Primärprävention kardiovaskulärer Ereignisse

Niedrig dosiertes Aspirin bei japanischen Risikopatienten unwirksam


Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Eine multizentrische Parallelgruppen-Studie zeigt: Eine Behandlung mit niedrig dosierter Acetylsalicylsäure (Aspirin®) führt bei japanischen Patienten im Alter von über 60 Jahren und mit vaskulären Risikofaktoren nicht zu einer Reduktion schwerwiegender vaskulärer Ereignisse, erhöht aber das Blutungsrisiko.
Mit einem Kommentar von Prof. Dr. Hans-Christoph Diener

Seit mehr als 20 Jahren wird diskutiert, ob Acetylsalicylsäure (ASS) in der Primärprävention von Schlaganfall und Herzinfarkt eingesetzt werden sollte. Viele Studien und Metaanalysen haben bisher keinen eindeutigen Nutzen ergeben [1]. Vaskuläre Ereignisse wurden durch ASS reduziert, allerdings stieg das Risiko schwerwiegender Blutungskomplikationen. Es wurde allerdings kritisiert, dass die meisten Studien undifferenziert Patienten einschlossen und sich nicht auf Patienten höheren Alters mit vaskulären Risikofaktoren konzentrierten. In Japan wurde nun der Nutzen einer Primärprävention mit Acetylsalicylsäure bei einer Untergruppe mit erhöhtem Risiko untersucht.

Das Japanese Primary Prevention Project (JPPP) ist eine multizentrische, offene, randomisierte Parallelgruppen-Studie, in die 14464 Patienten im Alter zwischen 60 und 85 Jahren aufgenommen wurden. Die Rekrutierung erfolgte zwischen März 2005 und Juni 2007. Die Patienten wiesen neben dem Alter zusätzliche vaskuläre Risikofaktoren wie Hypertonie, Hyperlipidämie oder Diabetes mellitus auf und wurden über durchschnittlich 6,5 Jahre nachbeobachtet, spätestens bis Mai 2012. Die Teilnehmer wurden im Verhältnis 1:1 mit 100 mg ASS oder ohne ASS behandelt. Der primäre Endpunkt war Tod durch kardiovaskuläre Ereignisse, nichttödlicher Schlaganfall und nichttödlicher Herzinfarkt.

Die Patienten waren im Mittel 70 Jahre alt. 85% hatten eine Hypertonie, 72% eine Hyperlipidämie und 34% einen Diabetes mellitus; 13% waren Raucher. Die Studie wurde durch das Data Monitoring Committee nach einer mittleren Verlaufszeit von fünf Jahren abgebrochen, da sich keine Hinweise auf eine Wirksamkeit von ASS fanden. Todesfälle traten in beiden Therapiegruppen bei 56 Patienten auf. Nichttödliche Schlaganfälle traten bei 114 Patienten in der ASS-Gruppe und 108 in der Gruppe auf, die kein ASS erhielt. Die entsprechenden Zahlen für nichttödliche Myokardinfarkte betrugen 20 und 38. Die kumulative 5-Jahresrate für den primären Outcome betrug 2,77% für ASS vs. 2,96% für kein ASS (Hazard-Ratio [HR] 0,94, 95%-KI 0,77–1,15).

Signifikante Ergebnisse zugunsten von ASS zeigten sich lediglich bei nichttödlichen Myokardinfarkten und bei der Reduktion von transienten ischämischen Attacken. Unter Acetylsalicylsäure kam es zu einer signifikanten Zunahme des Risikos für extrakranielle Blutungen und Krankenhauseinweisungen.

Kommentar

Diese große Studie belegt wiederum, was frühere Studien und Metaanalysen bereits gezeigt hatten: Acetylsalicylsäure eignet sich nicht zur Primärprävention vaskulärer Ereignisse. Dies gilt ganz offenbar auch für Patienten, die älter sind und vaskuläre Risikofaktoren aufweisen.

Quelle

Ikeda Y, et al. Low-dose aspirin for primary prevention of cardiovascular events in Japanese patients 60 years or older with atherosclerotic risk factors: a randomized clinical trial. JAMA 2014;312:2510–20.

Literatur

1. Bartolucci AA, et al. Meta-analysis of data from the six primary prevention trials of cardiovascular events using aspirin. Am J Cardiol 2006;98:746–50.

Arzneimitteltherapie 2015; 33(06)