Morbus Cushing

Positive Effekte mit Pasireotid


Dr. Susanne Heinzl, Reutlingen

Für den selten vorkommenden Morbus Cushing gibt es bislang keine zugelassene medikamentöse Therapie. Mit Pasireotid befindet sich ein Somatostatin-Analogon in klinischer Prüfung, für das in einer Phase-III-Studie Wirksamkeit und Verträglichkeit nachgewiesen werden konnten, wie auf einem Pressegespräch von Novartis Oncology im November 2010 in Frankfurt berichtet wurde.

Morbus Cushing, benannt nach dem Neurochirurgen und Neurologen Harvey Williams Cushing, ist eine seltene, aber schwere Hypophysenerkrankung. In etwa 70% der Fälle wird sie durch ein Adenom in der Hypophyse verursacht, das adrenocorticotropes Hormon (ACTH) produziert. Folge ist die Ausbildung eines zentralen Cushing-Syndroms. Weitere Ursachen sind zum Beispiel eine gesteigerte Corticoid-Sekretion aus der Nebennierenrinde aufgrund von Neoplasien oder eine ACTH- oder- Corticoid-Bildung in ektopem Gewebe, beispielsweise bei einem kleinzelligen Bronchialkarzinom.

Pro Jahr erkranken etwa 2 Personen pro 1 Mio. Einwohner neu. In Deutschland sind derzeit schätzungsweise 2900 Personen an Morbus Cushing erkrankt. In mehr als 70% der Fälle sind Frauen betroffen.

Therapiestandard ist die Resektion des Adenoms. Sie führt bei Mikroadenomen in etwa 65 bis 90% der Fälle, bei Makroadenomen in 65% der Fälle zur Remission. Bislang gibt es keine zugelassene medikamentöse Therapie. In kleineren Studien wurden verschiedene Therapieansätze untersucht, die Ergebnisse waren jedoch insgesamt unbefriedigend.

Pasireotid senkt Cortisol-Werte

Das Multirezeptor-Somatostatin-Analogon Pasireotid (SOM230, Novartis) hemmt die Ausschüttung von ACTH, indem es gezielt an die Somatostatin-Rezeptoren sst1, sst3 und sst5 bindet, die von Hypophysenadenomen exprimiert werden. Im Rahmen der internationalen Phase-III-Studie PASPORT-CUSHINGS (Pasireotid clinical trial portfolio – Cushing’s disease), der bislang größten Studie zur medikamentösen Therapie bei Morbus Cushing, wurden Wirksamkeit und Verträglichkeit von Pasireotid bei 162 Patienten mit persistierendem oder rezidiviertem sowie neu diagnostiziertem Morbus Cushing, die für eine Hypophysen-Operation nicht infrage kamen, untersucht. Randomisiert erhielten die Patienten subkutan zweimal täglich 600 μg (n=82) oder 900 μg Pasireotid (n=80). Bei den Patienten, deren Konzentration an freiem Cortisol im Urin (UFC-Wert) sich am Ende der dreimonatigen Doppelblindphase nicht ausreichend normalisiert hatte, konnte die Dosierung um jeweils 300 μg erhöht werden. Alle anderen Patienten wurden auch in den weiteren drei Monaten doppelblind weiterbehandelt. Nach sechs Monaten wurde die Studie über weitere sechs Monate offen weitergeführt. Primärer Endpunkt war der Anteil der Patienten, die eine Normalisierung des UFC-Werts nach sechs Monaten Behandlung mit der initialen Pasireotid-Dosis, also ohne Dosiserhöhung, erreicht hatten.

Die UFC-Werte normalisierten sich

  • bei 26,3% der Patienten in der 900-μg-Gruppe (95%-KI: 16,6%–35,9%) und
  • bei 14,6% (95%-KI: 7,0%–22,3%) in der 600-μg-Gruppe.

Nach 12 Monaten betrug die Ansprechrate unabhängig von der Dosiserhöhung 25,0% in der 900-μg-Gruppe und 13,4% in der 600-μg-Gruppe. Der UFC-Wert wurde im Median um 62,4% in der 900-μg- und um 67,6% in der 600-μg-Gruppe reduziert. Damit einher ging eine Senkung von Blutdruck, Cholesterol-Werten und Körpergewicht (Abb. 1).

Abb. 1. Senkung der freien Cortisol-Konzentration im Urin (UFC) und des Körpergewichts bei Behandlung von Cushing-Patienten mit Pasireotid [nach Colao]

Die am häufigsten beobachteten Nebenwirkungen waren Durchfall, Übelkeit, Cholelithiasis und Bauchschmerzen. Bei etwa 70% der Patienten trat eine mit Hyperglykämie assoziierte Nebenwirkung auf, die teilweise eine entsprechende Intervention erforderlich machte.

Fazit

Mit dieser bislang größten prospektiven Studie zur medikamentösen Therapie des Morbus Cushing konnte gezeigt werden, dass Pasireotid möglicherweise für diese seltene Erkrankung eine Therapieoption darstellt.

Quellen

Prof. Dr. Martin Reincke, München, Prof. Dr. Stephan Petersenn, Hamburg, Pressegespräch „Seltene Tumoren im Fokus“, Frankfurt, 24. November 2010, veranstaltet von Novartis Oncology.

Colao, A. et al. Pasireotide (SOM230) provides clinical benefit in patients with Cushing’s disease: results from a large, 12-month, randomized-dose, double-blind, Phase III study, Abstract # OC1.7. European Neuroendocrine Association (ENEA), 14th Congress, 22. bis 25. September 2010, Liège (Belgien).

Arzneimitteltherapie 2011; 29(01)