Kopf-Hals-Tumoren

Ermutigende Ergebnisse mit irreversiblem Tyrosinkinasehemmer BIBW 2992


Dr. Susanne Heinzl, Reutlingen

Erstmals konnten mit einem Tyrosinkinasehemmer, nämlich BIBW 2992, bei Patienten mit metastasierten Kopf-Hals-Tumoren im Trend bessere Wirkungen als mit Cetuximab gesehen werden. Dies belegen die vorläufigen Ergebnisse einer noch laufenden Phase-II-Studie.

Weltweit sind 6 % aller Karzinome Kopf-Hals-Tumoren. Pro Jahr erkranken etwa 644000 Menschen neu und 350000 sterben an einem Kopf-Hals-Tumor. Bei Patienten mit rezidivierter oder metastasierter Erkrankung ist die Prognose mit einer medianen Überlebenszeit von 6 bis 10 Monaten extrem schlecht. Fast alle Tumoren exprimieren epidermalen Wachstumsfaktorrezeptor (EGFR) in hohen Konzentrationen, dies ist mit schlechter Prognose und verkürzter Überlebenszeit assoziiert. Derzeit gibt es keine Standardtherapie für diese Patienten. Bei Patienten, die auf eine Platin-haltige Chemotherapie nicht ansprechen, konnte mit Cetuximab in Monotherapie eine Ansprechrate von 13% und eine Zeit bis zur Progression von 70 Tagen erreicht werden.

BIBW 2992 versus Cetuximab bei Kopf-Hals-Tumoren

BIBW 2992 (Abb. 1) ist ein neuer kleinmolekularer Kinasehemmer, der die Aktivität von EGFR und von humanem epidermalem Wachstumsfaktorrezeptor HER-2 blockiert. Er bindet irreversibel an seine Zielstrukturen und ist auch bei EGFRvIII-Mutation aktiv. Nach den Ergebnissen von Phase-I-Studien ist BIBW 2992 in der Verträglichkeit mit anderen EGFR-Tyrosinkinasehemmern vergleichbar.

Abb. 1. BIBW 2992 (Boehringer Ingelheim)

In einer randomisierten Phase-II-Studie wurden Wirksamkeit und Verträglichkeit von BIBW 2992 (50 mg/Tag) und Cetuximab (400/250 mg/m² i.v. wöchentlich) verglichen. 120 Patienten mit metastasierten oder rezidivierten Kopf-Hals-Tumoren nach Platin-basierter Therapie wurden in Stufe 1 bis zur Progression oder nicht akzeptablen Toxizität behandelt, anschließend wechselten sie in Stufe 2 in die jeweils andere Therapiegruppe.

Primärer Endpunkt war die Verkleinerung der Zielläsion vor dem Cross-over, sekundäre Endpunkte waren in Stufe 1 die Ansprechraten und das progressionsfreie Überleben, in Stufe 1 und 2 das Gesamtüberleben und die Verträglichkeit. Beim ASCO 2010 wurden vorläufige Ergebnisse nach Stufe 1 der Studie, also vor dem Cross-over vorgestellt.

In beiden Gruppen wurden je 60 Patienten im Durchschnittsalter von 58 Jahren behandelt. Fast 90% waren Männer. Über 70% waren operiert, über 90% bestrahlt worden. Mehr als 30% hatten vorher keine Chemotherapie für die rezidivierte metastasierte Erkrankung erhalten. Die Patienten waren in gutem Allgemeinzustand (ECOG PS 0–1), gegen Ende der Studie wurden jedoch auch vier Patienten mit ECOG PS 2 aufgenommen.

Häufig Hautreaktionen und Durchfall

Bei den Nebenwirkungen waren Hautreaktionen bei mehr als 70% der Patienten in beiden Armen sehr häufig, davon hatten 10 bis 15% Grad ≥3. Durchfälle kamen bei BIBW 2992 (etwa 75%) deutlich häufiger vor als bei Cetuximab (etwa 15%), schwere Durchfälle traten bei 23,4% der Patienten mit BIBW 2992 und bei 6,7% der Patienten in der Cetuximab-Gruppe auf.

Trend zu höherer Aktivität

BIBW 2992 zeigt nach den ersten Ergebnissen im Vergleich zu Cetuximab einen Trend zu einer höheren Aktivität (Abb. 2). Bei 21,7% der Patienten konnte mit BIBW 2992 und bei 13,3% mit Cetuximab ein partielles Ansprechen erreicht werden. Das progressionsfreie Überleben (PFS) betrug in der BIBW-2992-Gruppe 16 Wochen und in der Cetuximab-Gruppe 10 Wochen. Die Daten sind allerdings aufgrund der kleinen Patientenzahlen mit großer Vorsicht zu betrachten.

Abb. 2. Primärer Endpunkt: Tumorgrößenveränderung (Zielläsion) vor dem Wechsel auf Stufe 2 [nach Seiwert et al.]

Mit BIBW 2992 steht nun erstmals ein Tyrosinkinasehemmer mit Aktivität bei Kopf-Hals-Tumoren zur Verfügung, der anscheinend mindestens gleich gut wie Cetuximab wirkt. Die Ansprechrate war in der vorliegenen Studie etwa doppelt so hoch wie bei anderen bisher untersuchten Tyrosinkinasehemmern. Allerdings wies Diskutantin Dr. Lisa Licitra, Mailand, darauf hin, dass Ungleichgewichte in den beiden Patientengruppen zu dem guten Ergebnis beigetragen haben könnten.

Quellen

Seiwert T, et al. BIBW 2992 versus cetuximab in patients with metastatic or recurrent head and neck cancer (SCCHN) after failure of platinum-containing therapy with a cross-over period for progressing patients: Preliminary results of a randomized, open-label phase II study. Vortrag ASCO 2010, Chicago 7. Juni 2010, J Clin Oncol 28:15s, 2010 (suppl; abstr 5501).

Arzneimitteltherapie 2010; 28(10)