Lang wirksamer Beta-2-Adrenozeptor-Agonist zur Dauertherapie bei chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD)
My-Hanh Nguyen, Berlin
Indikationsgebiet
Die Zulassung für den Arzneistoff Olodaterol (Striverdi® Respimat®, Boehringer Ingelheim) wurde in Deutschland im November 2013 erteilt [4]. Olodaterol wird mit dem Respimat® Inhalator verabreicht und dient zur Dauertherapie bei Patienten mit chronisch obstruktiver Atemwegserkrankung (COPD), einschließlich chronischer Bronchitis und/oder Emphysem.
Pharmakologie
Pharmakodynamik (Wirkungsmechanismus)
Neben den Arzneistoffen Formoterol, Salmeterol und Indacaterol ist mit Olodaterol ein neuer Vertreter der lang wirksamen Beta-2-Adrenozeptor-Agonisten (LABA) auf den Markt gekommen. Olodaterol bindet mit starker Affinität sowie hoher Selektivität an den humanen Beta-2-Adrenozeptor. Durch die Aktivierung des an der glatten Muskulatur der Atemwege befindlichen Rezeptors kommt es zur Dilatation der Bronchien (Abb. 1). Präklinische Studien zeigen einen schnellen Wirkeintritt und eine Wirkdauer von mindestens 24 Stunden [4].

Abb. 1. Wirkungsmechanismus von Olodaterol
Pharmakokinetik
Die wichtigsten pharmakokinetischen Eigenschaften von Olodaterol sind in Tabelle 1 zusammengefasst [4].
Tab. 1. Pharmakokinetische Parameter zu Olodaterol [4]
Mittlere absolute Bioverfügbarkeit nach Inhalation |
30% |
Zeit (tmax) bis zum Erreichen der maximalen Gesamt-Plasmakonzentration |
10–20 min |
Zeit bis zum Erreichen des Steady-States der Plasmakonzentration |
8 Tage |
Plasmaeiweißbindung (in vitro) |
60% |
Verteilungsvolumen nach intravenöser Gabe |
1110 l |
Metaboliten |
5 inaktive, 1 aktiver |
Gesamt-Clearance |
872 ml/min |
Renale Clearance |
173 ml/min |
Ausscheidung von Radioaktivität nach intravenöser Gabe markierter Substanz |
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53% |
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38% |
Terminale Halbwertszeit |
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22 h |
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45 h |
*Der aktive Metabolit ist jedoch auch bei langfristiger Inhalation der therapeutischen Dosis im Plasma nicht nachweisbar.
Pharmakokinetik spezieller Patientengruppen
Einer pharmazeutischen Metaanalyse zufolge ist eine Dosisanpassung bei COPD-Patienten aufgrund Alter, Geschlecht und Gewicht nicht erforderlich [4]. Bei Patienten mit Niereninsuffizienz ist eine Erhöhung der Dosis bis zur Verdopplung der empfohlenen Dosis unbedenklich. Eine leichte bis mittlere Leberinsuffizienz hat keine signifikante Auswirkung auf die systemische Exposition durch Olodaterol.
Klinische Ergebnisse
Daten zur Wirksamkeit
Die Phase-III-Studie zu Striverdi® Respimat® bestand aus mehreren randomisierten, Placebo-kontrollierten Doppelblindstudien und umfasste 3533 COPD-Patienten mit mittel- bis sehr schwer eingeschränkter Lungenfunktion [3]. Im Rahmen dieser klinischen Untersuchungen wurde Olodaterol in zwei 48-wöchigen Parallelstudien mit Placebo und Formoterol verglichen. Zwei weitere 48-wöchige Studien dienten zum Vergleich mit Placebo. Zudem wurden 6-wöchige Studien durchgeführt, von denen zwei Crossover-Studien mit Placebo und Formoterol und zwei weitere Crossover-Studien mit Tiotropium (Spiriva® HandiHaler®) als aktive Vergleichstherapie durchgeführt wurden. Im gesamten Studienprogramm waren mit Ausnahme anderer Arzneistoffe aus der Gruppe der LABA alle COPD-Arzneimittel als Begleittherapie erlaubt.
Die 48-wöchigen Studien zeigten, dass es bei Gabe von 5 µg Olodaterol einmal täglich morgens zu einer signifikanten Verbesserung (p<0,0001) der Lungenfunktion kam, mit einer mittleren Zunahme des FEV1-AUC0–3 h von 0,162 l versus Placebo und einer mittleren Zunahme der FEV1-Talwerts nach 24 Stunden um 0,071 l versus Placebo (p<0,001). Die Verbesserung der Lungenfunktion durch Olodaterol war sowohl in Kombination als auch ohne Tiotropium evident und ähnlich stark ausgeprägt wie unter einer zweimal täglichen Anwendung von Formoterol. Zudem verbesserte Olodaterol die morgendlichen und abendlichen PEFR-Werte (maximale exspiratorische Atemflussrate). Darüber hinaus ergab sich aus den Studien, dass mit Olodaterol behandelte Patienten sowohl tagsüber als auch nachts weniger Salbutamol (Notfallmedikament) benötigen als die Patienten aus der Placebo-Gruppe.
In den sechswöchigen Studien führte Olodaterol zu signifikant stärkeren Auswirkungen auf das forcierte Einsekunden-Ausatemvolumen versus Placebo. Die Anwendung von Olodaterol verbesserte die Lungenfunktion ähnlich wie bei Gabe von Formoterol (2-mal/Tag) oder Tiotropium (1-mal/Tag).
Tiotropium (Spiriva®) ist das am häufigsten verschriebene Arzneimittel zur Dauertherapie bei COPD. Olodaterol ist als einmal täglich anzuwendender LABA speziell zur Kombination mit Tiotropium entwickelt worden. Die Ergebnisse aus der TONADO™-Studie zeigen, dass die Kombination aus Tiotropium plus Olodaterol Respimat® FDC (fixed-dose combination) im Vergleich zu der jeweiligen Monotherapie die Lungenfunktion und gesundheitsbezogene Lebens-qualität (Health-related quality of life, HRQOL) signifikant verbessert [1].
Daten zur Verträglichkeit
Gelegentlich auftretende unerwünschte Arzneimittelwirkungen umfassen mitunter Nasopharyngitis, Schwindel und Hautauschläge [3]. Aufgrund der Zugehörigkeit zu der Gruppe der LABA besteht die Wahrscheinlichkeit, dass typische Wirkungen von Beta-2-Agonisten wie Myokardischämie, Hypertonie, Hypotonie, Tachykardie, Nervosität oder Mundtrockenheit auftreten können.
Daten zu Wechselwirkungen
Die gleichzeitige Gabe von Fluconazol (CYP2C9-Inhibitor) hatte keinen bemerkenswerten Einfluss auf die systemische Exposition durch Olodaterol [4]. Eine gleichzeitige Einnahme mit Ketoconazol (starker P-Glykoprotein- und CYP-Inhibitor) führte dagegen zum Anstieg der Cmax und der AUC0–1 h von Olodaterol. Bei zeitgleicher Anwendung von 5 µg Tiotropiumbromid als Fixed-Dose-Kombination mit 10 µg Olodaterol gab es keine nennenswerten pharmakokinetischen Interaktionen.
Dosierung und Art der Anwendung
Erwachsenen wird eine tägliche Dosis von 5 µg Olodaterol zur gleichen Tageszeit empfohlen [4]. Ältere Patienten und Patienten mit leichter bis mittelschwerer Leberinsuffizienz sowie Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion können sich nach der empfohlenen Dosis richten. Bei Kindern und Jugendlichen wurde die Wirksamkeit und Sicherheit von Olodaterol nicht untersucht.
Olodaterol ist nicht für die Anwendung bei Asthma bronchiale zugelassen. Zudem sollte Olodaterol nicht als Notfallmedikation bei Bronchospasmen eingesetzt werden.
Bewertung und Zukunftsperspektive
Olodaterol zeigt eine schnelle bronchodilatierende Wirkung, die circa fünf Minuten nach Inhalation einsetzt [2]. Die Wirkung hält 24 Stunden an und erlaubt daher eine einmalige Anwendung pro Tag. Olodaterol verbessert die Lungenfunktion, reduziert die Anwendung von Notfallmedikation und erhöht die Lebensqualität von COPD-Patienten. Olodaterol ist generell gut verträglich und zeigt nach einmaliger Anwendung ein 24-stündiges bronchodilatierendes Wirkungsprofil, das dem unter einer einmal täglichen Anwendung von Tiotropiumbromid und zweimal täglichen Anwendung von Formoterol ähnelt. Weitere Studien mit aktiven Vergleichskontrollen über eine längere Zeit wären hilfreich, um die Auswirkungen auf das Fortschreiten der COPD bewerten zu können.
Tiotropium
Der Bronchodilatator Tiotropiumbromid (Spiriva®) ist ein Muscarinrezeptor-Antagonist und indiziert zur Dauerbehandlung der chronischen obstruktiven Lungenerkrankung (COPD). Tiotropiumbromid verringert die Exazerbationrate und erhöht die Lebensqualität betroffener Patienten. Es hat eine Wirkdauer von mehr als 24 Stunden und muss daher nur einmal täglich inhaliert werden.
Zu möglichen unerwünschten Wirkungen gehören häufig Mundtrockenheit, gelegentlich Schwindel, Kopfschmerzen, Obstipation, Hautausschlag, Husten, Pharyngitis, Dysphonie, oropharyngeale Candidose, Pruritus, Harnverhalt oder Dysurie, sowie selten u.a. Insomnie, Augenerkrankungen wie Glaukom oder erhöhter Augeninnendruck, sowie Herzerkrankungen wie z.B. Vorhofflimmern oder Tachykardie.
[Fachinformation Spiriva®, Stand November 2014]
Interessenkonflikterklärung
M.-H. Nguyen gibt an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.
Literatur
1. Buhl R, et al. Tiotropium and olodaterol fixed-dose combination versus mono-components in COPD (GOLD 2–4). Eur Respir J 2015;45:969–79.
2. Deeks ED. Olodaterol: a review of its use in chronic obstructive pulmonary disease. Drugs 2015;75:665–73.
3. Electronic Medicines Compendium (eMC). Striverdi Respimat 2.5 microgram, solution for inhalation. www.medicines.org.uk/emc/medicine/28992 (Zugriff am 23.02.2015).
4. Fachinformation Striverdi® Respimat®. Boehringer Ingelheim. Stand: November 2013.

Dr. rer. nat. Thi My-Hanh Nguyen studierte 2005–2009 Pharmazie an der Freien Universität Berlin. Sie absolvierte 2010 ein Praktikum an der University of Florida. Nach der Approbation promovierte sie von 2011 bis 2014 im Fachbereich pharmazeutische Technologie am radiologischen Institut der Charité – Universitätsmedizin Berlin in Kooperation mit dem pharmazeutischen Institut der Freien Universität Berlin.
Dr. rer. nat. My-Hanh Nguyen, Freie Universität Berlin, E-Mail: mnguyen@zedat.fu-berlin.de
Olodaterol: long-acting beta 2 adrenoceptor agonist for maintenance therapy of adults with COPD
The long-acting beta 2 adrenoceptor agonist olodaterol (Striverdi® Respimat®) is indicated in the maintenance therapy of adults with COPD. Olodaterol is a bronchodilator that is inhaled once-daily. Trials over 48 weeks of treatment have shown an improved lung function compared to placebo. These studies also indicated that olodaterol is generally well tolerated, improves health-related quality of life and reduces the use of rescue medication. In crossed over studies olodaterol showed a 24-h bronchodilatory effect which was comparable to tiotropium bromide (once-daily) and formoterol (twice-daily). Olodaterol was also developed as a possible component for a fixed dose combination (FDC) with tiotropium. Studies with once-daily tiotropium + olodaterol FDC have shown significant improvements in lung function and health-related quality of life in patients with moderate to severe COPD compared to the monotherapies alone. The combination of olodaterol and tiotropium was approved in summer 2015 as Spiolto® Respimat®.
Key Words: Olodaterol, long-acting beta 2 adrenoceptor agonist, bronchodilator, chronic obstructive pulmonary disease
Arzneimitteltherapie 2015; 33(12)