Sekundärprävention des Schlaganfalls

Zunahme zerebraler Blutungen durch Atorvastatin?


Prof. Dr. Hans Christoph Diener, Essen

Zerebrale Blutungen treten in der Sekundärprävention eines Schlaganfalls mit Atorvastatin häufiger auf als bei der Gabe von Plazebo, so das Ergebnis einer Post-hoc-Analyse der SPARCL-Studie.

In der SPARCL-Studie (Stroke prevention by aggressive reduction in cholesterol levels) – der bisher größten Sekundärpräventionsstudie bei Schlaganfall – wurden Patienten entweder mit 80 mg Atorvastatin (Sortis®) pro Tag oder Plazebo behandelt. Es zeigte sich ein signifikanter Vorteil von Atorvastatin bei der Reduktion ischämischer Ereignisse. Allerdings nahm die Zahl der zerebralen Blutungen in der Atorvastatin-Gruppe zu (55 unter Atorvastatin vs. 33 unter Plazebo). In der vorliegenden Post-hoc-Analyse sollten die Faktoren identifiziert werden, die zu der erhöhten Blutungsrate unter Atorvastatin beitrugen.

Von den 4731 Patienten, die ursprünglich randomisiert wurden, hatten 67% einen ischämischen Insult, 31% eine transitorische ischämische Attacke (TIA) und 2% eine zerebrale Blutung. Signifikante Prädiktoren für eine zerebrale Blutung waren

  • Behandlung mit Atorvastatin (Hazard-Ratio [HR] 1,68; 95%-Konfidenzintervall [95%-KI] 1,09–2,59; p=0,02),
  • zerebrale Blutung als Eingangskriterium (HR 5,65; 95%-KI 2,82–11,30; p<0,001),
  • männliches Geschlecht (HR 1,79; 95%-KI 1,13–2,84; p=0,01) und
  • Alter (HR 1,42; 95%-KI 1,16–1,74; p=0,001).

In einer multivariaten Analyse ergab sich als weiterer signifikanter Risikofaktor eine Hypertonie (HR 6,19; 95%-KI 1,47–26,11; p=0,01). Es gab keinen Zusammenhang zwischen der LDL-Cholesterol-Konzentration und den Blutungskomplikationen.

Kommentar

Diese Post-hoc-Analyse zeigt, dass offenbar Patienten, die bereits eine zerebrale Blutung als Eingangskriterium aufwiesen, ein erhöhtes Risiko haben, unter Atorvastatin eine zerebrale Blutung zu erleiden. Leider ist im Moment eine genaue Nutzen-Risiko-Abwägung nicht möglich, da die Zahl der Patienten mit zerebralen Blutungen in der SPARCL-Studie zu klein war. Die übrigen Risikofaktoren für zerebrale Blutungen sind bekannt, nämlich, männliches Geschlecht, Hypertonie und zunehmendes Alter. Nicht bekannt ist, ob die Dosis von Atorvastatin zu den Blutungskomplikationen beiträgt. Erhöhte Raten zerebraler Blutungen waren in den Primär- und Sekundärpräventionsstudien mit anderen CSE-Hemmern bisher nicht beobachtet worden. Allerdings hatten diese Studien auch keine vergleichbar großen Zahlen an Patienten mit zerebraler Ischämie und zerebralen Blutungen eingeschlossen.

Quelle

Goldstein LB, et al. SPARCL Investigators. Hemorrhagic stroke in the stroke prevention by aggressive reduction in cholesterol levels study. Neurology 2008;70:2364–70.

Arzneimitteltherapie 2009; 27(01)