PCI bei Nicht-ST-Streckenhebungsinfarkt

Abciximab plus Heparin ist Bivalirudin nicht überlegen


Veröffentlicht am: 28.11.2019

Dr. Barbara Kreutzkamp, Hamburg

Bei Patienten mit einem Nicht-ST-Streckenhebungsinfarkt, die sich einer perkutanen Koronarintervention (PCI) unterziehen müssen, ist eine antithrombotische Behandlung mit der Kombination aus Abciximab und unfraktioniertem Heparin einer Therapie mit Bivalirudin hinsichtlich des Risikos für Tod, großen erneuten Myokardinfarkt, dringliche Revaskularisation und schwerwiegende Blutung nicht überlegen.

Risikopatienten mit einem akuten Koronarsyndrom erhalten heute meist eine perkutane Koronarintervention (PCI, percutaneous coronary intervention). Dieser Eingriff erfolgt unter antithrombotischem Schutz. Der direkte Thrombininhibitor Bivalirudin (Angiox®) hatte sich gegenüber der Kombination aus unfraktioniertem Heparin und einem Glykoprotein-IIb/IIIa-Inhibitor bei Patienten mit akutem ST-Streckenhebungsinfarkt als überlegen erwiesen. Bei Patienten mit einem Nicht-ST-Streckenhebungsinfarkt, die sich einer PCI unterziehen müssen, war die Datenlage diesbezüglich bislang unzureichend. In einer aktuellen Studie wurde daher untersucht, ob die Kombination von Abciximab (ReoPro®) und unfraktioniertem Heparin bei Patienten mit akutem Nicht-ST-Streckenhebungsinfarkt, die eine PCI erhalten, das klinische Ergebnis gegenüber einer Behandlung mit Bivalirudin verbessert.

Studiendesign

In die Studie wurden 1721 Patienten mit einem akuten Nicht-ST-Streckenhebungsinfarkt eingeschlossen, bei denen eine PCI erforderlich war. Die Patienten erhielten randomisiert und doppelblind entweder Abciximab plus unfraktioniertes Heparin (n=861) oder Bivalirudin (n=860). Geprüft wurde die Hypothese, dass Abciximab plus unfraktioniertes Heparin Bivalirudin im Hinblick auf den primären kombinierten Endpunkt aus Tod, großem erneutem Myokardinfarkt, dringlicher Revaskularisation oder schwerwiegender Blutung innerhalb von 30 Tagen nach der Randomisierung überlegen ist. Sekundäre Endpunkte waren die Kombination aus Tod, erneutem Myokardinfarkt jeglicher Größe oder dringlicher Revaskularisierung sowie – als Sicherheitsendpunkt – schwerwiegende Blutungen, jeweils innerhalb von 30 Tagen nach der Randomisierung.

Ergebnisse

Der primäre kombinierte Endpunkt trat bei 10,9% der Patienten (n=94) in der Abciximab-Gruppe und bei 11,0% der Patienten (n=95) in der Bivalirudin-Gruppe auf (relatives Risiko unter Abciximab 0,99; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,74–1,32; p=0,94).

Tod, erneuter Myokardinfarkt oder dringliche Revaskularisation kamen bei 12,8% der Patienten (n=110) in der Abciximab-Gruppe und bei 13,4% der Patienten (n=115) unter Bivalirudin vor (relatives Risiko 0,96; 95%-KI 0,74–1,25; p=0,76). Eine schwerwiegende Blutung trat bei 4,6% der Patienten (n=40) unter Abciximab verglichen mit 2,6% der Patienten (n=22) unter Bivalirudin auf (relatives Risiko 1,84; 95%-KI 1,10–3,07; p=0,02).

Diskussion

In dieser randomisierten Doppelblindstudie mit Nicht-ST-Streckenhebungsinfarkt-Patienten unter PCI verringerte sich das Risiko für Tod, großen erneuten Myokardinfarkt, dringliche Revaskularisation oder Major-Blutung innerhalb von 30 Tagen nach der Randomisierung unter einer Kombination von Abciximab und unfraktioniertem Heparin nicht signifikant im Vergleich zu einer Behandlung mit Bivalirudin. Jedoch war das Risiko für schwerwiegende Blutungen unter der Kombination erhöht. Die Kriterien für eine schwerwiegende Blutung waren in dieser Studie streng gewählt; es wurden nur solche Blutungen einbezogen, die die weitere Prognose sehr wahrscheinlich beeinflussen.

In vorangegangenen Studien hatte sich Bivalirudin bereits bei Patienten, die sich bei einem ST-Streckenhebungsinfarkt einer PCI unterziehen müssen, gegenüber der Kombination als überlegen erwiesen. Den Ergebnissen der vorliegenden Studie zufolge ist Bivalirudin auch bei Patienten mit einem Nicht-ST-Streckenhebungsinfarkt, die eine PCI erhalten, eine wirksame und sichere Behandlungsoption.

Quelle

Kastrati A, et al. Abciximab and heparin versus bivalirudin for non-ST-elevation myocardial infarction. N Engl J Med 2011;365:1980–9.

Arzneimitteltherapie 2012; 30(05)