Wie kann ein Patient in der Praxis von Amiodaron auf Dronedaron umgestellt werden?
Seit 2010 ist das Antiarrhythmikum Dronedaron für klinisch stabile Erwachsene mit nicht permanentem Vorhofflimmern zugelassen, um ein erneutes Auftreten von Vorhofflimmern zu vermeiden oder die ventrikuläre Herzfrequenz zu senken. Es ist neben der Muttersubstanz Amiodaron der zweite auf dem Markt befindliche „Multikanalblocker“. Nach den aktuellen ESC-Leitlinien ist Dronedaron insbesondere bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung, Hypertonie mit Linksherzhypertrophie oder stabiler Herzinsuffizienz (NYHA I–II) angezeigt. Weiterhin kann es alternativ beispielsweise zu Flecainid bei gering ausgeprägter struktureller Herzerkrankung oder bei Patienten mit Nebenwirkungen unter Amiodaron eingesetzt werden [1].
Amiodaron besitzt eine sehr hohe antiarrhythmische Potenz, weist aber aufgrund des enthaltenen Iods und der hohen Lipophilie einige extrakardiale und organtoxische Nebenwirkungen auf. Dies betrifft beispielsweise Schilddrüse, Augen oder Lunge. Dronedaron ist weniger lipophil, zudem fehlt der Iodsubstituent. Im Hinblick auf diese unerwünschten Arzneimittelwirkungen stellt es somit eine nebenwirkungsärmere Alternative zu Amiodaron dar, allerdings bei geringerer antiarrhythmischer Wirkung [4]. Seit der Zulassung des Arzneimittels wurde jedoch mehrfach über hepatozelluläre Schädigungen berichtet. In einem Rote-Hand-Brief wies der Hersteller am 21. Januar 2011 auf diese Problematik und die Notwendigkeit von Kontrolluntersuchungen hin (s. u.) [2].
Vorgehen bei der Umstellung
Vor der Anwendung von Dronedaron muss die Therapie mit Klasse-I- oder -III-Antiarrhythmika abgesetzt werden. Amiodaron als Klasse-III-Antiarrhythmikum besitzt eine sehr lange Halbwertszeit von 20 bis 100 Tagen, die bei der Umstellung auf Dronedaron beachtet werden muss. Verbindliche Handlungsanweisungen zur Durchführung dieses Medikamentenwechsels gibt es in der Fachinformation von Dronedaron nicht [7]. Der Hersteller verweist daher auf die Erfahrungen aus dem klinischen Studienprogramm zu Dronedaron: In der ERATO(Efficacy and safety of dronedarone for the control of ventricular rate)-Studie wurde Amiodaron mindestens zwei Monate, in der ATHENA-Studie (A trial with dronedarone to prevent hospitalization or death in patients with atrial fibrillation) mindestens vier Wochen vor Dronedaron-Gabe abgesetzt [3, 6]. In den EURIDIS/ADONIS-Studien (European trial in atrial fibrillation or flutter patients receiving dronedarone for maintenance of sinus rhythm/American-Australian-African trial with dronedarone in atrial fibrillation or flutter for the maintenance of sinus rhythm) fand keine Auswaschphase statt, so dass hier direkt mit der Einnahme von Dronedaron begonnen werden konnte [8]. Eine retrospektive Datenanalyse der Patienten, die innerhalb von 48 Stunden von Amiodaron auf Dronedaron wechselten, zeigte einen leichten Anstieg von Bradyarrhythmien sowie eine höhere Anzahl an QT-Verlängerungen (>500 ms) [9].
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Was muss bei der Umstellung von Amiodaron auf Dronedaron beachtet werden? |
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Konkrete Handlungsanweisungen zum Wechsel existieren bislang nicht. Aufgrund der langen Halbwertszeit von Amiodaron wird jedoch eine Auswaschphase von 2 bis 4 Wochen empfohlen. Bis weitere Studienergebnisse vorliegen, muss die Dauer individuell und anhand klinischer Erfahrungen festgelegt werden. |
Konkrete Empfehlungen zur sicheren Umstellung von Amiodaron auf Dronedaron in der Praxis lassen sich aus diesen Informationen allerdings nicht ableiten. Aus diesem Grund wird die optimale Dauer der Auswaschphase von Amiodaron nach kurzfristiger Therapie sowie nach chronischer Anwendung seit 2010 in weiteren Studien (ARTEMIS-AF) untersucht. Bis die Resultate dieser Untersuchungen verfügbar sind, muss das Zeitintervall bei der Umstellung auf Dronedaron individuell und anhand klinischer Erfahrungen festgelegt werden. Gwechenberger et al. empfehlen eine Amiodaron-Auswaschphase von zwei bis vier Wochen. Der Wechsel der Antiarrhythmika kann in der Regel ambulant erfolgen. Findet eine stationäre Umstellung statt, ist bei geeigneten Patienten unter Beobachtung des QT-Intervalls eine Verkürzung des Zeitraums möglich [5].
In der Fachinformation von Multaq® werden verschiedene Untersuchungen empfohlen (u. a. Überwachung des Plasmakreatininanstiegs, Kontrolle der Serum-Elektrolyte, EKG-Kontrollen). Aufgrund der unter Dronedaron aufgetretenen Fälle von Leberschädigungen wurde die Fachinformation inzwischen ergänzt. Danach sollten Leberfunktionstests
- vor Behandlungsbeginn,
- während der ersten 6 Monate der Therapie monatlich,
- in den Behandlungsmonaten 9 und 12 und
- anschließend in regelmäßigen Abständen
durchgeführt werden [7]. Bei einem Anstieg der Alanin-Aminotransferase (ALT) auf mehr als das 3-Fache des oberen Normwerts sollte der Wert innerhalb von 48 bis 72 Stunden erneut kontrolliert werden. Bestätigt sich der Wert, sollte Dronedaron abgesetzt werden. Darüber hinaus sollten Patienten angehalten werden, bei Symptomen, die auf eine mögliche Leberschädigung hindeuten, ihren Arzt zu kontaktieren [2, 7].
Fazit
Die Umstellung von Amiodaron auf Dronedaron besitzt klinische Relevanz. Aufgrund der langen Halbwertszeit von Amiodaron ist eine Auswaschphase vor Einnahme von Dronedaron empfehlenswert. Konkrete Handlungsanweisungen zum Wechsel der beiden Antiarrhythmika existieren bisher nicht. Die Umstellung sollte individuell und anhand klinischer Erfahrungen durchgeführt werden, wobei eine Auswaschphase von zwei bis vier Wochen empfohlen wird. Zudem müssen die Ergebnisse weiterer, derzeit laufender Studien zur optimalen und sicheren Umstellung von Amiodaron auf Dronedaron abgewartet werden.
Literatur
1. Camm AJ, et al. ESC AF Guidelines 2010. Eur Heart J 2010;31:2369–429.
2. AkdÄ Drug Safety Mail Nr. 138 vom 24.01.2011 → www.akdae.de/Arzneimittelsicherheit/DSM/2011-138.html (letzter Zugriff am 28.01.2011)
3. Davy JM, et al. Dronedarone for the control of ventricular rate in permanent atrial fibrillation: the efficacy and safety of dronedarone for the control of ventricular rate during atrial fibrillation (ERATO) study. Am Heart J 2008;156:527 e1–9.
4. Dobrev D, et al. New antiarrhythmic drugs for treatment of atrial fibrillation. Lancet 2010;375:1212–23.
5. Gwechenberger M, et al. Herzmedikamente: Dronedaron bei Vorhofflimmern. Austrian J Cardiol 2010;17:242–5.
6. Hohnloser SH, et al. Effect of dronedarone on cardiovascular events in atrial fibrillation. N Engl J Med 2009;360:668–78.
7. Fachinformation MULTAQ® 400 mg Filmtabletten; Stand Januar 2011.
8. Singh BN, et al. Dronedarone for maintenance of sinus rhythm in atrial fibrillation or flutter. N Engl J Med 2009;357:987–99.
9. Information der Firma Sanofi-Aventis vom 04. Juli 2010 „Wechsel von anderen Antiarrhythmika zu Dronedaron“.
Sophie Lochner, Institut für Klinische Pharmakologie, Medizinische Fakultät, Technische Universität Dresden, Fiedlerstraße 27, 01307 Dresden, E-Mail: Sophie.Lochner@mailbox.tu-dresden.de
Arzneimitteltherapie 2011; 29(03)