Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen
Calcitonin gene-related Peptide (CGRP) spielt eine wichtige Rolle in der Pathophysiologie der Migräne. Im Moment befinden sich vier humanisierte monoklonale Antikörper gegen CGRP beziehungsweise den CGRP-Rezeptor im Zulassungsverfahren oder sind bereits zur Prophylaxe der episodischen Migräne zugelassen (Eptinezumab, Erenumab, Fremanezumab und Galcanezumab).
Die vier monoklonalen Antikörper werden auch in der Prophylaxe der chronischen Migräne untersucht. Die bisher wirksamen Therapien zur Prophylaxe bei chronischer Migräne sind Topiramat und Onabotulinumtoxin A [1].
Die REGAIN-Studie
Es handelte sich um eine randomisierte, doppelblinde, Placebo-kontrollierte Studie bei Patienten mit chronischer Migräne (Tab. 1).
Tab. 1. Studiendesign REGAIN [Detke, et al. 2018]
Erkrankung |
Chronische Migräne |
Studienziel |
Wirksamkeit von Galcanezumab in der Prophylaxe |
Studientyp/Design |
Randomisiert, interventionell, Phase III, verblindet |
Intervention |
|
Primärer Endpunkt |
Monatliche Migränetage |
Sponsor |
Eli Lilly |
Studienregisternummer |
Chronische Migräne ist definiert als Kopfschmerzen an > 15 Tagen im Monat, wobei an mindestens acht Tagen die Kriterien einer Migräne erfüllt sein müssen. Die Studie hatte eine dreimonatige doppelblinde Placebo-kontrollierte Phase und eine neunmonatige Phase mit offener Therapie. Eingeschlossen wurden Patienten mit chronischer Migräne im Alter zwischen 18 bis 55 Jahren, die im Verhältnis 2 : 1 : 1 zu Placebo (n = 558), Galcanezumab 120 mg (mit einer initialen Dosis von 240 mg; n = 387) oder 240 mg Galcanezumab (n = 277) randomisiert wurden. Die Behandlung erfolgte alle vier Wochen durch eine subkutane Injektion. Der primäre Endpunkt war die Reduktion der monatlichen Migränetage während der dreimonatigen doppelblinden Behandlungsphase verglichen mit der Baseline.
Ergebnisse
Die Patienten waren im Mittel 39 bis 41 Jahre alt. 85 % der Studienteilnehmer waren Frauen. Die Migräne bestand im Mittel seit 21 Jahren und die mittlere Zahl der Migränetage pro Monat während der Baselineperiode betrug 19. Die mittlere Zahl der Kopfschmerztage pro Monat betrug 21. In der Patientenpopulation hatten 77 % bereits Erfahrung mit einer prophylaktischen Therapie, und bei 30 % hatten in der Vergangenheit zwei oder mehr prophylaktische Behandlungen versagt. Bei 63 % der Patienten bestand ein Übergebrauch von Schmerz- und Migränemitteln.
Die Reduktion der Migränetage pro Monat betrug unter Placebo 2,7, unter der niedrigeren Dosis von Galcanezumab 4,8 und unter der höheren Dosis von Galcanezumab 4,6 Tage.
Die 50%-Responderrate betrug 15,4 % unter Placebo, 27,6 % unter der niedrigen und 27,5 % unter der hohen Dosis von Galcanezumab.
Auch für die Lebensqualität ergab sich eine Überlegenheit von Galcanezumab.
Galcanezumab wurde sehr gut vertragen. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Schmerzen an der Injektionsstelle und respiratorische Infekte, die allerdings zwischen den drei Therapiegruppen nicht unterschiedlich waren.
Kommentar
Diese Phase-III-Studie belegt, dass Galcanezumab bei Patienten mit chronischer Migräne einer Behandlung mit Placebo signifikant überlegen ist. Dies gilt nicht nur für den primären Endpunkt, die Reduktion der Zahl der Migränetage pro Monat, sondern auch für sekundäre Endpunkte und die Lebensqualität. Ein Vorteil der Substanz ist, dass sie im Vergleich zu Placebo ein fast identisches Profil unerwünschter Arzneimittelwirkungen hat. Der Therapieeffekt setzte sehr schnell ein, sodass bereits nach einem Monat ein signifikanter Unterschied zwischen Verum und Placebo bestand. Galcanezumab ist auch bei den Patienten wirksam, die einen Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln betreiben. Die Ergebnisse der offenen neunmonatigen Studie werden zu einem späteren Zeitpunkt publiziert.
Quelle
Detke HC, et al. Galcanezumab in chronic migraine: The randomized, double-blind, placebo-controlled REGAIN study. Neurology 2018;91:e2211–e21.
Literatur
1. Diener H-C, et al. Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne, S1-Leitlinie [https://www.dgn.org/leitlinien]. Deutsche Gesellschaft für Neurologie, 2018.
Arzneimitteltherapie 2019; 37(04):133-147