Metastasiertes Nierenzellkarzinom

Sunitinib weiterhin Standard in der Erstlinientherapie


Veröffentlicht am: 28.11.2019

Petra Eiden, Berlin

Auch nach dem Jahrestreffen der American Society of Clinical Oncology (ASCO) Ende Mai 2009 in Orlando, USA, bleibt Sunitinib (Sutent®) für die Mehrheit der Patienten mit metastasiertem Nierenzellkarzinom (mRCC) Therapie der Wahl. Das zeigt ein Vergleich von Gesamtüberlebensdaten zur Erstlinientherapie beim mRCC vom ASCO 2009 und 2008, der im Juli 2009 auf einer Pressekonferenz von Pfizer Deutschland in Berlin vorgestellt wurde [1]. Darüber hinaus sprechen Studien dafür, dass eine Therapie mit Sunitinib möglichst lange in der Standarddosierung erfolgen sollte.

Unter Berücksichtigung von Überlebensdaten, Verträglichkeitsprofilen und praktischer Handhabung bleibt Sunitinib die bevorzugte Erstlinientherapie für die meisten Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom. Diese Schlussfolgerung wurde aus Ergebnissen gezogen, die beim ASCO 2009 präsentiert wurden. Hier waren zwei aktuelle Auswertungen vorgestellt worden, in denen Bevacizumab/Interferon alfa-2a (BEV/IFN; Avastin®/Roferon®-A) in der Erstlinientherapie des mRCC ein medianes Gesamtüberleben von 18,3 Monaten [7] beziehungsweise 23,3 Monaten [3] erzielte. Zu Sunitinib hatte es jedoch bereits auf dem ASCO 2008 eine Präsentation gegeben, in der das mediane Gesamtüberleben 26,4 Monate betrug [4] (Abb. 1). Auch bei der geschätzten 3-Jahres-Überlebensrate schnitt Sunitinib mit etwa 42% besser ab als BEV/IFN mit rund 31% bzw. 34%.

Sequenztherapie

Daher bleibt Sunitinib bei niedrigem bis mittlerem Risiko nach den Kriterien des Memorial Sloan-Kettering Cancer Center (MSKCC) Therapie der ersten Wahl – also bei 80 bis 90% der Patienten. Basierend auf dem aktuell empfohlenen Algorithmus zur Sequenztherapie beim mRCC wird die Therapie beispielsweise an der Berliner Charité mit Sunitinib begonnen, gefolgt von einem weiteren Multi-Tyrosinkinase-Inhibitor wie Sorafenib (Nexavar®), da diese keine Kreuzresistenzen aufweisen. Anschließend kommt ein mTOR-Hemmer wie Temsirolimus (Torisel®) oder Everolimus (Afinitor®) zum Einsatz. Eine Alternative für die Erstlinientherapie ist BEV/IFN.

Patienten mit hohem Risiko nach den MSKCC-Kriterien erhalten Temsirolimus gefolgt von Sunitinib oder alternativ auch umgekehrt. Sind diese Optionen ausgeschöpft, werden die Patienten in eine Studie eingeschleust, bei BEV/IFN-Erstlinientherapie zum Beispiel in die derzeit noch offene Phase-III-Studie AXIS, die in der Zweitlinientherapie den neuen Multi-Tyrosinkinase-Inhibitor Axitinib mit Sorafenib vergleicht.

Therapieoptimierung

Bei der Optimierung der Therapie mit Sunitinib spielen nach mehreren Studien die Therapiedauer, die Dosierung und das Nebenwirkungsmanagement eine wichtige Rolle. So nahm in der Zulassungsstudie die Ansprechrate gemäß RECIST (Response evaluation criteria in solid tumors) von der Interimsanalyse nach sechs Monaten [6] bis zur Endauswertung nach elf Monaten [4] von 31% auf 47% zu, die Anzahl der kompletten Remissionen stieg von 1 auf 11. Demnach profitieren die Patienten davon, wenn die Sunitinib-Therapie so lange wie möglich erfolgt. Da zudem die Zeit bis zur Progression und das Gesamtüberleben von den Medikamentenspiegeln abhängig waren [5], sollte die Standarddosis von 50 mg/Tag über vier Wochen, gefolgt von zwei Wochen Pause, möglichst lange beibehalten werden. Dies kann durch ein gezieltes Nebenwirkungsmanagement unterstützt werden.

Das Therapiemanagement hat auch einen wichtigen Einfluss auf die Lebensqualität. Diese nahm in der erwähnten Studie von Figlin et al. in den ersten ein bis zwei Zyklen unter Sunitinib ab, stieg jedoch in den anschließenden neun Zyklen wieder kontinuierlich, weil die Patienten besser mit den Nebenwirkungen umgehen konnten [2]. Zwei Beispiele von der Klinik der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt/M. zeigen, dass eine Langzeittherapie mit Sunitinib machbar und von Vorteil für die Patienten ist: In beiden Fällen konnte eine anhaltende partielle Remission sowie eine fortschreitende Regression der Metastasen erzielt und die Therapie in der Standarddosis über 43 bzw. 42 Monate fortgeführt werden.

Quellen

1. Prof. Dr. med. Kurt Miller, Berlin, Prof. Dr. med. Lothar Bergmann, Frankfurt a. M. Post-ASCO-Pressegespräch „Neue Datenlage zur RCC-Therapie ASCO 2009: Experten diskutieren die Implikationen für den klinischen Alltag“, Berlin, 1. Juli 2009, veranstaltet von Pfizer Deutschland.

2. Cella D, et al. J Clin Oncol 2008;26:3763–9.

3. Escudier BJ, et al. ASCO 2009:#5020.

4. Figlin RA, et al. J Clin Oncol 2008;26:256s, #5024.

5. Houk BE, et al. ECCO 2007:#4505.

6. Motzer RJ, et al. J Clin Oncol 2006;24:930s, #LBA3.

7. Rini BI, et al. ASCO 2009:#LBA5019.

Abb. 1. REACH-Studie: Verbesserung des progressionsfreien Überlebens bei Patienten mit rezidivierter oder refraktärer CLL bei Behandlung mit Fludarabin/Cyclophosphamid ohne (FC) oder mit Rituximab (R-FC) [nach Robak]

Abb. 1. Gesamtüberleben unter Sunitinib und Interferon alfa-2a (IFNα) [nach Figlin et al. 2008]

Arzneimitteltherapie 2010; 28(02)