Metastasiertes kolorektales Karzinom

Irinotecan gut kombinierbar mit Zytostatika und Antikörpern


Andrea Warpakowski, Itzstedt

Irinotecan gehört zu den Standard-Zytostatika in der Therapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms. Kombinationen mit Antikörpern wirken synergistisch, und eine Dosisreduktion der Zytostatika in diesen Kombinationen verringert ohne Wirkungsverlust die Nebenwirkungsrate. Neue prädiktive Biomarker für EGFR-Antikörper können die Ansprechraten noch steigern. Aktuelle Daten wurden bei einer Pressekonferenz der Firma Pfizer im Rahmen des 10th World Congress on Gastric Cancer in Barcelona, Spanien, im Juni 2008 präsentiert.

Hintergrund

In den letzten Jahren hat sich in der Therapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms (mCRC) viel getan: Das mediane Gesamtüberleben konnte mittlerweile auf zwei Jahre und mehr verlängert werden. Dazu beigetragen haben unter anderem Irinotecan-haltige Chemotherapien und biologische, zielgerichtete Therapien. Nun geht es darum, auch die Lebensqualität der Patienten zu verbessern und Patientengruppen zu identifizieren, die besonders von den Therapien profitieren.

Eine bessere Verträglichkeit ohne Verlust der Wirksamkeit kann beispielsweise mit einer Dosisreduktion erreicht werden. Die Kombination Irinotecan und Capecitabin (Campto®, Xeloda®) (250 mg/m2 an Tag 1), (2 x 1000 mg/m2 an Tag 1–14, q3 Wochen) ist eine wirksame Kombination, allerdings treten bei der Hälfte der Patienten schwere Diarrhöen Grad 3 und 4 auf.

Phase-II-Studien

In einer Phase-II-Studie der Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie (AIO) wurde deshalb die Kombination von Capecitabin und Irinotecan in reduzierter Dosis (CapIri) zusammen mit dem VEGF-Antikörper Bevacizumab (Avas- tin®) (n=120) im Vergleich mit Capecitabin, Oxaliplatin (z.B. Eloxatin®) (CapOx) und Bevacizumab (n=127) in der Erstlinientherapie untersucht. Die reduzierten Dosierungen von Capecitabin und Irinotecan im CapIri-Arm betrugen 2 x 800 mg/m2 an Tag 1–14 bzw. 200 mg/m2 an Tag 1, die Dosis für Oxaliplatin betrug 130 mg/m2.

Unter CapIri traten 16% Diarrhöen Grad 3 auf im Vergleich zu 21% unter CapOx. Im CapIri-Arm war das progressionsfreie Überleben tendenziell länger (12,1 vs. 10,4 Monate vs. CapOx) (Abb. 1) und die Anzahl der Therapiezyklen höher (1269 vs. 1158 Zyklen).

Abb. 1. Progressionsfreies Überleben Capecitabin/Irinotecan plus Bevacizumab vs. Capecitabin/Oxaliplatin plus Bevacizumab (Reinacherf-Schick A et al., ASCO 2008, Abstract 4030)

Eine weitere Phase-II-Studie bestätigte diese Therapiestrategie in der Erstlinien-Therapie: Capecitabin/Irinotecan (XELERI; n=89), ebenfalls mit 20%iger Dosisreduktion, wurde mit Capecitabin/Oxaliplatin (XELOX; n=88) jeweils in Kombination mit dem EGFR-Antikörper Cetuximab (Erbitux®) verglichen. Im Vergleich zu XELOX traten unter XELERI weniger Durchfälle (15,7% vs. 19,3%) und sensorische Neuropathien (0% vs. 24%) auf. Auch in dieser Studie konnten mit der dosisreduzierten Capecitabin/Irinotecan-haltigen Kombination mehr Zyklen als im Vergleichsarm gegeben werden (619 vs. 536 Zyklen).

CRYSTAL-Studie

Eine individualisierte Therapie des mCRC ist mit der Bestimmung des K-ras-Mutationsstatus möglich, denn mittlerweile ist K-ras als prädiktiver Biomarker für das Ansprechen auf Cetuximab validert. K-ras ist ein Protoonkogen und spielt in der EGFR-Signalkaskade eine Schlüsselrolle. Ist es mutiert, kommt es zur Dauerstimulation und zu einem unkontrollierten Tumorwachstum. Patienten mit mCRC, deren Tumoren K-ras-Wildtyp exprimieren, sprechen gut auf Cetuximab an, Patienten mit mutiertem K-ras profitieren dagegen nicht vom EGFR-Antikörper.

Das zeigte eine retrospektive Analyse der CRYSTAL-Studie (Cetuximab combined with irinotecan in first-line therapy for metastatic colorectal cancer), in der fast 1200 nicht vorbehandelte Patienten mit mCRC Fluorouracil/Folinsäure/Irinotecan (FOLFIRI) mit oder ohne Cetuximab erhielten. Insgesamt 540 archivierte Tumorproben konnten nachträglich analysiert werden. Mit FOLFIRI plus Cetuximab sprachen 59% und ohne den Antikörper 43% der Patienten mit K-ras-Wildtyp an (p=0,017), das entspricht einer relativen Risikoreduktion für eine Progression von 32%. Bei mutiertem K-ras-Gen konnte Cetuximab die Ansprechrate nicht erhöhen (40% vs. 36%; nicht signifikant). Das progressionsfreie Überleben betrug mit Cetuximab bei den Patienten mit K-ras-Wildtyp im Median 9,9 Monate und bei den Patienten mit mutiertem K-ras-Gen 8,7 Monate (Hazard-Ratio 0,68; p=0,017).

Quelle

Prof. Dr. Wolff Schmiegel, Bochum, Pressekonferenz „Irinotecan beim metastasierten kolorektalen Karzinom – Aktuelle Daten vom ASCO und WCGIC 2008“, veranstaltet von Pfizer Pharma GmbH im Rahmen des 10th World Congress on Gastrointestinal Cancer (WCGIC), Barcelona (Spanien), 26. Juni 2008.


Arzneimitteltherapie 2009; 27(01)