My-Hanh Nguyen, Berlin
Indikationsgebiet
Das multiple Myelom tritt mit einer jährlichen Inzidenz von vier bis fünf Neuerkrankungen pro 100000 Personen auf. Es handelt sich um eine maligne Erkrankung, die durch eine monoklonale Vermehrung von Plasmazellen im Knochenmark charakterisiert ist. Die krankhaft veränderten Plasmazellen produzieren alle den gleichen Antikörper (oder Antikörperbruchstücke), die als Paraproteine bezeichnet werden und für die Infektionsabwehr ungeeignet sind. Die entarteten Plasmazellen verdrängen im Erkrankungsverlauf die funktionierenden Zellen der Blutbildung im Knochenmark und damit die Produktion funktionstüchtiger Antikörper, was zu Abschwächung der Infektionsabwehr führt.
Das Überleben der an multiplen Myelom erkrankten Patienten hat sich seit der Einführung von immunmodulatorischen Substanzen (immunomodulatory drug, IMiD®) wie Lenalidomid (Revlimid®) sowie Proteasom-Inhibitoren wie Bortezomib (Velcade®) stark verbessert [1]. Jedoch treten auch bei Patienten nach dem Erreichen tiefer Remissionen Rezidive auf und diese sprechen nicht mehr auf die bisher verfügbaren Arzneistoffe wie Melphalan, Bortezomib und Lenalidomid an. Die Prognose der Patienten, die gegenüber Bortezomib und Lenalidomid refraktär sind, ist sehr schlecht, was sich auch in einer multizentrischen Auswertung der International Myeloma Working Group (IMWG) widerspiegelte. Diese Studie umfasste 213 an multiplem Myelom erkrankte Patienten, die refraktär gegenüber Bortezomib und einem IMiD® waren. Im Median haben diese Patienten bereits vier Vortherapien erhalten [6] und erhielten nach Einschluss in die Studie eine weitere Behandlung. Das Ergebnis der Studie zeigte eine ereignisfreie Überlebenszeit von nur fünf Monaten, wobei das Gesamtüberleben bei lediglich neun Monaten lag.
Pomalidomid (Imnovid®) ist in Kombination mit Dexamethason bei Patienten mit rezidivierten oder refraktären multiplen Myelom indiziert und stellt somit eine neue Option zur Behandlung dieser therapeutisch problematischen Patientengruppe dar. Pomalidomid erhielt die Zulassung durch die FDA (Food and drug administration) im Februar 2013 und im August 2013 von der EMA (European medicines agency) in Kombination mit Dexamethason zur Behandlung des rezidivierten und refraktären multiplem Myeloms bei erwachsenen Patienten, die mindestens zwei vorausgegangene Therapien erhalten haben, einschließlich mit Lenalidomid und Bortezomib, und die dennoch eine Progression zeigten [4].
Pharmakologie
Pharmakodynamik (Wirkungsmechanismus)
Pomalidomid ist ein neuer Vertreter aus der Gruppe der IMiD®, die sich durch multiple zelluläre Effekte auszeichnen und die das Wachstum von Myelomzellen hemmen [7]. Pomalidomid zeigt eine direkt gegen Myelomzellen gerichtete Wirkung, indem es das Wachstum und das Überleben dieser Zellen hemmt [2]. Zudem blockiert Pomalidomid die durch Stromazellen vermittelte Unterstützung des Myelomzellenwachstums [2]. Pomalidomid besitzt zusätzlich immunmodulatorische Wirkungen, die die Immunantwort auf Myelomzellen verstärkt. Es werden dabei T-Zellen kostimuliert, was zu einer Verstärkung einer dauerhaften Immunantwort vom Th1-Typ führt [11]. Weiterhin werden natürliche Killerzellen aktiviert und zur Proliferation angeregt [11], immunsuppressiv wirkende regulatorischen T-Zellen werden dagegen in ihrer Funktion und Proliferation inhibiert [5]. Zudem wird die Bildung von proinflammatorischen Zytokinen wie Tumornekrosefaktor alpha (TNF-α) und Interleukin 6 (IL-6) durch Monozyten gehemmt. Pomalidomid inhibiert zusätzlich die Proliferation von Lenalidomid-resistenten Zelllinien des multiplen Myeloms und wirkt synergistisch mit Dexamethason [2] zur Induktion der Tumorzellapoptose sowohl in Lenalidomid-sensitiven als auch in Lenalidomid-resistenten Zelllinien. Pomalidomid blockiert zudem die Migration und die Adhäsion von Endothelzellen und inhibiert somit die Angiogenese. Darüber hinaus werden noch weitere Wirkungsmechanismen vermutet, die momentan Gegenstand intensiver Forschung sind. Es ist jedoch bereits bekannt, dass Pomalidomid im Gegensatz zu Lenalidomid vielfältige Unterschiede im Wirkprofil zeigt, womit sich die Wirksamkeit von Pomalidomid selbst bei Lenalidomid-refraktären Patienten erklären lässt.
Pharmakokinetik
Die wichtigsten pharmakokinetischen Eigenschaften von Pomalidomid sind in Tabelle 1 dargestellt [3].
Tab. 1 Pharmakokinetische Parameter von Pomalidomid [3]
Parameter |
|
Orale Bioverfügbarkeit nach Einzeldosis |
73% |
Zeit (tmax) bis zur maximalen Plasmakonzentration (Cmax) |
2 bis 3 Stunden |
Mittlere maximale Gesamt-Plasmakonzentration |
13 ng/ml |
Plasmaeiweißbindung |
12–44% |
Verteilungsvolumen im Steady State |
62–138 l |
Metaboliten |
|
|
15% |
|
73% |
Mittlere Plasma-Halbwertszeit |
|
|
9,5 Stunden |
|
7,5 Stunden |
Mittlere Gesamtkörper-Clearance (CL/F) |
7 bis 10 l/h |
Pomalidomid wird gut und schnell oral resorbiert. Durch eine zeitgleiche Einnahme mit fett- und kalorienreicher Nahrung wird die Resorptionsgeschwindigkeit und die maximale Plasmakonzentration (Cmax) um etwa 25% gesenkt, jedoch sind die Auswirkungen auf das Gesamtausmaß der Resorption sehr gering. Aus diesem Grund kann Pomalidomid mahlzeitenunabhängig eingenommen werden.
Vor der Ausscheidung wird Pomalidomid umfangreich metabolisiert und danach primär renal ausgeschieden. Die Metabolite entstehen hauptsächlich Cytochrom-P450(CYP)-abhängig, aber auch CYP-unabhängige Metabolite und nicht metabolisiertes Pomalidomid werden eliminiert.
Spezielle Patientengruppen
Es liegen keine Daten für die Pomalidomidanwendung an Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren, für ältere Patienten oder Personen mit eingeschränkter Nieren- oder Leberfunktion vor.
Klinische Studien
Daten zur Wirksamkeit
Pomalidomid wurde in klinischen Studien der Phasen I bis III umfassend bewertet. Basierend auf Daten der Phase-I-Studie wurde für spätere Studien eine tägliche Dosis von 4 mg Pomalidomid über 21 Tage in 28-Tage-Zyklen gewählt [8].
Phase II
Besonders interessant waren die Ergebnisse der randomisierten Phase-II-Studie MM-002. In Rahmen dieser Studie wurden 221 Patienten mit multiplem Myelom mit Pomalidomid (Pom) allein oder mit einer Kombination bestehend aus Pomalidomid und niedrigdosiertem Dexamethason (LD-Dex; 40 mg pro Woche) behandelt. Die Studie wurde bei Patienten mit rezidiviertem und refraktärem multiplem Myelom durchgeführt, die bereits vorher mit Lenalidomid und Bortezomib behandelt wurden [9]. Die mittlere Anzahl der vorausgegangen Therapien dieser intensiv behandelten Patienten lag bei fünf.
Die Kombinationstherapie bestehend aus Pomalidomid und niedrigdosiertem Dexamethason (Pom-plus-LD-Dex) zeigte in dieser therapeutisch problematischen Patientengruppe vielversprechende Ergebnisse, wobei die Gesamtansprechrate (ORR) der 113 Patienten 33 % betrug [9]. Nach einem medianen Follow-Up von 14,2 Monaten betrug unter Pom-plus-LD-Dex das progressionsfreie Überleben (PFS) 4,2 Monate und das Gesamtüberleben (OS) 16,5 Monate im Vergleich zu der Therapie mit Pomalidomid allein mit einem PFS von 2,7 und ein OS von 13,6 Monaten [9].
Phase III
Aufgrund der vielversprechenden Ergebnisse der MM-002 und anderen Phase-II-Studien wurde die zulassungsrelevante Phase-III-Studie MM-003 veranlasst. Im Rahmen dieser multizentrischen, randomisierten, Open-Label-Studie wurde die Wirksamkeit und Sicherheit von Pomalidomid in Kombination mit Dexamethason geprüft. Es wurde hierbei die Behandlung mit Pom-plus-LD-Dex mit hochdosierten Dexamethason allein (HD-Dex) verglichen [10].
Es handelte sich hierbei um erwachsene Patienten mit rezidiviertem und refraktärem multiplem Myelom (rrMM), die mit mindestens zwei vorhergehenden Therapien, einschließlich mit Lenalidomid und Bortezomib, behandelt worden waren und unter der letzten Therapie Progression gezeigt hatten. Alle Patienten waren bereits intensiv behandelt und wiesen im Median fünf Vortherapien vor. Insgesamt wurden 455 Patienten in die Studie eingeschlossen, wovon 302 Patienten in den Pom-plus-LD-Dex und 153 in HD-Dex-Arm verteilt wurden.
- Patienten im Pom-plus-LD-Dex-Arm erhielten oral täglich 4 mg Pomalidomid an den Tagen 1 bis 21 jedes 28-Tage-Zyklus und zusätzlich 40 mg Dexamethason einmal wöchentlich während des 28-Tage-Zyklus
- Im HD-Dex-Arm wurde einmal täglich 40 mg Dexamethason an den Tagen 1 bis 4, 9 bis 12 und 17 bis 20 des 28-Tage Zyklus verabreicht. Die Dexamethason-Dosis wurde bei allen Patienten über 75 Jahren auf 20 mg reduziert. (Dosisreduktion in beiden Armen)
Als primärer Endpunkt galt das progressionsfreie Überleben und als wichtigster sekundärer Endpunkt das Gesamtüberleben.
Die mediane Dauer des PFS lag im Intention-to-treat-Kollektiv (ITT-Kollektiv) im Pom-plus-LD-Dex-Arm bei 15,7 Wochen im Vergleich zum HD-Dex-Arm mit nur 8 Wochen [3]. In Tabelle 2 sind die Daten für das PFS des ITT-Kollektivs zusammengefasst; die Kaplan-Meier-Kurve ist in Abbildung 1 dargestellt.
Tab. 2. Progressionsfreies Überleben des ITT-Kollektivs (nach Bewertung durch das IRAC auf der Grundlage der IMWG-Kriterien; stratifizierter Logrank-Test) [3]
Pom + LD-Dex (n=302) |
HD-Dex (n=153) |
|
Progressionsfreies Überleben |
||
Zensiert [n] (%) |
138 (45,7) |
50 (32,7) |
Progredient/verstorben [n] (%) |
164 (54,3) |
103 (67,3) |
Dauer des progressionsfreien Überlebens (Wochen) |
||
Mediana |
15,7 |
8,0 |
Zweiseitiges 95%-Klb |
13,0–20,1 |
7,0–9,0 |
Hazard-Ratio (Pom + LD-Dex vs. HD-Dex) [zweiseitiges 95%-Klc] |
0,45 [0,35–0,59] |
|
Logrank-Test, zweiseitiger p-Wertd |
<0,001 |
Kl: Konfidenzintervall; IRAC: Independent Review Adjudication Committee; aDer Medianwert basiert auf einer Kaplan-Meier-Schätzung; b95%-Konfidenzintervall über die Dauer des medianen progressionsfreien Überlebens ; cBasierend auf dem proportionalen Hazard-Modell nach Cox zum Vergleich der mit den Behandlungsgruppen assoziierten Hazard-Funktionen, stratifiziert nach Alter (≤75 vs. >75), Erkrankungen, Population (refraktär unter Lenalidomid und Bortezomib vs. nicht refraktär unter beiden Arzneimitteln) und Zahl der vorausgegangenen Myelom-Behandlungen (=2 vs. >2); dDer p-Wert basiert auf einem stratifizierten Logrank-Test mit den gleichen Stratifizierungsfaktoren wie das obige Cox-Modell. (Stichtag: 07.09.12)

Abb. 1. Progressionsfreies Überleben des ITT-Kollektivs (basierend auf der IRAC-Bewertung des Ansprechens auf die Therapie nach den IMWG-Kriterien; stratifzierter Logrank-Test) [3]. HD: High-Dose; HR: Hazard-Ratio; KI: Konfidenzintervall; LD: Low-Dose; POM: Pomalidomid
Am Stichtag der Datenerhebung waren 74,8% der Pom-plus-LD-Dex-Patienten und 62,1% der HD-Dex-Patienten noch am Leben. Die Dauer des medianen Gesamtüberlebens wurde im Pom-plus-LD-Dex-Arm nach den Kaplan-Meier-Projektionen noch nicht erreicht, wird aber der Erwartung nach mindestens 48 Wochen betragen [3]. Im Vergleich dazu belief sich die Dauer des medianen OS im HD-Dex Arm auf 34 Wochen. In Tabelle 3 sind die Daten für das OS des ITT-Kollektivs und in der Abbildung 2 die Kaplan-Meier-Kurve dargestellt.
Tab. 3. Gesamtüberleben ITT-Kollektiv [3]
Statistik |
Pom + LD-Dex (n=302) |
HD-Dex (n=153) |
Zensiert [n] (%) |
226 (74,8) |
95 (62,1) |
Verstorben [n] (%) |
76 (25,2) |
58 (37,9) |
Überlebensdauer, Mediana (Wochen) |
ns |
34,0 |
Zweiseitiges 95%-KIb |
48,1 bis ns |
23,4–39,9 |
Hazard-Ratio (Pom + LD-Dex vs. HD-Dex) [zweiseitiges 95%-KIc] |
0,53 [0,37–0,74] |
|
Logrank-Test, zweiseitiger p-Wertd |
<0,001 |
ITT: intention to treat; Kl: Konfidenzintervall; ns: nicht schätzbar. aDer Medianwert basiert auf einer Kaplan-Meier-Schätzung; b95%-Konfidenzintervall über die Dauer des medianen Gesamtüberlebens; cBasierend auf dem proportionalen Hazard-Modell nach Cox zum Vergleich der mit den Behandlungen assoziierten Hazard-Funktionen. dDer p-Wert basiert auf einem nicht stratifizierten Logrank-Test. (Stichtag: 07.09.12)

Abb. 2. Kaplan-Meier-Kurve des Gesamtüberlebens (ITT-Kollektiv) [3]. HD: High-Dose; HR: Hazard-Ratio; KI: Konfidenzintervall; LD: Low-Dose; NE: noch nicht erreicht; POM: Pomalidomid
Neben dem Gesamtüberleben war auch die Lebensqualität ein wichtiger sekundärer Endpunkt. Auch hier erwies sich das Pom-plus-LD-Dex-Regime als vorteilhaft gegenüber der HD-Dex-Behandlung.
Basierend auf die signifikanten Vorteile von Pom-plus-LD-Dex beim PFS und OS empfahl das Data Monitoring Committee die Beendigung der Studie und die Aufnahme der Patienten des HD-Dex-Arms in den Pom-plus-LD-Dex-Arm (Cross-Over) [3].
Die Daten dieser umfangreichen Studien unterstützen die Anwendung von Pomalidomid in Kombination mit niedrig dosiertem Dexamethason bei rrMM-Patienten, die vorhergehend mit Lenalidomid und Bortezomib behandelt wurden [2].
Daten zur Verträglichkeit [3]
Die häufigsten unerwünschten Ereignisse, die in den klinischen Studien beschrieben worden sind, waren Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems, zu denen die Anämie (45,7%), Neutropenie (45,3%) und Thrombozytopenie (27%) zählten. Weitere unerwünschte Ereignisse waren Fatigue (28,3%), Pyrexie (21%), peripheres Ödem (13%), Infektionen einschließlich parasitärer Ätiologie (auch Pneumonie) (10,7%), periphere Neuropathie (12,3%) sowie venöse embolische oder thrombotische Ereignisse (3,3%).
Nebenwirkungen der Grade 3 oder 4 betrafen am häufigsten Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems sowie Infektionen.
Unter den schwerwiegenden Nebenwirkungen trat die Pneumonie (9,3%) am häufigsten auf, gefolgt von febriler Neutropenie (4,0%), Neutropenie (2%), Thrombozytopenie (1,7%) und venösen embolischen oder thrombotischen Ereignissen (1,7%).
Daten zu Wechselwirkungen [3]
Einfluss von Pomalidomid auf andere Arzneimittel
Es wird nicht erwartet, dass Pomalidomid durch CYP450-Isoenzym-Inhibition, -Induktion oder Transporter-Inhibition bei gleichzeitiger Gabe mit Substraten dieser Enzyme oder Transporter eine klinisch relevante Arzneimittelinteraktion verursacht.
Einfluss anderer Arzneimittel auf Pomalidomid
Pomalidomid wird überwiegend über CYP1A2 und CYP3A4/5 metabolisiert und ist zudem ein Substrat für das P-Glykoprotein. Es wurden jedoch keine klinisch relevanten Arzneimittelinteraktionen bei gleichzeitiger Gabe des starken CYP3A4/5- und P-gp-Inhibitors Ketoconazol oder des starken CYP3A4/5-Induktors Carbamazepin mit Pomalidomid beobachtet. Bei zeitgleicher Einnahme von Pomalidomid mit starken CYP1A2-Inhibitoren wie Fluvoxamin oder Ciprofloxacin sollte eine engmaschige Überwachung auf unerwünschte Ereignisse durchgeführt werden.
Dexamethason
Die zeitgleiche und wiederholende Gabe von 20 mg bis 40 mg Dexamethason (schwacher bis mäßiger Induktor verschiedener CYP-Enzyme, u.a. CYP3A) mit 4 mg Pomalidomid hat keinen Einfluss auf die Pharmakokinetik von Pomalidomid im Vergleich zur Anwendung von Pomalidomid ohne Dexamethason. Bei gleichzeitiger Anwendung von Warfarin und Dexamethason wird empfohlen, die Warfarin-Konzentration engmaschig zu kontrollieren.
Dosierung und Art der Anwendung [3]
Dosierung
Die empfohlene Initialdosis Imnovid® beträgt 4 mg Pomalidomid einmal täglich oral an den Tagen 1 bis 21 der sich wiederholenden 28-Tage-Zyklen. Die empfohlene orale Dexamethason-Dosis beträgt 40 mg einmal täglich an den Tagen 1, 8, 15 und 22 eines jeden 28-Tage-Zyklus. Anhand von klinischen Befunden und Laborbefunden wird die Dosierung fortgesetzt oder modifiziert. Bei Fortschreiten der Erkrankung ist die Behandlung abzubrechen. Bei Auftreten von hämatologischen Nebenwirkungen muss die Dosis angepasst oder reduziert werden. Treten Nebenwirkungen auch nach einer Reduktion der Dosis auf 1 mg auf, so ist die Pomalidomid-Gabe abzubrechen.
Besondere Patientengruppen
- Kinder und Jugendliche: Für Personen im Alter von 0 bis 17 Jahren gibt es im Anwendungsgebiet multiples Myelom keinen relevanten Nutzen.
- Ältere Patienten: Eine Anpassung der Pomalidomid-Dosis ist nicht notwendig. Die Initialdosis von Dexamethason bei Patienten über 75 Jahren beträgt einmal täglich oral 20 mg an den Tagen 1, 8, 15 und 22 eines jeden 28-Tage-Zyklus.
- Patienten mit eingeschränkter Nieren- und Leberfunktion: Für diese Patientengruppen wurden noch keine Studien durchgeführt. Daher sollten unerwünschte Ereignisse sorgfältig überwacht werden.
Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen
Teratogenität [3]
Aufgrund der zum Thalidomid verwandten Struktur ist ein teratogener Effekt zu erwarten. Daher darf Pomalidomid in der Schwangerschaft nicht eingenommen werden. Sowohl bei Ratten als auch bei Kaninchen zeigte Pomalidomid eine teratogene Wirkung.
Alle Patientinnen müssen die Bedingungen des Schwangerschaftsverhütungsprogramms erfüllen, solange kein zuverlässiger Nachweis vorliegt, dass sie nicht gebärfähig sind. Diesem Programm zufolge müssen gebärfähige Frauen vier Wochen vor, während und nach der Behandlung sowie während Einnahmeunterbrechungen eine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden. Zudem finden wiederholt medizinisch überwachte Schwangerschaftstests statt, um eine Schwangerschaft auszuschließen. Da Pomalidomid auch in der menschlichen Samenflüssigkeit zu finden ist, müssen männliche Patienten während und nach der Behandlung sowie in den Einnahmeunterbrechungen Kondome verwenden, wenn sie Geschlechtsverkehr mit gebärfähigen Frauen haben.
Hämatologische Ereignisse [3]
Während der Behandlung sind die Patienten auf hämatologische Nebenwirkungen (insbesondere Neutropenie) zu überwachen. Zu Beginn der Behandlung ist das gesamte Blutbild in den ersten acht Wochen wöchentlich, danach monatlich zu überprüfen. Eine Dosisanpassung und eine unterstützende Behandlung mit Wachstumsfaktoren und/oder Blutprodukten können erforderlich sein.
Infektionen [2]
Eine antibiotische Prophylaxe sollte in den ersten drei Behandlungszyklen für alle Patienten in Erwägung gezogen werden, da das Infektionsrisiko in dieser Zeitspanne besonders hoch ist. Für Patienten mit einem sehr hohen Infektionsrisiko ist über die gesamte Behandlungszeit mit Pomalidomid eine Antibiotikaprophylaxe empfehlenswert. Bei Auftreten von Infektionen sollte die Therapie unterbrochen und sofort eine Antibiotikatherapie eingeleitet werden.
Thromboembolische Ereignisse [3]
Patienten mit einem erhöhten Thromboserisiko sind engmaschig zu überwachen. Zudem sollten Maßnahmen ergriffen werden, um Risikofaktoren wie Rauchen, Hypertonie und Hyperlipidämie zu reduzieren. Es wird eine Antikoagulationstherapie empfohlen, sofern diese nicht kontraindiziert ist. Die Entscheidung zu einer Thromboseprophylaxe muss nach sorgfältiger Betrachtung der Risikofaktoren individuell für jeden Patienten getroffen werden. Substanzen, die das Thromboserisiko erhöhen, sollten nur mit Vorsicht angewandt werden.
Bewertung und Zukunftsperspektive
Das Therapieregime, bestehend aus Pomalidomid und niedrig dosiertem Dexamethason, gilt als wichtige neue Behandlungsmöglichkeit für rrMM-Patienten, die refraktär gegenüber Lenalidomid und Bortezomib sind. Die signifikante Verbesserung des PFS und OS deuten darauf hin, dass die Kombinationstherapie das Potenzial hat, den Krankheitsverlauf zu modifizieren [10].
Die klinischen Daten zeigen, dass Pomalidomid mit niedrigdosierten Dexamethason eine neue Option als Second-Line-Therapie für Patienten, die nicht mehr auf die First-Line-Therapie, bestehend aus einer Kombination von Proteasom-Inhibitoren mit immunmoduliernden Substanzen wie Lenalidomid, Bortezomib und Dexamethason, ansprechen.
In den momentan laufenden MM-008- und MM-013-Studien wird die Behandlung mit Pomalidomid an Patienten mit Niereninsuffizienz untersucht, um auch hier eine evidenzbasierte Strategie für die Dosisanpassung von Pomalidomid in dieser Patientensubpopulation zu entwickeln.
Interessenkonflikterklärung
M-HN gibt an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.
Literatur
1. Brenner H, Gondos A. Pulte D. Recent major improvement in long-term survival of younger patients with multiple myeloma. Blood 2008. 111:2521–6.
2. Dimopoulos MA, et al. Expert panel consensus statement on the optimal use of pomalidomide in relapsed and refractory multiple myeloma. Leukemia 2014;28:1573–85.
3. Electronic Medicines Compendium (eMC). Imnovid 1 mg. www.medicines.org.uk/emc/medicine/28269 (Zugriff am 23.12.2014).
4. European Medicines Agency. Imnovid (pomalidomide). Summary of product characteristics. www.ema.europa.eu (Zugriff am 23.12.2014).
5. Galustian C, et al. The anti-cancer agents lenalidomide and pomalidomide inhibit the proliferation and function of T regulatory cells. Cancer Immunol Immunother 2009;58:1033–45.
6. Kumar SK, et al. Risk of progression and survival in multiple myeloma relapsing after therapy with IMiDs and bortezomib: a multicenter international myeloma working group study. Leukemia 2012;26:149–57.
7. Quach H, et al. Mechanism of action of immunomodulatory drugs (IMiDS) in multiple myeloma. Leukemia 2010;24:22–32.
8. Richardson PG, et al. Phase 1 study of pomalidomide MTD, safety, and efficacy in patients with refractory multiple myeloma who have received lenalidomide and bortezomib. Blood 2013:121:1961–7.
9. Richardson PG, et al. Pomalidomide alone or in combination with low-dose dexamethasone in relapsed and refractory multiple myeloma: a randomized phase 2 study. Blood 2014;123:1826–32.
10. San Miguel J, et al. Pomalidomide plus low-dose dexamethasone versus high-dose dexamethasone alone for patients with relapsed and refractory multiple myeloma (MM-003): a randomised, open-label, phase 3 trial. Lancet Oncol 2013;14:1055–66.
11. Schey S, Ramasamy K. Pomalidomide therapy for myeloma. Expert Opin Investig Drugs 2011;20:691–700.

Thi My-Hanh Nguyen studierte 2005–2009 Pharmazie an der Freien Universität Berlin. Sie absolvierte 2010 ein Praktikum an der University of Florida. Nach der Approbation begann sie 2011 ihre Promotion im Fachbereich pharmazeutische Technologie am radiologischen Institut der Charité – Universitätsmedizin Berlin in Kooperation mit dem pharmazeutischen Institut der Freien Universität Berlin.
Apothekerin My-Hanh Nguyen, Institut für Radiologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Charité Mitte, Charitéplatz 1/Sauerbruchweg 4, 10117 Berlin, E-Mail: mina-n@gmx.de
Pomalidomide plus low-dose dexamethasone for patients with relapsed and refractory multiple myeloma
The prognosis for patients with relapsed and refractory multiple myeloma (RRMM) who have exhausted the treatment with lenalidomid and bortezomib is very poor. Therefore, there is a great need for a well-tolerated and effective treatment option for patients with advanced myeloma. Pomalidomide (Imnovid®) is a new substance belonging to the group of immunomodulatory drugs (IMiDs®), which had demonstrated activity in MM patients with disease refractory to lenalidomide and bortezomib. Based on the positive outcomes of the pivotal clinical studies, pomalidomide received approval by the EMA (European medicines agency) in August 2013 for use in combination with dexamethasone in the treatment of adult patients with relapsed and refractory multiple myeloma who have received at least two prior therapies including lenalidomide and bortezomib and have demonstrated disease progression on the last therapy.
Key words: Pomalidomide, multiple myeloma, immunomodulatory drugs.
Arzneimitteltherapie 2015; 33(06)