Chronische Migräne

Wie lange soll eine Behandlung mit Onabotulinumtoxin A erfolgen?


Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Eine offene Studie aus Spanien zeigt, dass Onabotulinumtoxin A auch in der Langzeittherapie der chronischen Migräne bei bis zu 50% der betroffenen Patienten wirksam ist.
Mit einem Kommentar von Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Randomisierte Placebo-kontrollierte Studien zum Einsatz von Onabotulinumtoxin A (Botox®) bei der chronischen Migräne hatten einen Beobachtungszeitraum von bis zu einem Jahr [1–3]. Es gibt relativ wenige Langzeitdaten zur Wirksamkeit und zu Nebenwirkungen dieser Therapie.

In ihrer Studie behandelten die spanischen Autoren 132 Patienten mit chronischer Migräne mit einem mittleren Alter von 46 Jahren, darunter 119 Frauen. Bei allen Patienten wurde die Behandlung mit Onabotulinumtoxin A zunächst für ein Jahr in den üblichen dreimonatlichen Intervallen durchgeführt; dann wurde vier Monate gewartet und beobachtet, ob sich die Migräne wieder verschlechtert. Wenn dies der Fall war, wurde die Behandlung mit Onabotulinumtoxin A fortgesetzt.

Im ersten Jahr zeigten 108 der Patienten (81,8%) ein Ansprechen auf Onabotulinumtoxin A. Nebenwirkungen ereigneten sich bei 19 Patienten (14,4%). Nach dem Ende des ersten Behandlungsjahres zeigte die Hälfte der Patienten eine Verschlechterung der Migräne in der viermonatigen Beobachtungszeit. Bei diesen Patienten wurde die Behandlung in dreimonatlichen Intervallen fortgesetzt. Bei den meisten anderen Patienten konnten die Applikationsintervalle auf vier Monate verlängert werden. Sechs Patienten kamen sogar mit einer halbjährlichen Gabe (n=2) oder gänzlich ohne weitere Onabotulinumtoxin-A-Gabe (n=4) aus.

Über einen mittleren Zeitraum von zwei Jahren zeigte sich bei den Patienten, die auf Onabotulinumtoxin A ansprachen, eine Reduktion der Akut-Medikation um 53%. Migräne-bedingte Besuche in der Notaufnahme gingen um 61% zurück.

Kommentar

Die Ergebnisse dieser interessanten Langzeitstudie aus Spanien belegen, was auch unsere Erfahrung in Essen ist: Bei etwa der Hälfte aller Patienten mit chronischer Migräne bessert sich die Migräne unter einer Behandlung mit Onabotulinumtoxin A über ein Jahr bis zwei Jahre so gut, dass eine weitere Behandlung dann nicht mehr notwendig ist. Bei der anderen Hälfte der Patienten verschlechtert sich die Migräne jeweils drei bis vier Monate nach der letzten Injektion, sodass die Behandlung fortgesetzt werden muss. Beobachtungsdaten bezüglich der Langzeittherapie liegen inzwischen aus mehreren Zentren über einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren vor. Beim Löwenanteil der Patienten ist die Therapie weiterhin wirksam. In einzelnen seltenen Fällen wurden Muskelatrophien bei einigen der injizierten Muskeln beobachtet, ansonsten sind keine schwerwiegenden unerwünschten Arzneimittelwirkungen zu verzeichnen.

Quelle

Cernuda-Morollón E, et al. Long-term experience with onabotulinumtoxin A in the treatment of chronic migraine: What happens after one year? Cephalalgia 2015;35:864–8.

Literatur

1. Aurora SK, et al. Onabotulinumtoxin A for treatment of chronic migraine: results from the double-blind, randomized, placebo-con-trolled phase of the PREEMPT 1 trial. Cephalalgia 2010;30:793–803.

2. Diener HC, et al. Onabotulinumtoxin A for treatment of chronic migraine: results from the double-blind, randomized, placebo-controlled phase of the PREEMPT 2 trial. Cephalalgia 2010;30:804–14.

3. Dodick DW, et al. Onabotulinumtoxin A for treatment of chronic migraine: pooled results from the double-blind, randomized, placebo-controlled phases of the PREEMPT clinical program. Headache 2010;50:921–36.

Arzneimitteltherapie 2015; 33(12)