LCZ696 bei chronischer Herzinsuffizienz

Ein neues Therapiekonzept mit dualem Wirkungsmechanismus


Dr. med. Peter Stiefelhagen, Hachenburg

LZC696 ist der erste Vertreter einer neuen Substanzklasse. Die Substanz vereint in sich einen AT1-Rezeptorblocker und einen Neprilysin-Inhibitor, verfügt also über einen dualen Wirkungsmechanismus. Angesichts der überzeugenden Ergebnisse der PARADIGM-HF-Studie könnte sich in der Therapie der Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz nach mehr als 20 Jahren ein Paradigmenwechsel abzeichnen, so das Fazit auf einer von der Firma Novartis Pharma GmbH veranstalteten Pressekonferenz im Rahmen des Kongresses der European Society of Cardiology (ESC).

Die chronische Herzinsuffizienz ist trotz gewisser Fortschritte weiterhin eine Erkrankung mit ernster Prognose. Die Hälfte der Patienten verstirbt innerhalb von fünf Jahren nach der Diagnosestellung. Somit ist die Prognose durchaus ähnlich der einer malignen Erkrankung. Die bisherige Prognose-verbessernde Standardtherapie umfasst RAAS-Blocker wie ACE-Hemmer oder AT1-Rezeptorblocker, Betablocker und Mineralocorticoid-Rezeptorblocker.

ARNI: Eine neue Substanzklasse

LCZ696 ist der erste Vertreter einer neuen Substanzklasse, nämlich der Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitoren (ARNI). Es handelt sich um einen kristallinen Salzkomplex mit zwei aktiven funktionalen Einheiten, nämlich dem AT1-Rezeptorblocker Valsartan und Sacubitril, einem Prodrug des Neprilysin-Inhibitors LBQ657. Neprilysin ist eine Protease, die unter anderem natriuretische Peptide abbaut. Die Hemmung von Neprilysin führt somit zu einem Anstieg der natriuretischen Peptide und verstärkt deren günstige Wirkungen (z.B. Blutdrucksenkung, erhöhte glomeruläre Filtrationsrate, Hemmung des kardialen Remodellings). LCZ696 verfügt also über einen dualen Wirkungsmechanismus: Es hemmt zum einen das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System und stärkt zum anderen das natriuretische Peptidsystem. Mit anderen Worten: Der insuffiziente Herzmuskel wird auf zweifachem Weg entlastet.

PARADIGM-HF-Studie

LCZ696 wurde im Rahmen der multizentrischen, randomisierten, doppelblinden Studie PARADIGM-HF untersucht, und zwar in einem vergleichenden Design mit dem ACE-Hemmer Enalapril (Tab. 1). Aufgenommen in die Studie wurden 8442 Patienten mit einer stabilen chronischen Herzinsuffizienz mit einer Auswurffraktion 40% im klinischen NYHA-Stadium II–IV. Dies wurde im Dezember 2010 im Studienprotokoll auf 35% geändert. In die Auswertung flossen schließlich die Ergebnisse von 8399 Patienten ein, wobei 70% der Patienten im NYHA-Stadium II waren. Das Follow-up betrug im Mittel 27 Monate.

Tab. 1. Studiendesign von PARADIGM-HF (Prospective comparison of ARNI with ACEI to determine impact on global mortality and morbidity in heart failure trial) [McMurray et al.]; BID: zweimal täglich

Studienziel

Wirksamkeit und Sicherheit von LCZ696 im Vergleich zu Enalapril in Bezug auf Morbidität und Mortalität von Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz

Studientyp

Interventionsstudie

Studienphase

Phase III

Studiendesign

Multizentrisch, randomisiert, kontrolliert, doppelblind, parallel

Eingeschlossene Patienten

8442*

Intervention

  • LCZ696 200 mg BID; n=4187
  • Enalapril 10 mg BID; n=4212

Primäre Endpunkte

Kardiovaskulär bedingter Tod oder Herzinsuffizienz-bedingte stationäre Aufnahme

Sekundäre Endpunkte

Gesamtmortalität, Veränderung in der klinischen Gesamtbewertung von Herzinsuffizienz-Symptomen und physischer Einschränkung (gemäß Kansas City Cardiomyopathy Questionnaire) nach 8 Monaten, Neuauftreten von Vorhofflimmern, Auftreten von Nierenfunktionsstörungen

Sponsor

Novartis Pharmaceuticals

Studienregisternummer

NCT01035255 (ClinicalTrials.gov)

* 43 Patienten wurden nicht in der weiteren Auswertung berücksichtigt

Prognose und Symptome werden verbessert

Die Auswertung ergab eine eindrucksvolle Überlegenheit von LCZ696. Der primäre Endpunkt aus kardiovaskulär bedingter Mortalität und Notwendigkeit eines Krankenaufenthalts wegen Herzinsuffizienz wurde durch LCZ696 im Vergleich zu Enalapril um 20% gesenkt (Tab. 2; Hazard-Ratio =0,80). Die kardiovaskulär bedingte Mortalität sank um 20%, die Notwendigkeit für eine stationäre Behandlung um 21%. Die Gesamtmortalität nahm um 16% ab.

Tab. 2. PARADIGM-HF-Studie: Vergleich von LCZ696 versus Enalapril [nach McMurray, et al.]; HR: Hazard-Ratio; 95%-KI: 95%-Konfidenzintervall

LCZ696
(n=4187)

Enalapril
(n=4212)

HR (95%-KI)

p-Wert

Primärer Endpunkt
[n (%)]

914 (21,8)

1117 (26,5)

0,80 (0,73–0,87)

<0,001

Kardiovaskulär bedingte Mortalität
[n (%)]

558 (13,3)

693 (16,5)

0,80 (0,71–0,89)

<0,001

Notwendigkeit für eine stationäre
Behandlung [n (%)]

537 (12,8)

658 (15,6)

0,79 (0,71–0,89)

<0,001

Sekundärer Endpunkt Gesamtmortalität
[n (%)]

711 (17,0)

835 (19,8)

0,84 (0,76–0,93)

<0,001

In der LCZ696-Gruppe traten etwas häufiger symptomatische Hypotonien (14,0% vs. 9,2%, p<0,001) auf, jedoch waren Behandlungsabbrüche aufgrund Hypotonie-bedingter Nebenwirkungen in beiden Gruppen gleich häufig. Unter LCZ696 kamen eine Verschlechterung der Nierenfunktion (3,3% vs. 4,5%), eine Hyperkaliämie (16,1% vs. 17,3%) und Husten seltener vor als unter Enalapril. Unter LCZ696 gab es häufiger nichtschwerwiegende Angioödeme. Ein Anstieg schwerwiegender Angioödeme wurde jedoch nicht beobachtet. In der LCZ696-Gruppe setzten 10,7%, in der Enalapril-Gruppe 12,3% der Patienten die Studienmedikation wegen eines unerwünschten Ereignisses ab (p=0,03).

Anstieg des BNP

Das B-natriuretische Peptid (BNP) und NT-proBNP werden bei Herzinsuffizienz vermehrt gebildet. Sie gelten deshalb als Biomarker für die Diagnosestellung. LCZ696 hemmt den Abbau von BNP, aber nicht von NT-proBNP. Somit kommt es unter der Therapie mit LCZ696 zu einem Anstieg des BNP, was aber nicht als Verschlechterung der kardialen Situation, sondern vielmehr als Ausdruck der Wirkung gesehen werden muss. Zur Verlaufskontrolle empfiehlt sich bei einer Therapie mit LCZ696 nur die Bestimmung des NT-proBNP, das in der PARADIGM-HF-Studie unter LCZ696 auch abnahm.

Fazit

LCZ696 ist der erste Vertreter einer neuen Substanzklasse: ARNI vereinen zwei Wirkkomponenten in sich, eine AT1-Rezeptorblockade und eine Neprilysin-Hemmung. Im Rahmen der PARADIGM-HF-Studie konnte die Substanz nicht nur die Notwendigkeit für eine erneute stationäre Behandlung, sondern auch die kardiovaskuläre und Gesamtmortalität günstig beeinflussen.

Quelle

Prof. Dr. med. Burkert Pieske, Berlin; Pressekonferenz „Neue Strategien bei der Behandlung von Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz“, veranstaltet von Novartis Pharma GmbH im Rahmen der Tagung der European Society of Cardiology (ESC), London, 1. September 2015.

Literatur

McMurray JJV, et al. Angiotensin-neprilysin inhibition versus enalapril in heart failure. N Engl J Med 2014;371:993–1004.

Arzneimitteltherapie 2015; 33(12)