Dr. Susanne Heinzl, Reutlingen
Zum genauen Wirkungsmechanismus von Signaltransduktionshemmern ist relativ wenig bekannt, die klinische Wirksamkeit, beispielsweise bei Hemmung des epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptors (EGFR), ist jedoch nachgewiesen. Zur Behandlung bei Resistenz gegen EGFR-Hemmer werden derzeit drei Prinzipien verfolgt, und zwar
- Hemmung des Insulinwachstumsfaktor-Rezeptors (IGFR)
- EGFR-Tyrosinkinasehemmer der zweiten Generation
- c-Met-Inhibitoren
IGFR-Hemmer
Der EGFR moduliert sein Proliferationssignal über eine ganze Reihe von Transduktionswegen. Daneben gibt es den IGFR, der ebenfalls bei Patienten mit Bronchialkarzinom überexprimiert wird und der ähnliche Signaltransduktionswege hat. Der IGFR ist möglicherweise Modulator für einen Escape-Mechanismus, um die Tumorzelle weiter proliferieren zu lassen, wenn der EGFR therapeutisch gehemmt wird.
Der IGFR kann – wie der EGFR – durch monoklonale IGF-Antikörper oder durch kleinmolekulare Tyrosinkinaseinhibitoren (TKI) gehemmt werden. Die TKI sind meist noch in der präklinischen Phase, zwei Antikörper sind in Phase III der klinischen Prüfung (Tab. 1). Mit Figitumumab (CP-751-871) war in einer Phase-II-Studie die Ansprechrate von 78% bei Patienten mit Plattenepithelkarzinomen beeindruckend. Die dann gestartete Phase-III-Studie Advigo wurde Ende 2009 zunächst aus Sicherheitsgründen abgebrochen. Die Ergebnisse stehen noch aus, aber der primäre Endpunkt Gesamtüberleben scheint nicht erreicht worden zu sein.
Tab. 1. IGF1-Rezeptor-Antikörper in klinischer Entwicklung [nach Reck] (AK = Antikörper)
Substanz |
Firma |
Klasse |
Status |
IMC-A12 |
Imclone |
Humaner IgG1-AK |
Phase II |
AMG-479 |
Amgen |
Humaner AK |
Phase II |
SCH-717454 |
Bayer-Schering |
Humaner AK |
Phase II |
AVE-1642 |
Sanofi Aventis |
Humanisierter AK |
Phase II |
MK-0646 |
MSD Sharp & Dohme |
Humaner IgG-AK |
Phase III |
R1507 |
Roche |
Humaner IgG-AK |
Phase II |
CP-751871 |
Pfizer |
Humaner IgG2-AK |
Phase III |
Zweitgenerations-TKI
Lapatinib und BIBW 2992 (Abb. 1) sind Beispiele für Zweitgenerations-TKI, die bei Tumorzellen mit Resistenz-vermittelnder Mutation des EGFR eine hohe Aktivität zeigen. BIBW 2992 ist ein dualer irreversibler Hemmer der Tyrosinkinasen EGFR und HER2, der sich derzeit in Phase III der klinischen Prüfung bei Patienten mit Lungenkarzinom befindet.
Abb. 1. BIBW 2992 (Boehringer Ingelheim): Tyrosinkinasehemmer der zweiten Generation

c-Met-Inhibitoren
c-Met ist eine Rezeptortyrosinkinase, die durch direkte Aktivierung eines Signaltransduktionsweges unabhängig von EGFR an der Regulation von Zellproliferation, Invasion und Metastasierung beteiligt ist. Sie ist bei Patienten mit NSCLC in 60 bis 80% der Fälle überexprimiert. Mehr als zehn c-Met-Hemmer befinden sich derzeit in klinischer Prüfung, meist in Kombination mit EGFR-TKI. Ein Beispiel ist der c-MET- und ALK-TKI PF-02341066 (Abb. 2). Er ist bei einer Translokation des ALK-Proteins besonders wirksam, nämlich bei der EML4-ALK-Fusion (s. Kasten), die bei Lungenkarzinom mit einer Häufigkeit von 5 bis 7% auftritt. Bei vorbehandelten Patienten mit EML4-ALK-Fusion wurde mit PF-02341066 eine Ansprechrate von 53% (10/19 Patienten) erreicht, normalerweise würde man höchstens 10% erwarten. Nach acht Wochen war die Erkrankung noch bei 15/19 Patienten (79%) kontrolliert. In die A808005-Studie werden derzeit Patienten mit vorbehandeltem fortgeschrittenem NSCLC aufgenommen, bei denen vor Randomisierung das Target, also eine ALK-Translokation nachgewiesen sein muss. Damit wird die Studie sehr aufwendig, denn mindestens 100 Patienten müssen gescreent werden, um einen für die Studie geeigneten Patienten zu finden. Diese werden dann randomisiert mit PF-023451066 oder Pemetrexed/Docetaxel behandelt.
Abb. 2. c-MET- und ALK-Tyrosinkinasehemmer PF-02341066 (Pfizer)

EML4-ALK
EML4: Echinoderm microtubule-associated protein-like 4
ALK: anaplastic lymphoma kinase
EML4-ALK ist ein Fusionsgen, das durch Translokation (Inversion) eines kleinen Abschnitts von Chromosom 2p entsteht. Das dadurch kodierte Protein EML4-ALK, eine onkogene Tyrosinkinase, wird bei 5 bis 7% der NSCLC-Patienten gefunden.
Quelle
Reck M. Inhibition der Signaltransduktion. 29. Deutscher Krebskongress, Berlin, 26. Februar 2010.
Arzneimitteltherapie 2010; 28(06)