Andexanet alfa


Antidot gegen die Faktor-Xa-Hemmer Apixaban und Rivaroxaban

Claudia Bruhn, Berlin

Seit Juni 2018 steht mit Andexanet alfa erstmalig ein Gegenmittel zur Aufhebung der gerinnungshemmenden Wirkung von Faktor-Xa-Hemmern zur Verfügung. Derzeit ist das rekombinante Protein nur in den USA zugelassen (Andexxa®). Das Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP) hat der Europäischen Kommission aber ebenfalls die Zulassung (unter dem Handelsnamen Ondexxya®) unter bestimmten Auflagen empfohlen. Eingesetzt werden kann Andexanet alfa bei erwachsenen Patienten, die mit Rivaroxaban oder Apixaban behandelt werden, wenn wegen lebensbedrohlicher oder unkontrollierter Blutungen eine Aufhebung der Antikoagulation notwendig ist. Nach intravenöser Applikation setzt die Wirkung von Andexanet alfa innerhalb weniger Minuten ein. Die Anti-Xa-Aktivität von Apixaban bzw. Rivaroxaban wird, bezogen auf den Ausgangswert, um 80 % bis 90 % reduziert. Bei der Anwendung von Andexanet alfa können schwere und lebensbedrohliche Nebenwirkungen auftreten. Dazu zählen arterielle und venöse thromboembolische Ereignisse, ischämische Erkrankungen wie Myokardinfarkt und Schlaganfall, Herzstillstand und plötzliche Todesfälle. Aus diesem Grund müssen die Patienten auf Anzeichen und Symptome dieser Ereignisse überwacht werden. Gegebenenfalls sind Maßnahmen zur Verhinderung thromboembolischer Ereignisse zu ergreifen.

Zu diesem Artikel existiert ein Korrekturhinweis.

Arzneimitteltherapie 2019;37:123–7.

Korrekturhinweis (PDF)

In der HTML-Version ist der Fehler korrigiert.

Die Zulassung der oralen Antikoagulanzien Dabigatran, Rivaroxaban, Apixaban und Edoxaban hat die Möglichkeiten der Antikoagulation enorm erweitert. Zu den Indikationen, die je nach Substanz unterschiedlich sind, zählen die Schlaganfallprophylaxe bei Patienten mit nichtvalvulärem Vorhofflimmern, die Prophylaxe venöser Thromboembolien nach elektiven Hüft- oder Kniegelenkersatzoperationen sowie die Prophylaxe und Therapie tiefer Beinvenenthrombosen und Lungenembolien. Zum Zeitpunkt der Zulassung waren jedoch keine Gegenmittel zur raschen Aufhebung der antikoagulatorischen Wirkung verfügbar für den Fall, dass schwere lebensbedrohliche oder unkontrollierte Blutungen auftreten. Im Jahr 2015 erfolgte in Europa und den USA die Zulassung von Idarucizumab (Praxbind®), das die antikoagulatorische Wirkung von Dabigatran bei Bedarf (z. B. wegen einer Notoperation) aufzuheben vermag [9].

Mit Andexanet alfa steht nun in den USA auch für die Faktor-Xa-(FXa-)Hemmer Apixaban und Rivaroxaban ein solches Gegenmittel zu Verfügung (Andexxa®) [3]. Die Food an Drug Administration (FDA) hatte dem Medikament als „breakthrough therapy“ ein beschleunigtes Zulassungsverfahren ermöglicht und ihm außerdem den Orphan-Drug-Status verliehen.

Im Februar 2019 hat das Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP) der European Medicines Agency (EMA) die Zulassung von Andexanet alfa (als Ondexxya®) empfohlen; allerdings unter der Bedingung, dass weitere Daten zur Beziehung zwischen der Anti-Faktor-Xa-Aktivität, der Hämostase und der Dosierung vorgelegt werden.

Pharmakologie

Pharmakodynamik

Andexanet alfa ist eine modifizierte Variante des humanen Gerinnungsfaktors Xa. Sie wird in einem CHO-Zell-Expressionssystem (CHO: Chinese hamster ovary) produziert und besitzt ein Molekulargewicht von etwa 41 kDa. Das Protein bindet im Blut mit hoher Affinität an Rivaroxaban und Apixaban, wodurch deren Bindung an den natürlichen Faktor Xa verhindert und damit ihre antikoagulatorische Wirkung aufgehoben wird (Abb. 1). Die Effektivität von Andexanet alfa gegenüber dem direkten Faktor-Xa-Hemmer Edoxaban sowie gegen indirekt wirkende Inhibitoren (Enoxaparin, Fondaparinux) wurde ebenfalls geprüft. Gegenwärtig besitzt der Wirkstoff jedoch nur eine Zulassung für lebensbedrohliche und unkontrollierte Blutungen unter Apixaban und Rivaroxaban. Ein weiterer prokoagulatorischer Effekt von Andexanet alfa ist seine Fähigkeit, die Aktivität von TFPI (Tissue factor pathway inhibitor) zu hemmen. Eine TFPI-Hemmung kann die durch den Tissue-Faktor initiierte Thrombinbildung steigern.

Abb. 1. Angriffspunkte der direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK) und ihrer Antagonisten: Idarucizumab wirkt als Antidot gegen Dabigatran. Andexanet alfa konkurriert als modifizierter Faktor Xa mit dem patienteneigenen Faktor Xa um die Bindung an ein Anti-Xa-Antikoagulans; TF: Gewebefaktor [Rank A et al. Arzneimitteltherapie 2017;35:321–7]

Ob Andexanet alfa die Hämostase verbessern kann, ist derzeit noch nicht durch klinische Daten belegt.

Im Vergleich zum humanen Gerinnungsfaktor Xa ist im aktiven Zentrum von Andexanet alfa Serin durch Alanin substituiert, wodurch das Molekül nicht in der Lage ist, Prothrombin zu spalten und zu aktivieren. Außerdem fehlt bei Andexanet alfa im Vergleich zum Faktor Xa die Gamma-Carboxyglutaminsäure-Domäne. Dadurch kann der Wirkstoff nicht in den Prothrombinase-Komplex gelangen und dort antikoagulatorisch wirken [1]. Dagegen handelt es sich bei Idarucizumab, dem Gegenmittel gegen das Antikoagulans Dabigatran, um ein humanisiertes monoklonales Antikörperfragment (Fab). Seine Affinität zu dem Faktor-IIa-(Thrombin-)Hemmer ist etwa 300-fach höher als die Bindungsaffinität von Dabigatran zu Thrombin [3].

Pharmakokinetik

Die Applikation von Andexanet alfa erfolgt in zwei Schritten. Zuerst wird ein Bolus verabreicht, gefolgt von einer zweistündigen Infusion (Tab. 1). In bisherigen Untersuchungen kam es innerhalb von zwei Minuten nach Abschluss der Bolusgabe zu einem raschen Abfall der Anti-FXa-Aktivität, gefolgt von einer reduzierten Anti-FXa-Aktivität, die während der kontinuierlichen Infusion anhielt. Etwa zwei Stunden nach Beendigung der Infusion kehrte die Anti-FXa-Aktivität auf Placebo-Niveau zurück. Die TFPI-Aktivität im Plasma kehrte etwa 96 Stunden nach der Applikation von Andexanet alfa auf das Ausgangsniveau zurück [3].

Tab. 1. Dosierungsregime von Andexanet alfa [3]

Dosis

Initialer i. v. Bolus

Kontinuierliche i. v. Infusion

Niedrigdosis-Regime

400 mg mit einer Zielrate von 30 mg/min

4 mg/min bis zu 120 min

Hochdosis-Regime

800 mg mit einer Zielrate von 30 mg/min

8 mg/min bis zu 120 min

Der Komplex aus Andexanet alfa und Apixaban bzw. Rivaroxaban wird in der Leber metabolisiert. Daten zum Übergang von Andexanet alfa in die Muttermilch liegen nicht vor. Die Pharmakokinetik war bei älteren (≥ 65 Jahre, n = 10) nicht unterschiedlich im Vergleich zu jüngeren (18–45 Jahre, n = 10) Patienten.

Der Hersteller von Andexanet alfa hat den Wirkstoff in zwei Varianten produziert, deren Herstellungsprozesse sich unterscheiden. Sie werden als Generation 1 und Generation 2 bezeichnet. In einer pharmakokinetischen Studie wurden bei gesunden Probanden (n = 10 bzw. 11) die Parameter des Generation-1- und des Generation-2-Wirkstoffs in zwei verschiedenen Dosierungen ermittelt (Tab. 1 und 2) [3].

Tab. 2. Pharmakokinetische Parameter von Andexanet alfa [3]

Parameter*

Niedrigdosis-Regime

Hochdosis-Regime

Generation 1

Generation 2

Generation 1

Generation 2

Mittlere absolute orale Bioverfügbarkeit (AUC0–unendlich) [h � µg/ml]

205,2 (20,8)
[137,0; 265,9]

200,5 (16,3)
[153,4; 255,7]

441,9 (24,8)
[329,5; 737,6]

572,9 (16,0)
[467,1; 783,9]

Mittlere maximale Gesamt-Plasmakonzentration (Cmax) [µg/ml]

79,8 (24,4)
[51,3; 114,9]

76,6 (17,5)
[61,1; 100,1]

149,5 (22,5)
[114,4; 239,0]

206,6 (18,8)
[158,9; 280,5]

Clearance [l/h]

4,3 (20,8)
[3,6; 6,4]

4,4 (16,3)
[3,4; 5,7]

4,0 (24,7)
[3,4; 5,7]

3,1 (16,0)
[2,3; 3,8]

Eliminationshalbwertszeit [h]

4,3 (38,5)
[3,3; 11,9]

3,3 (15,0)
[2,3; 4,0]

4,0 (28,7)
[2,0; 5,7]

2,7 (20,0)
[1,9; 3,4]

Verteilungsvolumen im Steady-State (Vss) [l]

5,1 (43,4)
[3,2; 13,8]

4,4 (17,6)
[3,3; 5,7]

4,1 (26,7)
[2,4; 5,7]

3,0 (23,3)
[2,2; 5,0]

*Geometrisches Mittel, (Variationskoeffizient in %), [Spannweite]

Klinische Ergebnisse

Daten zur Wirksamkeit

In vier Phase-II-Proof-of-Concept- und Dosisfindungsstudien bei gesunden Probanden unter einem FXa-Hemmer im Steady-State (Apixaban, Rivaroxaban, Edoxaban bzw. Enoxaparin) führte die intravenöse Gabe von Andexanet alfa zur Aufhebung der antikoagulatorischen Wirkung dieser Medikamente [5, 6, 7, 8].

Die Zulassung in den USA beruht auf zwei abgeschlossenen randomisierten doppelblinden, Placebo-kontrollierten Phase-III-Studien mit gesunden älteren Probanden, die über drei bis vier Tage (bis zum Steady-State) Apixaban (ANNEXA-A [1]) bzw. Rivaroxaban (ANNEXA-R [2]) eingenommen hatten. Andexanet alfa wirkte in diesen Untersuchungen als effektives Gegenmittel. Bei den mit Apixaban-Bolus behandelten Patienten (n = 24) kam es zu einer signifikanten, 94%igen Reduktion der Anti-FXa-Aktivität verglichen mit 21 % unter Placebo (n = 9; p < 0,001). Bei den mit Rivaroxaban-Bolus behandelten Patienten (n = 27) lagen die Werte bei 92 % vs. 18 % (n = 14; p < 0,001) [3, 10]. Diese Effekte blieben erhalten, wenn zusätzlich zum Bolus anschließend eine Infusion mit Andexanet verabreicht wurde (Abb. 2).

Abb. 2. Zeitlicher Verlauf der Anti-Faktor-Xa-Aktivität in der ANNEXA-A-Studie. Die Wirkung von Apixaban wird durch den Andexanet-alfa-Bolus um mehr als 90 % reduziert. Eine Infusion hält den Effekt aufrecht [10]

In der unverblindeten, einarmigen Phase-III-Studie ANNEXA-4 [4] wurden Patienten mit schwerwiegenden Blutungen unter FXa-Inhibitoren (Apixaban [55 %], Rivaroxaban [36 %], Edoxaban [3 %], Enoxaparin [6 %]) mit Andexanet alfa behandelt. Von den 352 eingeschlossenen Patienten hatten 227 (64 %) eine intrakraniale und 90 (26 %) eine gastrointestinale Blutung. Für die Auswertung der Wirksamkeit von Andexanet alfa wurden nur Patienten einbezogen, die zu Studienbeginn eine Anti-Xa-Aktivität von mindestens 75 ng/ml hatten (≥ 0,25 I. E./ml bei Enoxaparin).

Bei 204 von 249 Patienten (82 %) erreichte man eine gute oder exzellente Hämostase nach 12 Stunden. Die Wirksamkeit von Andexanet alfa war in allen Subgruppen ähnlich. Auch die Anti-FXa-Aktivität konnte deutlich gesenkt werden. In der Gesamtpopulation bestand allerdings kein signifikanter Zusammenhang zwischen Anti-FXa-Aktivität und Qualität der Hämostase. Die Hypothese, die Anti-FXa-Aktivität könnte als Biomarker verwendet werden, bestätigte sich also nicht.

Daten zur Verträglichkeit

Gesunde Probanden

In den gepoolten Sicherheitsanalysen hatten 223 gesunde Probanden unter FXa-Hemmern Andexanet alfa erhalten. Die Häufigkeit der Nebenwirkungen war in der Andexanet-Gruppe (120/223 [54 %]) und in der Placebo-Gruppe (54/94, [57 %]) ähnlich. Schwere oder lebensbedrohliche Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet. Die einzige Nebenwirkung, die unter Andexanet häufiger auftrat als unter Placebo, waren infusionsbedingte Reaktionen (39/223 [18 %] vs. 6/94 [6 %]). Diese Nebenwirkungen umfassten Flush, Hitzegefühl, Husten, Geschmacksstörungen und Dyspnoe. Sie waren mild bis moderat ausgeprägt und erforderten in 90 % der Fälle keine Behandlung. Thromboembolische Ereignissen traten bei den 223 gesunden Probanden der Sicherheitsanalysen nicht auf [3].

Patienten

Bei Studien mit Patienten waren die häufigsten Nebenwirkungen (≥ 5 %) in den Verum-Gruppen Harnwegsinfektionen und Pneumonie [3].

In der ANNEXA-4-Studie [4] kam es zu 49 Todesfällen (14 %) während der 30-tägigen Nachbeobachtungszeit. 35 Todesfälle hatten kardiovaskuläre, 12 nicht-kardiovaskuläre und 2 ungeklärte Ursachen.

Insgesamt trat bei 34 Patienten (10%) ein thrombotisches Ereignis auf. Es kam bei 13 Patienten zu Beinvenenthrombosen, bei zu 14 ischämischen Schlaganfällen, bei 7 zu Myokardinfarkten und bei 5 zu Lungenembolien.

220 Patienten (62 %) erhielten während der Nachbeobachtungszeit mindestens eine Dosis eines parenteralen oder oralen Antikoagulans. Von diesen Patienten hatten 8 ein thrombotisches Ereignis. Von den 100 Patienten, die in der Nachbeobachtung die orale Antikoagulation wieder aufnahmen, hatte keiner ein thrombotisches Ereignis.

2 Patienten hatten Reaktionen auf die Infusion, die jedoch als nicht schwerwiegend eingestuft wurden.

Aufgrund der bisher aufgetretenen schwerwiegenden Nebenwirkungen enthält die amerikanische Produktinformation von Andexanet alfa einen speziellen Sicherheitshinweis (Boxed-warning) [3].

Immunogenität

Wie bei allen therapeutischen Proteinen ist auch bei Andexanet alfa eine Antikörperbildung möglich. Bei 26 von 145 untersuchten gesunden Probanden (17 %) wurden geringe Titer von Anti-Andexanet-alfa-Antikörpern gemessen. Bei den meisten von ihnen (14 %) wurden sie 30 Tage nach der Applikation festgestellt. Kein Antikörper war neutralisierend, und es wurden bisher auch keine Antikörper-Kreuzreaktionen mit den Gerinnungsfaktoren X oder Xa beobachtet [3].

In der ANNEXA-4-Studie wurden keine Antikörper gegen Faktor X oder Xa festgestellt. Es entwickelten sich keine neutralsierenden Antikörper gegen Andexanet alfa [4].

Daten zu Wechselwirkungen

Die Pharmakokinetik von Andexanet alfa wurde weder durch Apixaban (2-mal täglich 5 mg oral über sechs Tage) noch durch Rivaroxaban (einmal täglich 20 mg oral über sechs Tage) beeinträchtigt [3].

Dosierung

Die Applikation von Andexanet alfa erfolgt in zwei Schritten. Zuerst wird ein Bolus verabreicht, gefolgt von einer zweistündigen Infusion. Es sind zwei verschiedene Dosierungen möglich (Tab. 1). Welches Dosierungsregime zum Einsatz kommt, richtet sich nach dem FXa-Hemmer, dessen Dosis sowie dem Zeitpunkt der letzten Einnahme (Tab. 3). Es darf grundsätzlich nur eine Dosis verabreicht werden, da die Effektivität und Sicherheit von Mehrfachdosen nicht evaluiert wurde [3].

Tab. 3. Abhängigkeit der Dosierung von Andexanet alfa [3]

F-Xa-Hemmer

Letzte Dosis des Faktor-Xa-Hemmers

< 8 h oder
unbekannt

8 h

Rivaroxaban

≤ 10 mg

Niedrigdosis

Niedrigdosis

> 10 mg oder unbekannt

Hochdosis

Apixaban

≤ 5 mg

Niedrigdosis

Niedrigdosis

> 5 mg oder unbekannt

Hochdosis

Einsatz bei bestimmten Patientengruppen

Andexanet alfa ist bisher nur in den USA zugelassen. Die Zulassung erfolgte konditional mit der Auflage, mehr Daten zu Edoxaban und Daten zu Patienten mit intrakraniellen Blutungen zu liefern. In Europa steht die Entscheidung der Europäischen Kommission noch bevor.

Andexanet alfa ist zur Anwendung bei Erwachsenen indiziert. Zum pädiatrischen Einsatz liegen keine Untersuchungsergebnisse vor. Ebenso gibt es keine Studien zur Anwendung von Andexanet alfa bei Schwangeren. Tierversuche zur Reproduktionstoxizität wurden nicht durchgeführt. Die Effektivität und Sicherheit von Andexanet alfa während einer Entbindung wurde nicht geprüft.

Daten zum Übergang von Andexanet alfa in die Muttermilch liegen nicht vor. Auch über den Einfluss von Andexanet alfa auf die Milchproduktion und auf das gestillte Kind gibt es keine Erkenntnisse.

In den Studien mit Andexanet alfa wurden keine Unterschiede bezüglich des Ansprechens, der Effektivität und Sicherheit zwischen jüngeren und älteren Patienten beobachtet. Dennoch kann eine höhere Sensitivität gegenüber Andexanet alfa bei älteren Patienten nicht ausgeschlossen werden [3].

Patienten unter FXa-Hemmer-Therapie (z. B. Apixaban oder Rivaroxaban) haben Grunderkrankungen, die für thromboembolische Ereignisse prädisponieren. Die Anwendung von Gegenmitteln gegen den jeweiligen FXa-Hemmer setzt die Patienten diesem Risiko erneut aus. Daher sollte die antikoagulatorische Behandlung so früh wie medizinisch möglich weitergeführt werden [3].

Handhabung

Andexanet alfa ist in den USA als lyophilisiertes Pulver zu 100 mg und 200 mg erhältlich (Handelsname: Andexxa®). Das Pulver wird mit Wasser zur Injektion rekonstituiert, beispielsweise mithilfe einer 20-ml-Spritze und einer 20-G-Kanüle. Dabei sollte das Lösungsmittel langsam an die Innenseite des Vials gespritzt werden, um eine Schaumbildung zu minimieren. Um die Auflösung zu erleichtern, kann das Vial vorsichtig zwischen den Handflächen hin und her bewegt werden. Schütteln ist zu vermeiden, da dies Schaumbildung zur Folge haben kann. Die übliche Zeit bis zu Auflösung des Pulvers liegt zwischen drei und fünf Minuten. Erfolgt die Auflösung unvollständig, soll das Produkt nicht angewendet, sondern verworfen werden. Nach der Rekonstitution ist das Medikament visuell auf eventuell vorhandene Partikel und Verfärbungen zu prüfen.

Das rekonstituierte Medikament ist in den Vials bei Raumtemperatur bis zu acht Stunden stabil. Es kann bis zu 24 Stunden zwischen 2 °C und 8 °C gelagert werden. In Infusionsbeuteln ist das rekonstituierte Medikament bei Raumtemperatur bis zu acht Stunden stabil. Andexanet-alfa-Lösungen dürfen nicht eingefroren werden [3].


Apothekerin Dr. rer. nat. Claudia Bruhn ist seit 2001 als freie Medizinjournalistin für Fach- und Publikumsverlage tätig. Das Studium der Pharmazie in Greifswald schloss sie 1991 mit dem Diplom ab. Danach arbeitete sie einige Jahre in öffentlichen Apotheken. 2001 promovierte sie an der Humboldt-Universität Berlin zu einem Thema im Bereich genetischer Polymorphismus. Sie verfasst regelmäßig Beiträge für die Deutsche Apotheker Zeitung, die Medizinische Monatsschrift für Pharmazeuten und die Arzneimitteltherapie.

Interessenkonflikterklärung

Es bestehen keine Interessenkonflikte.

Literatur

1. A study in older subjects to evaluate the safety and ability of andexanet alfa to reverse the anticoagulation effect of apixaban. www.clinicaltrials.gov, NCT02207725.

2. A study in older subjects to evaluate the safety and ability of andexanet alfa to reverse the anticoagulation effect of rivaroxaban. www.clinicaltrials.gov, NCT02220725.

3. Andexxa® U.S. Prescribing Information, Stand 12/2018, https://www.andexxa.com/prescribing-information (Zugriff am 10.01.2019).

4. Connolly SJ, Crowther M, Eikelboom JW, Gibson CM, et al. (ANNEXA-4 Investigators). Full study report of andexanet alfa for bleeding associated with factor Xa inhibitors. N Engl J Med. 2019 Feb 7. doi: 10.1056/NEJMoa1814051. [Epub ahead of print].

5. Crowther M, Lu G, Conley PB, et al. Reversal of factor Xa inhibitors-induced anticoagulation in healthy subjects by andexanet alfa. Crit Care Med 2014;42:A1469.

6. Crowther MA, Levy G, Lu G, et al. A phase 2 randomized, double-blind, placebo-controlled trial demonstrating reversal of edoxaban-induced anticoagulation in healthy subjects by andexanet alfa (PRT064445), a universal antidote for factor Xa (fXa) inhibitors. Presented at the 56th annual meeting of the American Society of Hematology, San Francisco, December 6–9, 2014.

7. Crowther MA, Mathur V, Kitt M, et al. A phase 2 randomized, double-blind, placebo-controlled trial demonstrating reversal of rivaroxaban-induced anticoagulation in healthy subjects by andexanet alfa (PRT064445), an antidote for fXa inhibitors. Presented at the 55th annual meeting of the American Society of Hematology, New Orleans, December 7–10, 2013.

8. Crowther MA, Kittl E, Lorenz T, et al. A phase 2 randomized, double-blind, placebo-controlled trial of PRT064445, a novel, universal antidote for direct and indirect factor Xa inhibitors. J Thromb Haemost 2013;11(Suppl 2):OC 20.1.

9. Fachinformation Praxbind® 2,5 g/50 ml Injektions-/Infusionslösung, Stand 11/2017.

10. Siegal DM, Curnutte JT, Connolly SJ, Lu G, et al. Andexanet alfa for the reversal of factor Xa inhibitor activity. N Engl J Med 2015;17;373:2413–24.


Dr. Claudia Bruhn Kontakt zur Autorin über die Redaktion: amt@wissenschaftliche-verlagsgesellschaft.de


Andexanet alfa: reversal of anti-FXa activity for patients treated with rivaroxaban or apixaban

Andexanet alfa is a recombinant modified human factor Xa (FXa) protein. It is indicated for adult patients treated with rivaroxaban or apixaban, when reversal of anticoagulation is needed due to life-threatening or uncontrolled bleeding. Andexanet alfa is given by bolus injection, followed by infusion over 120 min in two different dosing-regimes (high-dose, low-dose). After administration of andexanet alfa, a rapid decrease from baseline anti-FXa activity between 80 and 90 % has been achieved. Treatment with andexanet alfa has been associated with serious and life-threatening adverse events, including arterial and venous thromboembolic events, myocardial infarction, ischemic stroke, cardiac arrest and sudden deaths. After application of andexanet alfa, a close monitoring for symptoms and signs of these events is needed.

Key words: Andexanet alfa, anticoagulation, factor Xa, rivaroxaban, apixaban, bleeding, thromboembolic event, myocardial infarction, ischemic stroke, cardiac arrest, sudden death

Arzneimitteltherapie 2019; 37(04):123-127