Dr. Claudia Bruhn, Berlin
Biosimilars sind Arzneimittel, die Ähnlichkeit mit einem bereits zugelassenen biologischen Arzneimittel (Referenzarzneimittel) wie z.B. Antikörpern oder therapeutischen Proteinen aufweisen, jedoch wegen ihrer Komplexität und Unterschieden im Herstellungsprozess nicht mit ihm identisch sind. Das ist der entscheidende Unterschied zu Generika, die Kopien von chemisch hergestellten Wirkstoffen darstellen und deshalb als identisch betrachtet werden. Vor dem Hintergrund des Patentablaufs vieler Biologika investieren derzeit zahlreiche Firmen in die Entwicklung von Biosimilars – nicht nur forschende Pharmakonzerne, sondern auch Firmen anderer Branchen wie Samsung oder Fuji Film.
Erstes verfügbares Trastuzumab-Biosimilar
Herzuma® wird in Deutschland von der Firma Mundipharma vermarktet. Es ist das zweite in Europa zugelassene Biosimilar zu Trastuzumab nach Ontruzant® von Samsung Bioepis, das in Europa von MSD vermarktet wird, aber bislang nur in Großbritannien verfügbar ist [5]. Die EMA hat Herzuma® im Februar 2018 analog zum Originalpräparat Herceptin® von Roche für die Indikationen frühes Mammakarzinom, metastasiertes Mammakarzinom und metastasiertes Magenkarzinom zugelassen. Die Tumore müssen eine HER2-Überexpression oder eine HER2-Genamplifikation aufweisen. Bei erwachsenen Patienten mit HER2-positivem frühem Mammakarzinom wird Herzuma® im Rahmen einer neoadjuvanten oder adjuvanten Therapie in Kombination mit Zytostatika verabreicht. Bei HER2-positivem metastasiertem Mammakarzinom kann das Präparat als Monotherapie oder in Kombination mit Paclitaxel, Docetaxel oder einem Aromatasehemmer verordnet werden. Bei Erwachsenen mit HER2-positivem metastasiertem Magenkarzinom wird Herzuma® in Kombination mit Capecitabin oder Fluorouracil und Cisplatin angewendet [3].
Ähnliche Wirksamkeit und Sicherheit gezeigt
Für die Zulassung eines Biosimilars fordert die EMA zum einen den Nachweis der Äquivalenz zum Referenzarzneimittel auf Basis präklinischer und pharmakologischer Untersuchungen, zum anderen den Nachweis einer ähnlichen Wirksamkeit und Sicherheit durch klinische Studien in einer besonders sensitiven Indikation. Ist dieser erbracht, können die Daten auf weitere Indikationsgebiete des Originalpräparats extrapoliert werden. Die Zulassung von Herzuma® beruht auf einer Phase-I-Studie mit 70 gesunden männlichen Probanden [2] sowie einer Phase-III-Studie mit 549 Patientinnen mit HER2-positivem operablen Mammakarzinom im Frühstadium im neoadjuvanten Setting [6]. Diese Studien ergaben, dass sich Herzuma® nicht klinisch relevant vom Referenz-Trastuzumab Herceptin® i.v. unterscheidet.
Kosteneinsparungen möglich
In der Ärzteschaft gibt es kontroverse Meinungen sowie auch Vorbehalte zum Einsatz von Biosimilars. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) vertritt die Auffassung, dass Biosimilars bezüglich der therapeutischen Wirksamkeit, der Verträglichkeit und der Sicherheit in allen zugelassenen Indikationen dem jeweiligen Referenzarzneimittel gleichwertig sind und wie dieses eingesetzt werden können. Sie verweist darauf, dass bei Biologika aufgrund des komplexen Herstellungsprozesses jede neue Charge eines Biologikums ähnlich, aber nicht identisch mit der vorherigen Charge ist (Mikroheterogenität). Die Mikroheterogenität eines Biosimilars im Vergleich zum Referenzarzneimittel sei nicht größer als die Unterschiede zwischen verschiedenen Chargen eines Referenzarzneimittels. Die AkdÄ empfiehlt daher, sowohl bei der Erstverordnung von Biologika als auch bei der Folgeverordnung zur Fortsetzung der Therapie jeweils die wirtschaftlichere Verordnungsalternative unter der Voraussetzung auszusuchen, dass bestimmte Bedingungen (z.B. eine geeignete Darreichungsform) vorliegen. Bezüglich der Pharmakovigilanz ist zu beachten, dass bei der Meldung von Nebenwirkungen des Referenzarzneimittels oder des Biosimilars neben der üblichen Angabe von Wirkstoff und Handelsnamen auch die Chargenbezeichnung an die AKdÄ übermittelt werden muss [1]. Nicht zuletzt wird der Einsatz von Biosimilars von vielen Experten befürwortet, weil dadurch Kosten im Gesundheitssystem gesenkt werden können. Im Falle von Herzuma® liegt der Preis zur Markteinführung in Deutschland um rund 8% unter dem Preis des Referenzarzneimittels.
Quelle
Prof. Dr. med. Diana Lüftner, Berlin, Prof. Dr. med. Michael Untch, Berlin, Dr. med. Jörg Schilling, Berlin, Einführungspressekonferenz „Herzuma® − erste Markteinführung eines Trastuzumab-Biosimilars in Deutschland“, Berlin, 15. Mai 2018, veranstaltet von Mundipharma.
Literatur
1. Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: Empfehlungen zur Behandlung mit Biosimilars, Stand 3. August 2017, www.akdae.de/Arzneimitteltherapie/LF/PDF/Biosimilars-KF.pdf (Zugriff am 25.05.2018).
2. Esteva FJ, et al. A randomised trial comparing the pharmacokinetics and safety of the biosimilar CT-P6 with reference trastuzumab. Cancer Chemother Pharmacol 2018;81:505–14.
3. Fachinformation Herzuma® 150 mg Pulver für ein Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung, Stand März 2018.
4. Originalpräparate und Biosimilars (zentral in der EU zugelassen), www.vfa.de/biosimilars-uebersicht-originalpraeparate.pdf Stand: April 2018.
5. Samsung bioepis receives regulatory approval for Europe’s first Trastuzumab biosimilar, ONTRUZANT®, www.samsungbioepis.com/en/newsroom/detail/Samsung-Bioepis-Receives-Regulatory-Approval.html (Zugriff am 25.05.2018).
6. Stebbing J, et al. CT-P6 compared with reference trastuzumab for HER2-positive breast cancer. A randomised, double-blind, active controlled phase 3 equivalence study. Lancet Oncol 2017;18:917–28.
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Arzneimitteltherapie 2018; 36(07):278-283