Immuntherapie in der Onkologie

Pembrolizumab hochwirksam bei verschiedenen Entitäten


Dr. Annette Junker, Wermelskirchen

Eine Immuntherapie mit Pembrolizumab ist wirksam bei einem seltenen Melanom-Subtyp, dem mukosalen Melanom, und verlängert das Leben von Patienten mit Blasenkrebs signifikant. Studien, die das gezeigt hatten, wurden während des europäischen Krebskongresses ECCO 2017 am 29.01.2017 in Amsterdam vorgestellt.

ECCO

Pembrolizumab bei Melanomen

Melanome kommen normalerweise in der Haut vor und werden unter anderem durch ultraviolettes Licht, zum Beispiel aus dem Sonnenlicht, hervorgerufen. Mukosale Melanome (zur Schleimhaut gehörend) sind im Vergleich zum kutanen Melanom wesentlich seltener. Sie kommen in den feuchten Oberflächen vor, die Körperhöhlen umranden, etwa in den Atemwegen, im Verdauungstrakt und im Urogenitalsystem. Ihre Ursache ist unbekannt. Sie machen ca. 1% der Melanome aus. Die Prognose ist schlecht, hauptsächlich aufgrund der späten Diagnose. Die Mehrzahl der Patienten mit metastasierter Erkrankung überlebt unter konventioneller Therapie weniger als ein Jahr. Bislang wurden Patienten mit mukosalen Melanomen oft bei Studien mit Immuntherapeutika ausgeschlossen.

In den sogenannten KEYNOTE-Studien wurde das Immuntherapeutikum Pembrolizumab (Keytruda®, Kasten) bei verschiedenen Krebsentitäten untersucht – in den Studien KEYNOTE 001, 002 und 006 bei Patienten mit fortgeschrittenen Melanomen. In diesen drei Studien mit insgesamt 1567 Patienten waren auch 84 Patienten mit fortgeschrittenen mukosalen Melanomen. 16 dieser Patienten (19%) sprachen auf Pembrolizumab an und 12 von ihnen lebten nach 27 Monaten immer noch progressionsfrei [1]. Bei den übrigen 1483 Patienten in diesen drei KEYNOTE-Studien, die andere Melanome hatten und mindestens eine Dosis Pembrolizumab erhalten hatten, betrug die Ansprechrate 33% und das Gesamtüberleben fast zwei Jahre. Das mediane Gesamtüberleben der Patienten mit mukosalen Melanomen betrug 11,3 Monate. 70% der Patienten mit mukosalen Melanomen, die in den Studien behandelt worden waren, wiesen einen positiven PD-L1(programmed death ligand 1)-Tumorstatus auf. 90% von ihnen waren bereits vorbehandelt, 39% sogar mit Ipilimumab.

Fazit der Studienautoren

Studienautor Marcus Butler, Toronto, erläuterte, die Immuntherapie habe bei Melanomen die Behandlung revolutioniert. Und auch bei mukosalen Melanomen gebe es einige Patienten mit kompletter Remission unter Pembrolizumab, die im Grunde ihr normales Leben weiter führen konnten. Einige, so Butler, hätten zwar nicht so spektakulär angesprochen, würden aber trotzdem noch von der Therapie profitieren. Somit solle bei Patienten mit mukosalen Melanomen diese Therapie auch in Erwägung gezogen werden. Und wenn auch die Ansprechraten bei ihnen ein wenig geringer seien als bei Patienten mit anderen Melanom-Typen, sollen sie doch in zukünftigen Studien nicht mehr ausgeschlossen werden, kommentierte Butler. Es sei jedoch noch nicht bekannt, warum einige Patienten mit mukosalen Melanomen auf Pembrolizumab ansprechen und andere nicht. Das sei aber eine wichtige Frage und die Forschung gehe hier weiter, resümierte Butler.

Längeres Überleben für Patienten mit Urothelkarzinom

In einer weiteren Studie mit Pembrolizumab, die in Amsterdam als Late Breaking Abstract vorgestellt wurde, zeigte sich für vorbehandelte Patienten mit Urothelkarzinom im fortgeschrittenen Stadium, dass sie mit einer Pembrolizumab-Therapie länger überlebten und weniger Nebenwirkungen hatten als solche, die mit Chemotherapie behandelt worden waren [2]. Für Urothelkarzinome im fortgeschrittenen Stadium gibt es zurzeit keine standardisierte Zweitlinientherapie. Zwar werden Paclitaxel, Docetaxel und Vinflunin oft eingesetzt, der klinische Benefit ist hier aber sehr begrenzt.

In der KEYNOTE-045-Studie waren zwischen 11/2014 und 11/2015 542 Patienten mit fortgeschrittenen Urothelkarzinomen aus 29 Ländern unabhängig von ihrer PD-L1-Expression randomisiert worden und entweder mit 200 mg Pembrolizumab i.v. (Pembro) alle drei Wochen behandelt worden oder aber mit einer von drei möglichen Chemotherapeutika (CT) nach Wunsch der behandelnden Ärzte. Zur Wahl standen im CT-Arm Paclitaxel 175 mg/m2, Docetaxel 75 mg/m2 oder Vinflunin 320 mg/m2, ebenfalls jeweils alle drei Wochen gegeben. Alle Patienten waren schon mit einer Platin-haltigen Chemotherapie vorbehandelt worden. Bei der zweiten geplanten Interims-Analyse nach einem medianen Follow-up von 14,1 Monaten waren noch 49 (18,4%) der Patienten im Pembro-Arm in Behandlung, aber nur noch drei (1,2%) im CT-Arm. Das mediane Gesamtüberleben war im Pembro-Arm signifikant länger (10,3 vs. 7,4 Monate; Hazard-Ratio [HR] 0,73; p=0,0022) (Abb. 1). Auch die Ansprechraten waren im Pembro-Arm signifikant besser (Gesamtansprechrate [ORR] 21,1% vs. 11,4%). Die Raten des kompletten Ansprechens (CR) betrugen 7,0% vs. 3,3%. Beim medianen progressionsfreien Überleben (PFS) zeigte sich zwar kein signifikanter Unterschied (medianes PFS 2,1 vs. 3,3 Monate; HR 0,98; p=0,42). Aber nach 12 Monaten lebten im Pembro-Arm noch 16,8% der Patienten progressionsfrei; im CT-Arm nur noch 6,2%. Unter der Pembro-Therapie kam es außerdem zu weniger Nebenwirkungen (alle Grade: 60,9 vs. 90,2%; Grade 3–5: 15% vs. 49,4%). In beiden Armen starben jeweils vier Patienten an Behandlungs-bedingten Nebenwirkungen.

Abb. 1. KEYNOTE-045: Das mediane Gesamtüberleben war bei den Patienten im Pembrolizumab-Arm signifikant länger als bei denen, die in der Zweitlinientherapie des Urothelkarzinoms mit Chemotherapie behandelt worden waren [mod. nach 2].

Fazit der Studienautoren

Andrea Necchi, Mailand, der die Studie vorstellte, wertete die KEYNOTE-045-Studie als Meilenstein, weil sie erstmals eine wirksame Therapie in der Zweitlinie des Urothelkarzinoms zeigen konnte, die das Gesamtüberleben signifikant verlängerte. Zusätzlich zu dem signifikant verlängerten medianen Gesamtüberleben sei auch die Dauer des Ansprechens unter Pembro sehr beeindruckend und viel besser als im Vergleichsarm gewesen. So betrug die Ansprechrate im Pembro-Arm nach einem Jahr noch 68% im Vergleich zu 35% im CT-Arm. Sowohl der Überlebens-Benefit als auch der des Ansprechens waren in dieser Studie unabhängig von der Expression von PD-L1. Da es sich bei diesen Patienten meist um ältere multimorbide Menschen handele, sei auch die deutlich geringere Inzidenz von Therapie-bedingten Nebenwirkungen erfreulich. Somit würden die Ergebnisse dieser Studie Pembrolizumab als neuen Therapiestandard für die Zweitlinientherapie von Urothelkarzinomen empfehlen, fasste er zusammen.

Literatur

1. Butler M, et al. Efficacy of pembrolizumab in patients with advanced mucosal melanoma enrolled in the KEYNOTE-001, 002, and 006 studies. ECCO 2017: Abstract #1142.

2. Necchi A, et al. LATE-BREAKING ABSTRACT: Pembrolizumab vs investigator-choice chemotherapy for previously treated advanced urothelial cancer: Phase 3 KEYNOTE-045 study. ECCO 2017: Abstract # 3LBA.

Infokasten

Pembrolizumab wirkt über seine Bindung an PD-1 (programmed cell death protein 1) und blockiert die Interaktionen von PD-1 und seinen Liganden PD-L1 und PD-L2. PD-L1 ist oft auf Krebszellen überexprimiert, PD-1 dagegen auf der Oberfläche aktiver T-Zellen und ist hier Teil des aktiven Immunsystems, das auch Krebszellen erkennt und bekämpft. Durch die Bindung von PD-L1 an PD-1 kommt es zu suppressiven Signalen an die T-Zelle, die den Tumor nicht mehr bekämpft.

Arzneimitteltherapie 2017; 35(05)