Diabetes mellitus Typ 2

Art der Glucosekontrolle hat keine Auswirkungen auf kardiovaskuläre Komplikationen


Dr. med. Marianne Schoppmeyer, Nordhorn

Die Morbidität und Mortalität von Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 wird entscheidend durch kardiovaskuläre Komplikationen bestimmt. In den letzten 20 Jahren konnte in zahlreichen großen klinischen Studien und Metaanalysen gezeigt werden, dass eine intensive Glucosekontrolle beim Typ-2-Diabetes die Inzidenz kardiovaskulärer Erkrankungen und die Rate mikrovaskulärer Komplikationen senkt. Ob dies genauso für Patienten mit bereits vorbestehender kardiovaskulärer Erkrankung gilt, wird jedoch nach wie vor diskutiert.

Studienauswahl

Die Wissenschaftler um Yael Barer von der Sackler School of Medicine in Tel Aviv, Israel, verglichen in einer Metaanalyse die intensive Glucosekontrolle mit der Standard-Glucosekontrolle bei Typ-2-Diabetes-Patienten mit vorbestehender kardiovaskulärer Erkrankung. Die in die Metaanalyse eingeschlossenen Studien mussten folgende Anforderungen erfüllen:

  • Randomisierte kontrollierte Studien
  • Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2
  • Vergleich intensiver versus Standard-Glucosekontrolle
  • Daten bezüglich des kardiovaskulären Outcomes mussten vorliegen

Insgesamt schlossen die Wissenschaftler acht randomisierte Studie in die Metaanalyse ein (UKPDS, 1998; VA-CSDM, 1997; STENO-2, 2003; ACCORD, 2008; ADVANCE, 2008; VADT, 2009; J-EDIT, 2012; ADDITION-Europe, 2011). Es wurden die Daten von 8339 Typ-2-Diabetes-Patienten mit vorbestehender kardiovaskulärer Erkrankung ausgewertet, die in den meisten Studien seit sieben bis zehn Jahren an Diabetes mellitus erkrankt waren. Der HbA1c lag abhängig von der Studie zu Beginn zwischen 53 mmol/l (7 %) und 80 mmol/l (9,5 %).

Neutraler Effekt

Die Analyse von fünf Studien (Hauptanalyse) ergab keinen Unterschied im Hinblick auf das Risiko kardiovaskulärer Komplikationen bei Diabetes-Patienten mit intensiver Glucosekontrolle vs. Standard-Glucosekontrolle. Bei intensiver Glucosekontrolle erlitten 424 von 3757 Patienten eine kardiovaskuläre Komplikation, bei Standard-Glucosekontrolle waren es 533 von 3721 (relatives Risiko [RR] 0,98; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,87–1,09) (Tab. 1). Mehrere Sensitivitätsanalysen mit dem Einschluss bzw. Ausschluss verschiedener der acht Studien ergaben ebenfalls keine Unterschiede zwischen den zwei Behandlungsgruppen.

Tab. 1. Patienten mit kardiovaskulären Ereignissen in der Hauptanalyse

Intensive Glucosekontrolle

Standard-Glucosekontrolle

Studie

Patienten mit Ereignis/
Gesamtzahl der Patienten

Relatives Risiko (95%-Konfidenzintervall)

ACCORD (2008)

221/1827

212/1782

1,02 (0,85–1,21)

ADVANCE (2008)

279/1794

283/1796

0,99 (0,85–1,21)

J-EDIT (2012)

12/87

20/95

0,66 (0,34–1,26)

STENO-2 (2003)

3/18

8/21

0,44 (0,14–1,14)

VA-CSDM (1995)

10/31

10/27

0,87 (0,43–1,77)

Insgesamt

424/3757

533/3721

0,98 (0,87–1,09)

Ebenso zeigte die Auswertung der Daten verschiedener Subgruppen wie beispielsweise neu diagnostizierter Diabetes versus bestehender Diabetes oder gute Glucosekontrolle versus weniger gute Glucosekontrolle den gleichen Trend wie die Hauptanalyse.

Fazit der Autoren

Die vorliegende Metaanalyse zeigt einen neutralen Effekt der intensiven Glucosekontrolle versus Standard-Glucosekontrolle bei Typ-2-Diabetes-Patienten mit vorbestehender kardiovaskulärer Erkrankung in Bezug auf kardiovaskuläre Komplikationen.

Quelle

Barer Y, et al. Effect of glycaemic control on cardiovascular disease in individuals with type 2 diabetes with pre-existing cardiovascular disease: A systemic review and meta-analysis. Diabetes Obes Metab 2019;21:732–5.

Arzneimitteltherapie 2019; 37(05):171-187