Periodische Fiebersyndrome

Rasche und anhaltende Besserung mit Canakinumab


Simone Reisdorf, Erfurt

Um seltene Erkrankungen – die periodischen Fiebersyndrome – ging es bei einem Symposium auf dem Rheumatologenkongress in Dresden. Dabei wurde deutlich, dass Interleukin-1-Inhibitoren wie Canakinumab bei den oft sehr jungen Patienten eine deutliche Linderung und sogar eine Remission bewirken können.

Unter den insgesamt selten vorkommenden periodischen Fiebersyndromen ist das familiäre Mittelmeerfieber (FMF) das häufigste. Es tritt in bestimmten Populationen – etwa bei Menschen aus dem Nahen Osten – häufiger auf und wird wegen der weltweiten Wanderungsbewegungen in Deutschland zunehmend häufiger beobachtet. Es wird geschätzt, dass hierzulande etwa 3500 Personen mit FMF leben.

Symptome des familiären Mittelmeerfiebers größtenteils unspezifisch

Die Diagnose FMF wird oft erst mit jahrelanger Verspätung gestellt. Die eher unspezifischen Symptome des FMF sind ein über ein bis drei Tage andauerndes Fieber, verbunden mit Bauchschmerzen (häufig Peritonitis), dazu Arthritis oder Arthralgie und Myalgie, oft auch Brustschmerzen (bei Pleuritis bzw. Perikarditis). Charakteristisch, jedoch nicht immer vorhanden, ist ein erysipeloides Erythem. Die Inflammation kann auch in schubfreien Phasen persistieren.

Auslöser des FMF ist eine Mutation im Mediterranean-Fever-Gen (MEFV) auf dem Chromosom 16. Mehr als 150 solcher Mutationen sind bekannt; bei Verdacht auf FMF sollte der Arzt nach Genvarianten fahnden.

Colchicin-Resistenz erstmals klar definiert

Ist ein FMF diagnostiziert, zielt die Therapie auf die Kontrolle der Entzündung sowie die Vermeidung von Attacken und deren Folgekomplikationen, etwa einer Amyloid-A-Amyloidose. Dies erreichen die meisten Patienten durch die konsequente Einnahme von Colchicin.

Limitierend wirken allerdings Colchicin-Unverträglichkeiten, die sich zumeist in gastrointestinalen Symptomen äußern; es wird auch von „Colchicin-Resistenz“ gesprochen. Eine Therapie-limitierende Toxizität von Colchicin tritt bei etwa 5 % bis 10 % der Patienten auf.

Ein aktueller Konsensus einer Expertengruppe liefert erstmals eine klare Definition der Colchicin-Resistenz: Sie liegt vor, wenn der Patient trotz maximaler tolerierter Colchicin-Dosis weiterhin eine Krankheitsaktivität aufweist, also entweder rezidivierende klinische Attacken (im Durchschnitt mindestens eine Attacke pro Monat über mindestens drei Monate) oder ständig erhöhte Werte an C-reaktivem Protein (CRP) und Serum-Amyloid-A (SAA).

Weitere periodische Fiebersyndrome

Neben FMF existieren viele weitere periodische Fiebersyndrome wie

  • Cryopyrin-assoziierte periodische Syndrome (CAPS; dazu gehört unter anderem das Muckle-Wells-Syndrom),
  • Familiäres autoinflammatorisches Kältesyndrom (FCAS),
  • Tumornekrosefaktor-Rezeptor-assoziiertes periodisches Syndrom (TRAPS),
  • Hyper-Immunoglobulin-D-Syndrom (HIDS)/Mevalonatkinase-Defizienz (MKD),
  • Multisystemische entzündliche Erkrankung mit Beginn im Neugeborenenalter (NOMID)/chronisches infantiles neuro-dermo-artikuläres Syndrom (CINCA).

Canakinumab in klinischer Studie bei periodischen Fiebersyndromen bewährt

Erwachsene, Jugendliche und Kinder ab einem Lebensalter von zwei Jahren, die an Colchicin-resistentem familiärem Mittelmeerfieber (crFMF), TRAPS oder HIDS/MKD leiden, waren in die CLUSTER-Studie (Tab. 1) eingeschlossen. Alle Teilnehmer wurden in zwei Therapiearme randomisiert und vierwöchentlich subkutan mit dem IL-1-Antikörper Canakinumab (Ilaris®) in der Dosis von 150 mg oder aber mit Placebo behandelt. Patienten ohne ausreichendes Ansprechen auf die 150-mg-Dosis konnten weitere 150 mg Canakinumab applizieren. Die Autoren publizierten die Studie im Jahr 2018 im New England Journal of Medicine [1].

Tab. 1. Design der CLUSTER-Studie [1]

Erkrankung

Eine der folgenden Colchicin-resistenten Erkrankungen:

  • Tumornekrosefaktor-Rezeptor-assoziiertes periodisches Syndrom (TRAPS; n = 46)
  • Familiäres Mittelmeerfieber (FMF; n = 63)
  • Hyper-Immunoglobulin-D-Syndrom (HIDS)/Mevalonatkinase-Defizienz (MKD, n = 72)

Studientyp/Design

Randomisiert, doppelblind, Phase III

Patienten

2 Jahre

Intervention

  • 150 mg Canakinumab alle 4 Wochen
    (ggf. zusätzlich 150 mg)
  • Placebo

Primärer Endpunkt

Komplettes Ansprechen (CR)

Sponsor

Novartis Pharmaceuticals

Studienregisternummer

NCT 02059291 (ClinicalTrials.gov)

Das primäre Studienziel war das komplette Ansprechen (CR). Es umfasste einerseits das Abklingen des zu Studienbeginn vorhandenen Krankheitsschubs, definiert als

  • Physicians Global Assessment (PGA) < 2 und
  • CRP-Wert 10 mg/l oder Absinken des CRP-Spiegels um 70 %.

Andererseits durften bis Woche 16 auch keine neuen Schübe auftreten.

Ergebnisse

Unter Canakinumab 150 mg vs. Placebo erreichten 61,3 % vs. 6,3 % der crFMF-Patienten, 35,1 % vs. 5,7 % der HIDS/MKD-Patienten und 45,5 % vs. 8,3 % der Teilnehmer mit TRAPS den primären Endpunkt der CR; der Vorteil für Canakinumab 150 mg war jeweils signifikant.

Betrachtet man die Patienten, deren Dosis auf Canakinumab 300 mg erhöht wurde, erreichten den Endpunkt sogar 71,0 %, 56,8 % bzw. 72,7 %.

Eine klinische Remission erzielten 64,5 %, 46,0 % bzw. 45,5 % der Patienten aus den drei Subgruppen unter Canakinumab 150 mg (PGA < 2 ohne Berücksichtigung der Laborwerte).

Die meisten der Canakinumab-Responder konnten das Therapieansprechen über weitere 24 Wochen mit nur noch 8-wöchentlicher Gabe von Canakinumab 150 mg aufrechterhalten.

Canakinumab

ist neben den periodischen Fiebersyndromen auch zur Behandlung von Patienten mit Still-Syndrom (einschließlich AOSD), mit systemischer juveniler idiopathischer Arthritis (SJIA) oder mit Gicht-Arthritis zugelassen.

Quelle

Satelliten-Symposium Ilaris® „(Re)Mission possible – Autoinflammation 2.0“, veranstaltet von Novartis im Rahmen des DGRh-Kongresses, Dresden, 6. September 2019.

Literatur

1. De Benedetti F, Gattorno M, Anton J, et al. Canakinumab for the treatment of autoinflammatory recurrent fever syndromes. N Engl J Med 2018;378:1908–19.

Arzneimitteltherapie 2019; 37(12):452-467