Dr. Tanja Liebing, Stuttgart
Hintergrund
Bei der systemischen Sklerose handelt es sich um eine autoimmune Gefäß- und Bindegewebserkrankung mit zugrunde liegenden entzündlichen und fibrosierenden Veränderungen. Betroffen sind Haut aber auch innere Organe. Typisch für die Pathogenese sind Veränderungen der Gefäßmorphologie, eine Fehlfunktion des Immunsystems und eine Verhärtung der Haut durch eine exzessive Akkumulation von Kollagen und anderen Bindegewebsproteinen. Defekte in der Angiogenese führen zu einer Mikroangiopathie und in der Folge aufgrund von Sauerstoff- und Nährstoffmangel zu digitalen Ulzerationen. In besonders schweren Fällen kommt es zur Entwicklung von Nekrosen im Bereich der Endglieder. Die Patienten leiden unter starken Schmerzen, ihre Lebensqualität ist drastisch vermindert.
Medikamentöse Therapie
Der Einfluss einer medikamentösen Therapie auf die Entwicklung digitaler Ulzera ist bisher nur wenig untersucht, es gibt keine allgemeingültigen Leitlinien. Zum Einsatz kommen Prostacyclin-Analoga (z. B. Iloprost [Ilomedin®]), Phosphodiesterase-5-Inhibitoren (z. B. Sildenafil [Revatio®]), Calciumantagonisten (z. B. Nifedipin [Adalat®]) und Endothelin-Rezeptor-Antagonisten (z. B. Bosentan [Tracleer®]). Auf Basis der beiden Studien RAPIDS-1 und -2 (Randomized placebo-controlled investigation of digital ulcers in scleroderma) erhielt Bosentan Mitte 2007 die Zulassung zur Reduktion der Anzahl neuer digitaler Ulzerationen bei Patienten mit Sklerodermie.
RAPIDS-1- und RAPIDS-2-Studie
Studiendesign und -ziel
Bei den RAPIDS-1- und RAPIDS-2-Studien handelt es sich um randomisierte, Plazebo-kontrollierte, doppelblinde Studien.
In die RAPIDS-1-Studie wurden 121 Patienten eingeschlossen. Die Patienten erhielten entweder Bosentan in einer initialen Dosierung von 2-mal täglich 62,5 mg, die nach 4 Wochen auf 125 mg 2-mal täglich erhöht wurde, oder Plazebo. Primärer Endpunkt war die Anzahl neu aufgetretener digitaler Ulzera während der 16-wöchigen Studiendauer. Sekundäre Endpunkte waren unter anderem die Abheilungsrate bestehender Ulzera, die Lebensqualität (gemessen mit dem SHAQ [Scleroderma Health Assessment Questionnaire, zur Bestimmung der Lebensqualität], Sicherheit und Verträglichkeit.
An der RAPIDS-2-Studie nahmen 184 Patienten teil. Die Studienmedikation war dieselbe wie in der RAPIDS-1-Studie. Primärer Endpunkt war die Anzahl neu aufgetretener digitaler Ulzera während der 24-wöchigen Studiendauer. Sekundäre Endpunkte umfassten Handfunktionsparameter des SHAQ sowie die Sicherheit und Verträglichkeit von Bosentan.
Studienergebnisse
Die Ergebnisse der Studie sind in Abbildung 1 dargestellt.
In der RAPIDS-1-Studie war die Anzahl neu entstandener digitaler Ulzera in der Bosentan-Gruppe signifikant niedriger als in der Plazebo-Gruppe (1,4 vs. 2,7; p = 0,042). Zudem zeigte sich bei den Patienten der Verum-Gruppe eine signifikante Verbesserung der Handfunktion. Der Unterschied zwischen den beiden Gruppen bezogen auf die Heilung bereits bestehender Ulzera war nicht signifikant.
In der Bosentan-Gruppe war die Serumtransaminase-Aktivität mit 11 % der Patienten gegenüber 0 % in der Plazebo-Gruppe erhöht. Weitere Nebenwirkungen traten in beiden Gruppen mit ähnlicher Häufigkeit auf.
Die Ergebnisse der RAPIDS-2-Studie bestätigten die Ergebnisse der RAPIDS-1-Studie. In der Bosentan-Gruppe traten ebenfalls signifikant weniger neue digitale Ulzera auf (1,9 vs. 2,7; p = 0,035). Weiterhin zeigte die Studie, dass schwerer betroffene Patienten mit mehr als drei digitalen Ulzera zu Beginn der Studie besser von Bosentan profitierten. Wie in der RAPIDS-1-Studie zeigte sich kein signifikantes Ergebnis für die Abheilung bereits bestehender Ulzera, bei 50 % der Patienten bestanden die Ulzera auch noch nach einer 24-wöchigen Behandlung.
In der RAPIDS-1-Studie konnte in der Bosentan-Gruppe im SHAQ eine signifikante Verbesserung in der Handfunktion erreicht werden (p < 0,005), in RAPIDS-2 wurde eine signifikante Verbesserung im Bereich Ankleiden (p = 0,033) erreicht.
Fazit
Mit dem RAPID-Studienprogramm konnte belegt werden, dass die Behandlung von Sklerodermie-Patienten mit Bosentan das Auftreten neuer digitaler Ulzera bei Patienten mit systemischer Sklerose signifikant reduzierte, die beiden Studien RAPIDS-1 und RAPIDS-2 zeigten übereinstimmende Ergebnisse. Die Studienergebnisse lassen darauf schließen, dass Endothelin-1 eine Schlüsselrolle in der Pathogenese der obliterativen Vaskulopathie, die als Ursache für die Entwicklung digitaler Ulzera gilt, spielt.
Quellen
Prof. Dr. Dr. hc. Thomas Krieg, Köln, Prof. Dr. Nicolas Hunzelmann, Köln, Dr. Pia Moinzadeh, Köln, Dr. Matthias F. Seidel, Bonn, Emma M. Reil, Heilbronn. Pressegespräch „Zulassungserweiterung für Bosentan – neue Therapieoption für Sklerodermiepatienten mit digitalen Ulzerationen“ veranstaltet von der Actelion Pharmaceuticals Deutschland GmbH, Köln, 12. April 2008.

Abb. 1. Ergebnisse des RAPIDS-Studienprogramms
Sowohl in der RAPIDS-1- als auch in der RAPIDS- 2-Studie konnte eine signifikante Reduktion neu entstandener digitaler Ulzera nach 16 bzw. 24 Wochen festgestellt werden [nach Pope et al., 2008]
Arzneimitteltherapie 2008; 26(09)