Diabetische Nephropathie

Aliskiren kombiniert mit Losartan bei Diabetes mellitus Typ 2 und Nephropathie


Bettina Christine Martini, Legau

Ob der neue direkte Renin-Inhibitor Aliskiren (Rasilez®) zusätzlich zu einer als nephroprotektiv geltenden Losartan-Therapie die nephroprotektiven Wirkungen der Behandlung erhöht, wurde nun in einer Plazebo-kontrollierten Studie untersucht. Der primäre Studienendpunkt (Albumin-Creatinin-Quotient) war in der Aliskiren-Gruppe signifikant besser. Die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit solcher Kombinationen sollten aber in Studien mit längerer Therapiedauer noch bestätigt werden.

In den 90er Jahren wurden die ACE-Hemmer und später Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten zur Therapie der arteriellen Hypertonie eingeführt, inzwischen gelten beide als nephroprotektiv und sind daher insbesondere bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 Antihypertonika der ersten Wahl. Beide Substanzgruppen wirken über das Renin-Angiotensin-Aldosteron-Sys- tem (RAAS). Seit September 2007 ist mit Aliskiren (Rasilez®) eine neue Substanz verfügbar, die ebenfalls über das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System wirkt, aber mit einem anderen Wirkungsmechanismus. Aliskiren ist ein oraler direkter Renin-Inhibitor (siehe Kasten).

Nun wurde in einer Studie der nephroprotektive Effekt einer Kombination aus Losartan und Aliskiren untersucht.

Studiendesign

In die randomisierte, doppelblinde AVOID-Studie (AVOID = Aliskiren in the evaluation of proteinuria in diabetes) wurden 599 Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2, Hypertonie und Proteinurie (Albumin-Creatinin-Quotient >300 mg/g bzw. >200 mg/g bei Patienten, die bereits Arzneistoffe einnahmen, die das RAAS hemmen) aufgenommen. Zunächst erhielten alle Patienten in einer dreimonatigen offenen Run-in-Phase 100 mg/d Losartan und weitere Antihypertensiva, um einen Blutdruck von maximal 130/80 mmHg zu erreichen. Dabei waren Antihypertensiva, die das RAAS inhibieren, nicht erlaubt. Dann bekamen die Patienten zusätzlich entweder Aliskiren (150 mg/d für 3 Monate, anschließend bis 300 mg/d für weitere 3 Monate) oder Plazebo.

Primärer Studienendpunkt war die Reduktion des Albumin-Creatinin-Quotienten, gemessen in einer Morgenurinprobe nach 6 Monaten.

Ergebnisse

Die Behandlung mit täglich 300 mg Aliskiren zusätzlich zu 100 mg Losartan reduzierte den mittleren Albumin-Creatinin-Quotienten im Vergleich zu Losartan plus Plazebo um 20% (95%-Konfidenzintervall 9–30; p<0,001; Abb. 1). Bei 24,7% der Patienten, die Aliskiren erhielten, konnte der Quotient um 50% oder mehr reduziert werden. In der Plazebo-Gruppe betrug dieser Anteil nur 12,5% (p<0,001). Die Verschlechterung der Nierenfunktion war tendenziell während der 24-wöchigen Studiendauer in der Aliskiren-Gruppe geringer: Die glomeruläre Filtrationsrate hatte in der Aliskiren-Gruppe um 2,4 ml/min und in der Plazebo-Gruppe um 3,8 ml/min jeweils pro 1,73 m2 abgenommen (p=0,07).

Abb. 1. Reduktion des Albumin-Creatinin-Quotienten bei Typ-2-Diabetikern mit Proteinurie mit Losartan plus Aliskiren versus Losartan plus Plazebo

Der Blutdruck der Patienten unterschied sich am Ende der Studie kaum. Der systolische Wert war in der Aliskiren-Gruppe um 2 mmHg, der diastolische Wert um 1 mmHg niedriger, was darauf hindeutet, dass die positiven Wirkungen von Aliskiren auf die Nieren unabhängig von der Blutdrucksenkung waren.

Unerwünschte und schwere unerwünschte Ereignisse waren in beiden Gruppen gleich häufig.

Diskussion

Die Studie könnte so interpretiert werden, dass Aliskiren, unabhängig von der blutdrucksenkenden Wirkung und zusätzlich zu einem Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten, nephroprotektive Eigenschaften hat; diese Schlussfolgerung könnte aber auch verfrüht sein.

Einerseits wurde das primäre Studienziel, die signifikante Reduktion des Albumin-Creatinin-Verhältnisses, signifikant erreicht. Andererseits kann man bemängeln, dass die Studiendauer (½ Jahr) zu kurz war, um einen möglichen Einfluss auf eine klinisch relevante Progression der Nephropathie zu zeigen. Auch die Unbedenklichkeit der Kombination, mit zweifachem „Angriff“ am Renin-Angiotensin-Aldosteron-System, sehen Kritiker noch nicht als erwiesen an. Ein mögliches Problem sehen sie in der Inzidenz erhöhter Kalium- Werte. Erhöhte Laborwerte für Kalium (>6,0 mmol/l) wurden bei 14 (4,7%) der Patienten, die mit Aliskiren und Losartan behandelt wurden, gefunden, gegenüber nur 5 (1,7%) der Plazebo-Gruppe (p=0,06). Allerdings war bei 9 der 14 Patienten wiederum festgestellt worden, dass die Kalium-Werte bereits vor Studienbeginn bei 5,1 mmol/l oder höher lagen, weswegen sie eigentlich nicht hätten in die Studie eingeschlossen werden dürfen. Ein Teil wurde ausgeschlossen, als diese Werte vorlagen.

Fazit

Die Ergebnisse sind vielversprechend, es liegen aber noch zu wenige Erfahrungen an einem breiteren Patientenkollektiv vor – beispielsweise waren Patienten mit einer glomerulären Filtrationsrate von weniger als 30 ml/min ausgeschlossen. Auch sollten Studien mit einer längeren Therapiedauer (> 6 Monate) und entsprechenden Arzneistoff-Kombinationen durchgeführt werden, um die Unbedenklichkeit zu beweisen.

Quellen

Parving HH, et al. Aliskiren combined with losartan in type 2 diabetes and nephropathy. N Engl J Med 2008:358;2433–46.

Ingelfinger JR. Aliskiren and dual therapy in type 2 diabetes mellitus. N Engl J Med 2008:358;2503–5.

Wirkungsmechanismus Aliskiren

Aliskiren ist ein oral wirksamer, nicht peptidischer, selektiver und direkter Inhibitor des humanen Renins. Renin ist für die Umwandlung von Angiotensinogen in Angiotensin I verantwortlich. Somit werden durch Aliskiren die Angiotensin-I- und Angiotensin-II-Spiegel gesenkt.

Andere Substanzen, die am Renin-Angiotensin-Aldosteron-System angreifen, wie ACE-Hemmer und Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten, verursachen einen kompensatorischen Anstieg der Plasmareninaktivität. Bei Einnahme von Aliskiren nimmt die Renin-Konzentration bei Bluthochdruckpatienten um etwa 50 bis 80% ab.

[nach Fachinformation Rasilez® Stand August 2007]

Arzneimitteltherapie 2009; 27(01)