Dr. Petra Jungmayr, Esslingen
Phase-III-Studien zur Kombinationstherapie
Derzeit ist Panitumumab (Vectibix®) nur zur Monotherapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms mit nicht-mutiertem K-ras (Wildtyp) nach Versagen einer klassischen Chemotherapie zugelassen. In aktuellen Studien wurde Panitumumab mit einem gängigen zytotoxischen Regime (FOLFOX und FOLFIRI) kombiniert, wobei in beiden Studien der K-ras-Typ bei über 90% der Studienprobanden bestimmt werden konnte. In der 203-Studie [2] wurde ein Oxaliplatin-haltiges Protokoll mit Panitumumab kombiniert und mit der Chemotherapie ohne Antikörper verglichen. Es ist die erste randomisierte Studie, in der die Bedeutung des K-ras-Status als prädiktiver Biomarker für die Anti-EGFR-Erstlinientherapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms untersucht wird. In der 181-Studie [3] wird die Kombination einer Irinotecan-haltigen Chemotherapie und Panitumumab mit der alleinigen Chemotherapie in der Zweitlinie verglichen. Wichtige Studiencharakteristika sind in Tabelle 1 zusammengefasst.
Tab. 1. Die Studien in Stichworten
203 (PRIME) |
181 |
|
Studientitel |
A randomised, multicentre phase III study to compare the efficacy of Panitumumab in combination with Oxaliplatin/5-Fluorouracil/Leucovorin to the efficacy of Oxaliplatin/5-Fluorouracil/Leucovorin alone in patients with previously untreated metastatic colorectal cancer |
A randomised, multicentre phase III study to compare the efficacy of Panitumumab in combination with chemotherapy to the efficacy of chemotherapy alone in patients with previously treated metastatic colorectal cancer |
Fragestellung |
Verbessert die Kombination von Panitumumab mit FOLFOX4 das progressionsfreie Überleben (PFS) im Vergleich zu der alleinigen FOLFOX4-Gabe in der Erstlinie beim metastasierten kolorektalen Karzinom unter Berücksichtigung des K-ras-Status? |
Verbessert die Kombination von Panitumumab mit FOLFIRI das Gesamtüberleben und das progressionsfreie Überleben im Vergleich zu der alleinigen FOLFIRI-Gabe in der Zweitlinie beim metastasierten kolorektalen Karzinom unter Berücksichtigung des K-ras-Status? |
Studiennummer (www.clinicaltrials.gov) |
NCT00364013 |
NCT00339183 |
Studiencharakteristika |
Prospektive randomisierte multizentrische Phase-III-Studie; n=1183 |
Prospektive randomisierte multizentrische Phase-III-Studie; n=1187 |
Intervention |
FOLFOX4 plus 6,0 mg/kg Panitumumab alle 2 Wochen vs. FOLFOX4 alle 2 Wochen |
FOLFIRI plus 6,0 mg/kg Panitumumab alle 2 Wochen vs. FOLFIRI alle 2 Wochen |
Primärer Studienendpunkt |
Progressionsfreies Überleben nach K-ras-Status |
Gesamtüberleben, progressionsfreies Überleben |
Sekundäre Studienendpunkte |
Gesamtüberleben, objektive Ansprechrate, Zeit bis zur Progression, Ansprechdauer und Sicherheit der Therapie |
Objektive Ansprechrate, Zeit bis zur Progression, Ansprechdauer und Sicherheit der Therapie |
Die Auswertung der Studien führte zu folgenden Ergebnissen:
203-Studie
Die Kombination mit Panitumumab verlängerte das mediane progressionsfreie Überleben der Patienten mit K-ras-Wildtyp signifikant um 1,6 Monate im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie. Ein Vorteil im Gesamtüberleben von 4,2 Monaten zugunsten der Kombination erreichte keine statistische Signifikanz (weitere Ergebnisse siehe Tab. 2).
Tab. 2. Einige Ergebnisse der 181- und 203-Studie
203-Studie First-Line FOLFOX ± Panitumumab |
181-Studie Second-Line FOLFIRI ± Panitumumab |
|||
Panitumumab |
Kontrolle |
Panitumumab |
Kontrolle |
|
K-ras-Bestimmung [%] |
93 |
91 |
||
Ansprechrate [%] |
55 |
48 |
35 |
10 |
Medianes PFS [Monate] |
9,6 |
8,0 |
5,9 |
3,9 |
∆ medianes PFS [Monate] |
1,6 |
2,0 |
||
Hazard-Ratio (95%-KI) |
0,80 (0,66–0,97) |
0,73 (0,59–0,90) |
||
Medianes OS [Monate] |
23,9 |
19,7 |
14,5 |
12,5 |
∆ medianes OS [Monate] |
4,2 |
2,0 |
||
Hazard-Ratio (95%-KI) |
0,83 (0,87–1,02) |
0,85 (0,70–1,04) |
PFS: progressionsfreies Überleben; OS: Gesamtüberleben; 95%KI: 95%-Konfidenzintervall
Bei Patienten mit einer K-ras-Mutation war das progressionsfreie Überleben unter der Kombination signifikant geringer (7,3 Monate vs. 8,8 Monate; HR 1,29, p=0,02). Dieser Trend – ein negativer Einfluss der Antikörpergabe bei einem mutierten K-ras-Gen – zeichnet sich auch beim Gesamtüberleben ab (Interimsanalyse).
Das Auftreten unerwünschter Ereignisse war in beiden Armen vergleichbar mit Ausnahme der für eine EGFR-Blockade typischen Toxizitäten wie Hautveränderungen, Diarrhö und Hypomagnesiämie.
181-Studie
Auch hier verlängerte die Kombination das mediane progressionsfreie Überleben der Patienten mit K-ras-Wildtyp signifikant um 2 Monate. Die zweimonatige Erhöhung der Gesamtüberlebenszeit unter der Kombination erreichte keine statistische Signifikanz.
Die Ansprechrate wurde unter der Kombination bei Patienten mit K-ras-Wildtyp um den Faktor 3 erhöht (Tab. 2). Die unerwünschten Wirkungen waren dieselben wie in der 203-Studie.
Im Gegensatz zur 203-Studie hatte in der 181-Studie die zusätzliche Gabe des Antikörpers bei Vorliegen einer K-ras-Mutation keine negativen Auswirkungen.
K-ras als prädiktiver Faktor
Liegt eine aktivierende Mutation am K-ras-Gen vor – was bei etwa 40% aller kolorektalen Karzinome der Fall ist –, so ist die Behandlung mit EGFR-Inhibitoren erfolglos, weil in diesem Fall die Signalkaskade, die zum unkontrollierten Zellwachstum führt, unabhängig von einer Aktivierung der EGF-Rezeptoren erfolgt. Daher muss vor einer Therapie mit Panitumumab der K-ras-Status ermittelt werden, um unwirksame Behandlungen zu vermeiden.
Das Onkogen K-ras liegt auf dem kurzen Arm des Chromosoms 12 und ist ortholog zum transformierenden Gen, das aus dem Kirsten Rat Sarcoma Virus isoliert wurde. Es kodiert für ein 21-kDa-Protein, das sich auf der Innenseite der Plasmamembran befindet und GTPase-Aktivität besitzt. Dieses Protein ist ein wichtiger Bestandteil der Signaltransduktionskaskade und EGFR nachgeschaltet. Die K-ras-Mutation bewirkt, dass der Ras-Raf-MAPK-Signalweg unabhängig von EGFR aktiviert wird und eine Therapie mit Anti-EGFR-Antikörpern wirkungslos ist (Raf = rapidly growing fibrosarcoma or rat fibrosarcoma; MAPK = mitogen-activated protein kinase). Die häufigsten Mutationen treten an den Codonen 12 und 13 auf.
Nach weiteren prädiktiven Biomarkern wird derzeit gesucht. Interessant erscheinen Schlüsselmoleküle in weiteren Signalwegen, die durch EGFR aktiviert werden, beispielsweise Mutationen von B-Raf, einer Isoform eines Raf-Proteins.
Prophylaktische Maßnahmen verringern Hauttoxizitäten
In der STEPP-Studie wurde prospektiv der Effekt prophylaktischer dermatologischer Maßnahmen unter einer Anti-EGFR-Therapie untersucht. Die Chemotherapie bestand aus der FOLFIRI-Gabe plus Panitumumab. Die Hälfte der Patienten (n=48) ergriff bereits zu Beginn der Therapie prophylaktische Maßnahmen (Hautbefeuchtung, Sonnenschutz, topische Steroide und die Einnahme von 100 mg Doxycyclin zweimal täglich), die andere Hälfte (n=47) erst bei Auftreten der Symptome. Während der sechswöchigen Behandlungsperiode führten die prophylaktischen Maßnahmen zu einer deutlichen Abnahme der Hauttoxizitäten. In der prophylaktisch behandelten Gruppe waren 29% der Patienten betroffen, in der reaktiv behandelten 62%. Im Hinblick auf die therapeutische Effektivität fand sich kein Unterschied zwischen den beiden Gruppen [4].
Quellen
1. Priv.-Doz. Dr. Florian Lordick, Braunschweig, Prof. Dr. Andreas Tannapfel, Bochum, wissenschaftliches Symposium „Therapie kolorektaler Karzinome 2010: Zielgenau und 100% human“, veranstaltet von Amgen im Rahmen des 29. Deutschen Krebskongresses, Berlin, 26. Februar 2010.
2. Siena S, et al. Randomized phase 3 study of panitumumab with FOLFOX4 compared to FOLFOX4 alone as first-line treatment in patients with metastatic colorectal cancer: the PRIME trial. Eur J Cancer 2009;7(Suppl 3):10LBA [203-Studie].
3. Peeters M, et al. Randomized phase 3 study of panitumumab with FOLFIRI vs. FOLFIRI alone as 2nd-line treatment in patients with metastatic colorectal cancer: Patient reported outcomes (PRO). Eur J Cancer 2009;7(Suppl 3):14LBA [181-Studie].
4. Lacouture M, et al. Skin toxicity evaluation protocol with panitumumab (STEPP), a phase-II, open-label, randomized trial evaluating the impact of a pre-emptive skin treatment regimen on skin toxicities and quality of life in patients with metastatic colorectal cancer. JCO 2010;28:1351–7.
Arzneimitteltherapie 2010; 28(11)