Stressulkusprophylaxe – heute noch ein wichtiges Konzept?


Veröffentlicht am: 28.11.2019

Stefanie Froh, Regensburg

Die stressbedingte gastrointestinale Blutung stellt bei kritisch kranken Patienten eine bedeutsame Komplikation dar, da sie Morbidität und Mortalität der Patienten deutlich erhöht. Gemäß der Datenlage kann durch eine prophylaktische Therapie zwar die Rate klinisch signifikanter Blutungen gesenkt werden, für eine Senkung der Mortalität gibt es jedoch keine Evidenz. Nicht alle kritisch kranken Patienten benötigen eine Stressulkusprophylaxe. Die mit einer Stressulkusblutung assoziierten Hauptrisikofaktoren sind mechanische Beatmung >48 h oder Koagulopathie (Thrombozytenzahl <50/nl, partielle Thromboplastinzeit [PTT] >2-fach erhöht, INR [international normalized ratio] >1,5). Aktuelle präventive Therapiestrategien beinhalten den Einsatz von H2-Rezeptorantagonisten und Protonenpumpeninhibitoren (PPI), die die Säuresekretion supprimieren, und Sucralfat, das die Magenschleimhaut ohne Erhöhung des pH-Werts schützt.
Arzneimitteltherapie 2010;28:37–44.

Stressbedingte Schädigungen der Magenschleimhaut werden nach ihrer Ausprägung (Ausdehnung, Tiefe der Schädigung, Vorliegen einer Blutung) als stressbedingte Gastritis, hämorrhagische Gastritis, erosive Gastritis, stressbedingte Erosion oder Stressulkus bezeichnet. Während es sich bei den häufig multipel auftretenden und zu diffusen Blutungen neigenden Erosionen um Defekte der Magenmukosa handelt, die die Muscularis mucosae nicht durchdringen, ist ein Ulkus ein umschriebener Defekt, der die Muscularis mucosae durchdringt und häufig auch tiefere Schichten der Magenwand betrifft.

Gastrointestinale Blutungen zählen bei kritisch kranken Patienten zu den schwerwiegenden Komplikationen und sind mit einer sehr hohen Mortalität vergesellschaftet. Studien ergaben bei kritisch Kranken mit gastrointestinaler Blutung eine Mortalitätsrate von 48,5%, bei kritisch kranken Patienten ohne Blutung von 9,1% [6]. Die Stressulkusblutung führt zudem zu einem prolongierten Krankenhausaufenthalt [13] und steigenden Kosten [7]. Während der letzten Jahrzehnte bemühte sich die Forschung verstärkt, die Pathogenese der Stressulkusblutung zu klären und Methoden der Prävention zu finden. Als signifikanter Risikofaktor für stressinduzierte gastrointestinale Blutungen wurde das saure Milieu im Magen identifiziert. Des Weiteren weiß man, dass eine Hypoperfusion im oberen Gastrointestinaltrakt einer der Hauptgründe für die Stressulkusblutung ist [2, 23, 35]. Der Zusammenhang zwischen schweren Stresssituationen und dem Entstehen einer gastrointestinalen Blutung ist belegt [23, 35]. Da gastrointestinale Blutungen bei kritisch kranken Patienten mit einer erhöhten Mortalität einhergehen und die Patienten oftmals mehrere Risikofaktoren für die Entwicklung eines Stressulkus aufweisen, hielt die Stressulkusprophylaxe Einzug in die Behandlung kritisch kranker Patienten. Mittlerweile wird eine Vielzahl an Medikamenten verwendet, um die Inzidenz stressinduzierter Blutungen zu senken. Einer Umfrage auf bayerischen Intensivstationen zufolge sind jedoch die Wahl des richtigen Medikaments und der korrekte Einsatz nicht immer gegeben [37].

Epidemiologie und Definitionen

Bei ungefähr 70 bis 90% der kritisch kranken Patienten kommt es zu einer stressinduzierten gastrointestinalen Blutung. Meist handelt es sich um multiple kleine Erosionen. Blutungen aus oberflächlich liegenden Kapillaren sind oft schwierig zu stillen. Die stressinduzierten Schleimhautschädigungen sind meist in den säureproduzierenden Arealen des Magens (oberer Bereich des Corpus und Fundus) lokalisiert.

Da nicht jedes Blutungsereignis zu einer Kreislaufinstabilität oder Notwendigkeit einer Bluttransfusion führt, wurde der Begriff der klinisch bedeutsamen Blutung eingeführt (s. Kasten) [7]. Die Inzidenz der klinisch bedeutsamen Blutung hat zwar über die letzten 2 Jahrzehnte abgenommen [29], overte Blutungen (s. Kasten) kommen jedoch weiterhin bei 17% der Patienten vor, die keine Stressulkusprophylaxe erhalten [36].

Definitionen verschiedener Blutungsereignisse:

Overte Blutung: Makroskopisch durch Hämatemesis bzw. blutiges Aspirat aus dem Magen, Meläna oder Hämatochezie sichtbare Blutung

Okkulte Blutung: Im Gegensatz zur overten Blutung makroskopisch nicht sichtbare, lediglich durch einen Stuhltest nachweisbare Blutung

Obskure Blutung: Blutung, deren Quelle mittels Gastroskopie oder Ileokoloskopie nicht gefunden werden kann

Klinisch bedeutsame Blutung: Overte Blutung in Kombination mit einer der folgenden Komplikationen:

  • spontanes Absinken des Blutdrucks um >20 mmHg innerhalb von 24 Stunden
  • Anstieg der Herzfrequenz um >20 Schläge/Minute und systolischer Blutdruckabfall von 10 mmHg innerhalb von 24 Stunden
  • Abfall des Hämoglobinwerts um >2 g/dl innerhalb von 24 Stunden ohne Anstieg nach anschließender Bluttransfusion um die Anzahl der transfundierten Blutkonserven minus 2 g/dl [7]

Pathogenese

Abgesehen von Patienten mit Verbrennungen oder Schädeltraumata ist bei kritisch kranken Patienten die Magensäuresekretion in der Regel normal oder erniedrigt. Daher stellt sich die Frage, was bei diesen Patienten die auslösenden Faktoren einer Schleimhautschädigung sind. Der Hauptgrund für die stressinduzierte Schleimhautschädigung scheint die Ischämie der gastralen Schleimhaut zu sein. Mögliche Ursachen einer Hypoperfusion des Splanchnikusgebiets bei Intensivpatienten können Vasokonstriktion durch endogen und exogen erhöhte Katecholamine, Hypovolämie, verminderte Herzauswurfleistung und die Freisetzung proinflammatorischer Zytokine sein. Diese Faktoren führen neben einer verminderten Schleimhautdurchblutung zu einer verminderten gastrointestinalen Motilität, vermehrten Säurerückdiffusion sowie einer reduzierten Bikarbonatsekretion [28, 34, 36]. Setzt der Blutfluss nach einer längeren Phase der Hypoperfusion wieder ein, führen erhöhte Spiegel der Stickstoffmonoxid-Synthetase zu Hyperämie, verstärkter inflammatorischer Antwort und Zelltod. Dieser sogenannte Reperfusionsschaden spielt bei der Entstehung stressinduzierter Schleimhautschäden ebenfalls eine wichtige Rolle [15, 25, 28].

Von den möglichen Ursachen abgeleitete Maßnahmen zur Vermeidung stressbedingter Läsionen der Magenschleimhaut auf der Intensivstation sind in Tabelle 1 zusammengefasst.

Tab. 1. Maßnahmen zur Vermeidung stressbedingter Magenschleimhaut- läsionen

Allgemeine medizinische Maßnahmen (u. a. Behandlung von Infektionen und Begleiterkrankungen)

Vermeidung einer Hypotension

Maßnahmen zur ausreichenden Oxygenierung

Korrektur des Säure-Basen-Haushalts

Frühzeitige enterale Ernährung

Risikofaktoren für eine Stressulkusblutung

Die größte Untersuchung zu Risikofaktoren für stressinduzierte Blutungen bei kritisch kranken Patienten lieferten Cook et al [6]: In einer univariaten Analyse fanden sich mehrere Risikofaktoren, unter anderem Leber- und Nierenversagen, Sepsis, Glucocorticoidtherapie, Koagulopathie und respiratorische Insuffizienz. In der multivariaten Analyse erwiesen sich lediglich zwei Risikofaktoren als signifikant: mechanische Beatmung über mehr als 48 Stunden und Koagulopathie. Letztere ist definiert als Thrombozytenzahl <50/nl, partielle Thromboplastinzeit (PTT) >2-fach verlängert oder INR >1,5. Von den Patienten, die mindestens einen dieser zwei Risikofaktoren aufwiesen, entwickelten 3,7% eine klinisch bedeutsame Blutung, hatten die Patienten keine Risikofaktoren, waren es lediglich 0,1% [6]. Die gleiche Arbeitsgruppe fand in einer anderen Untersuchung heraus, dass mechanisch beatmete Patienten mit einer Niereninsuffizienz ein besonders großes Risiko für eine klinisch bedeutsame Blutung haben [5].

Zu Patienten mit schweren Verbrennungen, Schädel-Hirn-Traumata oder mit Magenulzera oder gastrointestinalen Blutungen in der Vorgeschichte liegen keine ausreichenden Untersuchungen zur Ulkusprophylaxe vor [6]. Da schwere Verbrennungen und Schädeltraumata jedoch bekanntermaßen häufig mit einer erhöhten Magensäuresekretion einhergehen und diese ein wichtiger Risikofaktor für stressinduzierte gastrointestinale Blutungen ist, sollte in diesen Fällen eine Stressulkusprophylaxe erwogen werden (Tab. 2).

Tab. 2. Indikationen der Stressulkus- bzw. Blutungsprophylaxe mit Protonenpumpeninhibitoren oder H2-Rezeptorantagonisten

Beatmungspflicht über mindestens 48 h

Koagulopathie

Ulkusanamnese?

Schädel-Hirn-Trauma?

Verbrennungen?

In weiteren Studien konnte gezeigt werden, dass der fehlende Einsatz einer Stressulkusprophylaxe bei Patienten, die die beiden Hauptrisikofaktoren Koagulopathie und mechanische Beatmung über mehr als 48 Stunden nicht aufweisen, nicht zu einer erhöhten Morbidität und Mortalität führt. Zudem trägt dies zu einer Kosteneinsparung bei, weshalb Standard-Protokolle eingeführt werden sollten, um dem „Sicherheitsdenken“ auf vielen Intensivstationen entgegenzuwirken, das häufig zu einem unnötigen Einsatz der Stressulkusprophylaxe führt.

Überblick über medikamentöse präventive Therapiestrategien

Das primäre Ziel besteht in der Vermeidung der klinisch bedeutsamen Blutung, da diese mit der höchsten Mortalitätsrate vergesellschaftet und sehr schwer zu therapieren ist.

Da das saure Milieu im Magen als bedeutender Risikofaktor für stressinduzierte gastrointestinale Blutungen identifiziert werden konnte, ist die Anhebung des gastralen pH-Werts ein wichtiger Ansatzpunkt in der Prophylaxe. In einer Metaanalyse von 42 Studien, in denen die Effektivität von Antazida und H2-Rezeptorantagonisten untersucht wurde, zeigte sich, dass in den meisten Studien ein intragastraler pH-Wert von 3,5 oder höher aufrechterhalten wurde und das Ausmaß der Säuresuppression mit einem verminderten Risiko für eine klinisch bedeutsame Blutung assoziiert war [9].

Möglichkeiten der medikamentösen Stressulkusprophylaxe sind Protonenpumpeninhibitoren (PPI), H2-Rezeptorantagonisten, Sucralfat, Pirenzepin, Prostaglandin-Analoga und Antazida.

H2-Rezeptorantagonisten und Protonenpumpeninhibitoren (PPI)

Wirkungsmechanismus

Beide Wirkstoffe inhibieren die Säuresekretion, greifen aber an unterschiedlichen Stellen der Regulation der Magensäuresekretion an: H2-Rezeptorantagonisten (z. B. Ranitidin [z. B. Zantic®, Sostril®] oder Famotidin [z. B. Pepdul®]) hemmen durch Blockade der H2-Rezeptoren an der basolateralen Seite der Parietalzelle (Belegzelle) die Histamin-vermittelte Säuresekretion (Abb. 1a).

Abb. 1. Regulation und Mechanismus der Magensäuresekretion a) Die Magensäuresekretion wird sowohl direkt über den N. vagus als auch indirekt über das von den zwischengeschalteten ECL-Zellen freigesetzte Histamin und das von den G-Zellen sezernierte Gastrin stimuliert. Acetylcholin (ACh) und Gastrin steigern die Magensäuresekretion über eine Erhöhung der Ca2+-Konzentration in der Belegzelle, Histamin über einen Anstieg der intrazellulären cAMP-Konzentration. GRP: gastrin-releasing peptide

b) Mechanismus der HCl-Sekretion durch die Belegzelle: Die H+-Ionen werden mit Hilfe einer H+/K+-ATPase ins Magenlumen befördert; die Chloridionen, die über einen in der basolateralen Membran lokalisierten Anionencarrier im Austausch gegen HCO3 (entstammt der Reaktion von H2O und CO2) in die Belegzelle gelangen, durchwandern die Zelle und folgen den H+-Ionen ins Magenlumen. CA: Carboanhydrase

Protonenpumpeninhibitoren (z. B. Pantoprazol [z. B. Pantozol®] oder Omeprazol [z. B. Antra MUPS®]) inhibieren die H+/K+-ATPase in der luminalen Membran der Parietalzelle (Abb. 1b). Dadurch hemmen sie sowohl die direkt vagal vermittelte als auch die durch Histamin und Gastrin induzierte Säuresekretion des Magens (Abb. 1a). Da Protonenpumpeninhibitoren am acidischen Kompartiment der Parietalzelle aktiviert werden, hemmen sie nur die aktiv sezernierenden Protonenpumpen [18]. Sie reichern sich pH-abhängig direkt am Wirkort an. Je niedriger der pH-Wert und je höher der pKa-Wert der Substanz ist, desto stärker ist die Anreicherung und damit auch die Wirkung.

Wirkung

H2-Rezeptorantagonisten können aufgrund ihrer kurzen Halbwertszeit bei intermittierender Anwendung keinen ausreichend langen adäquaten Anstieg des pH-Werts gewährleisten [29]. Nach intravenöser Bolusgabe kann der pH-Wert lediglich über 4 bis 8 Stunden erhöht werden. Durch kontinuierliche Infusionen von H2-Rezeptorantagonisten kann zwar der intragastrale pH-Wert konstanter gehalten werden, aber es kommt nach ungefähr 24 bis 48 Stunden zu einer Toleranzentwicklung, so dass höhere Dosen nötig werden [26].

Im Gegensatz dazu bewirken Protonenpumpenhemmer bei kontinuierlicher Applikation eine erhebliche Säuresuppression, ohne dass es dabei zu einer Toleranzentwicklung kommt [26]. Aufgrund methodischer Limitationen der mit Protonenpumpenhemmern durchgeführten Studien (z. B. fehlende Kontrollgruppen oder kleine Patientenzahlen) und damit eingeschränkter statistischer Aussagekraft ist es jedoch schwierig, fundierte Aussagen zur Effektivität der Protonenpumpeninhibitoren zu machen.

Sicherheit und Verträglichkeit

Sowohl H2-Rezeptorantagonisten als auch Protonenpumpeninhibitoren interferieren mit dem Cytochrom-P450-System, wodurch die Elimination anderer Medikamente beeinträchtigt werden kann. Häufige Nebenwirkungen von H2-Rezeptorantagonisten sind Kopfschmerzen (v. a. nach Famotidin), Diarrhö und Obstipation. Arrhythmien, negative Inotropie, Bronchokonstriktion, interstitielle Nephritis, Hepatitis, Thrombozytopenie oder zentralnervöse Nebenwirkungen sind zwar selten, können jedoch bei kritisch kranken Patienten schwerwiegend verlaufen [35]. Bei Einnahme von Cimetidin (Tagamet®) kann es infolge der antiandrogenen Wirkung zu Potenzstörungen, Gynäkomastie oder Amenorrhö kommen.

Unter Verwendung von Protonenpumpeninhibitoren kann es selten zu abdominellen Schmerzen, Übelkeit, Diarrhö, Kopfschmerzen [1] und einer erhöhten Inzidenz von Clostridium-difficile-Diarrhö [10] kommen.

Einsatz

Eine im Jahr 2004 durchgeführte Befragung von 2000 Intensivmedizinern ergab, dass H2-Rezeptorantagonisten in 64% der Fälle eingesetzt wurden. Protonenpumpeninhibitoren lagen mit 23% an zweiter Stelle [8]. Aufgrund der Nachteile bei Anwendung von H2-Rezeptorantagonisten (erforderliche kontinuierliche Applikation, Toleranzentwicklung und dadurch notwendige Dosiserhöhung) und der im Vergleich zu Protonenpumpeninhibitoren geringeren Säuresuppression wird der Einsatz von Protonenpumpeninhibitoren jedoch immer häufiger bevorzugt. Beispielsweise wurden nach einer neueren Umfrage auf bayerischen Intensivstationen in 87% der Fälle Protonenpumpeninhibitoren verwendet und nur in 13% H2-Rezeptorantagonisten [37].

Sucralfat

Sucralfat (z. B. Ulcogant®) stellt keine säuresuppressive Therapie an sich dar, da es den pH-Wert im Gastrointestinaltrakt nicht verändert. Eine vermehrte bakterielle Besiedelung des Gastrointestinaltrakts, die unter säuresuppressiven Medikamenten beobachtet wird und als Ursache für nosokomiale Pneumonien diskutiert wurde, spielt unter Sucralfat daher keine Rolle [29]. Der genaue Wirkungsmechanismus von Sucralfat ist nicht bekannt. Man nimmt an, dass der Abwehrmechanismus der gastrointestinalen Schleimhaut gegen schädigende, säureinduzierte Einflüsse verstärkt wird (unter anderem durch Freisetzung von Prostaglandin E2, das zytoprotektiv wirkt). Sucralfat hat sich in der Prophylaxe gastrointestinaler Blutungen als wirksam erwiesen [8], wird jedoch oftmals aufgrund der erforderlichen häufigen oralen Applikation, Medikamenteninteraktionen und der Akkumulation von Aluminium bei niereninsuffizienten Patienten nicht eingesetzt [35].

Pirenzepin

Das Anticholinergikum Pirenzepin (z. B. Gastrozepin®) hemmt in erster Linie die vagusinduzierte Säurebildung; außerdem wirkt es durch Förderung der Prostaglandin-, Bicarbonat- und Mukusbildung protektiv auf die Magenschleimhaut. Wie in einer kleinen europäischen Studie [35] untersucht, reduziert Pirenzepin das Risiko einer stressinduzierten Blutung und ist teilweise effektiv bei Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma und neurochirurgischen Patienten. Aufgrund seiner anticholinergen Nebenwirkungen wird es jedoch kaum noch eingesetzt.

Prostaglandin-Analoga

Prostaglandin-Analoga (Misoprostol [Cytotec®]) hemmen über Prostaglandin-E-Rezeptoren an der Belegzelle die Säuresekretion und haben durch Steigerung der Bicarbonat- und Mukusbildung einen protektiven Effekt auf die Magenschleimhaut. Allerdings haben sie sich nicht als ausreichend wirksam für die Vermeidung einer stressinduzierten Blutung erwiesen [35].

Antazida

Antazida (z. B. Magnesium- oder Aluminiumhydroxid) neutralisieren die Magensäure. Außerdem stimulieren sie die Bicarbonat-, Schleim- und Prostaglandinsekretion und binden Gallensäuren. In der Prävention der klinisch bedeutsamen Blutung bei kritisch kranken Patienten werden sie heute allerdings kaum noch eingesetzt, da sie für diese Indikation den H2-Rezeptorantagonisten unterlegen sind, mit anderen oralen Medikamenten interferieren [8] und häufig zu Nebenwirkungen (z. B. reaktive Hyperazidität, Obstipation/Diarrhö, Hemmung der Resorption anderer Arzneistoffe) führen.

Studienlage

H2-Rezeptorantagonisten versus Plazebo/keine Therapie

Cook et al. führten 1996 eine große Metaanalyse durch, in der die Stressulkusprophylaxe bei kritisch kranken Patienten systematisch betrachtet wurde [8]. Hierbei zeigte sich, dass unter H2-Rezeptorantagonisten verglichen mit Plazebo beziehungsweise keiner Therapie overte und klinisch bedeutsame Blutungen signifikant seltener auftraten (Odds- Ratio [OR] 0,58; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,42–0,79 bzw. OR 0,44; 95%-KI 0,22–0,88).

Cimetidin ist das einzige Medikament, das von der FDA zur Stressulkusprophylaxe empfohlen wird, basierend auf einer Studie von Martin et al. [24], in der 14% der Patienten unter einer Therapie mit Cimetidin eine gastrointestinale Blutung entwickelten im Gegensatz zu 33% in der Plazebo-Gruppe. Allerdings gibt es inzwischen andere H2-Rezeptorantagonisten mit einem deutlich besseren Nebenwirkungsprofil. Famotidin beispielsweise weist nur wenige Medikamenteninteraktionen auf. Im Gegensatz zu Cimetidin und Ranitidin wird bei der Applikation von Famotidin eine geringere Volumenmenge benötigt, was zum Beispiel bei Patienten, bei denen es einer Flüssigkeitsrestriktion bedarf, von Vorteil ist.

Sucralfat beziehungsweise H2-Rezeptorantagonisten versus keine Therapie

In einer zweiphasigen Studie von Faisy et al. [14] wurde bei kritisch kranken Patienten einer Intensivstation unter anderem die Rate klinisch bedeutsamer gastrointestinaler Blutungen verglichen. In der ersten Studienphase erhielten alle Patienten eine Stressulkusprophylaxe (Sucralfat [n=700] oder Ranitidin [n=36]), in der zweiten Phase wurde keine Stressulkusprophylaxe durchgeführt (n=737). Beim Vergleich der beiden Phasen zeigte sich kein Unterschied in der Inzidenz von overten Blutungen (mit Prophylaxe: OR 1,9; 95%-KI 0,9–2,9; ohne Prophylaxe: OR 1,6; 95%-KI 0,7–2,5) oder klinisch bedeutsamen Blutungen (mit Prophylaxe: OR 1,4; 95%-KI 1,5–2,2; ohne Prophylaxe: OR 1,1; 95%-KI 0,3–1,8) sowie der Mortalität (Patienten mit Risikofaktoren wie mechanische Beatmung >48h und Koagulopathie: mit Prophylaxe: 46%; ohne Prophylaxe: 45%). Daraus könnte man schließen, dass diese Therapie keinen Nutzen bei kritisch kranken Patienten in der Vermeidung von Stressulkusblutungen hat.

Antazida versus keine Therapie

In einer randomisierten Studie mit 100 Intensivpatienten entwickelten etwa 4% der Patienten, die Antazida erhielten, eine stressinduzierte Blutung im Gegensatz zu etwa 25% der Patienten ohne prophylaktische Therapie mit Antazida (p<0,005) [17]. Antazida können effektiv die Rate an overten Blutungen reduzieren [9]. Aufgrund möglicher Nebenwirkungen und der Notwendigkeit der häufigen Applikation sind sie heute jedoch keine gut praktikable therapeutische Option [1, 8].

H2-Rezeptorantagonisten versus Antazida beziehungsweise Sucralfat

Eine im Jahr 1996 von Cook et al. durchgeführte Metaanalyse [8] ergab unter H2-Rezeptorantagonisten signifikant weniger overte gastrointestinale Blutungen als unter Antazida (OR 0,44; 95%-KI 0,37–0,84). Außerdem konnte unter Sucralfat im Vergleich zu H2-Rezeptorantagonisten ein Trend zu einer reduzierten Mortalität verzeichnet werden (OR 0,83; 95%-KI 0,63–1,09), woraufhin eine große multizentrische, doppelblinde, randomisierte, Plazebo-kontrollierte Studie mit 1200 kritisch kranken, beatmeten Patienten angelegt wurde, in der Ranitidin (50 mg i. v. 3×/d) mit Sucralfat (1 g über Magensonde 4×/d) in der Prophylaxe der Stressulkusblutung verglichen wurde [4]: Unter Ranitidin traten signifikant weniger klinisch bedeutsame Blutungen auf als unter Sucralfat (1,7% vs. 3,8%; relatives Risiko 0,44; 95%-KI 0,21–0,92; p=0,02).

Beatmungsassoziierte Pneumonien traten unter Ranitidin bei 19,1% und unter Sucralfat bei 16,2% der Patienten auf (p=0,19) und auch die Mortalitätsraten unterschieden sich zwischen den beiden Behandlungsgruppen nicht signifikant (Ranitidin: 23,5%; Sucralfat: 22,9%). Der in der Metaanalyse von 1996 [8] unter Sucralfat im Vergleich zu H2-Rezeptorantagonisten festgestellte Trend zu einer verminderten Inzidenz von Pneumonien und einer geringeren Mortalität konnte somit nicht bestätigt werden.

PPI versus H2-Rezeptorantagonisten

In einer prospektiven randomisierten Studie von Levy et al. [21] wurde Omeprazol (40 mg/d per os oder über Magensonde; n=32) mit Ranitidin (entweder initial 50 mg Bolus gefolgt von 150 mg/d als kontinuierliche Infusion oder als Bolustherapie 50 mg alle 8 Stunden; n=35) bei Intensivpatienten mit einem erhöhten Risiko für eine stressinduzierte Blutung verglichen. Eine klinisch bedeutsame Stressulkusblutung trat bei 31% der mit Ranitidin und bei 6% der mit Omeprazol behandelten Patienten auf (p<0,05). Die Mortalität und die Inzidenz beatmungsassoziierter Pneumonien unterschieden sich zwischen den beiden Behandlungsgruppen nicht signifikant. Allerdings waren die Risikofaktoren in den beiden Gruppen trotz Randomisierung nicht gleichmäßig verteilt: In der Ranitidin-Gruppe wiesen die Patienten 2,7 Risikofaktoren auf, in der Omeprazol-Gruppe nur 1,9. Darüber hinaus war die Patientenzahl sehr klein und damit auch die statistische Aussagekraft gering, so dass die Ergebnisse mit Vorsicht betrachtet werden müssen.

Conrad et al. [3] verglichen in einer randomisierten, doppelblinden Multicenterstudie die Wirksamkeit von Omeprazol und Cimetidin in der Prophylaxe klinisch bedeutsamer Blutungen. Die Kriterien für eine klinisch bedeutsame Blutung waren in dieser Studie entweder persistierendes hellrotes Blut in der Magensonde nach 5- bis 10-minütiger Lavage oder kaffeesatzartiges Material mit positivem Gastroccult-Test über 8 Stunden an Tag 1 bis 2 oder über 2 bis 4 Stunden an Tag 3 bis 14 bei drei aufeinanderfolgenden Aspirationen trotz Lavage mit ≥100 ml Kochsalzlösung. Es wurden 359 Patienten mit mechanischer Beatmung über mindestens 48 Stunden, einem APACHE-II-Score von ≥11 und mindestens einem zusätzlichen Risikofaktor für eine obere gastrointestinale Blutung eingeschlossen. Die eine Gruppe erhielt eine Omeprazol-Suspension mit sofortiger Wirkstofffreisetzung (40 mg 2×/d an Tag 1 und 40 mg 1×/d an Tag 2–14 über eine Magensonde), die andere Gruppe erhielt Cimetidin (300 mg Bolus i. v. gefolgt von 50 mg/h bis Tag 14). Die Dosis konnte angepasst werden, um einen intragastralen pH-Wert von >4 aufrechtzuerhalten. Klinisch bedeutsame Blutungen traten in der Omeprazol-Gruppe bei 4,5% und in der Cimetidin-Gruppe bei 6,8% der Patienten auf. Damit erwies sich Omeprazol im primären Endpunkt als nicht unterlegen. Außerdem lag der pH-Wert unter Omeprazol an allen Behandlungstagen im Mittel bei ≥6, unter Cimetidin lediglich an 50% der Tage (p<0,001). Die Inzidenz beatmungsassoziierter Pneumonien sowie die Mortalität unterschieden sich in den beiden Gruppen nicht signifikant. In der Cimetidin-Gruppe kam es häufiger zu overten gastrointestinalen Blutungen.

In einer weiteren Untersuchung ergab der Vergleich von Omeprazol, Famotidin, Sucralfat und Plazebo bei hauptsächlich chirurgischen Patienten, die mehr als 48 Stunden beatmet waren, hinsichtlich der Inzidenz klinisch relevanter Blutungen und beatmungsassoziierter Pneumonien, der Mortalität und der Dauer der mechanischen Beatmung sowie des Aufenthalts auf der Intensivstation keinen signifikanten Unterschied [19].

Morris et al. [27] untersuchten in einer prospektiven Multicenterstudie den gastralen pH-Wert bei Einnahme verschiedener Dosierungen von Pantoprazol i. v. im Vergleich zu Cimetidin i. v. Die Patienten erhielten randomisiert entweder Pantoprazol 40 mg i. v. alle 12 oder 24 Stunden, Pantoprazol 80 mg i. v. alle 8, 12 oder 24 Stunden oder Cimetidin i. v. 300 mg Bolus gefolgt von 50 mg/h. An Tag 1 wurde unter Cimetidin in 82% der Zeit ein pH-Wert ≥4 gemessen, unter Pantoprazol in <70% der Zeit. An Tag 2 sank der Prozentsatz unter Cimetidin – möglicherweise aufgrund der Toleranzentwicklung – auf 77%, im Gegensatz dazu verlängerte sich die Zeit, während der sich der pH-Wert im Zielbereich befand, unter allen Pantoprazol-Dosierungen. Unter Pantoprazol 40 mg 2×/d und 80 mg 2×/d lag der pH-Wert in 73% und 77% der Zeit bei ≥4, unter Pantoprazol 80 mg 3×/d in 86% der Zeit, womit Pantoprazol Cimetidin überlegen war. Bei Patienten, die bereits an Tag 2 wieder enteral ernährt wurden, kam die Toleranzentwicklung unter Cimetidin noch stäker zum Tragen: Ein pH-Wert von >4 konnte unter Cimetidin lediglich in 49% der Zeit aufrechterhalten werden im Gegensatz zu 89% unter Pantoprazol. Zusammenfassend kommen die Autoren zu dem Schluss, dass eine intermittierende Gabe von Pantoprazol in der Erhaltung des zur Vermeidung einer Stressulkusblutung bei kritisch kranken Patienten erforderlichen intragastralen pH-Werts effektiv ist, während durch eine kontinuierliche Infusion mit Cimetidin der geforderte pH-Wert bei bereits enteral ernährten Patienten nicht ausreichend lange erhalten werden kann.

Ojiako et al. [30] fanden unter Pantoprazol bei kritisch kranken mechanisch beatmeten Patienten eine signifikant höhere Rate an oberen gastrointestinalen Blutungen mit der Notwendigkeit einer Transfusion von mindestens einem Erythrozytenkonzentrat als unter Famotidin (3,2% vs. 0,38%; p=0,03). Allerdings hatten die Patienten in der Pantoprazol-Gruppe etwas höhere APACHE-II-Scores als in der Famotidin-Gruppe (21 vs. 19). Hinsichtlich Mortalität, Länge des Krankenhaus- und intensivstationären Aufenthalts und Inzidenz beatmungsassoziierter Pneumonien fanden sich zwischen den beiden Behandlungsgruppen keine signifikanten Unterschiede.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass durch den Einsatz von Protonenpumpeninhibitoren der intragastrale pH-Wert sehr potent angehoben werden kann, was essenziell zur Vermeidung einer stressinduzierten Magenblutung beiträgt. Mit ihrer langen Wirkdauer und der fehlenden Toleranzentwicklung sind sie gegenüber den H2-Rezeptorantagonisten im Vorteil. Allerdings ist die Anzahl der Studien zu Protonenpumpeninhibitoren und ihrer Rolle in der Prävention der Stressulkusblutung limitiert.

Nosokomiale Pneumonie

Durch säuresuppressive Medikamente, die zu einer zunehmenden Alkalisierung im Magen führen, kommt es zu einer bakteriellen Überwucherung, die normalerweise durch das saure Milieu verhindert wird. Man nahm daher an, dass durch den Einfluss von H2-Rezeptorantagonisten eine höhere Rate an nosokomialen Pneumonien zu verzeichnen ist, insbesondere infolge von Aspirationen oder bei einer Besiedelung des Oropharynx mit pathogenen Keimen. In der Studie von Cook et al. [8] war unter H2-Rezeptorantagonisten und Antazida im Gegensatz zu Sucralfat initial ein Trend zu einer erhöhten Rate an beatmungsassoziierten Pneumonien zu verzeichnen, ein statistisch signifikanter Unterschied wurde jedoch nicht gesichert. In der daraufhin durchgeführten groß angelegten prospektiven Studie konnte dieser Trend jedoch nicht bestätigt werden [4]. Möglicherweise spielen bei intensivpflichtigen Patienten bei der Entstehung beatmungsassoziierter Pneumonien andere Faktoren, wie oropharyngeale Dysfunktion, Gallereflux, großes Magenvolumen, bakterielle Translokation aufgrund von Stase oder Atelektasen bei mechanisch beatmeten Patienten, eine Rolle – verschiedene Untersuchungen zu H2-Rezeptorantagonisten kamen diesbezüglich zu unterschiedlichen Ergebnissen [11, 12, 31, 33].

Beendigung der Stressulkusprophylaxe

In einer Untersuchung von Cook et al. [5] konnte gezeigt werden, dass der Beginn einer enteralen Ernährung bei kritisch kranken mechanisch beatmeten Patienten und unabhängig davon die Gabe von Ranitidin mit einem reduzierten Risiko für eine klinisch bedeutsame Blutung einhergehen.

Die prophylaktische Wirkung der enteralen Ernährung konnte in einer weiteren Studie bestätigt werden: Darin wurde die Häufigkeit oberer gastrointestinaler Blutungen bei Patienten mit schweren Verbrennungen verglichen, die zur Ulkusprophylaxe entweder eine Behandlung mit Cimetidin und Antazida erhielten (n=253) oder möglichst frühzeitig enteral ernährt wurden (n=273). Der frühestmögliche Beginn einer enteralen Ernährung ging mit einer verminderten Rate an overten Blutungen einher (p< 0,05) [32]. Da jedoch aufgrund einer Darmträgheit oft kein früher Beginn einer enteralen Ernährung möglich ist, ist der Einsatz der enteralen Ernährung als Stressulkusprophylaxe limitiert, was sich in kontroversen Ergebnissen anderer Untersuchungen zeigt [6, 22]. Es erscheint jedoch sinnvoll, die Stressulkusprophylaxe bei bereits enteral ernährten Patienten zu beenden [35].

Insgesamt existieren bislang keine eindeutigen Daten dazu, wann eine Stressulkusprophylaxe beendet werden sollte. Eine Umfrage von Lam et al. aus Nordamerika ergab, dass 2% der Intensivmediziner die Stressulkusprophylaxe bei einem Wegfall von Risikofaktoren beenden, 21% bei Entlassung von der Intensivstation und 23% bei Beginn einer enteralen Ernährung [20]. Im Vergleich dazu erbrachte eine Umfrage auf bayerischen Intensivstationen, dass etwa 66% der Intensivmediziner die Medikation bei fehlenden Risikofaktoren für eine stressinduzierte gastrointestinale Blutung absetzen [37]. In derselben Umfrage zeigte sich, dass neben den erwiesenen Risiken für eine Stressulkusblutung (mechanische Beatmung über mehr als 48 Stunden und Koagulopathie) häufig noch andere Faktoren (z. B. Sepsis, Schock, Pankreatitis) zum Einsatz einer medikamentösen Blutungsprophylaxe führen [37], was mit einer erhöhten finanziellen Belastung einhergeht.

Zusammenfassung

Insgesamt stellt die Prävention einer stressbedingten gastrointestinalen Blutung bei kritisch kranken Patienten eine wichtige Aufgabe dar, da die Letalität zwischen 50 und 77% liegt [36].

Früher wurde häufig Sucralfat zur Prävention stressinduzierter Blutungen bei kritisch kranken Patienten favorisiert, da hierunter der pH-Wert des Magens nicht verändert wird und daher die Gefahr der Entstehung einer nosokomialen Pneumonie geringer schien. Ein Zusammenhang zwischen der säuresuppressiven Therapie und dem Auftreten von nosokomialen Pneumonien konnte allerdings nicht durch Studien gesichert werden.

Da bekannt ist, dass die Magensäure einen wesentlichen Beitrag zur Entstehung von Stressulkusblutungen liefert, stellt die Säuresuppression einen wichtigen Faktor in der Prävention der stressinduzierten Magenblutung dar. Weil Protonenpumpeninhibitoren den intragastralen pH-Wert sehr potent anheben können, werden sie häufig bei kritisch kranken Patienten mit einem hohen Risiko für eine stressinduzierte gastrointestinale Blutung eingesetzt [16]. Ihr möglicher Vorteil gegenüber anderen Medikamenten muss dennoch in weiteren Studien untersucht werden, da es bislang nur eine begrenzte Anzahl von Untersuchungen zu Protonenpumpeninhibitoren und ihrer Rolle in der Prävention der Stressulkusblutung gibt. Darin konnte zwar die Effektivität der Protonenpumpeninhibitoren gezeigt werden, die Patientenzahl war aber oft sehr gering, die Zahl der Risikofaktoren variierte und die Definition der klinisch bedeutsamen Blutung unterschied sich zu früher etablierten Definitionen. Auch die optimale Dosierung und Applikationsart ist noch nicht ausreichend geklärt. Gesichert ist, dass Protonenpumpeninhibitoren eine lange Wirkdauer haben und im Gegensatz zu den H2-Rezeptorantagonisten keine schnelle Toleranzentwicklung aufweisen.

Die H2-Rezeptorantagonisten haben sich in mehreren Studien in der Prophylaxe von overten und klinisch bedeutsamen Stressulkusblutung als wirksam erwiesen. Allerdings sind die kurze Wirkdauer und die Tachyphylaxie große Nachteile dieser Medikamentengruppe.

Nach der AWMF-Leitlinie „Helicobacter pylori und gastro- duodenale Ulkuskrankheit“ sollten Protonenpumpenhemmer aufgrund ihrer überlegenen säuresuppressiven Wirkung zur Stressulkusprophylaxe eingesetzt werden. H2-Rezeptorantagonisten und Sucralfat werden von den Konsensusteilnehmern nur mit einer mehrheitlichen Zustimmung als Alternative empfohlen [38].

Bei Vorliegen einer Koagulopathie oder einer mechanischen Beatmung über mehr als 48 Stunden ist eine Stressulkusprophylaxe indiziert. Generelle Maßnahmen, wie Aufrechterhaltung eines adäquaten Blutdrucks und einer adäquaten Sauerstoffzufuhr, frühe enterale Ernährung und Vermeidung einer Säure-Basen-Dysbalance stellen wichtige Eckpfeiler in der Prävention einer Stressulkusblutung dar. Bei Wegfallen von Risikofaktoren sollte die Beendigung der Stressulkusprophylaxe individuell erwogen werden, um Medikamenteninteraktionen und mögliche Nebenwirkungen zu reduzieren und um Kosten einzusparen. Möglicherweise kann die Erstellung von Protokollen zur Stressulkusprophylaxe auf den jeweiligen Intensivstationen hierbei hilfreich sein.

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Dr. med. Stefanie Froh, Universität Regensburg, Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I, 93042 Regensburg, E-Mail: stefanie.froh@klinik.uni-regensburg.de

Stress ulcer prophylaxis – today an important concept?

Stress-induced gastrointestinal bleeding remains a significant concern in critically ill patients and increases morbidity and mortality under these circumstances. Prophylaxis of stress-related bleeding may reduce major bleeding but has not yet been shown to improve survival. According to data not all critically ill patients need prophylaxis for stress-induced bleeding. The main risk factors for clinically important bleeding are mechanical ventilation >48 h and coagulopathy (thrombocytes <50/nl, partial thromboplastin time [PTT] >2 times the upper limit of the normal range, international normalized ratio [INR] >1.5). Current preventative treatment strategies use histamine-2-receptor antagonists and proton pump inhibitors (PPIs), which suppress acid secretion, and sucralfate, which protects the gastric mucosa without raising pH.

Key words: stress-related gastrointestinal bleeding, stress-bleeding prophylaxis, critically ill patients

Arzneimitteltherapie 2010; 28(02)