Chronische myeloische Leukämie (CML)

Hohe molekulare Ansprechraten trotz Resistenz gegen Secondline-Tyrosinkinase-Inhibitoren


Dr. Günter Springer, Darmstadt

Ponatinib, der erste Tyrosinkinase-Inhibitor (TKI) der 3. Generation für die CML-Behandlung, ist ein potenter Inhibitor unmutierter und mutierter BCR-ABL. In der zulassungsrelevanten Phase-II-Studie PACE hatten selbst stark vorbehandelte Patienten in chronischer Phase eine gute Chance auf tiefe Remission und Langzeitüberleben.

Die Wirksamkeit von Ponatinib (Iclusig®) erstreckt sich auch auf die T315I-Mutation, die Resistenz gegen alle TKI der 1. und 2. Generation induziert. Zusätzlich zur umfassenden Wirksamkeit gegen BCR-ABL inhibiert Ponatinib andere molekulare Zielstrukturen wie FLT3, FGFR, VEGF, PDGFR und c-KIT.

PACE-Studie: finale Auswertung

Wirksamkeit und Verträglichkeit von Ponatinib wurden in der Phase-II-Studie PACE evaluiert, in der 449 stark vorbehandelte Patienten mit CML oder Philadelphia-Chromosom-positiver ALL, darunter 270 CML-Patienten in chronischer Phase (CP), mit täglich 45 mg Ponatinib behandelt wurden [2]. Alle Patienten waren resistent (oder intolerant) gegen Dasatinib oder Nilotinib, 60 % hatten vor Ponatinib ≥ 3 TKI bekommen.

Die finale Auswertung der Patienten in chronischer Phase erfolgte nach einem Follow-up von 57 Monaten. Obwohl die Patienten gegen mindestens einen TKI der 2. Generation resistent waren und eine entsprechend ungünstige Prognose hatten, erzielten 60 % der Patienten eine gute (major: MCyR), 54 % eine komplette zytogenetische Remission (CCyR) [3]. Der Anteil der Patienten mit major molekularer Remission (MMR) betrug 40 %; 30 % bzw. 24 % erreichten eine molekulare Remission nach MR4- bzw. MR4.5-Kriterien (Abb. 1). Noch höhere Ansprechraten erzielten Patienten mit T315I-Mutation.

Abb. 1. Patienten mit CML in chronischer Phase (CP) bzw. T315I-Mutation, die unter der Behandlung mit Ponatinib ein gutes (major) molekulares Ansprechen (MMR) oder ein molekulares Ansprechen nach MR4- bzw. MR4.5-Kriterien erreichten [3].

Hoher Anteil mit tiefer Remission

Selbst mit drei TKI vorbehandelte Patienten hatten eine relativ gute Chance auf eine zytogenetische oder tiefe Remission (27 % mit MR4, 24 % mit MR4.5) [4]. Insgesamt profitierten jedoch Patienten, die nur einen oder zwei TKI bekommen hatten, von höheren Ansprechraten.

Die mediane Zeit bis zum Ansprechen war sehr kurz und betrug bis zum Eintritt einer kompletten zytogenetischen Response drei Monate, bis zu einer molekularen Response sechs Monate. Die Remissionen waren dauerhaft: 61 % der Patienten mit MMR konnten das Ansprechen bis zum Studienende aufrechterhalten.

Die hohe CCyR- bzw. MMR-Rate spiegelte sich in einem hohen Anteil der Patienten mit progressionsfreiem Überleben (53 %) bzw. Gesamtüberleben nach fünf Jahren (73 %) wider.

Zu diesem Zeitpunkt betrug die kumulative Inzidenz arterieller Verschluss-Ereignisse 31 %, die Rate venöser thromboembolischer Ereignisse 6 %.

Prophylaxe gegen arteriellen Verschluss erwägen

Das kardiovaskuläre Risiko der Patienten muss sehr genau abgeklärt werden und ist möglicherweise höher als unter anderen TKI.

Wichtig sind in diesem Zusammenhang zwei Beobachtungen:

  • Das Risiko arterieller Verschluss-Ereignisse ist dosisabhängig.
  • Der Anteil der Patienten mit mCYR bzw. MMR bleibt in der Regel stabil, wenn die Ponatinib-Dosis von initial 45 mg auf 30 mg täglich oder noch stärker erniedrigt wird.

Ein italienisches Experten-Panel schlägt vor, bei Ponatinib-Patienten eine Prophylaxe mit Acetylsalicylsäure oder Clopidogrel zu erwägen [1].

Fazit der Diskutantin

Die Auswertung der Studie bestätigt laut Dr. Fausto Castagnetti, Institut für Hämatologie der Universität Bologna (Italien), frühere Analysen.

Bei suboptimalem Ansprechen auf andere Tyrosinkinasehemmer sollte wahrscheinlich ein frühzeitiger Switch auf Ponatinib erwogen werden, um die Therapieergebnisse zu optimieren.

Der ausgeprägten Wirksamkeit von Ponatinib steht eine hohe Inzidenz arterieller und venöser thrombotischer Ereignisse gegenüber. Daher sollte bei Patienten mit CML in chronischer Phase, die mindestens eine gute zytogenetische Remission (MCyR) erreicht haben, eine Dosisreduktion bis auf täglich 15 mg in Betracht gezogen werden.

Quelle

Prof. Gianantonio Rosti, Dr. Fausto Castagnetti, Bologna, Fachpressekonferenz „Therapy with 3rd Generation TKI in Chronic Myeloid Leukemia (CML)“, veranstaltet von Incyte Biosciences Germany GmbH im Rahmen der Jahrestagung der European Hematology Association (EHA), Frankfurt, 27. Juni 2018.

Literatur

1. Breccia M, et al. Identification, prevention and management of cardiovascular risk in chronic myeloid leukemia patients candidate to ponatinib: an expert opinion. Ann Hematol 2017;96:549–58.

2. Cortes JE, et al. A phase 2 trial of ponatinib in Philadelphia chromosome-positive leukemias. N Engl J Med 2013;369:1783–96.

3. Cortes JE, et al. Ponatinib efficacy and safety in Philadelphia chromosome-positive leukemia: final 5-year results of the phase 2 PACE trial. Blood 2018; doi: https://doi.org/10.1182/blood-2016–09–739086 (Zugriff am 15.11.18).

4. Hochhaus A, et al. Efficacy and safety of ponatinib in CP-CML patients by number of prior tyrosine kinase inhibitors: 4-year follow-up of the phase 2 PACE trial. Blood 2015;126:4025.



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Arzneimitteltherapie 2019; 37(01):42-51