Dr. Annette Junker, Wermelskirchen
Beim Nierenzellkarzinom (RCC) geht der maligne Tumor von den Tubuluszellen der Niere aus. Aufgrund der Histologie unterscheidet man drei Hauptformen. Der am häufigsten diagnostizierte Subtyp ist das klarzellige RCC (75%), gefolgt von der papillären (12%, Typ I und II) und chromophoben (4%) Unterform. Zusätzlich zur TNM-Klassifizierung der internationalen Vereinigung gegen Krebs (UICC) hinsichtlich der Ausdehnung des Primärtumors ist es üblich geworden, die Prognose des mRCC-Patienten mithilfe des sogenannten Motzer- oder MSKCC-(Memorial Sloan-Kettering Cancer Center-)Risikoscores in drei verschiedene Risikogruppen einzuteilen: prognostisch günstig, intermediär oder ungünstig [3]. Die Algorithmen sowohl für die medikamentöse Erst- als auch Zweit- oder Drittlinientherapien richten sich nach dieser Einteilung. Zum Einsatz kommen laut Leitlinien auch verschiedene Medikamente, die als Sequenz nach Versagen der vorhergehenden Therapie verabreicht werden. Die Substanzen besitzen unterschiedliche Angriffspunkte und Wirkungsmechanismen. Die gezielte Inhibierung des VEGF-Signalwegs mit beispielsweise Sunitinib hat sich dabei in den vergangenen Jahren zum Standard für die Erstlinientherapie des mRCC entwickelt. Allerdings können Tumorzellen gegen die eingesetzten antiangiogenen Wirkstoffe resistent werden – beispielsweise durch Umschalten bestimmter Signalwege. Dann schreitet die Erkrankung weiter fort.
In der Zweitlinientherapie stehen ebenfalls TKIs und der mTOR-Inhibitor Everolimus zur Verfügung.
Cabozantinib sehr effektiv durch dreifachen Wirkungsmechanismus
In der Phase-III-Zulassungsstudie METEOR wurde Cabozantinib bei Patienten mit fortgeschrittenem RCC mit dem mTOR-Inhibitor Everolimus verglichen. Bei den Patienten hatte mindestens eine vorangegangene VEGFR-TKI-Therapie versagt. Es zeigte sich eine Überlegenheit von Cabozantinib in allen drei Wirksamkeitsendpunkten, nämlich im primären Endpunkt, dem progressionsfreien Überleben (PFS; 7,4 vs. 3,9 Monate), dem Gesamtüberleben (OS; 21,4 vs. 16,5 Monate, Abb. 1) und der Gesamtansprechrate (ORR; 24% vs. 4%) [2]. Die Vorteile hinsichtlich OS und PFS zeigten sich in allen untersuchten Subgruppen: Sie waren unabhängig von der Dauer oder Zahl vorangegangener TKI-Therapien, dem Vorliegen von Viszeral- oder Knochenmetastasen oder dem Motzer-Risiko-Score. Offenbar ist durch das neue Wirkungsprinzip eine Überwindung von Resistenzen gegen VEGF-TKI möglich geworden.

Abb. 1. In der Meteor-Studie lebten die Patienten, die in der Zweitlinientherapie des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms Cabozantinib bekommen hatten, im Median signifikant länger als die im Everolimus-Arm (mod. nach [2])
Einsatz auch schon in der Erstlinientherapie
In der Phase-II-Studie CABOSUN führte Cabozantinib im Vergleich zu Sunitinib in der Erstlinienbehandlung von Patienten mit RCC mit mittlerem und schlechtem Risiko zu einem signifikant längeren PFS (8,6 vs. 5,3 Monate; HR =0,48; p=0 ,0008) [1] (Abb. 2). Auch hier zeigten sich die Vorteile in allen Subgruppen, inklusive Patienten mit Knochenmetastasen. Die amerikanische Zulassungsbehörde FDA ließ den Wirkstoff bereits im Dezember 2017 für die Erstlinientherapie zu. Die EAU (European Association of Urology) nahm Cabozantinib als eine Option zur RCC-Erstlinientherapie von Patienten mit mittlerer und ungünstiger Prognose in ihre Leitlinien auf.

Abb. 2. In der Erstlinientherapie des fortgeschrittenen RCC führte in der CABOSUN-Studie eine Therapie mit Cabozantinib im Vergleich zu Sunitinib zu einem signifikant längeren medianen progressionsfreien Überleben bei RCC-Patienten mit mittlerer und ungünstiger Prognose (mod. nach [1]).
Quelle
Priv.-Doz. Dr. Carsten Grüllich, Heidelberg, Dr. Philipp Ivanyi, Hannover, Pressegespräch „Behandlung des mRCC im Dialog“ veranstaltet von Ipsen Pharma GmbH im Rahmen des DKK 2018, Berlin, 23. Februar 2018.
Literatur
1. Choueiri TK, et al. ESMO Congress 2017, Poster LBA38.
2. Choueiri TK, et al. Lancet Oncol 2016;17:917–27.
3. www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/nierenzellkarzinom-hypernephrom/@@view/html/index.html#litID0ETWAE (Stand Januar 2018).
Arzneimitteltherapie 2018; 36(05):181-193