilt werden muss. Im Gegensatz hierzu konnten in einer anderen Studie keine erhöhten Infektraten oder Wundkomplikationen bei Patienten nach orthopädischen Operationen beobachtet werden, bei einer allerdings hohen Gesamtkomplikationsrate von 32 % [12]. Eine Therapieempfehlung kann daher auf dem Boden dieser widersprüchlichen Daten nicht abgeleitet werden.
Bei kleineren Eingriffen, das heißt ambulanten Interventionen oder bei absehbar rascher Mobilisation, führen wir deshalb die orale Therapie mit Antimalaria-Medikamenten unverändert fort.
Sulfasalazin
Der genaue Wirkungsmechanismus von Sulfasalazin (z. B. Azulfidine®) ist bei Patienten mit rheumatoider Arthritis bisher nicht bekannt. Für Neutrophile, Monozyten und Lymphozyten wurden inhibierende Effekte beschrieben. Auch scheinen antiproliferative Mechanismen bei Fibroblasten und Endothelzellen vorzuliegen. Es wird angenommen, dass die Sulfonamid-Komponente für die immunmodulierende Wirkung verantwortlich ist [13]. In einer Studie von Broeder et al. [6] konnte ein protektiver Effekt im Hinblick auf perioperative infektiöse Komplikationen nachgewiesen werden. Hierfür könnten möglicherweise auch antiinfektiöse Effekte des Sulfapyridins, einem Sulfonamidderivat, verantwortlich sein.
Bei kleineren Eingriffen, das heißt ambulanten Interventionen oder bei absehbar rascher Mobilisation, führen wir die Therapie mit Sulfasalazin unverändert weiter.
Methotrexat
Methotrexat (z. B. Lantarel®) gehört zu den klassischen DMARDs und wurde in den 1950er Jahren [14] in der Therapie der rheumatoiden Arthritis und Psoriasis erstmalig eingesetzt. Im niedrigen Dosisbereich zwischen 5 und 25 mg pro Woche besitzt Methotrexat eines der günstigsten Wirkungs-Nebenwirkungsprofile aller DMARDs [15]. Daher wird Methotrexat sowohl in der Monotherapie als auch als Kombinationspartner mit anderen DMARDs und Biologika verwendet. Darüber hinaus gilt Methotrexat in neueren Studien als Referenzsubstanz bezüglich klinischer und radiologischer Effektivität sowie Toxizität.
Die Wirkung von Methotrexat wird durch eine Vielzahl von Mechanismen vermittelt. Methotrexat ist ein Analogon der Folsäure und wird über den Folsäuretransporter in die Zellen aufgenommen. Intrazellulär erfolgt eine Polyglutaminierung (-glu), was die relativ lange Halbwertszeit von Methotrexat-glu bedingt. Es inhibiert als Folsäure-Antagonist kompetitiv und reversibel das Enzym Dihydrofolat-Reduktase (DHFR) und beeinflusst hierdurch den Purinmetabolimus, wodurch ein Arrest des Zellzyklus in der S-Phase sich teilender Zellen einschließlich T-Zellen ausgelöst wird. Im niedrigen Dosisbereich zwischen 5 und 25 mg pro Woche scheint der antiproliferative Effekt von Methotrexat jedoch nicht die Hauptrolle zu spielen. So konnte in weiteren Studien ein proapoptotischer Effekt, eine Inhibition der Expression von Adhäsionsmolekülen, eine Modulation des pro- und antiinflammatorischen Zytokinmilieus, eine Reduktion der Antikörperproduktion sowie eine Inhibition der Cyclooxygenase nachgewiesen werden.
Methotrexat inhibiert noch eine Reihe anderer Enzyme, wie die 5-Aminoimidazol-4-Carboxamid-Ribunucleotid(AICAR)-Transformylase. Durch dieses Enzym wird der Abbau von Adenosin katalysiert, so dass durch eine Methotrexat-Therapie intrazellulär sowie extrazellulär vermehrt Adenosin vorliegt. Über Adenosinrezeptoren kann hierdurch eine cAMP-vermittelte Inhibition verschiedener Immunvorgänge erfolgen [16].
Zusammenfassend scheint Methotrexat im niedrigen Dosisbereich in zahlreiche immun-regulatorische Mechanismen modulierend einzugreifen, ohne diese jedoch vollständig zu unterbinden. Dies könnte erklären, warum in verschiedenen Studien keine gesteigerte Rate perioperativer Infektionen unter einer fortgesetzten Methotrexat-Therapie beobachtet wurde (Tab. 1). Einschränkend muss jedoch angemerkt werden, dass in den Studien keine differenzierte Beurteilung der Krankheitsaktivität vor der Operation durchgeführt wurde.
Tab. 1. Infektionen und Wundheilungsstörungen bei fortgesetzter oder unterbrochener Methotrexat-Therapie bei unterschiedlichen operativen Eingriffen
Zusammenfassung der in der Literatur vorhandenen Publikationen bezüglich erhöhter Infektionsraten und Wundheilungsraten unter einer fortgesetzten oder unterbrochenen Methotrexat-Therapie
Art des Eingriffs |
Eingriffe [n] |
Infektionen oder Wundheilungsstörung |
Studiendesign |
Autor (Jahr) |
||
Keine Immunsuppression (Zahl der Eingriffe) |
Fortgeführt |
Unterbrochen |
||||
Gelenkersatz |
34 |
0 % |
Retrospektiv |
Bridges 1991 [26] |
||
Gelenkersatz |
19 |
21 % |
||||
Gelenkersatz großer Gelenke |
202 |
8,7 % |
5,5 % |
Retrospektiv |
Perhala 1991 [27] |
|
Orthopädische Operation |
89 |
10 % |
12 % |
Prospektiv |
Sany 1993 [28] |
|
Gelenkersatz |
42 |
25 % |
0 % |
Prospektiv |
Carpenter 1996 [29] |
|
Gelenkersatz |
388 |
10,5 % |
2 % |
15 % |
Prospektiv |
Grennan 2001 [11] |
Hand-Operation |
99 |
9,5 % |
5,1 % |
Retrospektiv |
Jain 2002 [30] |
|
Operationen |
201 |
11,7 % |
5,2 |
14,3 |
Retrospektiv |
Murata 2006 [31] |
Auf dem Boden dieser Studiendaten und unter Berücksichtigung der langen Halbwertszeit ist nach unserer Auffassung für Methotrexat prä- und perioperativ keine Therapiepause erforderlich. Bei absehbarer längerer Beatmungspflichtigkeit oder pulmonaler Komorbidität erscheint aufgrund eines erhöhten Pneumonierisikos eine Unterbrechung der oralen bzw. parenteralen (s. c.) Methotrexat-Therapie sinnvoll.
Leflunomid
Der Haupteffekt von Leflunomid (Arava®) liegt in der Reduktion der de-novo-Pyrimidinsynthese durch Inhibition der Dihydroorotat-Dehydrogenase in den Mitochondrien [17]. Hierdurch wird insbesondere die Proliferation von Lymphozyten inhibiert. Kraan et al. [18] konnten zeigen, dass nach einer Therapiedauer von einem Jahr reduzierte Serumkonzentrationen für Interferon gamma (IFN-γ) als Hinweis auf eine präferenzielle T-Zell-Inhibition vorlagen. In-vitro-Studien zeigten auch Effekte auf die Aktivität bestimmter Tyrosinkinasen [19] und des Transkriptionsfaktors nukleärer Faktor kappaB (NF-kB) [20].
Leflunomid wird zur Therapie der rheumatoiden Arthritis sowohl in der Monotherapie als auch in der Kombination mit Methotrexat eingesetzt. Wie bereits in der Einleitung erwähnt, ist bei einer Kombinations- im Vergleich zur Monotherapie prinzipiell von einer Risikosteigerung für Infektionen auszugehen. Dies scheint auch im Rahmen von Operationen ein erhöhtes Infektionsrisiko zu bewirken [21]. In einer prospektiven Studie wurde die Infektionsrate bei Patienten verglichen, die sich einer orthopädischen Operation unterziehen mussten und entweder mit Methotrexat oder Leflunomid therapiert wurden [22]. Hierbei zeigte sich in der Methotrexat-Gruppe (59 Patienten) eine Infektionsrate von 13,6 %, während die Rate für perioperative Infektionen in der Leflunomid-Gruppe (32 Patienten) 40,6 % betrug. Gemessen an einer Infektionsrate von 4 % bei nicht immunsuppressiv behandelten Patienten in der Studie von Broeder und Kollegen [6] war in dieser Studie jedoch auch die Methotrexat-Therapie mit einer deutlich höheren Infektionsrate assoziiert. Allerdings konnte in einer weiteren Studie kein Anstieg perioperativer Infektionen unter einer Leflunomid-Therapie festgestellt werden. In dieser Studie lag die Inzidenz einer lokalen Infektion in der Leflunomid-Gruppe (82 Eingriffe) bei 6,1 %. In der Kontrollgruppe, bei der Leflunomid vier Wochen vor der orthopädischen Intervention abgesetzt worden war (79 Eingriffe), zeigte sich eine Inzidenz von 6,3 %. Tiefe Weichgewebeinfektionen wurden postoperativ nicht beobachtet. Vor dem Hintergrund der langen Halbwertszeit von Leflunomid erscheint dieses Ergebnis plausibel, allerdings war auch in dieser Studie die Fallzahl insgesamt gering. Inwieweit eine Auswaschphase von Leflunomid mit beispielsweise Colestyramin (z. B. Quantalan®) bei Risikopatienten eine Reduktion der perioperativen Infektionsrate ermöglicht, wurde bisher nicht untersucht.
Vor dem Hintergrund dieser Daten führen wir die Leflunomid-Therapie bei kleineren operativen Eingriffen, das heißt ambulanten Interventionen, oder bei absehbarer rascher Mobilisation, fort. Bei größeren operativen Eingriffen setzen wir die Leflunomid-Therapie vier Wochen vorher ab.
TNF-a-Inhibitoren
Auch für die Gruppe der Anti-TNF-a-Medikamente kann bezüglich einer strukturierten Therapiepause vor einer elektiven Operation keine eindeutige Empfehlung gegeben werden. In der retrospektiven Studie von Broeder et al. [6] konnte kein statistisch signifikanter Unterschied im Hinblick auf die Infektionsrate zwischen fortgesetzter oder unterbrochener Anti-TNF-a-Therapie festgestellt werden. Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangte auch eine andere Arbeitsgruppe mit einer prospektiven Studie, die keine unterschiedlichen Infekionsraten bei Patienten mit rheumatoider Arthritis mit perioperativ fortgesetzter Anti-TNF-a- bzw. fortgeführter DMARD-Therapie beobachteten [23]. Diese Ergebnisse stehen im Widerspruch zur retrospektiven Studie von Giles und Kollegen [24], in der 70 % der Patienten mit einem postoperativen Infekt mit einem TNF-a-Inhibitor behandelt worden waren. Dagegen waren 65 % der Patienten ohne postoperativen Infekt noch nie mit einem TNF-a-Inhibitor therapiert worden. Hierzu passen Daten des britischen Registers der Society for Rheumatology, in dem 7 664 Patienten mit rheumatoider Arthritis, die eine Anti-TNF-a-Therapie erhielten, und 1 354 DMARD-behandelte Patienten mit rheumatoider Arthritis erfasst wurden. Eine Auswertung im Hinblick auf schwere Haut- und Weichgewebeinfektionen zeigte eine deutliche Inzidenzsteigerung unter einer Anti-TNF-a- im Vergleich zur DMARD-Therapie mit einer adjustierten Inzidenz-Ratio von 4,28 (95%-Konfidenzintervall 1,06–17,17). In einer weiteren retrospektiven Studie wurde die Komplikationsrate unter einer unterbrochenen mit einer fortgeführten Anti-TNF-a-Therapie verglichen. Hierbei zeigte sich eine deutlich erhöhte Komplikationsrate bei orthopädischen und auch abdominalen Operationen, auch wenn die Anti-TNF-a-Therapie für 2 bis 5 Halbwertszeiten vor dem Eingriff unterbrochen worden war [25].
Unter der Annahme, dass Patienten mit einem TNF-a-Inhibitor vor Beginn dieser Therapie eine besonders hohe Krankheitsaktivität aufwiesen, führen wir bei kleineren Eingriffen, das heißt ambulanten Interventionen, oder bei absehbar rascher Mobilisation die Anti-TNF-a-Therapie weiter. Diese Vorgehensweise erfolgt unter der Vorstellung, eine akute Exazerbation der Grunderkrankung durch eine Therapiepause zu verhindern. Dagegen setzen wir TNF-a-Inhibitoren 2 bis 4 Halbwertszeiten vor größeren geplanten Operationen oder auch kleineren, aber risikobehafteten Interventionen ab. Bei zunehmender Aktivität kann dann aber eine perioperative (Erhöhung der) Glucocorticoid-Medikation notwendig werden. Der Wiederbeginn erfolgt nach Abschluss der Wundheilung bzw. Mobilisation des Patienten.
Abschließende Bewertung
Die Frage, ob eine bestehende immunsuppressive Therapie bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen vor einer elektiven Operation abgesetzt oder fortgeführt werden soll, stellt sich im klinischen Alltag häufig. Eine eindeutige Empfehlung für die Dauer einer strukturierten Therapiepause kann aufgrund der unzureichenden Datenlage für diese Situation gegenwärtig nicht gegeben werden. Auch ist nicht geklärt, ob eine immunsuppressive Therapie mit einem DMARD oder Biologikum überhaupt abgesetzt werden muss. Vor diesem Hintergrund muss für den betroffenen Patienten individuell das Infektionsrisiko beurteilt werden, wobei Komorbiditäten, das Alter des Patienten, die Art und der Ort des operativen Eingriffs, die Krankheitsaktivität, die Infektanamnese sowie die verwendeten Immunsuppressiva zu berücksichtigen sind. Auch sollte das Risiko einer Exazerbation der Grunderkrankung aufgrund des bisherigen Krankheitsverlaufs mit in eine interdisziplinäre Entscheidungsfindung eingebunden werden. Im Zweifelsfall ist nach unserer Ansicht bei unklarer Situation eine strukturierte Therapiepause vorzuziehen, da eine tiefe Wundinfektion üblicherweise schwerwiegendere Konsequenzen nach sich zieht als eine Krankheitsexazerbation. Sollte die Medikation fortgeführt werden, ist ein hohes Maß an Aufmerksamkeit bezüglich perioperativer Infektionen erforderlich, um möglichst frühzeitig eine gezielte Diagnostik und Therapie einleiten zu können. Eine Hydrocortison-Prophylaxe sollte bei Patienten mit langfristiger Glucocorticoid-Therapie zur Vermeidung einer manifesten Nebenniereninsuffizienz angepasst an den Eingriff durchgeführt werden.
Die am Ende jeden Abschnitts von den Autoren dargelegten praktischen Aspekte sollten unter den hier nochmals zusammengefassten Gesichtspunkten verstanden werden und sind im Einzelfall kritisch zu diskutieren.
Literatur
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Priv.-Doz. Dr. med. Peter Härle, Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I, Universität Regensburg, 93042 Regensburg, E-Mail: peter.haerle@klinik.uni-regensburg.de
Prof. Dr. med. Martin Fleck, Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I, Universität Regensburg, 93042 Regensburg und Klinik für Rheumatologie/Klinische Immunologie, Asklepios-Klinikum Bad Abbach, 93077 Bad Abbach
Immunosuppressive therapy around the time of elective surgery in patients suffering from rheumatic diseases
Whether to stop or continue immunosuppressive therapy around the time of elective surgery in patients suffering from rheumatic diseases is a dilemma. On the one hand, potential wound infection with severe septic, or even lethal consequences for the patient has to be considered. On the other hand, there may be an exacerbation of the rheumatic disease. There are no data from controlled clinical trials to allow evidence-based recommendations. Therefore, a decision has to be made by the surgeon and the rheumatologist on an individual basis. Due to the lack of good evidence on this topic, the authors describe important aspects of their own perioperative management with the discussed immunosuppressive drugs.
Keywords: Wound healing, infection, surgery, rheumatic diseases, DMARD
Arzneimitteltherapie 2008; 26(09)