Insulinsensitizer

Pioglitazon bremst Atherosklerose bei Typ-2-Diabetikern


Dr. Annette Schlegel, Versmold

Der Insulinsensitizer Pioglitazon kann im Vergleich zu dem Sulfonylharnstoff Glimepirid die Atherosklerose in den Koronararterien bei Typ-2-Diabetikern aufhalten. Das ergab eine 18-monatige randomisierte Doppelblindstudie.

Beim Diabetes mellitus Typ 2 sind insbesondere die Atherosklerose-bedingten vaskulären Ereignisse für die hohe Sterblichkeit verantwortlich. Bislang wurde allerdings für keine antidiabetische Therapie gezeigt, dass sie die Progression der koronaren Atherosklerose verringern kann. Im Rahmen der PERISCOPE-Studie (Pioglitazone effect on regression of intravascular sonographic coronary obstruction prospective evaluation), einer prospektiven, randomisierten, doppelblinden Multicenterstudie, wurde nun untersucht, welchen Effekt die Vertreter von zwei unterschiedlichen Klassen oraler Antidiabetika, nämlich das Thiazolidindion Pioglitazon (Actos®) und der Sulfonylharnstoff Glimepirid (z.B. Amaryl®), auf die Progressionsrate der Atherosklerose bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit (KHK) und Diabetes mellitus Typ 2 haben. Eingeschlossen waren 543 Patienten mit KHK und Typ-2-Diabetes. Sie erhielten je nach zugrunde liegenden Laborwerten und Verträglichkeit entweder 15 bis 45 mg/d Pioglitazon (n=270) oder 1 bis 4 mg Glimepirid (n=273) über einen Zeitraum von 18 Monaten. Zusätzlich konnten sie nach Maßgabe des Arztes mit Metformin oder/und Insulin behandelt werden.

Primärer Endpunkt war die atherosklerotische Plaquebildung in den Koronararterien, die zu Beginn der Studie und nach 18 Monaten mit intravaskulärem Ultraschall (IVUS) gemessen wurde. Zur Endauswertung standen IVUS-Ergebnisse von 179 Patienten aus der Pioglitazon- und 181 Patienten aus der Glimepirid-Gruppe zur Verfügung.

Ergebnisse

Bei Studieneinschluss betrug das Plaquevolumen in den Koronararterien in beiden Gruppen etwa 40% des Gefäßvolumens. Unter der Therapie mit Pioglitazon wurde ein Rückgang des Plaquevolumens um 0,16 Prozentpunkte gemessen (95%-Konfidenzintervall [95%-KI]: –0,57 bis 0,25). Unter Glimepirid nahm das Plaquevolumen um 0,73 Prozentpunkte gegenüber dem Ausgangswert zu (95%-KI: 0,33 bis 1,12; p<0,001). Der Unterschied war zugunsten von Pioglitazon signifikant (p=0,002).

Auch in Bezug auf verschiedene Laborparameter und den Blutdruck wurden Unterschiede zugunsten von Pioglitazon registriert, ausgeprägter war mit Pioglitazon die Gewichtszunahme (Tab. 1). Bezogen auf alle eingeschlossenen Patienten betrug die Anzahl kardiovaskulärer Ereignisse (kardiovaskulär bedingter Tod, Herzinfarkt oder Schlaganfall ohne letalen Ausgang) in der mit Pioglitazon behandelten Gruppe fünf (1,9 %) und in der Glimepirid-Gruppe sechs (2,2 %). Unter Pioglitazon gab es häufiger Knochenbrüche (8 vs. 0 Fälle) und periphere Ödeme (17,8 % vs. 11,0 %), aber seltener hypoglykämische Episoden (15,2 % vs. 37,0 %).

Tab. 1. Veränderungen von Laborparametern und Vitalzeichen gegenüber dem Ausgangswert bei denjenigen Patienten, für die abschließende IVUS-Daten vorliegen [Nissen et al.]

Parameter

Pioglitazon

(n=179)

Glimepirid

(n=181)

p-Wert

HbA1c [Prozentpunkte]

–0,55

–0,36

0,03

Nüchtern-Blutglucose [mg/dl]

–8,5

+0,41

0,003

Nüchtern-Insulinspiegel [µU/ml]

–5,0

+1,33

<0,001

HDL-Cholesterol [mg/dl]

+5,7

+0,9

<0,001

Nüchtern-Triglyceride [mg/dl]

–16,3

+3,3

<0,001

C-reaktives Protein [mg/l]

–1,0

–0,4

<0,001

Blutdruck

– systolisch

– diastolisch

+0,1

–0,9

+2,3

+0,9

0,03

0,003

Gewicht [kg]

+3,6

+1,6

<0,001

Kommentar

Die PERISCOPE-Studie zeigte erstmalig, dass Pioglitazon als orales Antidiabetikum die Progression der Atherosklerose in den Koronararterien aufhalten kann. Das ist für die Behandlung von Typ-2-Diabetikern von Bedeutung, wenngleich das Plaquevolumen lediglich ein Surrogatparameter ist. Diese Studienergebnisse ergänzen die Daten der PRO-active-Studie (Prospective pioglitazone clinical trial in macrovascular events). Dort zeigte sich zwar im primären zusammengesetzten Endpunkt (Tod aufgrund aller Ursachen, nichttödlicher Myokardinfarkt, Schlaganfall, akutes Koronarsyndrom, kardiale Intervention und Revaskularisation von Beinarterien sowie Beinamputation oberhalb des Knöchels) kein signifikanter Unterschied gegenüber Plazebo, die Ergebnisse für den kardiovaskulären Endpunkt (Tod aufgrund aller Ursachen, nichttödlicher Myokardinfarkt und Schlaganfall) waren aber in der Pioglitazon-Gruppe signifikant besser [siehe Arzneimitteltherapie 2006;24:100–1].

Quelle

Nissen SE, et al. Comparison of pioglitazone vs. glimepiride on progression of coronary atherosclerosis in patients with type 2 diabetes. JAMA 2008;299:1561–73.

Steg PG, Marre M. Does PERISCOPE provide a new perspective on diabetic treatment? JAMA 2008:299:1603–4.

Arzneimitteltherapie 2009; 27(01)