Dr. Barbara Ecker-Schlipf, Holzgerlingen
Hintergrund
Die traditionelle Hypertonie-Behandlungsstrategie – beginnend mit einer Monotherapie, bei Bedarf ergänzt durch weitere Wirkstoffe – wird zunehmend zur Diskussion gestellt. Insbesondere bei Patienten mit einem hohen Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse stellt sich die Frage, ob die Therapie nicht gleich mit zwei Wirkstoffen eingeleitet werden sollte, und wenn ja mit welchen. Ungeklärt ist auch, ob eine solche Zweifachkombination immer ein Diuretikum enthalten muss.
Studienziel und -design
In der ACCOMPLISH-Studie wurde die Hypothese untersucht, ob eine Behandlung mit dem ACE(Angiotensin-Konversionsenzym)-Hemmer Benazepril kombiniert mit dem Calciumkanalblocker Amlodipin seltener zu kardiovaskulären Ereignissen bei Hypertonikern mit einem hohen kardiovaskulären Risiko führt als eine Behandlung mit einer Kombination aus Benazepril und dem Thiazid-Diuretikum Hydrochlorothiazid (HCT). Die beiden antihypertensiven Behandlungsmethoden wurden erstmals in einer Endpunkt-Studie initial als Fixkombinationen eingesetzt.
Die doppelblinde randomisierte Multicenterstudie wurde in fünf Ländern (USA und Skandinavien) durchgeführt. Zwischen Oktober 2003 und Mai 2005 wurden insgesamt 11506 Patienten (Durchschnittsalter 68,4 Jahre, 39,5% Frauen) mit Hypertonie und einem hohen Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse in die Studie aufgenommen. So hatten zu Studienbeginn bereits über 20% der Patienten einen Myokardinfarkt oder eine Bypass-Operation, etwa 13% hatten bereits einen Schlaganfall. Bei fast der Hälfte der Patienten (49,6%) lag der Body-Mass-Index über 30 kg/m2, 60,4% hatte Diabetes mellitus.
5744 Patienten wurden randomisiert mit einer Kombination aus Benazepril (20–40 mg) und Amlodipin (5–10 mg) behandelt, 5762 Patienten mit Benazepril (20–40 mg) und Hydrochlorothiazid (12,5–25 mg). Die angestrebten Blutdruckwerte lagen bei einem Wert unterhalb von 140/90 mmHg oder unterhalb von 130/80 mmHg bei den Patienten mit Diabetes mellitus oder einer Nierenerkrankung. Bei Bedarf konnten weitere Antihypertensiva aus anderen Substanzklassen (Betablocker, Alphablocker, Clonidin, Spironolacton oder Schleifendiuretika) verabreicht werden, um den Zielblutdruck zu erreichen. Nach einer dreimonatigen Dosistitration war die Studie auf eine Beobachtungszeit von fünf Jahren ausgerichtet.
Primärer Endpunkt war der Zeitraum bis zum Auftreten eines ersten Ereignisses, definert als kardiovaskuläre Mortalität (kardiovaskulär bedingter Tod, Herzinfarkt, Schlaganfall, koronare Revaskularisierung, dekompensierte Herzinsuffizienz oder andere kardiovaskuläre Ursachen) und Morbidität (nichttödlicher Herzinfarkt, nichttödlicher Schlaganfall, koronare Revaskularisierung, Hospitalisierung wegen instabiler Angina pectoris sowie plötzlicher Herzstillstand mit Reanimation).
Studienergebnisse
Die ACCOMPLISH-Studie wurde im Oktober 2007 nach einer mittleren Behandlungszeit von 30 Monaten vorzeitig beendet, als der präspezifizierte Wert des Unterschieds beim primären Endpunkt zwischen den beiden Behandlungsgruppen überschritten war.
Die mittleren Blutdruckwerte nach der Dosistitration lagen in der Benazepril/Amlodipin-Gruppe bei 131,6/73,3 mmHg und im Benazepril/Hydrochlorothiazid-Arm bei 132,5/74,4 mmHg (p<0,001).
Der primäre Endpunkt trat in der Benazepril/Amlodipin-Gruppe bei 552 Patienten (9,6%) ein, verglichen mit 679 Patienten (11,8%) in der Benazepril/Hydrochlorothiazid-Gruppe. Dies bedeutet eine relative Verminderung der kardiovaskulären Morbidität und Letalität um 19,6% in der Benazepril/Amlodipin-Gruppe (Hazard-Ratio [HR] 0,80; 95%-Konfidenzintervall [95%-KI] 0,72–0,90, p<0,001) (Abb. 1).

Abb. 1. Kaplan-Meier-Kurve für die Zeit bis zum Erreichen des primären kombinierten Endpunkts
Auch der sekundäre Studienendpunkt, die Kombination aus kardiovaskulärem Tod, nichttödlichem Herzinfarkt und nichttödlichem Schlaganfall war mit der Kombination ACE-Hemmer/Calciumkanalblocker niedriger als mit der Gabe des ACE-Hemmers plus Hydrochlorothiazid (–1,3 Prozentpunkte; HR 0,79; 95%-KI 0,67–0,92; p=0,002).
Die unerwünschten Arzneimittelwirkungen, die unter der Studienmedikation beobachtet wurden, entsprachen im Wesentlichen denen, die aus der klinischen Praxis mit den einzelnen Wirkstoffen bekannt sind; dazu zählten in erster Linie Schwindel, periphere Ödeme und Reizhusten.
Fazit
Nach einer mittleren Beobachtungszeit von 36 Monaten war bei Hypertoniepatienten die fixe Kombination eines ACE-Hemmers mit einem Calciumantagonisten der ACE-Hemmer/Diuretikum-Kombination beim kardiovaskulären Endpunkt signifikant überlegen. Dieser Effekt kann nicht durch deutliche Unterschiede in der Blutdrucksenkung erklärt werden, da die Differenz zugunsten der Benazepril/Amlodipin-Kombination systolisch nur 0,9 mmHg und diastolisch 1,1 mmHg betrug.
Die Überlegenheit der Kombination aus ACE-Hemmer und Calciumkanalblocker stellt den derzeit häufig gewählten routinemäßigen Ersteinsatz einer ACE-Hemmer/Diuretikum-Kombination bei Hypertonikern infrage. Besonders gilt dies für Patienten mit einem hohen kardiovaskulären Risiko und Diabetes mellitus. Ein Umsetzen der Ergebnisse der ACCOMPLISH-Studie in die klinische Praxis wird derzeit allerdings noch eingeschränkt durch die Nichtverfügbarkeit eines Benazepril-Amlodipin-Kombinationspräparats. Es stellt sich die Frage, ob die Ergebnisse dieser Studie im Sinne eines Klasseneffekts auch auch auf andere ACE-Hemmer und Calciumkanalblocker zutreffen. In Deutschland wird derzeit beispielsweise am häufigsten der ACE-Hemmer Ramipril verordnet (Schwabe und Paffrath, 2007). Als Fixkombination aus ACE-Hemmer und Calciumkanalblocker sind Ramipril/Felodipin und Enalapril/Lercanidipin auf dem Markt. Amlodipin wird mit Angiotensin-II-(AT1-)Antagonisten (Olmesartan, Valsartan) kombiniert.
Quelle
Jamerson K, et al. Benazepril plus amlodipine or hydrochlorothiazide for hypertension in high-risk patients. N Engl J Med 2008;359:2417–28.
ACCOMPLISH: Avoiding cardiovascular events through combination therapy in patients living with systolic hypertension
Arzneimitteltherapie 2009; 27(06)