Dr. Susanne Heinzl, Reutlingen
Ranolazin ist ein Piperazinderivat, das den bei Ischämie und Herzinsuffizienz verstärkten späten Einwärtsstrom von Natriumionen (INa-late) in kardiale Muskelzellen hemmt. Dies verringert die intrazelluläre Natriumkonzentration und die daraus folgende Überladung mit Calciumionen. Die Calciumüberladung führt zu elektrischer Instabilität, erhöhter Wandspannung, reduzierter Kontraktilität und Zellschädigung.
Ranolazin verbessert damit die Perfusion im Ventrikel, es hat keinen Effekt auf das Druck-Frequenz-Produkt während Belastung. Die antiischämischen und antianginösen Wirkungen von Ranolazin sind also nicht mit Änderungen der Herzfrequenz und des Blutdrucks verbunden.
Im Rahmen der klinischen Entwicklung wurden vier randomisierte Plazebo-kontrollierte Studien bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit durchgeführt:
- MARISA: Monotherapie bei 191 Patienten (Crossover) zur Dosisfindung
- CARISA: Kombinationstherapie (n=823)
- ERICA: Kombinationstherapie in maximaler Dosierung (n=565)
- MERLIN-TIMI 36: Hochrisiko-Patienten mit akutem Koronarsyndrom (n=6560)
In die doppelblinde MERLIN-TIMI-36-Studie wurden 6560 Risikopatienten mit instabiler Angina pectoris oder Nicht-ST-Strecken-Hebungsinfarkt (NSTEMI) aufgenommen und randomisiert mit Ranolazin oder Plazebo behandelt. Die Studie war ereignisgesteuert, sie dauerte so lange bis mindestens 730 größere kardiovaskuläre Ereignisse und 310 Todesfälle aufgetreten waren.
Primärer Endpunkt war die Kombination aus kardiovaskulärem Tod, neuem oder rezidiviertem Herzinfarkt sowie wiederholter Ischämie. Er trat bei 21,8% der Ranolazin-Patienten und bei 23,5% der Patienten der Plazebo-Gruppe auf (Hazard-Ratio 0,92; p=0,11). Während sich bei Herzinfarkten und kardiovaskulären Todesfällen ebenfalls keine Unterschiede zwischen Ranolazin- und Plazebo-Gruppe ergaben, waren wiederholte Ischämien in der Ranolazin-Gruppe mit 13,9% signifikant seltener als in der Plazebo-Gruppe mit 16,1% (HR 0,87; p=0,03). Die Angina pectoris verschlechterte sich unter Ranolazin bei signifikant weniger Patienten als unter Plazebo (4,2 vs. 5,3%; p=0,023).
Eine vordefinierte Subgruppenanalyse bei einer Untergruppe von 3565 Patienten mit chronischer Angina pectoris belegte eine Verbesserung der Belastungsfähigkeit bei Ranolazin-Behandlung. Bei diesen Patienten waren seltener Revaskularisationsmaßnahmen erforderlich (4,5 vs. 6,4% mit Plazebo; p=0,006). Weitere Auswertungen der Studie zeigten, dass Ranolazin die Inzidenz ventrikulärer Arrhythmien verringerte.
Darüber hinaus hat die Substanz möglicherweise antidiabetische Eigenschaften, so verlängerte sie das Überleben von Betazellen bei diabetischen Mäusen und verstärkte die Insulinsekretion aus menschlichen Inselzellen. Bei Patienten mit Diabetes mellitus senkte Ranolazin den HbA1c-Wert.
Die antiischämischen, antiarrhythmischen und eventuell antidiabetischen Eigenschaften machen Ranolazin zu einer therapeutischen Alternative bei Patienten mit chronischer stabiler Angina pectoris, insbesondere dann, wenn die Zusatzeffekte vorteilhaft sind.
Quelle
Braunwald E. Ranolazine: from late INa+ to ischemia inhibition. ESC Paris, Minisatellitensymposium von Menarini, 30. August 2011.
Arzneimitteltherapie 2011; 29(11)