Registerdaten: Beim Myokardinfarkt ist vieles besser geworden


Dr. med. Peter Stiefelhagen, Hachenburg

Die unverzichtbare Basis für die Erstellung von Leitlinien sind die Ergebnisse großer randomisierter klinischer Studien, in die jedoch meist nur jüngere, nicht unbedingt polymorbide Patienten aufgenommen werden. Doch wie werden diese offiziellen Therapieempfehlungen im klinischen Alltag umgesetzt und mit welchem Ergebnis? Mit anderen Worten: Eine wissenschaftlich nachgewiesene Wirksamkeit (funktioniert es?) bedarf immer einer Bewertung dahingehend, ob die Behandlungsstrategie auch im klinischen Alltag effektiv (nützt es?) und effizient (wie viel Nutzen bei wie viel Kosten?) ist. Die Beantwortung dieser Fragen erfordert daher eine Beleuchtung des klinischen Alltags, beispielsweise in Form von Registerstudien. Das Deutsche Herzinfarktregister, das im Institut für Herzinfarktforschung in Ludwigshafen erstellt und ständig aktualisiert wird, ist sicherlich einer der wenigen Leuchttürme in der ansonsten noch öden Landschaft der Versorgungsforschung in Deutschland.

Neuere Zahlen aus diesem Haus, vorgestellt von seinem Vorstand Prof. Dr. Jochen Senges im Rahmen der Dresdner Herz-Kreislauf-Tage am 30. Januar 2010, zeigen sehr eindrucksvoll, dass sich die Versorgungsqualität und damit einhergehend auch die Prognose bei Patienten mit einem Myokardinfarkt seit Mitte der 90er Jahre deutlich verbessert hat:

So ist der Anteil der Patienten, die keine Reperfusionstherapie erhalten, von 49% auf 27% zurückgegangen, der Anteil der Patienten mit Thrombolyse sank von 39% auf 14%. Zurzeit erhalten über 80% der Patienten mit einem ST-Hebungsinfarkt (STEMI) eine sofortige perkutane Koronarintervention (PCI).

Aber auch bei der medikamentösen Begleittherapie hat es große Fortschritte gegeben: Während vor etwa 15 Jahren von den 4 „Biggies“ (Acetylsalicylsäure, Statine, Beta-Rezeptorenblocker, ACE-Hemmer bzw. Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten) im Durchschnitt nur 2,3 Substanzen gegeben wurden, sind es heute 3,4. Das alles hat die Krankenhausmortalität bei diesem Krankheitsbild von 7,2% auf 2,5% senken können, wobei allerdings Patienten mit einem kardiogenen Schock ausgeschlossen sind.

Fazit: Beim akuten Infarkt ist die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit deutlich kleiner geworden.

Doch einen Wermutstropfen hat die Analyse der Daten auch ergeben, nämlich das sogenannte Risikoparadox: Hochrisikopatienten, insbesondere ältere, werden schlechter behandelt als solche mit einem geringeren Risiko, obwohl sie von der Leitlinien-gerechten Therapie sogar stärker profitieren. Dies gilt sowohl für die Reperfusionstherapie als auch für die medikamentöse Behandlung. So beträgt die Number needed to treat (NNT) für die „Sofort-PCI“ bei Infarktpatienten mit einem niedrigen Risiko 135 im Vergleich zu 8 bei Hochrisikopatienten. Wie lässt sich das Risikoparadox erklären? Versteckt sich dahinter etwa die von politischer Seite bisher stets negierte stille altersadjustierte Rationierung?

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