Dr. Barbara Ecker-Schlipf, Holzgerlingen; Mit einem Interview mit Prof. Dr. Kristian Reich, Hamburg
Die Psoriasis ist eine chronisch entzündliche Hauterkrankung, die charakterisiert ist durch Erytheme und silbrig-weiße Schuppen. Die Erkrankung erfordert eine frühe und anhaltende Kontrolle, vergleichbar mit der von anderen chronisch entzündlichen Erkrankungen wie rheumatoider Arthritis oder entzündlichen Darmerkrankungen. Da es sich für die Betroffenen um ein lebenslanges Problem handelt, sind effektive und kostengünstige Therapiemethoden von großer Wichtigkeit.
Seit mehr als 50 Jahren wird der Folsäure-Antagonist Methotrexat zur Behandlung der Psoriasis und psoriatrischen Arthritis eingesetzt. Im Wesentlichen auf der Grundlage von Erfahrungen und finanziellen Überlegungen wird Methotrexat in europäischen und US-Richtlinien als Erstlinien-Therapeutikum bei Psoriasis empfohlen. Allerdings bleiben Unsicherheiten im Hinblick auf optimales Dosierungsschema, Verabreichungsmethode und Sicherheitsprofil.
Studienziel und -design
Ziel der vorliegenden Studie war es, die Wirksamkeit eines intensivierten subkutanen Dosierungsschemas von Methotrexat bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Psoriasis vom Plaque-Typ zu untersuchen. Da der genaue Wirkungsmechanismus von Methotrexat bei Psoriasis noch nicht bekannt ist, wurden außerdem Hautbiopsien vor und während der Behandlung untersucht, um einen Einblick der Methotrexat-Effekte auf ausgewählte entzündliche Erkrankungswege zu erhalten.
Die prospektive, multizentrische, randomisierte, doppelblinde, Placebo-kontrollierte Phase-III-Studie (METOP, Tab. 1 [1]) wurde zwischen Februar 2013 und Mai 2015 an 16 Behandlungszentren in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und des Vereinigten Königreichs durchgeführt. Rekrutiert wurden 120 Patienten im Alter ab 18 Jahren, die mindestens sechs Monate vor Studienbeginn die Diagnose einer mittelschweren oder schweren Psoriasis erhalten hatten. Keiner der Patienten war zuvor mit Methotrexat behandelt worden.
Tab. 1. Studiendesign von METOP [nach 1]
Erkrankung |
Plaque-Psoriasis |
Studienziel |
Wirksamkeit eines intensivierten subkutanen Dosierungsschemas von Methotrexat |
Studienphase |
Phase III |
Studiendesign |
Prospektiv, multizentrisch, randomisiert, doppelblind |
Intervention |
|
Primärer Endpunkt |
PASI 75 zu Woche 16 |
Sekundäre Endpunkte |
Unter anderen: |
Sponsor |
medac GmbH |
Studienregisternummer |
NCT02902861 (ClinicalTrials.gov) |
Die Probanden erhielten die ersten 16 Wochen randomisiert entweder wöchentlich 17,5 mg subkutan verabreichtes Methotrexat (n=91 Patienten) oder ein Placebo (n=29 Patienten). Um die Nebenwirkungen von Methotrexat zu mildern, bekam jeder Teilnehmer noch wöchentlich 5 mg Folsäure. Die ersten 16 Wochen wurde die Studie doppelblind durchgeführt.
Nach 16 Wochen wurde die Doppelverblindung aufgehoben und alle Probanden erhielten bis in Woche 52 Methotrexat in einer Dosierung von wöchentlich 17,5 mg (Methotrexat-Methotrexat- versus Placebo-Methotrexat-Gruppe).
Wurde nach einer achtwöchigen Methotrexat-Therapie keine Reduktion um mindestens 50% im PASI-Score (Index zur Ermittlung des Schweregrads von Psoriasis-Erkrankungen) erreicht, konnte die Dosierung auf wöchentlich 22,5 mg subkutan erhöht werden. Gleichzeitig wurde das Volumen der Placebo-Injektionen angepasst.
Primärer Wirksamkeitsendpunkt war eine Reduktion im PASI-Score um 75% (PASI 75) von Studienbeginn bis Woche 16.
Studienergebnis
99 (83%) der Probanden beendeten die erste Phase der Studie bis in Woche 16, davon 71 (72%) die zweite Phase bis in Woche 52. Die Mehrzahl der Patienten waren Kaukasier mittleren Alters mit langjähriger Psoriasis-Dauer, einem mittleren Körpergewicht von über 90 kg und einem mittleren Body-Mass-Index von etwa 30 kg/m2.
Nach 16 Wochen erreichten 37 (41%) der Patienten aus der Methotrexat-Gruppe eine 75%ige Reduktion der Symptome (PASI 75) im Vergleich zu drei (10%) aus dem Placebo-Arm (relatives Risiko 3,93; 95%-Konfidenzintervall 1,31–11,81; p=0,0026). Zu diesem Zeitpunkt wiesen sogar 16 Probanden (18%) unter Methotrexat, aber keiner unter Placebo eine 90%ige Reduktion der Symptome auf.
Nach einem Jahr, am Ende der Studie, zeigten 45% der Patienten aus der Methotrexat-Methotrexat-Gruppe und 34% aus der Placebo-Methotrexat-Gruppe eine PASI-75-Antwort. Eine 90%ige Reduktion der Symptome konnte in diesem Zeitraum in beiden Studienarmen bei nahezu 28% der Probanden beobachtet werden.
Sicherheit
Die subkutane Verabreichung von Methotrexat war insgesamt gut verträglich. Als Nebenwirkungen traten hauptsächlich Nasopharyngitis, Kopfschmerzen, gastrointestinale Störungen sowie eine Erhöhung der Konzentration verschiedener Leberenzyme auf. Bei keinem der Studienteilnehmer wurden schwere Infektionen, bösartige Erkrankungen oder kardiovaskuläre Komplikationen festgestellt. Lediglich bei drei Patienten (3%), die über 52 Wochen mit Methotrexat therapiert wurden, waren die gastrointestinalen Nebenwirkungen so stark ausgeprägt, dass sie zum Therapieabbruch führten.
Wirkung zeigt sich auch in den Hautproben
Die klinischen Effekte der Methotrexat-Gabe ließen sich auch in den Biopsieproben nachweisen. So war bei Patienten, die auf Methotrexat ansprachen, vor allem die Anzahl der in die Haut infiltrierenden CD3-positiven T-Zellen erniedrigt. Die Expression von Zytokinen mit zentraler Rolle in den Signalwegen von T-Helferzellen vom Typ 17 sowie 1 wurde ebenfalls beeinflusst. Im Vergleich zum Ausgangswert waren auch die kutanen mRNS-Konzentrationen von Interleukin 17A in Woche 16 bei Methotrexat-PASI-75-Respondern stark reduziert, während sie sich bei Nonrespondern oder Placebo-Empfängern nicht signifikant veränderten. Deutlich ausgeprägt war bei einem Ansprechen auf Methotrexat außerdem ein Rückgang der Keratinozyten, die aktiv an Entzündungsprozessen beteiligt sind.
Fazit der Studienautoren
Bei der vorliegenden Studie handelt es sich um die erste doppelblinde, randomisierte und Placebo-kontrollierte Studie zur Behandlung von Psoriasis-Patienten vom mittelschweren bis schweren Plaque-Typ, in der Methotrexat subkutan injiziert wurde. Zudem wurde im Vergleich zu bisherigen Studien eine höhere Anfangsdosis des Wirkstoffs eingesetzt. Innerhalb eines Zeitraums von einem Jahr erwies sich die subkutane Methotrexat-Gabe als gut verträglich und wirksam: Wesentlich mehr Probanden unter Methotrexat als unter Placebo erreichten eine 75%ige Reduktion der Symptome.
Auch wenn der genaue Wirkungsmechanismus von Methotrexat bei Psoriasis noch nicht geklärt ist, lässt der Vergleich der Biopsieproben von Studienbeginn und Woche 16 vermuten, dass eher immunmodulierende als direkte antiproliferative Effekte über eine Hemmung der Dihydrofolat-Reduktase eine Rolle spielen.
Für die abschließende Beurteilung der Vor- oder auch Nachteile einer subkutanen Verabreichung von Methotrexat bei Psoriasis fehlt allerdings noch der direkte Vergleich mit der oralen Gabe.
Interview mit Professor Dr. Kristian Reich, Hamburg
AMT: Wie hoch sind die Kosten für den Einsatz von subkutanem Methotrexat bei Psoriasis?
KR: Methotrexat ist weltweit das am meisten eingesetzte Systemtherapeutikum bei der Psoriasis. Die Antikörpertherapien liegen ungefähr bei 23000 Euro Medikationskosten/Jahr in Deutschland. Methotrexat liegt oral bei ungefähr 100 Euro/Jahr; subkutan bei 1000 Euro/Jahr (metex®). Also kostet Methotrexat s.c. im Jahr so viel wie ein Biological in einer Woche.
Insofern haben wir natürlich einen riesigen Bedarf daran, diese an sich sehr günstige Therapie auch wissenschaftlich vernünftig zu untersuchen.
AMT: Was könnten die potenziellen therapeutischen Vorteile einer subkutanen Methotrexat-Therapie sein?
KR: Methotrexat ist ein Prodrug. Es wird verstoffwechselt zu Methotrexatpolyglutamat (MTX-PG). Die MTX-PG-Spiegel sind höher, wenn MTX subkutan geben wird.
Die Fragestellung in unserer METOP-Studie war, wie sich die veränderten MTX-PG-Spiegel auf Wirksamkeit und Verträglichkeit auswirken. Die Hauptprobleme bei MTX sind gastrointestinale Nebenwirkungen (Übelkeit, Brechgefühl), die ein bis zwei Tage nach der Einnahme auftreten können. Gerade in diesem Punkt wissen wir, dass die Verträglichkeit nach der subkutanen Gabe besser ist.
Die METOP-Studie ist die allererste hochwertige, d.h. doppelblinde, Placebo-kontrollierte Studie zur subkutanen Methotrexat-Gabe bei der Psoriasis. Zur oralen Langzeit-Wirksamkeit von MTX existiert eine weitere Studie mit den gleichen statistischen Methoden. MTX wurde dort als Vergleichspräparat zu Briakinumab über ein Jahr getestet [2]. Die Gesamt-Ansprechraten nach 16 Wochen sind gar nicht so dramatisch unterschiedlich im Vergleich zu subkutanem MTX. Man kommt auf fast 40% mit MTX oral. In der METOP-Studie sind es etwas über 40% mit subkutanem MTX. Aber die Langzeitwirksamkeit, d.h., wie gut ist das Präparat über die Zeit, um auch die Krankheit zu kontrollieren, ist wesentlich besser unter subkutanem Methotrexat. Da Psoriasis eine chronische Erkrankung ist, ist die Langzeitkontrolle das Entscheidende – also was man über ein, zwei Jahre erreicht hat. Ich glaube, dass das ein ganz wichtiger Hinweis darauf ist, dass wir zumindest bei den Patienten, bei denen die orale Therapie nicht funktioniert, auf subkutan umstellen sollten.
Eine direkte Vergleichsstudie oral gegen subkutan ist natürlich das, was man noch fordern müsste, um das wirklich ganz direkt und klar zu zeigen. Das ist eine wichtige Limitation der Aussagen, die wir bisher machen können.
AMT: Gibt es eine These, warum MTX subkutan besser verträglich sein sollte und weniger gastrointestinale Nebenwirkungen verursacht als MTX oral?
KR: Ich denke, der Applikationsweg spielt hier eine Rolle. Durch die parenterale Gabe wird sozusagen die direkte Exposition des Magen-Darm-Trakts, als Organ, an dem Nebenwirkungen stattfinden können, reduziert.
AMT: Gibt es eine Patientenpopulation, die Sie für besonders geeignet halten?
KR: Ein sehr wichtiger Punkt. Wir waren etwas erstaunt, als wir in der METOP-Studie sogar mit einer ganz konservativen statistischen Methode nach einem Jahr fast 30% Patienten mit PASI-90-Ansprechen hatten. Bei Methotrexat ist es offensichtlich nicht so, dass alle Patienten ein bisschen besser werden, sondern es gibt wirklich Responder und Nonresponder. Und wer anspricht, der spricht auch nicht nur ein bisschen an, sondern erreicht wirklich eine weitgehende Abheilung seiner Erkrankung.
Wir wissen, dass in der Verstoffwechslung von Methotrexat genetische Faktoren eine Rolle spielen. Ich glaube, dass wir in den nächsten Jahren möglicherweise Tests machen werden, die uns erlauben, besser vorherzusagen, wer denn nun diese drei bis vier von zehn Patienten sind, die ansprechen. Das ist ein spannendes Gebiet, war aber nicht Teil dieser Studie. Im Moment wissen wir einfach, wer ein höheres Risiko hat, Nebenwirkungen zu entwickeln. Das sind Patienten, die sehr übergewichtig sind oder an Typ-2-Diabetes erkrankt sind. Im Grunde genommen alles Patienten, die schon möglicherweise eine Vorschädigung der Leber aufweisen und somit wahrscheinlicher Nebenwirkungen an der Leber unter MTX entwickeln. Wir können aber nicht unbedingt sagen, welcher Patient derjenige sein wird, der besonders gut anspricht.
AMT: Gibt es noch etwas, das Sie zur Studie sagen möchten?
KR: Wir haben bei einem Teil der Patienten Biopsien aus der Haut entnehmen können: vor Therapiebeginn und nach Therapie in Woche 16. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass MTX in Wahrheit wahrscheinlich eine moderne immunmodulatorische Substanz ist. Wir konnten mit den Biopsien zeigen, dass es eine enge Korrelation zwischen dem individuellen klinischen Ansprechen und der Reduktion eines Schlüsselzytokins in der Haut gibt. Dabei handelt es sich um Interleukin 17A, das ja auch in den modernen biologischen Therapien gehemmt wird.
Wir werden – seien wir einmal ganz realistisch – nicht alle Patienten mit Therapien behandeln können, die 20000 Euro im Monat kosten. Das wird kein Gesundheitssystem, so gerne wir das vielleicht auch medizinisch-wissenschaftlich machen möchten, leisten können. Insofern ist es natürlich extrem wichtig, dass wir auch für unsere guten, alten, bewährten Präparate gute Daten generieren.
AMT: Vielen Dank für das Gespräch.
Literatur
1. Warren RB, et al. An intensified dosing schedule of subcutaneous methotrexate in patients with moderate to severe plaque-type psoriasis (METOP): a 52 week, multicentre, randomised, double-blind, placebo-controlled, phase 3 trial. Lancet 2017;389:528–37.
2. Reich K, et al. A 52-week trial comparing briakinumab with methotrexate in patients with psoriasis. N Engl J Med 2011;365:1586–96.
Arzneimitteltherapie 2017; 35(07)