Priv.-Doz. Dr. med. Christian Weimar, Essen
EVA-3S-Studie
Für die EVA-3S-Studie (Studienakronyme siehe Kasten) wurden die 4- Jahres-Follow-up-Daten vorgestellt. 30 französische Zentren hatten insgesamt 527 Patienten mit 60 bis 99%iger Stenose (NASCET-Kriterien, siehe Kasten) auf eine endovaskuläre oder chirurgische Revaskularisation der Arteria carotis interna randomisiert. Chirurgen mit weniger als 25 Thrombendarteriektomien (TEA) und Interventionalisten mit weniger als 12 Carotis-Stent-Anlagen (CAS) durften den Eingriff nur unter Supervision durchführen. Alle Stent-Patienten erhielten vor und nach dem Eingriff Clopidogrel (Plavix®, Iscover®) und Acetylsalicylsäure ( z. B. Aspirin®). Das mediane Follow-up betrug 43 Monate. Das 30-Tage-Risiko für einen Schlaganfall war mit 9,6 % in der Stent-Gruppe versus 3,9 % in der TEA-Gruppe signifikant erhöht (p = 0,01). Auch nach vier Jahren zeigte sich noch eine absolute Differenz von 4,9 % (11,1 % vs. 6,2 %), die nicht mehr signifikant war. Somit liegt das mittelfristige Schlaganfallrisiko nach Tag 30 in beiden Gruppen ähnlich niedrig. Die periinterventionelle Komplikationsrate bei Stent-Anlagen ist allerdings in dieser Studie verbesserungsbedürftig.
SPACE-Studie
Vorgestellt wurden die 2- Jahres-Daten. Hier waren 1 214 Patienten mit ≥ 70%iger (ECST, siehe Kasten) oder ≥ 50%iger (NASCET) Stenose der Arteria carotis interna auf eine chirurgische oder endovaskuläre Behandlung randomisiert worden (TEA vs. CAS). Der primäre Endpunkt (Tod oder Schlaganfall innerhalb von 30 Tagen) trat bei 6,45 % in der TEA- und 6,92 % in der CAS-Gruppe auf, womit eine Nicht-Unterlegenheit von CAS nicht nachgewiesen werden konnte. Hierfür wären etwa 2 500 Patienten erforderlich gewesen, was nicht finanzierbar schien. Nach zwei Jahren lag die Mortalität mit 4,9 % (TEA) und 4,8 % (CAS) in beiden Behandlungsgruppen annähernd gleich hoch, ebenso die Rate von ipsilateralem Schlaganfall oder Tod mit 9,2 % (TEA) und 9,9 % (CAS). Auch in der Per-Protokoll-Analyse ergab sich kein wesentlicher Unterschied. Restenosen nach Ultraschallkriterien traten in 3,9 % (TEA) und 8,9 % (CAS) auf (Hazard-Ratio [HR] 2,4; 95%-Konfidenzintervall [95%-KI] 1,46–3,97), davon waren zwei symptomatisch (beide in der CAS-Gruppe).
CLEAR-IVH-Studie
Für die CLEAR-IVH-Studie wurden die abschließenden Ergebnisse vorgestellt. Zwischen Januar 2004 und Februar 2008 wurden 52 Patienten bei Ventrikeleinblutung und Verschluss des 3. oder 4. Ventrikels mit externer Ventrikeldrainage (EVD) behandelt. Patienten mit intraparenchymalem Blutungsvolumen > 30 cm3 (etwa 4 cm Durchmesser) wurden ausgeschlossen. Nach Ausschluss einer fortbestehenden Blutung mittels Computertomographie wurde bis zu 1 mg rt-PA (Actilyse®) alle acht Stunden über im Median 1,5 Tage intraventrikulär appliziert bis zum computertomographischen Nachweis einer Eröffnung des 3. bzw. 4. Ventrikels. Nach 30 Tagen lag die Mortalität bei 15 %. Nach 180 Tagen hatten 40 % der Patienten einen Wert auf der modifizierten Rankin-Skala ≤ 3 (Qualifizierung des neurologischen Defizits nach Schlaganfall; umfasst 6 Schweregrade, je höher der Grad, desto schwerer das Defizit). 65 % der Patienten hatten einen Barthel-Index > 85 (Bewertung von alltäglichen Fähigkeiten; maximal erreichbarer Wert ist 100). In der STICH- bzw. FAST-Studie hatten dagegen nur 10 % der Patienten mit Ventrikeleinbruch eine gute Prognose. Eine randomisierte Phase-III-Studie mit 500 Patienten ist im Anschluss für Anfang 2009 geplant.
Quellen
XVII. European Stroke Conference in Nizza, 13. bis 16. Mai 2008:
Mas JL, et al. Endarterectomy versus angioplasty in patients with symptomatic severe carotid stenosis (EVA-3S, NCT00190398). final results.
Ringleb PA, et al. Two-year-results of the SPACE study (stent-protected percutaneous angioplasty of the carotid vs. endarterectomy.
Hanley DF, et al. Final results CLEAR IVH trial: clot lysis, safety and 30-day functional outcomes. XVII.
NASCET- und ECST-Kriterien zur Bestimmung des Stenosegrads in der Gefäßdiagnostik
NASCET: North American symptomatic carotid endarterectomy trial
Vergleich des Durchmessers in der Stenose mit dem Durchmesser der A. carotis interna oberhalb der Stenose im gesunden Segment
ECST: European Carotid Surgery Trial
Vergleich des Durchmessers in der Stenose mit dem geschätzten ursprünglichen Durchmesser des Bulbus caroticus
Eine 50%ige Stenose nach den NASCET-Kriterien entspricht einer 70%igen Stenose gemäß der Definition der ECST.
Arzneimitteltherapie 2008; 26(09)