Resektables Pankreaskarzinom

Vergleichbares Gesamtüberleben unter Fluorouracil/Folinsäure und Gemcitabin


Dr. Barbara Kreutzkamp, Hamburg

Bei adjuvanter Gabe von Gemcitabin bei Patienten mit resektablen Pankreaskarzinomen unterschied sich das Gesamtüberleben nicht im Vergleich zu Patienten, die eine Kombination von Fluorouracil und Folinsäure erhielten. Das mediane Gesamtüberleben lag unter beiden Regimes bei rund 23 Monaten, das mediane progressionsfreie Überleben bei etwa 14 Monaten. Das ist das Ergebnis der ESPAC-3-Studie, der mit 1088 Patienten größten bisher durchgeführten Studie zur adjuvanten Therapie des Pankreaskarzinoms.

Die 5-Jahres-Überlebensrate von Patienten mit Pankreaskarzinom liegt bei weniger als 5%. Ist eine operative Resektion möglich, verbessert sich die 5-Jahres-Überlebensrate auf rund 10%. Durch eine adjuvante Chemotherapie können die Überlebensraten weiter gesteigert werden. Gute Erfolge nach Karzinomresektion wurden mit Fluorouracil (z. B. 5-FU medac) plus Folinsäure (Leucovorin®) erzielt, das in der ESPAC-1-Studie (ESPAC: European study group for pancreatic cancer) das Gesamtüberleben nach Resektion signifikant verlängerte. Ob eine adjuvante Therapie mit Gemcitabin (z. B. Gemzar®), dem Standardtherapeutikum bei fortgeschrittenem, nicht mehr operablem Pankreaskrebs, einer adjuvanten Behandlung mit Fluorouracil plus Folinsäure nach Pankreaskarzinom-Resektion hinsichtlich der Gesamtüberlebenszeit gleichwertig ist, sollte in der ESPAC-3-Studie untersucht werden.

Ursprünglich wurde die ESPAC-3-Studie als dreiarmige Phase-III-Studie konzipiert, bei der die Patienten der Kontrollgruppe lediglich operiert wurden. Nachdem sich aber Gemcitabin während der ESPAC-1-Studie als Mittel der Wahl bei fortgeschrittenem Pankreaskarzinom etabliert hatte, wurde 2003 die Kontrollgruppe geschlossen und die Studie als zweiarmiger Vergleich fortgeführt.

Methodik

Die ESPAC-3-Studie ist eine randomisierte, offene Phase-III-Studie mit 159 Pankreaskarzinom-Zentren in Europa, Australien, Asien, Japan und Kanada. Eingeschlossen in den Zweigruppenvergleich waren 1088 Patienten mit einem duktalen Adenokarzinom des Pankreas, bei denen eine R0/R1-Pankreasresektion vorgenommen worden war. Die Patienten erhielten entweder Fluorouracil plus Folinsäure (20 mg/m2 Folinsäure als i. v. Bolusinjektion gefolgt von 425 mg/m2 Fluorouracil als i. v. Bolusinjektion an den Tagen 1 bis 5 alle 28 Tage) (n=551) oder Gemcitabin (1000 mg/m2 als i. v. Infusion einmal pro Woche in drei von vier Wochen) (n=537), jeweils über sechs Zyklen (24 Wochen). Primäres Studienziel war das Gesamtüberleben, sekundäre Endpunkte waren progressionsfreies Überleben, Toxizität und Lebensqualität. Die Nachbeobachtungszeit betrug mindestens zwei Jahre.

Ergebnisse

Die Analyse wurde anhand der Daten der Intention-to-treat-Population nach einem Follow-up von median 34,2 Monaten durchgeführt. Zum Zeitpunkt der Analyse waren 753 (69%) der Patienten gestorben. Das mediane Gesamtüberleben betrug für Patienten unter Fluorouracil plus Folinsäure 23,0 Monate (95%-Konfidenzintervall [KI] 21,1–25,0) und für Patienten unter Gemcitabin 23,6 Monate (95%-KI 21,4–26,4) (Abb. 1). Auch im medianen progressionsfreien Überleben unterschieden sich die beiden Behandlungsgruppen nicht signifikant (14,1 Monate unter Fluorouracil/Folinsäure vs. 14,3 Monate unter Gemcitabin).

Abb. 1. Gesamtüberleben bei Patienten mit resektablen Pankreaskarzinomen in der ESPAC-3-Studie; HR: Hazard-Ratio; KI: Konfidenzintervall

Bei 77 Patienten (14%) der Fluorouracil/Folinsäure-Gruppe traten 97 behandlungsbedingte schwere Nebenwirkungen auf, verglichen mit 40 Patienten (7,5%) der Gemcitabin-Gruppe, bei denen 52 behandlungsbedingte Nebenwirkungen dokumentiert wurden (p<0,001). In der Fluorouracil/Folinsäure-Gruppe traten häufiger Grad-3/4-Stomatitis und -Diarrhö auf (jeweils p<0,001), in der Gemcitabin-Gruppe hämatologische Toxizitäten vom Grad 3/4 (p=0,003). Für die Lebensqualität ergab sich zwischen den beiden Gruppen kein signifikanter Unterschied.

Als unabhängige prädiktive Faktoren für ein besseres Gesamtüberleben erwiesen sich Tumorstadium, Nodalstatus, Tumorgröße, postoperative Serum-CA19-9-Konzentration, Performance-Status, Rauchen und bei univariater Analyse auch der Status der Resektionsränder.

Diskussion

Bei Patienten nach Pankreaskarzinom-Resektion unterschied sich die adjuvante Therapie mit Gemcitabin beim Gesamtüberleben, beim progressionsfreien Überleben und bei der Lebensqualität nicht signifikant von der kombinierten Gabe von Fluorouracil und Folinsäure. Die mediane Gesamtüberlebenszeit lag in beiden Gruppen bei rund 23 Monaten.

Diese Ergebnisse stehen im Gegensatz zu den Ergebnissen einer kleineren Studie bei Patienten mit nicht reseziertem, fortgeschrittenem Pankreaskarzinom, in der Gemcitabin der Kombination überlegen war – allerdings war das Fluorouracil-Regime in dieser Studie weniger intensiv als in der ESPAC-3-Studie (600 mg/m2/Woche als Bolus ohne Folinsäure).

Basierend auf den Ergebnissen der ESPAC-3-Studie wird nun die ESPAC-4-Studie durchgeführt, bei der die Kombination von Gemcitabin und Capecitabin, einem oral aktiven Fluoropyrimidin, mit einer Gemcitabin-Monotherapie verglichen wird.

Quelle

Neoptolemos JP, et al. Adjuvant chemotherapy with fluorouracil plus folinic acid vs. gemcitabine following pancreatic cancer resection. JAMA 2010;304:1073–81.

Arzneimitteltherapie 2011; 29(01)