Chronische lymphatische Leukämie (CLL)

Hoffnungsvolle Daten bei Therapie mit erstem PI3K-Inhibitor


Dr. Annette Junker, Wermelskirchen

Idelalisib ist ein oral verfügbarer Inhibitor des Enzyms Phosphoinositid-3-Kinase(PI3K)-Delta. Der PI3K-Signalweg spielt eine wichtige Rolle für Wachstumssignale – ganz besonders in B-Lymphozyten. Während des 57. Jahrestreffen der American Society of Hematology (ASH) wurde im Dezember 2015 eine Studie als Late Breaking Abstract vorgestellt, in der bei älteren CLL-Patienten eine zielgerichtete Therapie mit Idelalisib zu so deutlichen Verbesserungen der Überlebensdaten führte, dass sie früh entblindet wurde [3].

Phosphoinositid-3-Kinasen sind Enzyme, die am PI3K/AKT/mTOR-Signalweg beteiligt sind. Dieser Signalweg hat einen wesentlichen Einfluss auf die Wachstumskontrolle, den Metabolismus und die Translation einer Zelle. Bei vielen B-Zell-Malignomen ist die Aktivität von PI3K erhöht. Innerhalb des Signalwegs existieren zahlreiche Zielstrukturen, die durch Arzneistoffe inhibiert werden können, um eine Tumorsuppression zu erzielen.

Idelalisib (Zydelig®) wurde basierend auf Ergebnissen der Zwischenanalyse einer Phase-III-Studie für die Behandlung von Patienten mit CLL in Kombination mit Rituximab in der Zweitlinientherapie oder bei solchen mit 17p-Deletion schon in der Erstlinientherapie zugelassen [1]. In dieser Studie wurde Idelalisib plus Rituximab mit Rituximab plus Placebo verglichen. Kritisch angemerkt von der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft wurde, dass es für den gewählten Kontrollarm (Rituximab als Monotherapie) weder eine Leitlinienempfehlung noch eine arzneimittelrechtliche Zulassung gibt [2].

Diese Lücke in der Studienlandschaft zur Bewertung des neuen PI3K-Inhibitors kann jetzt durch eine während des ASH vorgestellte Studie geschlossen werden.

Die Studie

In die Placebo-kontrollierte, doppelblinde, randomisierte Phase-III-Studie wurden zwischen Juni 2012 und August 2014 Patienten mit rückfälliger oder refraktärer CLL (n=416) aufgenommen und entweder

  • für sechs Zyklen mit Bendamustin (70 mg/m2) an den Tagen 1 und 2 eines vierwöchentlichen Zyklus und Rituximab (375 mg/m2 Zyklus 1, 500 mg/m2 Zyklus 2–6) (BR) plus Placebo oder aber
  • mit BR plus Idelalisib (150 mg zweimal täglich) (Idela) behandelt.

Die Randomisierung erfolgte 1:1.

Als primärer Endpunkt galt das progressionsfreie Überleben (PFS), zu den sekundären Endpunkten gehörten Ansprechraten und das Gesamtüberleben (OS) (Tab. 1). Die Patienten waren im Hinblick auf ihren 17p-del-, TP53- und IGHV-Mutationsstatus stratifiziert worden. Ein Crossover nach Progression war nicht vorgesehen, nach der Progression wurden die Patienten nach Wahl des behandelnden Arztes weiter therapiert.

Tab. 1. Studiendesign [www.clinicaltrials.gov]

Erkrankung

Chronische lymphatische Leukämie

Studienobjekt

Einfluss von Idelalisib auf die Tumorkontrolle

Studientyp

Interventionsstudie

Studienphase

Phase III

Studiendesign

Randomisiert, parallel, doppelblind

Eingeschlossene
Patienten

416

Intervention

  • Bendamustin, Rituximab
  • Bendamustin, Rituximab plus Idelalisib

Primärer Endpunkt

Progressionsfreies Überleben

Sponsor

Gilead Sciences

Studienregisternummer

NCT01569295
(ClinicalTrials.gov)

Längeres progressionsfreies und Gesamtüberleben mit Idelalisib

Bei einer vorher geplanten Interimsanalyse nach 67% aufgetretenen Vorfällen betrug das PFS in der Idelalisib-Gruppe 23,1 Monate im Vergleich zu nur 11,1 Monaten im BR-Arm (Hazard-Ratio [HR] 0,33, Abb. 1). Für die Patienten mit Hochrisiko-Prognose waren die HRs ähnlich überzeugend für die Idela-Kombination.

Abb. 1. Das vom unabhängigen Review-Komitee ermittelte progressionsfreie Überleben (PFS) war in der Idelalisib-Gruppe signifikant länger als in der BR-Gruppe [mod. nach 3]; BR: Bendamustin+Rituximab; HR: Hazard-Ratio; Idela: Idelalisib; KI: Konfidenzintervall

Die häufigsten Nebenwirkungen (alle Grade) waren im Idela-Arm Neutropenie und Fieber (63,3% vs. 41,5% im Vergleichsarm). Eine Dosisreduktion wurde in 11% vs. 6% durchgeführt, ein Abbruch der Therapie in 26% vs. 13% der Fälle (jeweils IdelaBR vs. BR). Zusätzlich hatte sich die Idela-Kombination zum Zeitpunkt der Interimsanalyse auch zu einem statistisch signifikant längeren Gesamtüberleben geführt (34 vs. 51 Todesfälle; HR 0,55; p=0,008; stratifiziert).

Aufgrund dieser Ergebnisse empfahl das unabhängige Review-Komitee, die Studie zu entblinden.

Fazit

Die Kombination aus Idelalisib und BR war besser als BR allein für Patienten mit R/R-CLL und führte zu längerem progressionsfeinen Überleben und zu längerem Gesamtüberleben. Diese Ergebnisse waren auch konsistent bei Patienten mit schlechter Prognose aufgrund ihrer genetischen Anomalien wie del 17p, TP53-Mutationen, unmutiertem IGHV und refraktären Patienten. Das Sicherheitsprofil entsprach dem dieser Arzneistoffe aus früheren Studien. Somit wurde von den Fachleuten vor Ort Idela plus BR als eine wichtige neue Behandlungsoption für Patienten mit R/R-CLL bewertet.

Literatur

1. Furman RR, et al. Idelalisib and rituximab in relapsed chronic lymphocytic leukemia. N Engl J Med 2014;370:997–1007.

2. www.akdae.de/Arzneimitteltherapie/NA/Archiv/201416-Zydelig.pdf (Letzter Zugriff am 25.02.16).

3. Zelenetz AD, et al. Idelalisib plus bendamustine and rituximab (BR) is superior to BR alone in patients with relapsed/refractory chronic lymphocytic leukemia: Results of a phase 3 randomized double-blind placebo-controlled study. ASH 2015, abstract LBA-5.

Arzneimitteltherapie 2016; 34(04)