Aktualisierte Leitlinie der ESC

Kardiovaskuläre Krankheiten in der Schwangerschaft


Veröffentlicht am: 28.11.2019

Dr. Susanne Heinzl, Reutlingen

Eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe der European Society of Cardiology (ESC) hat die Leitlinien zu kardiovaskulären Erkrankungen in der Schwangerschaft aktualisiert. Nun liegt erstmals eine Leitlinie mit abgestuften Empfehlungen und Angaben zu Evidenzgraden vor. Diese wurde im Rahmen des ESC-Kongresses in Paris vorgestellt.

Neue Aspekte der aktuellen Publikation sind im Vergleich zu den 2003 veröffentlichten Leitlinien beispielsweise eine IC-Empfehlung zur genetischen Beratung von Frauen mit kongenitalen Herzerkrankungen oder Arrhythmien, Kardiomyopathien, Aortenerkrankungen oder anderen genetischen Störungen, die mit kardiovaskulären Erkrankungen assoziiert sind.

Bei einer zunehmenden Zahl genetischer Defekte kann den Frauen in der 12. Schwangerschaftswoche ein genetisches Screening angeboten werden. Darüber hinaus können entsprechend vorbelastete Frauen mit verschiedenen diagnostischen Verfahren wie einer fetalen Echokardiographie ab der 13. Woche untersucht werden.

Für die meisten Frauen wird eine vaginale Entbindung empfohlen.

Zu den einzelnen kardiovaskulären Erkrankungen finden sich in den Leitlinien detaillierte Hinweise und Bewertungen der derzeit verfügbaren diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten. Zum Beispiel wird darauf hingewiesen, dass bei stark erhöhtem Blutdruck der Nutzen einer antihypertensiven Therapie belegt ist, während dies bei leichter bis mäßig starker Blutdruckerhöhung (<160/110 mmHg) nicht der Fall ist. Für die Langzeitbehandlung gilt Alpha-Methyldopa als Therapie der Wahl. Labetalol (in Deutschland nicht im Handel) ist ähnlich wirksam und kann bei schweren Hochdruckformen auch intravenös gegeben werden. Therapieoptionen der zweiten Wahl sind Calciumkanalblocker wie Nifedipin (oral) oder Isradipin (i.v.). ACE-Hemmer, Angiotensinrezeptorantagonisten und direkte Reninhemmer sind in der Schwangerschaft strikt kontraindiziert.

Zur Arzneimitteltherapie bei Schwangeren mit kardiovaskulären Erkrankungen werden keine allgemeinen Empfehlungen abgegeben. Im Notfall sollten in Schwangerschaft und Stillzeit kontraindizierte Arzneimittel der Mutter aber nicht vorenthalten werden, Nutzen und Risiken sind jeweils sehr sorgfältig abzuwägen. Die ESC-Leitlinien enthalten eine mehrseitige Tabelle, in der – soweit bekannt – die Eigenschaften der verschiedenen kardiovaskulären Arzneimittel in Schwangerschaft und Stillzeit zusammengestellt sind.

Quellen

Regitz-Zagrosek V, et al. ESC Guidelines on the management of cardiovascular diseases during pregnancy. Eur Heart J doi:10.1093/eurheartj/ehr218.

Regitz-Zagrosek V. Symposium „ESC-Guidelines for the management of cardiovascular diseases during pregnancy”, ESC-Kongress, Paris, 30. August 2011.

Arzneimitteltherapie 2011; 29(11)