Chronisch-lymphatische Leukämie

Rituximab in der Erstlinientherapie und bei Rezidiv in Kombination mit Chemotherapie


Dr. Susanne Heinzl, Reutlingen

Die Zulassung des monoklonalen Antikörpers Rituximab (MabThera®) wurde im Februar und September 2009 erweitert, er kann nun bei Patienten mit chronisch-lymphatischer Leukämie (CLL) in Kombination mit Chemotherapie sowohl in der Erstlinientherapie als auch bei rezidivierter oder refraktärer Erkrankung eingesetzt werden. Die Zulassungserweiterungen basieren auf den Daten der REACH- und der CLL8-Studie, die bei einer Pressekonferenz der Roche Pharma AG am 17. September 2009 in Köln vorgestellt wurden.

Die CLL ist die häufigste Leukämie bei Erwachsenen. Sie geht in der Regel mit uncharakteristischen Symptomen einher und schreitet nur langsam fort. Das mediane Alter bei Diagnosestellung liegt zwischen 65 und 70 Jahren. Nach Binet wird die Erkrankung in drei Stadien A, B und C eingeteilt. Im Stadium A ist die Prognose der Patienten sehr gut, in der Regel ist keine Therapie erforderlich. In den fortgeschrit- teneren Stadien B und C wird die Prognose deutlich schlechter, im Stadium C überleben Patienten ohne Therapie nur ein bis zwei Jahre.

Mit der Einführung des gegen das Oberflächenprotein CD20 gerichteten Antikörpers Rituximab wurde die Therapie von Patienten mit Non-Hodgkin-Lymphomen erheblich verbessert. Dies ist nun auch für die CLL nachgewiesen.

REACH-Studie

Die REACH-Studie ist eine internationale randomisierte Studie, an der 552 Patienten mit rezidivierter oder therapierefraktärer CLL teilnahmen. Sie wurde an 88 Prüfzentren in 17 Ländern durchgeführt. Verglichen wurden Wirksamkeit und Verträglichkeit einer Behandlung mit Rituximab (375 mg/m² im ersten, dann 500 mg/m² in den Zyklen 2 bis 6) in Kombination mit einer Chemotherapie (Fludarabin und Cyclophosphamid) mit Chemotherapie allein. Die Patienten hatten bereits eine Therapie, meist mit Alkylanzien, jedoch ohne Rituximab oder Fludarabin/Cyclophosphamid erhalten. Sie waren in einem guten Allgemeinzustand.

Primärer Endpunkt der Studie war das progressionsfreie Überleben (PFS). Die Patienten waren im Median zwischen 62 und 63 Jahre alt, die meisten befanden sich im Stadium B nach Binet. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 25,3 Monaten hatte sich das PFS durch die zusätzliche Gabe von Rituximab signifikant um 10 Monate verbessert (Abb. 1). Die Gesamtüberlebensrate kann derzeit noch nicht angegeben werden.

Die Gesamtansprechrate stieg durch die Zugabe von Rituximab signifikant von 58 auf 70% (p = 0,034), die kompletten Remissionen nahmen von 13 auf 24% zu (p = 0,0007). Die Wirksamkeit von Rituximab war unabhängig vom Binet-Stadium, von der Art der Vortherapie, vom Mutationsstatus und von der Zytogenetik. Patienten mit 17p-Deletion sprachen allerdings auf die Chemotherapie ohne und mit Rituximab kaum an. Es handelt sich um eine schwer behandelbare Gruppe mit schlechter Prognose.

Unerwünschte Wirkungen vom Grad 3/4 waren zwischen den beiden Gruppen vergleichbar häufig.

CLL8-Studie

In der von der deutschen CLL-Studiengruppe (DCLLSG) initiierten CLL8-Studie wurden bei 817 unbehandelten CLL-Patienten Wirksamkeit und Sicherheit von Rituximab (375 mg/m² im ersten, dann 500 mg/m² in den Zyklen 2 bis 6) in Kombination mit einer Chemotherapie (Fludarabin und Cyclophosphamid) gegen Chemotherapie allein verglichen. Auch diese Patienten waren in gutem Allgemeinzustand. Primärer Endpunkt der Studie war das PFS, sekundäre Endpunkte das Gesamtüberleben, die Ansprechraten sowie die Häufigkeit unerwünschter Wirkungen.

Das PFS wurde durch Rituximab-Zugabe signifikant um 10,5 Monate von 32,3 auf 42,8 Monate verlängert (p=0,000007). Auch in der CLL8-Studie verdoppelte sich durch Rituximab die Zahl kompletter Remissionen annähernd von 22,9 auf 44,5%.

Eine minimale Resterkrankung (minimal residual disease, MRD) war nach drei Zyklen bei 34% der Rituximab-Gruppe und bei 6% der Chemotherapie-Gruppe erreicht, nach sechs Zyklen betrugen die entsprechenden Werte 68 und 37%. Auch zwei Monate nach Therapieende war eine MRD noch bei 66% der Patienten in der Rituximab-Gruppe im Vergleich zu 34% in der Kontrollgruppe nachweisbar.

Unerwünschte Wirkungen vom Schweregrad 3 und 4 waren in der Rituximab-Gruppe signifikant häufiger, vor allem traten mehr Neutropenien auf. Allerdings kam es nicht zu mehr Infektionen.

Fazit

Aufgrund der Ergebnisse dieser Studien kann Rituximab plus Fludarabin/Cyclophosphamid als neuer Standard sowohl für die Rezidiv- als auch für die Ersttherapie fitter Patienten mit CLL angesehen werden.

Quellen

Prof. Dr. Michael Hallek, Dr. Barbara Eichhorst, Köln, Launch-Pressekonferenz „Neues zur Therapie der chronisch-lymphatischen Leukämie: Optionen in der Rezidivbehandlung“, Köln, 17. September 2009, veranstaltet von Roche Pharma AG.

Robak T, et al. Blood 2008;112; Abstract LBA-1.

Hallek M, et al. Blood 2008; 112: Abstract 325.

Arzneimitteltherapie 2010; 28(02)