Gestationsdiabetes

Metformin versus Insulin: Langzeiteffekte auf Wachstum und Entwicklung der Kinder


Veröffentlicht am: 28.11.2019

Dr. Sabine Fischer, Stuttgart

Gestationsdiabetes mellitus (GDM) ist eine weitverbreitete Schwangerschaftskomplikation. Es wird geschätzt, dass weltweit eine von sieben Geburten von Schwangerschaftsdiabetes betroffen ist. Viele Frauen sind in der Lage, ihre Blutzuckerwerte durch eine angepasste Ernährung zu kontrollieren, manche benötigen darüber hinaus eine medikamentöse Behandlung. In randomisierten Studien konnte gezeigt werden, dass Metformin eine effektive Alternative zu Insulin sein kann. Allerdings fehlen bislang ausreichende Langzeitdaten zur Sicherheit von Metformin bei Einnahme während der Schwangerschaft. Die vorliegende retrospektive Kohortenstudie untersuchte die Langzeiteffekte von Metformin versus Insulin bei Einnahme während der Schwangerschaft zur Behandlung des GDM. Untersucht wurden das Wachstum der Kinder sowie verschiedene Parameter bezüglich der Entwicklung.

Studiendesign

Die bevölkerungsbasierte Kohortenstudie (Tab. 1) umfasste 3928 neuseeländische Frauen mit GDM, die zwischen 2006 und 2012 ein lebendes Kind geboren haben. Voraussetzungen für die Aufnahme in die Studie waren ein Auftreten des GDM nach der 24. Schwangerschaftswoche, eine medikamentöse Behandlung mit Metformin oder Insulin, ein Alter der Mutter zwischen 15 und 45 Jahren sowie ein Geburtsgewicht des Kindes von mindestens 400 g.

Tab. 1. Studiendesign

Erkrankung

Gestationsdiabetes mellitus (GDM)

Studienziel

Langzeitauswirkung auf Wachstum und Entwicklung des Kindes bei Behandlung mit Metformin vs. Insulin

Studientyp

Retrospektiv

Studiendesign

Bevölkerungsbasierte Kohortenstudie

Eingeschlossene Patienten

3928 Frauen mit GDM und medikamentöser Behandlung

Therapie

  • Insulin (n = 1932)
  • Metformin (n = 1996)

Primäre Endpunkte

Wachstums- und Verhaltensentwicklung der Kinder

Sponsor

Bereitstellung der Daten durch das neuseeländische Gesundheitsministerium

Die Studiendaten wurden aus dem Vorsorgeuntersuchungsprogramm B4 School Check (B4SC) für Kinder im Vorschulalter (4 Jahre) gewonnen.

Endpunkte waren das Wachstum des Kindes (Größe und Gewicht) sowie Ergebnisse eines Fragebogens (Strenghts and difficulties questionnaire [SDQ]) zu Sozialverhalten Hyperaktivität, emotionalen Symptomen, Verhalten und Problemen mit Gleichaltrigen (Kasten).

Strenghts and Difficulties Questionnaire (SDQ)

Der B4 School Check (B4SC) bietet unter Verwendung des SDQ ein Screening zur Identifizierung von Kindern, die vor der Einschulung Hilfe bezüglich Lernen und Entwicklung brauchen.

Dabei werden fünf Unterthemen bei den Eltern abgefragt: prosoziales Verhalten, Hyperaktivität, emotionale Symptome, Verhalten und Probleme mit Gleichaltrigen. Aus den Ergebnissen dieser Untergruppen wird ein Schwierigkeitsfaktor zwischen 0 und 40 ermittelt. Höhere Werte weisen auf eventuell handlungsbedürftige Probleme hin. Der Cut-off für einen besorgniserregenden Wert liegt üblicherweise bei 16, in der neuseeländischen Population bei 14.

Keine Unterschiede zwischen Metformin und Insulin bezüglich Wachstum und Entwicklung

In beiden Behandlungsgruppen lag das mittlere mütterliche Alter bei 32 Jahren (Standardabweichung [SD] 5 Jahre). Von 3928 Frauen wurden 1996 mit Metformin und 1932 mit Insulin behandelt. Der Anteil von Frauen asiatischer Herkunft betrug in der Metformin-Gruppe 32,0 % (n = 639), in der Insulin-Gruppe 21,1 % (n = 408).

Nach Bereinigung der Daten gab es keine Unterschiede für das Gewicht der Kinder in Relation zu Größe (mittlere Differenz des z-Werts –0,10; 95%-Konfidenzintervall [KI], –0,20 bis 0,01). Das Risiko für einen entsprechenden Wert auf der Wachstumskurve über der 85er Perzentile war ähnlich zwischen beiden Gruppen (Risikoquotient 0,92; 95%-KI 0,83 bis 1,02).

Die mittleren SDQ-Werte zeigten keine bedeutende Abweichung zwischen den beiden Gruppen. Kinder von Müttern mit Metformin-Behandlung hatten nicht häufiger SDQ-Werte über 14 (bereinigter Risikoquotient 1,13; 95%-KI 0,88 bis 1,46) als die von Müttern mit Insulin-Therapie.

Fazit

Kinder, deren Mütter während der Schwangerschaft mit Metformin behandelt wurden, waren im Alter von 4 Jahren hinsichtlich Wachstum und Entwicklung nicht von denen zu unterscheiden, deren Mütter Insulin erhalten hatten. Dieses Wissen kann zukünftig bei der Erstellung von Behandlungsrichtlinien für GDM hilfreich sein.

Quelle

Landi SN, et al. Association of long-term child growth and developmental outcomes with metformin vs. insulin treatment for gestational diabetes. JAMAPediatr. 2019;1732:160–8.

Arzneimitteltherapie 2019; 37(05):171-187