Diabetes mellitus


Neuere therapeutische Ansätze

Prof. Dr. med. Gerhard Hintze, Lüneburg

Die Prävalenz des Diabetes mellitus, vor allem des Diabetes mellitus Typ 2, steigt weltweit an, eng assoziiert mit Übergewicht und Adipositas. Kardiovaskuläre Komplikationen des Diabetes mellitus haben entscheidenden Einfluss auf die Morbidität und Mortalität. Zwei neue Therapieansätze haben während der letzten Jahre Eingang in den klinischen Alltag gefunden: die sogenannte Inkretin-basierte Therapie sowie die Gruppe von Medikamenten, die in der Niere über Blockade des Natrium-Glucose-Cotransporters 2 (SGLT-2) die renale Glucose-Absorption hemmen.

Das Inkretin-basierte Therapieprinzip beruht auf der Wirkung von GLP-1 (Glucagon-like-peptide-1). Die GLP-1-Sekretion erfolgt in den L-Zellen des Dünndarmes. Die hierdurch bedingte Insulinsekretion ist glucoseabhängig, in Reaktion auf Nahrungsaufnahme: Bei niedrigem Blutzucker und euglykämischer Situation ist keine oder nur eine schwache Stimulation durch GLP-1 zu verzeichnen, bei Hyperglykämie eine starke, rasche Insulinsekretion. Ein weiterer Vorteil: Eine GLP-1-basierte Therapie ist mit keinem erhöhten Hypoglykämierisiko assoziiert. Neben der Verstärkung der glucoseabhängigen Insulinsekretion besitzt GLP-1 weitere Effekte: Es senkt die Glucagonsekretion und so die hepatische Glucosefreisetzung, verzögert die Magenentleerung und führt zu einem früheren Sättigungsgefühl, wodurch es zu einer Appetitabnahme kommt.

Zwei auf der GLP-1-Wirkung basierende Therapieprinzipien stehen zur Verfügung: GLP-1-Rezeptoragonisten mit pharmakologisch verstärkter Wirkung sowie Substanzen, die das Enzym DPP-4 (Dipeptidylpeptidase-4) hemmen. DPP-4 baut GLP-1 ab und ist für die nur sehr kurze Halbwertszeit von GLP-1 verantwortlich. Die Hemmung von DPP-4 führt zur Verlängerung dieser Halbwertszeit. Der erste GLP-1-Rezeptoragonist kam kurz nach der Jahrtausendwende zur subkutanen (s.c.) Injektion für Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 auf den Markt (Exenatid). In der Zwischenzeit ist eine Reihe weiterer GLP-1-Analoga mit kurz- (täglich s.c.) und langwirksamer (wöchentlich s.c.) Wirkung zugelassen. Für alle Substanzen ist ein positiver Effekt auf die diabetische Stoffwechsellage belegt.

Von entscheidender Bedeutung bei der Bewertung neuer Therapieprinzipien in der Diabetologie ist die Frage, ob mit diesem Therapieansatz kardiovaskuläre Komplikationen des Diabetes mellitus positiv beeinflusst werden. Für die Zulassung wurden von den Behörden seit einigen Jahren Vorgaben für die Abschätzung der kardiovaskulären Sicherheit gemacht. Diese Endpunktstudien sind aufwendig, da sie auf mehrere Jahre angelegt werden müssen. Für die GLP-1-basierte Therapie liegen erste Daten vor, die die kardiovaskuläre Sicherheit belegen. Für Liraglutid (LEADER-Studie, 9340 Patienten, [1]) wurde eine signifikante Risikoreduktion für Gesamtmortalität, kardiovaskuläre Mortalität oder Nephropathie beschrieben. Die Gesamtmortalität sank um 15%, die kardiovaskuläre Mortalität um 22%. Auch der primäre Endpunkt konnte um 13% reduziert werden. Ergebnisse von Studien mit weiteren Substanzen werden in Kürze erwartet.

Für den oralen SGLT-2-Inhibitor Empagliflozin konnte die kardiovaskuläre Sicherheit in der EMPA-REG-OUTCOME-Studie belegt werden [2]. In diese Untersuchung wurden mehr als 7000 Patienten mit vorbestehender kardiovaskulärer Erkrankung eingeschlossen. Bei Patienten, die Empagliflozin erhielten, konnte eine signifikante Abnahme um 14% des kombinierten Endpunktes dokumentiert werden. Es zeigten sich weitere positive Effekte: Das Risiko des kardiovaskulären Todes konnte gesenkt und die Anzahl der Krankenhausaufnahmen aufgrund einer kardialen Dekompensation vermindert werden. Auch der günstige Einfluss der SGLT2-Inhibitoren auf die diabetische Stoffwechsellage ist belegt. Allerdings ist auf eine möglicherweise schwerwiegende Nebenwirkung der Therapie hinzuweisen: Es gibt Berichte über ketoazidotische Komplikationen bei euglykämischer Stoffwechselsituation. Hierauf sollten im Gesundheitswesen Tätige achten und die Patienten sensibilisieren. Dennoch: SGLT-2-Inhibitoren haben unsere Therapiemöglichkeiten deutlich erweitert, was für Empagliflozin auch zur Erweiterung der Zulassung führte.

Gerade die Studien zur kardiovaskulären Sicherheit neuer Therapieansätze in der Diabetologie werden unser therapeutisches Handeln beeinflussen, zum Vorteil für unsere Patienten.

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